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Lithium-Ionen-Batterien sind der Energiespender für zahlreiche elektronischer Geräte. Doch das Alkali-Material ist teuer und die Gewinnung belastet die Umwelt. Wesentlich umweltfreundlicher und kostengünstiger sind dagegen Natrium-Ionen-Batterien. Denn dieser Stoff steht in der Natur als Kochsalz fast unbegrenzt zur Verfügung. Auf der Suche nach verbesserten Materialen für diese neue Batterie-Generation sind Forscher vom Helmholtz-Institut Ulm des Karlsruher Instituts für Technologie nun fündig geworden – und zwar auf dem Komposthaufen. Aus Apfelresten entwickelten sie ein kohlenstoffbasiertes Aktivmaterial für die negative Elektrode. Für die Postiv-Elektrode wurde widerrum ein Material aus Schichtoxiden kreiert. Beide Stoffe überzeugten im Test mit „exzellenten elektrochemischen Eigenschaften“, wie das Team in den Fachjournalen „ChemElectroChem“ (2015, Online-Veröffentlichung) und „Advanced Energy Materials“  (2015, Online-Veröffentlichung) berichtet.

Ob in Handys, Laptops oder Tablets: Lithium-Ionen-Batterien sind für diverse elektronische Geräte der Energiespeicher. Doch die Gewinnung von Lithium ist aufwendig und teuer. Lange Zeit gab es keine Alternative zu den leistungsstarken Minimotoren. Nun bekommt das Alkalimaterial Konkurrenz. Natrium-Ionen-Batterien könnten den beliebten Speichergiganten bald den Rang ablaufen. Der Grund: Natrium-Ionen-Batterien sind nicht nur deutlich leistungsstärker als Systeme wie Nickel-Metallhydrid-, Bleisäure-Akkumulatoren oder die Lithium-Ionen-Technologie. Im Vergleich zum Lithium ist Natrium auch in der Natur als Kochsalz fast unbegrenzt verfügbar, leichter abbaubar und somit günstiger.

Kohlenstoff aus Apfelabfällen gewonnen

Wissenschaftler um Stefano Passerini und Daniel Buchholz vom Helmholtz-Institut Ulm des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben nun zwei neue Aktivmaterialien für diese vielversprechende Batterie-Generation entwickelt. Für die negative Elektrode kreierten sie einen kohlenstoffbasierten Stoff, der aus Apfelresten gewonnen wurde, der beispielsweise beim Pressen von Saft entsteht. Unter Luftabschluss entwickelt der Kohlenstoff eine Konsistenz, die für Batterieelektroden besonders gut geeignet ist. Der Studie zufolge überzeugte das neue Material in über 1.000 Lade- und Entladezyklen sowohl mit einer hoher Zyklenstabilität als auch einer hohen Kapazität.

Cobalt durch Natriumoxidschicht ersetzt

Für die Positiv-Elektrode entwickelte das Team ein Material, welches aus verschiedenen Schichten von Natriumoxiden besteht. Der Vorteil hier: Das Aktivmaterial kommt ohne das teure und umweltschädliche Element Cobalt aus, das ein wichtiger Bestandteil der kommerziellen Lithium-Ionen-Batterien ist. Auch dieses neue Aktivmaterial, in dem die eigentliche elektrochemische Speicherung von Energie stattfindet, überzeugte im Labor und konnte in über hundert Zyklen in Punkto Effizienz, Zyklenstabilität, Kapazität sowie Spannung die gleichen Leistungsdaten erreichen, wie die Cobalt-beladenen Lithium-Ionen-Batterien. Mit der Entwicklung dieser beiden nachhaltigen Materialien, so die Hoffnung der Forscher, könnte ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Entwicklung kostengünstiger und umweltfreundlicher Natrium-Ionen-Batterien gelungen sein.

Mit der Designernuklease Crispr-Cas9 haben Molekularbiologen seit Kurzem ein Präzisionsinstrument in der Hand, mit dem gezielt Veränderungen im Erbgut vorgenommen werden können. Die Methoden des sogenannten Genome Editing sind auch für Pflanzenzüchter eine vielversprechende Technologie, um Nutzpflanzen mit besseren Eigenschaften auszustatten. Umstritten ist jedoch, ob per Genome Editing bearbeitete Pflanzen als gentechnisch veränderte Organismen betrachtet werden sollten. Nein - sagt eine Gruppe internationaler Wissenschaftler, darunter Detlef Weigel vom Tübinger Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie. Im Fachjournal Nature Genetics (2016, Online-Vorabveröffentlichung) machen die Forscher Vorschläge, wie genom-editierte Pflanzen aus regulatorischer Sicht eingestuft und behandelt werden sollten. 

Hitze, Überschwemmungen oder Pilzbefall sind Stressfaktoren, die das Pflanzenwachstum hemmen und  Erträge schrumpfen lassen. Neue resistentere und ertragreiche Pflanzenarten zu entwickeln, die zudem mit weniger Dünger auskommen, ist daher ein Ziel der Pflanzenforschung. Mit dem Genome Editing haben die Forscher eine vielversprechende Technologie in der Hand. Das neueste Werkzeug – die Designernuklease Crispr-Cas9 - ermöglicht es erstmals einfach und schnell, Gene gezielt zu verändern. Doch ist das Hantieren mit Genome-Editing-Werkzeugen Gentechnik oder nicht? Die Forscher, darunter Detlef Weigel, Direktor am  Max-Planck-Instituts für Entwicklungsbiologie in Tübingen, sind überzeugt, dass diese Technologien, sinnvoll genutzt, ein großes Potenzial für die Pflanzenforschung haben. Für das Genome Editing werde gerne die Metapher von der Genomchirurgie bemüht. „Die herkömmliche Gentechnik bei Pflanzen kann man mit einer Herzoperation unter Öffnung des gesamten Brustkorbs vergleichen“. Das Genome Editing sei hingegen eher ein minimal-invasiver Eingriff, argumentiert Weigel.

Gene präzise und schnell verändern

Der Vorteil des Genome Editing: Mithilfe dieser Technologie kann präzise bestimmt werden, an welcher Stelle des Erbguts Veränderungen durchgeführt werden.  Meist reicht es aus, nur einen einzigen Buchstaben in der DNA auszutauschen oder zu entfernen. Mithilfe dieses minimalen genetischen Eingriffs können Nutzpflanzen wie Weizen, Reis oder Mais so verändert werden, dass sie widerstandsfähiger gegen Pilzbefall sind oder weniger unter Hitze leiden.

Im Rahmen der im Fachjournal Nature Genetics erschienenen Studie gehen die Forscher auch auf die Nachteile bisheriger Gentechnik-Verfahren ein. Gene von anderen Pflanzenarten oder Organismen einzuschleusen, ist seit Langem möglich. Doch es ist nicht kontrollierbar, mit denen die neuen Gene im Erbgut schließlich landen. Deshalb müssten viele Kandidaten durchmustert werden, bis man eine Pflanze mit den gewünschten Eigenschaften habe, so Weigel.

Die Forscher verweisen zugleich auf die Standardwerkzeuge der Züchtung – wie die Kreuzung von Pflanzen oder den Einsatz von Chemikalien oder Strahlung – wo ebenfalls im Erbgut Mutationen ausgelöst werden. Der Studie zufolge ist das Züchtungsergebnis nicht immer besser und „das Auffinden von vielversprechenden Individuen“ ebenfalls  sehr langwierig und aufwendig. Im Vergleich zu Pflanzen, die mit dem Genome Editing erzeugt wurden, dürfen diese  Produkte jedoch ohne Zulassung vermarktet werden

Keine Sonderregeln bei Zulassung

In ihrem Appell sprechen sich Weigel und seine Forscherkollegen für ein Umdenken bei der Zulassung von genom-editierten Pflanzen aus. Danach sollten diese grundsätzlich nicht anders als Produkte aus konventionellen Züchtungen behandelt werden. Weigel verweist dabei auf das deutschen Gentechnikgesetz, das nur die Organismen als gentechnisch verändert einstuft, deren „genetisches Material so verändert worden ist, wie es auf natürliche Weise durch Kreuzen und/oder natürliche Rekombination nicht möglich ist“. Die Gesetzeslage bietet danach keinen Grund, die mit Genome Editing erzeugten Pflanzen anders als konventionelle Züchtungsprodukte zu bewerten.

Dokumentation des Entwicklungsprozesses

Vor diesem Hintergrund unterbreiten Weigel und seine Kollegen aus China und den USA Vorschläge, was bei der Entwicklung von genom-editierten Pflanzen beachtet werden sollte. So raten sie, bereits während der Entwicklungsphase das Risiko einer Ausbreitung im Freiland zu minimieren. Zweitens sollten die entstandenen DNA-Veränderungen exakt dokumentiert und drittens beachtet werden, dass bei vielen Crispr-Cas9-Verfahren zuerst Fremd-DNA in die Zelle eingeschleust werden muss. Andernfalls sollte belegt sein, dass diese Fremd-DNA in der zuzulassenden Sorte spurlos entfernt wurde. Sollten ein Gen durch das einer anderen Art ersetzt werden, sollte der Grad der Verwandtschaft benannt und im Fall einer entfernten Verwandtschaft Nachuntersuchungen geprüft werden. All diese Punkte sollten der Studie zufolge bei der Zulassung neuer Pflanzensorten genau festgehalten werden. Diese Vorschläge könnten auch Ratgeber bei der noch ausstehenden Entscheidung der Europäischen Union zur Bewertung genom-editierter Pflanzen sein. In Deutschland und Schweden wurden einige dieser Pflanzensorten bereits Produkten aus herkömmlicher Züchtung gleichgestellt. „Ein wichtiges Ziel der Züchtung ist, die Versorgung mit Agrarprodukten nachhaltiger zu machen. Diese Möglichkeit sollten wir uns nicht vorenthalten“, erklärt Weigel.

Über die Risiken der Gentechnik wird europaweit gestritten. Nun tut sich ein neuer Skandal auf: In Italien soll ein Forscher gleich sieben Studien zur Gefahr von Gentech-Soja gefälscht haben. Auf eine dieser Studien hatte sich einst auch das Bundesinstitut für Risikobewertung bezogen. Einen Einfluss von Gentech-Soja auf Tier und Mensch wurde aber nicht festgestellt.

Wie gefährlich sind gentechnisch veränderte Pflanzen für Tier und Mensch? Über diese Frage wird seit Jahren heftig gestritten – nicht nur in Deutschland, sondern europaweit. Während Gegner der grünen Gentechnik mit Nachdruck vor den schädlichen Folgen von gentechnisch veränderten Nutzpflanzen wie Mais warnen, heben Befürworten mit Vehemenz den Nutzen hervor. Beide – ob Gegner oder Fürsprecher – stützen sich dabei häufig auf wissenschaftliche Studien, um ihre Argumente zu untermauern.

Erst kürzlich hatte Christoph Then von Testbiotech erneut auf die gesundheitlichen Risiken von gentechnisch veränderten Pflanzen für die Tiere aufmerksam gemacht. Die jüngsten Enthüllungen in Italien sind nun allerdings ein Rückschlag für alle Kritiker: Wie das Fachjournal Nature (2016, Online-Veröffentlichung) berichtet, stehen mehrere Gentechnik-kritische Studien unter Fälschungsverdacht.

Forscher überzeugte Senat

Die Publikationen zu Gefahren von Gentech-Soja hatte der Tiermediziner Frederico Infascelli von der Universität Neapel veröffentlicht. Der brisante Inhalt: Beweise dafür, dass sich eingefügte Gene aus der Sojapflanze im Fleisch und in der Muttermilch von Nutztieren wiederfinden und diese sogar den Tieren schaden. Die Studien werden häufig auf Anti-Gentech-Webseiten zitiert. Zudem konnte Infascelli bei einer Sitzung im vergangenen Sommer sogar den italienischen Senat von seinen Forschungsergebnissen überzeugen und dessen Haltung bestätigen. Italien zählt innerhalb der EU zu den Gegnern der Grünen Gentechnik.

Bilder wurden bearbeitet

Nur eine Senatorin blieb skeptisch: Elena Cattaneo, eine Pharmakologin aus Mailand. Cattaneo schaute sich die Studienergebnisse dreier Publikationen noch einmal genauer an und stieß dabei auf Fotos, die fast gleich waren, aber in allen drei Publikationen völlig unterschiedliche Ergebnisse zeigen sollten. Zudem gab auch Bilder, die offensichtlich bearbeitet worden waren. Eine von der Senatorin angestoßene Untersuchung soll nun schließlich die Manipulation von nicht nur drei, sondern insgesamt sieben Arbeiten aus dem Labor Infascelli bestätigen.

Untersuchungsbericht im Februar erwartet

Das Resultat der Untersuchungen soll zwar erst im Februar veröffentlicht werden, jedoch gelangten nun schon Informationen der Kommission ins Netz.Auf eine der Veröffentlichungen hatte sich 2011 auch das Bundesinstitut für Risikobewertung berufen. Die deutschen Experten kamen jedoch zu dem Schluss, dass der Übergang von DNA-Fragmenten ins Gewebe von Tieren zwar ein "natürlicher“ aber "vorübergehender" Vorgang sei und ein Einfluss auf die DNA von Tier und Mensch bislang nicht festgestellt werden konnte.

Die Zika-Epidemie hält die Welt in Atem: Die WHO hat den internationalen Gesundheitsnotstand ausgerufen – weil der virale Erreger unter dringendem Verdacht steht, massenhaft Fehlbildungen bei Babys in Südamerika zu verursachen. Impfstoffe oder Arzneien sind derzeit Fehlanzeige. Das lenkt die Strategien für eine Bekämpfung des Ausbruchs auf die mutmaßlichen Überträger: Moskitos wie die Gelbfiebermücke oder die Asiatische Tigermücke. Weil die Blutsauger mehrere Wirte in Serie stechen, infizieren sie sich selbst mit dem Erreger und sorgen so für dessen massive Ausbreitung. Auch in Süddeutschland ist die invasive Tigermücke bereits aufgetaucht – Mücken-Experten vom Friedrich-Loeffler-Institut in Greifswald sehen im Gespräch mit bioökonomie.de aber momentan keinen Grund zur Panik.

Vermutlich gelangte der Erreger mit den vielen Reisenden zur Fußball-WM 2014 nach Brasilien. Das mehrwöchige Sportereignis in dem Tropenland könnte der Ausbreitung des Zika-Virus den perfekten Boden bereitet haben. Mit Zika infizierte Menschen haben Fieber, Hautausschlag, Gelenkschmerzen – keine lebensbedrohlichen Symptome. Doch nun steht der Erreger im Verdacht, schlimme Gehirnfehlbildungen bei Babys – die sogenannte Mikrozephalie – auszulösen. Das Rätsel um die massenhafte Häufung dieser schwerwiegenden Schädigung bei Babys hat die WHO nun auf den Plan gerufen – WHO-Direktorin Margaret Chan verkündete am 1. Februar den weltweiten Gesundheitsnotstand.

Doch wie konnte sich das Zika-Virus binnen eines Jahres so massiv auf dem südamerikanischen Kontinent ausbreiten? Als Hauptüberträger gelten blutsaugende Stechmücken der Gattung Aedes: Die Gelbfiebermücke Aedes aegypti und die Asiatische Tigermücke Aedes albopictus. „Beide mögen es warm, sie sind sehr stechlustig und gelten als sehr gute Überträger von Viren wie Dengue und Chikungunya“, sagt Helge Kampen. Er ist am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), dem Bundesforschungsinstitut fürTiergesundheit, Spezialist für Insekten als Krankheitsüberträger.

Angesteckte Stechmücke löst Infektionswelle aus

Die Stechmücken werden arglos zum Seuchenboten. Zunächst sind sie selbst gar nicht mit dem Erreger infiziert. Erst wenn die weiblichen Tiere bei einer mit dem Zika-Virus infizierten Person Blut saugen, stecken sich die Insekten an. „Die Viren vermehren sich daraufhin in der Mücke, setzen sich in den Speicheldrüsen fest und werden so bei den nächsten Stichen übertragen“, erläutert Kampen. Von der Tigermücke wisse man, dass sie häufig mehre Wirte hintereinander sticht, bis sie ausreichend mit Blut vollgesogen ist.  Als Serientäter werden die Mücken so zum idealen Krankheitsüberträger - das Virus kann sich wie ein Lauffeuer ausbreiten.

In Südamerika herrschen für die Vermehrung der Moskitos paradiesische Bedingungen. Aber nur wenn die Insekten auch auf eine kritische Masse an akut infizierten Menschen treffen, nimmt die Seuchenwelle Fahrt auf. So könnte es sich im vergangenen Jahr abgespielt haben. Die Behörden haben den Insekten und ihren Brutstätten jedenfalls den Kampf angesagt. Die einzigen präventiven Maßnahmen für Reisende bleibt ein rigoroser Mückenschutz, etwa helle, bedeckende Kleidung, Insektenschutzmittel oder Moskitonetze.

Infektionsforscher rechnen damit, dass die Zika-Epidemie schon bald in eine neue Phase übergeht und sich selbst begrenzt: „Anders als bei Dengue kann man sich nur einmal mit Zika-Viren infizieren und ist danach immun“, sagt Jan Drexler vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) am Standort Bonn. „Derzeit sieht es so aus, dass wir nach der massiven Virusausbreitung eine Bevölkerungsimmunität haben werden, so dass sich die Epidemie von selbst eindämmt“. Schon zu den Olympischen Spielen in Rio diesen Sommer könnte die Situation in Brasilien wohl wieder entschärft sein.

Ein ähnliches Muster hat es in der Vergangenheit auch bei von Blutsaugern übertragenen Tierseuchen gegeben. „Bei der Blauzungenkrankheit und dem Schmallenberg-Virus lief es genauso“, sagt Helge Kampen vom FLI, „im Folgejahr der Erkrankungswelle in Deutschland waren die Seuchen wieder abgeflaut.“

Tigermücke in Süddeutschland aufgetaucht

Doch könnte das Zika-Virus und seine Überträger auch hierzulande Fuß fassen? Kampen hat darüber einen guten Überblick – der Insektenkundler vom FLI betreut zusammen mit Kollegen vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in Müncheberg den „Mückenatlas“. Bei diesem Citizen-Science- Projekt sind Bürger seit 2012 dazu aufgerufen, Stechmücken per Post einzuschicken; die Forscher können mit diesen Proben Verbreitungskarten einzelner Arten erstellen.

„Die Gelbfiebermücke Aedes aegypti kommt gar nicht bei uns vor“, sagt Kampen. Anders sehe es bei der Asiatischen Tigermücke aus, die sich in der vergangenen Jahrzehnten weltweit ausgebreitet hat. 2014 gelang es einigen Exemplaren in Freiburg offenbar zu überwintern. „In Freiburg und Heidelberg sind 2015 Populationen von Aedes albopictus aufgetaucht, in einigen Fällen wurden sie auch bekämpft“, so Kampen.

Dass die Tigermücken aber hierzulande einmal eine Dengue- oder Zika-Epidemie verursachen, dieses Risiko hält Kampen für verschwindend gering. „Dafür ist die Mückendichte und die Zahl infizierter Menschen zu klein.“ Die verbreitetste Stechmücke in Deutschland, Culex pipiens, komme jedenfalls nicht als Überträger des Zika-Virus infrage.

Glibschige mikrobielle Beläge, sogenannte Biofilme, kommen überall in der Natur vor - sogar im Gletschereis und in kochenden Quellen. Sie können Stoffe aus Mineralien ziehen und Kohlenstoffdioxide aus der Umwelt binden. Dieses Talent wollen Forscher nun auch für die industrielle Biotechnologie gezielt nutzen, um Ressourcen zu sparen. Im Rahmen des Verbundvorhabens BayBiotech wollen sie ein Konzept zur Entwicklung künstlicher Biofilme erarbeiten. Das interdisziplinäre Vorhaben wird von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) koordiniert und vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz mit rund zwei Millionen Euro gefördert. Wissenschaftler der Universität Bayreuth konzentrieren sich dabei auf die Frage, wie künstliche Biofilme den biotechnologischen Prozess intensivieren können.

Biofilme entstehen überall dort, wo sich Mikroorganismen an feuchten Oberflächen ansiedeln können – in Böden, auf Gestein, auf Pflanzen und sogar auf Tieren. Aber auch auf Rohrleitungen oder Schiffsturbinen ist solch eine Schleimschicht zu finden. Als Bio-Filter für die Luftreinhaltung oder zur Abwasserbehandlung werden solche natürlichen Biofilme auch schon heute in der industriellen Biotechnologie genutzt. Darüber hinaus gibt es für viele solcher Anwendungen aber noch keine geeigneten natürlichen Biofilme - und mitunter sind sie aus hygienischen Gründen auch nicht erwünscht.

Single Species“-Biofilme nachbauen  

Im  Verbundvorhaben Ressourcenschonende Biotechnologie in Bayern "BayBiotech" will ein interdisziplinäres Forscherteam nun künstliche Biofilme entwickeln, um sie gezielt in der Industrie einzusetzen. Das Team um Ruth Freitag und Andreas Greiner von der Universität Bayreuth nimmt dafür sogenannte „Single Species“- Biofilme ins Visier. Der Vorteil: dieser Belag enthält nur eine einzige Mikrobenart, so dass sich deren Stoffwechselfunktionen gezielt steuern und kontrollieren lassen. Unter dem Dach von „BayBiotech“ wollen die Bayreuther im Projekt „Biokomposite“ nun ein universell einsetzbares Konzept für die Produktion von Biofilmen erarbeiten, die passgenau auf bestimmte biotechnologische Funktionen zugeschnitten sind. „Phosphat, Schwefel und Metalle sind Rohstoffe, die viel zu wertvoll sind, um verbrannt zu werden. Mithilfe spezieller Mikroorganismen können sie isoliert und zurück gewonnen werden“, erklärt Ruth Freitag.

Hohes Potenzial für Enegrie, Umwelt und Pharmazie

Langfristig sollen Biofilme entstehen, bei denen Mikroorganismen nicht nur gezielt ausgewählt, sondern auch in ein maßgeschneidertes Substrat aus Polymeren eingebettet werden können. Auf diese Weise sollen industrielle biotechnologische Prozesse intensiviert und die Potenziale von Biofilmen in Branchen wie Energie- und Umwelttechnik aber auch der Pharmaindustrie nutzbar gemacht werden. "Es ist für die Zukunft unseres Landes von enormer Bedeutung, dass wir mit unseren endlichen Ressourcen sparsam und intelligent umgehen. Mit dem neuen Projektverbund erschließen wir innovative Möglichkeiten der Biotechnologie, um Ressourcen zu schonen“, so Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf bei der Vorstellung des neuen Verbundprojektes Anfang Februar.

Vom Chicorée sind vor allem die weiß-gelblichen Knospen bekannt, die wegen ihres leicht herben Geschmacks als Salat begehrt sind. Der verborgene Teil der Pflanze – die Wurzelrübe – landete bisher jedoch überwiegend auf dem Komposthaufen. Forschern der Universität Hohenheim ist es nun gelungen aus den Abfallresten des Chicorée eine der wichtigsten Basischemikalien der Kunststoffindustrie zu gewinnen: den Ausgangsstoff Hydroxymethylfurfural (HMF), der zur Herstellung von Plastikflaschen, Nylon oder Polyester verwendet wird. Das Besondere: Die neue biobasierte Chemikalie aus der Chicoreé-Rübe ist sogar qualitativ hochwertiger als ihr erdölbasiertes Pendant und als Abfallstoff kein Konkurrent der Lebensmittelindustrie.

Der Verbraucher kennt Chicorée vor allem als Salat. Die in der Erde verborgene Wurzelrübe, welche die weiß-gelblichen Knospen hervor bringt, wurde bisher wenig beachtet. Dieser Teil der Pflanze landet überwiegend als Abfall in der Kompostieranlage. Nur ein Bruchteil wird genutzt, um daraus Biogas herzustellen. Der Grund: Um aus dem Biogas effizient Strom zu erzeugen, ist die Ausbeute zu gering. Jetzt haben Forscher der Universität Hohenheim die Chicorée-Wurzel als natürliche Ressource zur Herstellung einer der wichtigsten Basischemikalien der chemischen Industrie entdeckt. „Die Wurzelrübe macht ca. 30 Prozent der Pflanze aus. Die eingelagerten Reservekohlenhydrate werden für die Bildung der Salatknospen nicht vollständig aufgebraucht, sodass wertvolle Reservestoffe verbleiben“, erklärt die Agrarbiologin Judith Pfenning. Chicorée ist eine zweijährige Pflanze. Nach mehreren Monaten auf dem Acker werden die Wurzelrüben in sogenannte Wasser-Treibereien gebracht. Dort treiben die Blattknospen aus - nur auf sie haben es die Salatbauern abgesehen.

Bio-HMF hochwertiger als Erdöl-Chemikalie

Gemeinsam mit Chemikerin Andrea Kruse gelang der Pflanzenforscherin, aus der Wurzelrübe den für die Kunststoffindustrie wichtigen Ausgangsstoff Hydroxymethylfurfural (HMF) zu gewinnen. In den Laboren des Instituts für Agrartechnik in Hohenheim wurden dafür bleistiftgroße Rohrreaktoren aus Edelstahl, mit Häckseln der Chicorée-Wurzelrübe und Wasser befüllt, anschließend mit verdünnter Säure versetzt und bis zu 200 Grad erhitzt. Wie aus der flüssigen Konsistenz schließlich die Basischemikalie HMF  in ungereinigter Form wird, bleibt ein Geheimnis der Forscher. Fest steht jedoch: Das gelb bis braun gefärbte kristalline Pulver braucht sich hinter dem fossilen Ausgangsstoff nicht verstecken. Im Gegenteil. „Die Chicorée-Wurzelrübe eignet sich nicht nur deshalb so gut zur Gewinnung von HMF, weil sie ein Abfallprodukt ist. Sie produziert auch eine höherwertige Chemikalie als das Äquivalent aus Erdöl“, erklärt Andrea Kruse.

Abfallreste sind keine Konkurrenz zur Industrie

Die Plattform-Chemikalie Hydroxymethylfurfural gilt als eine der zwölf wichtigsten Basischemikalien der Kunststoffindustrie. Bisher wurde der wertvolle Chemiebaustein aus Erdöl gewonnen. Forscher wie Andrea Kruse arbeiten seit Langem daran, solche erdölbasierten Basischemikalien durch nachwachsende Rohstoffe zu ersetzen. In einem früheren Forschungsprojekt war es Kruse bereits gelungen, die HMF aus Fruchtzucker – also Fructose – herzustellen. „Fructose ist essbar. Es gibt bessere Verwendungszwecke, als HMF daraus zu gewinnen“, so die Chemikerin. Der Vorteil der Wurzelrübe als Rohstoff liegt auf der Hand: Sie ist ein Abfallprodukt und geht so der Lebensmittelindustrie nicht verloren.

Gleichbleibend hohe Qualität schaffen

So vielversprechend die Ergebnisse sind. Noch gilt es eine andere Herausforderung zu meistern, damit sich die biobasierte Kunststoffchemikalie gegen den fossilen Konkurrenten Erdöl tatsächlich durchsetzt. „Nur wenn wir es schaffen, eine gleichbleibende Qualität zu gewährleisten, ist die Wurzel für die Industrie interessant“, erklärt Andrea Kruse. Diese Aufgabe wollen die beiden Forscherinnen mit Hilfe eines interdisziplinärem Teams jetzt angehen.

Sie gilt als vielversprechende regenerative Hightech-Energiequelle der Zukunft: Die Künstliche Photosynthese - mit der Sonnenlicht nach Pflanzenmanier direkt in Energieträger umgewandelt werden soll. Doch solche visionären Technologien haben nur Erfolg, wenn eine breite Öffentlichkeit dahinter steht. An diesem Punkt setzt ein Projekt der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften acatech an. In diversen Veranstaltungen hat die Wissenschaftsakademie in den vergangenen zweieinhalb Jahren verschiedene Formate ausprobiert, um die Öffentlichkeit so früh wie möglich an das Thema  „Künstliche Photosynthese“ heranzuführen und so damit verbundene Ideen, Erwartungen und Ängste zu erfahren. In der Publikationsreihe „IMPULS“ beschreibt die Akademie die Zukunftsszenarien der künstlichen Photosynthese und dokumentiert Erfahrungen mit Dialogformaten.

Die Sonne ist die ultimative Energiequelle - noch dazu unerschöpflich. Sie spendet 15.000mal mehr Energie als die Menschheit überhaupt verbraucht. Ein Stunde Sonnenlicht würde genügen, um den Energiebedarf der Erde für ein ganzes Jahr zu decken. Daher versuchen Forscher weltweit seit Jahren die Natur zu kopieren und arbeiten an einer „künstlichen Photosynthese“. Nach dem Vorbild der Photosynthese bei Pflanzen versuchen sie aus Kohlendioxid, Wasser und Licht CO2 als Treibstoff herzustellen. Der Vorteil der künstlichen Photosynthese: es wird kein klimaschädliches CO2 freigesetzt. Darüber hinaus könnte die Sonnenlicht-Technologie auch komplexe Moleküle für chemische Rohstoffe, Lebens- und Futtermittel liefern. Doch davon sind die Forscher noch weit entfernt.

Öffentliche Diskussionen früh etablieren

Noch stehen Forscher auf dem Weg zu einem "Künstlichen Blatt" erst am Anfang. Fest steht: Solche Technologien sind auch stets mit Risiken verbunden, und sie treffen auf Vorbehalte in der Bevölkerung. Eine fehlende Akzeptanz in der Bevölkerung könnte dafür sorgen, dass Innovationen hinter den Erwartungen zurückbleiben. Dass dieses Thema auch eine breite öffentliche Akzeptanz erfährt, darum bemühten sich die Wissenschaftler der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften acatech. Seit Oktober 2013 gingen die Forscher der Frage nach, wie eine frühzeitige Einbindung der Öffentlichkeit in das Thema „Künstliche Photosynthese“ und die Technikkommunikation gelingen kann. Dafür wurden explizit neue Formate für Diskussionsrunden entwickelt und einem Praxistest unterzogen.

Abstrakte Forschungsergebnisse greifbar machen

In der nun veröffentlichten IMPULS-Band berichtet die Acatech über ihre Erfahrungen mit den neuen Dialogformaten und stellt Zukunftsszenarien der künstlichen Photosynthese vor. Die Studie lässt keinen Zweifel daran, dass eine öffentliche Debatte über solche Visionen so früh wie möglich geführt werden muss, um von der Gesellschaft akzeptiert zu werden. Für einen frühzeitigen Dialog müssten abstrakte Forschungsergebnisse in greifbare Geschichten gefasst werden, so die Autoren. Um die Szenarien der künstlichen Photosynthese fassbar zu machen, entwarf die Projektgruppe um Alfred Pühler (Universität Bielefeld) und Armin Grunwald (Karlsruher Institut für Technologie, KIT) deshalb unterschiedliche „Technikzukünfte“, also visionäre Anwendungsbeispiele. Dazu zählen Mikroalgen als grüne Zellfabriken für Treibstoffe; Nanokügelchen, die aus Wasser und kohlenstoffhaltigen Industriegasen Methan herstellen, sowie organische Solarzellen als Stromfabriken in Gebäudefassaden.

Erwartungen und Ängste wahrnehmen

Neben Workshops zum Thema „Künstliche Photosynthese“ lud acatech interessierte Bürger zu Diskussionen ins „Science Cafés“ ein, ließ in Comic-Workshops Ideen, Erwartungen und Befürchtungen zum Thema darstellen und lässt einen Wissenschaftjournalisten auf Youtube mittels Story-Telling über Technikzukünfte der künstlichen Photosynthese erzählen. 

Dabei habe sich gezeigt, dass viele Diskussionsteilnehmer befürchteten, dass gentechnisch veränderte Organismen in diesem Kontext bei Unfällen freigesetzt werden könnten. Andere stellten die Wirtschaftlichkeit, den Wirkungsgrad und die Umweltverträglichkeit der Künstlichen Photosynthese infrage. Das Papier rät, dass alle Beteiligten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik die Wünsche und Befürchungen aller Akteure und damit auch der Bevölkerung berücksichtigen und ernst nehmen müssen, um das Vertauen in die Technik zu fördern. Im Rahmen des  weiteren Projektes will acatech nun bestehende Forschungsansätze ins Visier nehmen. Damit soll der konkrete Forschungsbedarf in Deutschland aufgezeigt werden, um bis zum Jahr 2050 konkrete Anwendungen der künstlichen Photosynthese zu ermöglichen.

Pflanzen als Fabriken für Protein-Medikamente nutzen - diese Idee steht hinter dem Begriff "Molecular Pharming". Neben Tabak, Tomaten kommen auch Algen als Produktionsstätten infrage. Das Potenzial der im Wasser lebenden Winzlinge ist enorm und wird von der Lebensmittel- und Kosmetikindustrie genauso geschätzt, wie von Treibstoffherstellern  und Pharmaunternehmen. Am Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam-Golm haben Wissenschaftler nun die Grünalge Chlamydomonas reinhardtii zu einer Biofabrik umgerüstet, um mit deren Hilfe Medikamente und Impfstoffe herstellen zu können. Dass das System funktioniert, haben die Forscher an einem potenziellen HIV-Impfstoff bewiesen. Die Ergebnisse sind im Fachjournal Plant Molecular Biology (2016, Online-Vorabveröffentlichung) erschienen.

Algen haben viele Talente. In ihnen schlummern sowohl heilende Kräft als auch Substanzen, aus denen Biosprit gewonnen werden kann. Die Grünalge Chlamydomonas reinhardtii ist bei Molekularbiologen besonders beliebt, da ihr Genom bereits komplett entschlüsselt ist. Dennoch: Viele molekulargenetische Werkzeuge, die für die einzellige Modellpflanze entwickelt wurden, waren für andere Algen nicht geeignet. Auch die gentechnische Veränderung von Chlamydomonas ist schwierig. Der Grund: Die neue Geninformation wurde von der Alge oft nicht im vollen Umfang genutzt. Meist stellt sie sogar die Produktion des vom Gen verschlüsselten Proteins gänzlich ein.

Algen für Aufnahme von Fremdgenen fit gemacht

Ein Team um den Potsdamer Max-Planck-Direktor Ralph Bock scheint diese Hürde nun bewältigt zu haben. Ihnen gelang es, Algenstämme zu schaffen, die Fremdgene besser in Proteine umwandeln, um sie gegenüber anderen etablierten Produktionsplattformen wettbewerbsfähig zu machen. Wie die Forscher im Fachjournal Plant Molecular Biology berichten, optimierten sie dafür zunächst eine Geninformation für ein Antigen des HI-Virus, sodass sie von den Algen auch „verstanden“ und in das entsprechende Protein übersetzt werden kann. Dabei handelte es sich um das sogenannte p24-Protein. Der Studie zufolge veränderten sie diese Gensequenz so, dass sie Algen-kompatibel wurde. „Außerdem haben wir einen Algenstamm gezüchtet, der die fremden Gene besser ablesen kann“, berichtet Projektmitarbeiterin Juliane Neupert.

Neue Strategie zur Proteinproduktion in Algen entwickelt

Bei dem fremden, optimierten Gen handelte es sich um einen potenziellen Kandidaten für einen neuen Aids-Impfstoff, da es vom Immunsystem erkannt wird. „Wir konnten eine optimierte p24-Genvariante herstellen, die wir mit Hilfe gentechnischer Methoden in den verbesserten Chlamydomonas-Stamm eingebaut haben“, erklärt der Autor der Studie, Rouhollah Barahimipour. „Die Alge war nun tatsächlich in der Lage, dieses verbesserte Gen abzulesen und das p24-Protein anzureichern“, bestätigt der Forscher. Mit ihrer Studie haben die Potsdamer Forscher nicht nur die Hauptursachen für die bisherigen Probleme bei der Bildung  fremder Proteine in Chlamydomonas aufklären können, sondern auch eine neue Strategie zur effizienten Proteinproduktion in dieser Alge entwickelt.

Grünalge als zukünftige Impfstofffabrik

Die Max-Planck-Forscher sind zuversichtlich, dass die Grünalge sich als neue natürliche und ressourcenschonende Produktionsstätte zur Herstellung von Impfstoffen durchsetzen wird. Denn im Vergleich zu anderen pflanzlichen Biofabriken sind sie äußerst anspruchslos, effizient in ihrer Ressourcennutzung und wachsen rasant. Außerdem sind sie keine Konkurrenz zur Lebensmittelindustrie und bieten die Möglichkeit, direkt verzehrt zu werden. Das wiederum lässt die Produktionskosten um bis zu 60 Prozent sinken, da eine aufwendige Aufreinigung der Produkte überflüssig wird.

Seit Jahren treten in Europa immer häufiger Infektionskrankheiten wie das Dengue-Fieber auf, die ursprünglich nur in tropischen oder subtropischen Gegenden grassieren. Auch das Zika-Virus, das Lateinamerika in Atem hält, könnte in Europa Fuß fassen. Beide Erreger werden von Stechmücken übertragen. Ob auch heimische Mücken solche eingeschleppten Infektionskrankheiten verbreiten können, wird nun erstmals erforscht. Am 22. Februar wird der neue Forschungsverbund „CuliFo“ in Hamburg vorgestellt: Das Stechmücken-Forschungskonsortium wird vom Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin koordiniert und vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über drei Jahre mit 2,2 Millionen Euro gefördert.

Kopf- und Gliederschmerzen sind typische Anzeichen für eine Grippe. Doch hinter dieser Erkältung verbirgt sich immer häufiger ein Virus, das ursprünglich nur in tropischen oder subtropischen Gegenden zu finden war. Nicht nur in Deutschland, sondern europaweit werden immer mehr Fälle von Dengue-, West-Nil- oder Chikungunya-Fieber registriert. Ähnlich wie das Dengue-Fieber wird auch das Zika-Virus durch Stechmücken übertragen. Als möglicher . 

Verhalten heimischer Mücken im Blick

„Der jüngste Zika-Virus-Ausbruch in Südamerika hat erneut eindrucksvoll die Bedeutung von Stechmücken als Krankheitsüberträger unter Beweis gestellt“, sagt Egbert Tannich, Leiter der Stechmückenforschung am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) in Hamburg. Unter der Leitung der Hamburger Tropenmediziner wollen Wissenschafter nun der Frage nachgehen, ob auch heimische Mücken derartige Viren auf Menschen übertragen können. Dafür hat das Bundeslandwirtschaftsministerium das Verbundprojekt namens „CuliFO“ ins Leben gerufen. „Wir möchten vor allem die ökologisch-klimatischen Bedingungen für die Vermehrung und Verbreitung einheimischer Stechmücken, deren genetische Variabilität und insbesondere deren Fähigkeit, Krankheitserreger zu übertragen, erforschen“, so Tannich über die Ziele des Verbundprojekts. Der offizielle Startschuss für „CuliFo“ fällt am Montag in Hamburg mit der Übergabe des Förderbescheids durch die Parlamentarische Staatssekretärin im BMEL, Maria Flachsbarth.

Infektionsrisiko besser einschätzen

„Die Globalisierung nimmt stetig zu – im Bereich des internationalen Warenhandels, aber auch durch private Reisen. Zeitgleich verändert sich das Klima. Damit steigt in Europa die Gefahr von Krankheiten, die durch Stechmücken übertragen werden“, so Flasbarth. Die Förderung der Stechmücken-Forschung erfolgt im Rahmen des BMEL-Projektes „Stechmücken und Stechmückenübertragene Zoonosen in Deutschland“. Im Rahmen dieses Projektes wurde bereits im Frühjahr 2015 das Stechmücken-Monitoring-Projekt „CuliMo“ gestartet, dass vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) koordiniert wird und die Erfassung sowie Verbreitung aller in Deutschland ansässigen Stechmückenarten zum Ziel hat. „Durch die Verbindung der wissenschaftlichen Erkenntnisse aus beiden Projekten können Risiken zum räumlichen und saisonalen Auftreten der Stechmückenarten in Deutschland und dem damit verbundenen Infektionsrisiko in Deutschland besser eingeschätzt werden“, erklärt Maria Flachsbarth.

Krankheitsüberträger registrieren

In Deutschland gab es bisher weder ein Überwachungs- noch ein Meldesystem zu Mücken, die als Krankheitsüberträger in Betracht kommen. Da es sich bei vielen Krankheiten, die von Stechmücken weitergegeben werden, um Krankheiten handelt, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden (sogenannte Zoonosen), hat das BMEL die beiden Verbundprojekte zur Überwachung und Erforschung von Stechmücken ins Leben gerufen und mehrere Millionen Euro für die Forschung zugesichert.

Bierbrauen ist wohl der älteste und bekannteste biokatalytische Prozess, bei dem Hefen mit ihrer Stoffwechselaktivität die Maische in alkoholhaltiges Bier verwandeln. Riesige Kessel, sogenannte Fermenter, sind dafür als Behausung für die Mikoorganismen notwendig. Auch bei der Herstellung von Arzneimitteln oder Feinchemikalien kommt zunehmend die nachhaltige Produktionsweise der Biokatalyse zum Einsatz. Forscher der Universität Leipzig, der Universität Marburg und dem Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim haben nun eine Methode entwickelt, um die komplexen chemischen Abläufe im Bioreaktor, statt in großen Behältern, auf einem Mikrochip untersuchen zu können. Wie das Team in der Fachzeitschrift Journal of the American Chemical Society (2016, Online-Veröffentlichung) berichtet, konnten es auf dem Chip erstmals chemische Umwandlungen beobachten, an denen nur wenige Zellen beteiligt sind.

Zur Herstellung von Käse, Bier oder Wein ist die Biokatalyse ein gängiger Prozess. Diese nachhaltige und umweltschonende Produktionsweise, die sich natürlicher Biokatalysatoren wie Hefen, Bakterien und Pilze zur chemischen Umwandlung von Stoffen bedient, wird zunehmend auch von Pharmafirmen und Chemieunternehmen eingesetzt. Dieser komplexe Umwandlungsprozess läuft in der Industrie in sogenannten Fermentern im großen Maßstab ab.

Einzelne Zellen im Visier

Forscher aus Leipzig, Marburg und Mühlheim haben nun einen Mikrochip entwickelt, um die Biokatalyse in ihrer Gesamtheit auch im Miniformat nachvollziehen und beobachten zu können. Das Team um Detlev Belder und Manfred Reetz nahm dafür die enantioselektive – asymmetrische – Katalyse ins Visier. Hierbei werden mithilfe der Katalysatoren Substanzen hergestellt, die sich zwar wie eineiige Zwillinge ähneln, jedoch im Organismus schließlich unterschiedlich wirken. "Mit diesem Ansatz kann man potenziell sogar einzelne Zellen im Hinblick auf ihre Wirksamkeit in der enantioselektiven Biokatalyse unterscheiden", betont der Leipziger Forscher Detlef Belder.

Um die komplexe Stoffumwandlung zu untersuchen, bedienten sich die Wissenschaftler der Lab-on-a-Chip-Technologie. Auf diesem Minilabor platzierten sie komplexe chemische Prozesse und Untersuchungen in haarfeine Kanälen. Der Vorteil im Vergleich zum Fermenter: Statt Zigmillionen Zellen, reichten den Forschern wenige Zellen des Coli-Bakteriums, um deren Synthese zu Feinchemikalien oder potentiellen Medikamenten zu beobachten. "Eine wichtige Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist, ob sich individuelle Zellen in der gewünschten Funktion unterscheiden, oder - bildlich gesprochen - ob sich einzelne Schafe anders als die Herde in ihrer Gesamtheit verhalten", erklärt Manfred Reetz. Das schwarze Schaf in der Zellengemeinschaft zu finden, gehört zu den nächsten Forschungsaufgaben, denen sich Reetz und Belder stellen wollen. Doch der Marburger Chemiker hat noch eine weitere Vision - mithlfe der neuen Lab-on-a-Chip-Methode will er ganzen Mutanten-Bibliotheken von Zellen im Hochdurchsatz durchforsten, um so gezielt nach neuen enantioselektiven Enzymen zu fahnden.

In Regie der Fraunhofer-Gesellschaft soll in Halle für 13 Millionen Euro ein neues Leistungszentrum Chemie und Biosystemtechnik entstehen. Außerdem feiert die Saalestadt die Eröffnung des Fraunhofer-Instituts für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich zur Eröffnungsfeier angekündigt.

Das neue Leistungszentrum Chemie und Biosystemtechnik soll eng mit dem Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI) in Leipzig zusammenarbeiten. Nach Informationen des Mitteldeutschen Rundfunks und der Leipziger Volkszeitung kommen die insgesamt 13 Millionen Euro für das Projekt vom Land Sachsen-Anhalt, von Fraunhofer und von den beteiligten Industriepartnern. Ziel des neuen Zentrums sei es, verfahrenstechnische Prozessketten vom Rohstoff bis zum Produkt zu optimieren. Die länderübergreifende Kooperation umfasst verschiedene Branchen der chemischen, biotechnologischen und biomedizinischen Forschung.

Zwei Fraunhofer-Institut in Sachsen-Anhalt

Vorgestellt wird das Projekt Ende Januar in Halle, wenn voraussichtlich Bundeskanzlerin Angela Merkel das seit 1.1.2016 existierende zweite Fraunhofer-Institut in Sachsen-Anhalt offiziell einweiht: das Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen (IMWS). Das Forschungszentrum war bisher Teil des in Freiburg ansässigen Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik IWM. Die Ausgliederung sei laut Fraunhofer die Konsequenz einer „sehr erfolgreichen, mit hohem Wachstum verbundenen Entwicklung an beiden Standorten". Auch in den Ausbau des nun eigenständigen Instituts will Fraunhofer investieren, und zwar 9 Millionen Euro. Leiter der 200 IMWS-Mitarbeiter ist der Physiker Ralf Wehrspohn.

An Tieren getestete Kosmetika sind seit März 2013 innerhalb der EU verboten. Weder Shampoo, Lotion noch Lippenstift dürfen danach auf schädliche Wirkung an Tieren getestet worden sein. In der medizinischen Forschung sind hingegen Tierversuche noch weit verbreitet, weil es an aussagekräftigen Verfahren fehlt. Doch die Forschung nach Alternativen zum Tierversuch laufen weltweit auf Hochtouren. Nun hat ein europäisches Forscherkonsortium ein vielversprechendes Verfahren entwickelt. Unter Beteiligung von Fraunhofer-Forschern entstand ein Bioreaktor, in dem sich Leberzellproben über vier Wochen kultivieren und zugleich beobachten lassen. Damit konnten die Wissenschaftler erstmals live beobachten, wie eine Substanz auf das Gewebe wirkt.

Tierversuche sind seit Langem umstritten und sollen daher auf ein "unerlässliches Maß" beschränkt werden. Die Suche nach Alternativen zum Tiermodell läuft daher auf Hochtouren und wird auch vom Bundesforschungsministerium seit Jahren finanziell unterstützt. Erfolge gibt es bereits. So gelang es Berliner Forschern, einen Multiorganchip zu entwickeln, auf dem Organe wie Leber im Miniformat abgebildet werden können, um Arzneimittel zu testen.  Während an Tieren getestet Kosmetika seit 2013 in der sind Labortiere wie Mäuse oder Ratten bei Wirkstofftests noch immer unverzichtbar. Bisher wurde die Wirksamkeit von Substanzen im Tierversuch  mit sogenannten Endpunkt-Messungen ermittelt. „Dabei verabreicht man verschiedene Dosen eines Wirkstoffs und analysiert anschließend das abgestorbene Gewebe oder das tote Tier. Wie der Wirkstoff im Detail auf die Zellen wirkt, kann man damit nicht ermitteln“, erklärt der Leiter der Abteilung Zelluläre Biotechnologie am Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI, Claus Duschl.

Reaktion der Lebenzellen beobachten

Gemeinsam mit Forschern aus sechs europäischen Ländern und Israel haben Duschl und seine Kollegen am IZI in Potsdam einen Mikroreaktors namens “HeMiBio“ (Hepatic Microfluidic Bioreactor) entwickelt, in dem Leberzellen über vier Wochen kultiviert und beobachtet werden können. Das heißt: Die Wissenschaftler konnten erstmals live erleben, wie eine Substanz auf das Gewebe wirkt. Dafür bedient sich der Mikroreaktor winziger Sensoren, die in Echtzeit ermitteln, wie viel Sauerstoff die Leberzellen gerade verbrauchen. Anhand des Sauerstoffverbrauchs kann abgelesen werden, welche Stoffwechselprozesse zu einem bestimmten Zeitpunkt in Zellen ablaufen. Wird beispielsweise eine toxische Substanz hinzugefügt, registrieren die Sensoren, wie sich der Sauerstoffverbrauch der Zellen verändert. Darüber ist erkennbar, welche Stufen im Stoffwechselprozess der Wirkstoff beeinflusst oder unterbricht. „Im Projekt haben wir mit unseren Kooperationspartnern, Zellbiologen von der Hebrew University in Jerusalem, die Vermutungen überprüft, indem genau jene Substanzen ersetzt wurden, deren Produktion durch den Giftstoff blockiert wird", erläutert Duschl. „Tatsächlich liefen danach die anschließenden Stoffwechselschritte ungestört weiter“.

Stoffwechselprozesse nachahmen

Gemeinsam mit Partner aus Israel waren Duschl und sein IZI-Team maßgeblich an der Entwicklung der Sensortechnologie beteiligt. Sie verwendeten hierbei kleine Polymerpartikel, die mit Farbstoffen versetzt wurden und phosphoreszierendes Licht abgeben. Dass der Mikrobioreaktor funktioniert, haben die Verbundpartner an Proben von Leberzellen bewiesen. Als nächstes wollen die Forscher das Minilabor auch für andere Zellen fit machen, um Stoffwechselpropzesse besser nachahmen zu können. Aber schon jetzt steht fest: Mithilfe des Bioreaktors HeMIBio kann gezeigt werden, warum welche Wirkstoffe giftig sind und wie sie konkret auf das Gewebe wirken.  Das Verfahren ist somit ein wichtiger Schritt, um Tierversuche bei Arzneimitteltests künftig weiter zu reduzieren. Das Projekt HeMiBIo wurde im Rahmen der EU-Initiative SEURAT-1 von der Europäische Union und Cosmetics Europe gefördert.

bb

Naturstoffe sind der Pfeiler einer biobasierten Wirtschaft. Pflanzen, Pilze oder Mikroorganismen bieten dafür eine ganze Palette von Wirkstoffen, chemischen Substanzen oder gar Mechanismen, die für Forschung und Industrie eine immer größere Rolle spielen. Längst sind nicht alle Geheimnisse der Natur gelüftet. Doch es gibt zahlreiche Beispiele, wo die Natur Lehrmeister war und sein könnte. Welche Chancen Naturstoffe für Pharmazie und Medizin bieten und wie daraus Medikamente werden – darüber informiert die App „Vorbild NaturNaturstoff-Forschung in Deutschland“. Das von der Fachgesellschaft DECHEMA bereitgestellte Mini-Programm ist kostenfrei für Android und über iTunes verfügbar.

Was Fauna und Flora seit Jahrmillionen produzieren und praktizieren, ist mitunter bis heute der Wissenschaft ein Rätsel. In der Medizin werden die Heilkräfte der Natur zwar seit Jahrhunderten genutzt. Doch die Natur hat weit mehr als nur Wirkstoffe gegen Fieber und Gliederschmerzen zu bieten. Tiere wie der Gecko oder die Miesmuschel dienen Materialforschern längst als Vorlage für die Entwicklung neuer Superkleber. Auch das Geheimnis um die Reißfestigkeit der hauchdünnen Spinnenfäden ist gelüftet und wurde zur Vorlage, um die Fäden im Labor biotechnologisch zum Einsatz in Hightech-Textilien nachzubauen.

Naturstoff-Forschung für unterwegs

Die Beispiele verdeutlichen, wie groß der Fundus an Naturstoffen ist und wie  enorm ihr Potenzial für die Entwicklung neuer Produkte in der Pharma- und Lebensmittelsmittelindustrie sowie für die Landwirtschaft und Gesundheitsvorsorge ist. Welche Chancen Naturstoffe aus Pflanzen, Pilzen oder Mikroorganismen für Medizin und Pharmazie bieten, welche Stoffe wie für neue Produkte genutzt werden und welche neuen Erkenntnisse es auf diesem Gebiet gibt – darüber informiert erstmals eine App, die von Experten aus der DECHEMA-Fachgruppe „Niedermolekulare Naturstoffe mit biologischer Wirkung“ erstellt wurde.

App für Experten und interessierte Laien

Die App, die kostenlos für iPhone- und Android-Geräte verfügbar ist,  listet sowohl Erfolge und Potenziale der Naturstoff-Forschung auf, will aber zugleich neugierig auf neue Erkenntnisse und Anwendungsmöglichkeiten auf dem Gebiet der Naturstoff-Forschung machen. Die Autoren aus Industrie, Universitäten und Forschungseinrichtungen berichten hier in 18 Kapiteln über ihre Forschungsgebiete und tragen Naturstoffe aus Regenwald, Meer oder Bodenbakterien zusammen. Die App beinhaltet neben der Geschichte der Naturstoff-Forschung, auch eine Diskussion über aktuelle wissenschaftliche Methoden und deren Perspektiven. Interessierte können sich darüber auch einen Überblick über Forschungsgruppen und Studien- sowie Ausbildungsmöglichkeiten verschaffen. Die App will keinesfalls nur Experten ansprechen, sondern auch interessierte Laien für das Thema Naturstoffe begeistern und eine Brücke schlagen, zwischen der vertieften Auseinandersetzung mit Naturstoffen und ihrer kommerziellen Nutzung.

Weizen ist hierzulande Grundnahrungsmittel und wird als Mehl oder Gries vor allem zum Backen von Brot, Toast oder Kuchen genutzt. Doch die Back- und Verarbeitungsqualität von Weizen wird in ferner Zukunft deutlich nachlassen. Grund dafür ist der Klimawandel. Denn der ansteigende CO2-Gehalt in der Atmosphäre könnte wie ein Dünger zwar zu einer Ertragsteigerung führen, doch zu einem hohen Preis: Der Protein- und Nährstoffgehalt der Weizenkörner wird deutlich beeinträchtigt. Diese Ergebnisse zeichnen sich bereits in Simulationsexperimenten von Forschern der Universität Hohenheim ab. In Klimakammern und im Feldversuch simulieren sie die CO2-Konzentration in 30 Jahren und vermessen die Auswirkungen auf Ertrag und Qualität des Weizens. Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen der Forschergruppe "Regionaler Klimawandel" mit 300.000 Euro unterstützt.

Knapp 12 Millionen Hektar werden bundesweit als Ackerfläche genutzt, wobei Getreide auf mehr als der Hälfte aller Felder angebaut wird. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist der Weizen unter den Getreidearten mit 3,2 Millionen Hektar die dominierende Kulturpflanze auf bundesdeutschen Äckern. Zu Mehl oder Gries verarbeitet ist die Kulturpflanze eines der Grundnahrungsmittel hierzulande und eine reichhaltige Nährstoffquelle obendrauf. Doch das könnte sich in naher Zukunft ändern. Unsache dafür ist der Klimawandel, wie Forscher der Universität Hohenheim ermittelt haben.

CO2-Gehalt-Simulation auf dem Acker

In einer ersten Phase zwischen 2012 und 2015 wurden in sogenannten Klimakammern die voraussichtliche Temperatur und die CO2-Konzentration der Zukunft von 550 ppm simuliert und dann Ertrag und Qualität des Weizens mit den heutigen Eigenschaften der Kulturpflanze bei einem CO2-Gehalt von 400 ppm verglichen. Nun gibt es erste Ergebnisse eines Feldversuchs, der im vorigen Jahr gestartet ist. Im Projekt „Prozessverständnis von CO2-induzierten Mechanismen für Ertrag und Ertragsqualität ausgewählter Weizengenotypen im Feld" werden die CO2-Bedingungen der Zukunft auf dem Acker mit Hilfe von „FACE- Free-Air Carbon dioxide Enrichment“ nachgestellt. „Das ist eine technische Versuchsanordnung, mit der wir bereits heute im Freiland den Einfluss einer zukünftigen, erhöhten CO2-Konzentration auf die landwirtschaftliche Produktion untersuchen können“, erklärt Projektleiter Andreas Fangmeier. Über dünne Leitungen wird dabei Kohledioxid – je nach Windrichtung und –stärke – direkt auf den Weizen gegeben, so dass künftige CO2-Konzentrationen in der Kulturpflanze entstehen und das unabhängig von Wind, Sonnenstrahlung und Verdunstung.

Ertragssteigerung auf Kosten der Qualität

Für das Feldexperiment nutzen die Forscher zwei unterschiedliche Weizenarten: Zum einen die qualitativ hochwertige Sorte Triso und die auf Ertrag gezüchtete Sorte Tybalt. Im Zentrum der Untersuchung steht die Frage: Wie können die Nährstoffe in den Pflanzen bei heutigen und künftigen CO2-Konzentrationen aufgenommen und verteilt werden? Dafür werden Wasserhaushalt, Saftfluss und Photosynthese-Leistung der Pflanzen gemessen, die Verteilung von Kohlenstoff und Stickstoff in der Pflanze bestimmt  und deren Inhaltsstoffe analysiert. Das Ergebnis: Das Treibhausgas CO2 könnte zwar als Dünger wirken und die Erträge erhöhen – aber die Qualität negativ beeinflussen. „Wir haben festgestellt, dass eine CO2-Erhöhung in der Atmosphäre den Proteingehalt im Weizen reduziert. Auch der Gehalt an Gluten, das als Kleberprotein für gute Backfähigkeit sorgt, sinkt durch mehr CO2“, erklärt Fangmeier. 

Back-und Verarbeitungsqualität sinken

Außerdem stellten die Forscher eine Veränderung in der Zusammensetzung der Proteine fest, was die Verarbeitungsqualität des Weizenmehls wie das Teigvolumen beeinträchtigt. „Es könnte daher notwendig werden, in Zukunft die Verarbeitungskette an diese Verhältnisse anzupassen“, empfiehlt daher Projektmitarbeiterin Petra Högy. Neben der schlechteren Back- und Verarbeitungsqualität nahm auch der Nährstoffgehalt der Kulturpflanze ab. So sank bei höheren CO2-Konzentrationen der Anteil von Calcium, Eisen, Magnesium und Zink im Weizen deutlich. Auch der Anteil an Aminosäure reduzierte sich.  „Das Problem der Fehlernährung könnte sich also in Zukunft noch erheblich verstärken“, warnt  daher Andreas Fangmeier. Der Forscher gibt zu bedenken, dass sich diese Ergebnisse nochmals deutlich verschärfen können, wenn klimatische Extrembedingungen dazukommen. Bisher gibt es dazu noch keine Erkenntnisse.

Verbundprojekt bündelt Klimamessdaten

Diese und frühere Forschungsdaten werden im Verbundprojekt der Forschergruppe „Regionaler Klimawandel“ gebündelt. „Die Modelle, die sie entwickeln und validieren, sollen dann noch genauere Prognosen zulassen, wie sich der Klimawandel auf Kulturpflanzen auswirkt“, stellt Petra Högy klar. Im Rahmen des Vorhabens werden seit 2012 die Folgen des globalen Klimawandels für die hiesige Landwirtschaft untersucht und daraus Prognosen für die Entwicklung bis 2030 abgeleitet. Die Feldversuche der Hohenheimer Forscher laufen noch bis 2018.

Millionen Tonnen Kunststoff werden weltweit jährlich produziert. Die Entsorgung der meist aus dem erdölbasierten Stoff PET bestehenden Verpackungen ist problematisch. Nur ein Teil davon kann tatsächlich recycelt werden. Obendrein belastet der Plastikmüll zunehmend die Weltmeere und gefährdet die Artenvielfalt der Meeresbewohner. Japanische Forscher haben nun eine einmalige Entdeckung gemacht: In Proben eines Recylinghofes für PET-Flaschen fanden sie ein Bakterium, das in der Lage ist, den Kunststoff auf natürliche Weise abzubauen und zu verwerten, wie das Team im Fachjournal Science (2016, Bd. 351, S.1196) berichtet.

Rund ein Drittel der weltweit produzierten knapp 300 Millionen Tonnen Kunststoffe werden jährlich für Verpackungen eingesetzt. 50 Millionen Tonnen bestehen davon aus Polyethylenterephthalat - kurz PET, der vor allem in Getränkeflaschen vorkommt. Das Problem: Nur ein Teil der Kunststoffprodukte können recycelt werden. Das Gros davon wird entweder professionell verbrannt oder wird als Müll in der Natur entsorgt. Die fein zerriebenen Mikroplastikteilchen belasten indes nicht nur das Grundwasser. Auch die Ozeane sind voll davon und werden zunehmend zu einer Gefahr für die Meeresbewohner. Deutsche und belgische Forscher konnten erst kürzlich belegen, dass jährlich bis zu acht Millionen Tonnen Plastikmüll aufs Meer hinausgetrieben werden und Teile davon

Bakterien als Recyclinghelfer

Die Suche nach biobasierten und biologisch abbaubaren Alternativen zum erdölbasierten Kunststoff PET läuft daher weltweit auf Hochtouren und wird auch vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in zahlreichen Projekten gefördert. Vielversprechende Entwicklungen aus deutschen Laboren gibt es bereits. Dazu zählen umweltfreundliche  oder Doch das eigentliche Problem bleibt die umweltfreundliche Entsorgung des Kunststoffes. Ein europäisches Forscherteam unter deutscher Federführung der RWTH Aachen will das Problem mit Hilfe von Bakterien lösen, um Plastikmüll in

Bakterium knackt PET-Oberfläche und bildet kunstoffzersetzendes Enzym

Japanische  Forscher präsentieren nun in Science einen solchen bisher einmaligen bakteriellen Recyclinghelfer. In Proben aus einer Recyclingstation für PET-Flaschen stießen die Wissenschaftler aus Kyoto, Yokohama und Yamaguchi auf ein bislang einzigartiges Bakterium. Der Mikrobenstamm Ideonella sakaiensis wurde in einem Konsortium mehrerer Mikroorganismen identifiziert und ist in der Lage, die Polymerketten des PET-Kunststoffs zu „knacken“. Die Untersuchungen ergaben, dass sich Ideonella sakaiensis überraschend an den PET-Oberflächen anheften kann und dort ein hochspezifisches Enzym (PETase) ausstößt, das wiederum die chemischen Bindungen im Kunststoff aufbricht. Die Abbauprodukte werden danach vom Mikroorganismus aufgenommen und von einem zweiten selektiven Enzym (MHETase) in der Zelle in die Monomere Ethylenglykol und Terephthalsäure gespalten. Diese PET-Grundbaustoffe können der Studie zufolge somit komplett verstoffwechselt werden und dienen folglich als alleinige Wachstumsquelle des Mikroorganismus. „Bislang waren nur ganz wenige Enzyme bekannt, die überhaupt und auch nur eine sehr geringe Aktivität im Abbau von PET zeigen“,  so der Greifswalder Biochemiker Uwe Bornscheuer in einem Begleitartikel in Science. Die glatte Kunststoffoberfläche des Polymers galt bisher als unzugänglich. „Hier scheint der Ideonella sakaiensis-Stamm besondere Mechanismen entwickelt zu haben, die das japanische Forscherteam aber noch nicht im Detail aufklären konnte“, so der Forscher

Chance für umweltfreundliche PET-Synthese

Bornscheuer ist überzeugt, dass der Mikroorganismus genutzt werden könnte, um den Kunststoff PET umweltfreundlich zu verwerten. Mit dem Wissen um die beteiligten Enzyme könnten zudem Verfahren entwickelt werden, um das Monomer Terephthalsäure zu isolieren und für die Synthese von PET wieder einzusetzen. „Dies würde ohne Zweifel eine erhebliche Umweltentlastung darstellen, da auf den Einsatz von Erdöl zur Herstellung dieses Kunststoffes verzichtet werden könnte“, so der Biochemiker.  Faszinierend ist auch, dass das Bakterium offenbar nur eine kurze Zeit brauchte um sich an das erst vor 70 Jahren entstandene Substrat PET anzupassen.

Haben Pflanzen ein Nervensystem und somit Empfindungen wie der Mensch? Würzburger Pflanzenforscher sind davon überzeugt. Für den Beweis dieser These fehlte es  bisher jedoch an geeigneten Werkzeugen. Nun hat das Team um Rainer Hedrich eine elegante Lösung für das Problem gefunden. Um zu messen, wie in Pflanzen elektrische Signale weitergeleitet werden, holten sich die Forscher einen tierischen Helfer: Sie nutzen Blattläuse als Biosensoren. Mit deren Hilfe stellten sie fest, dass Pflanzen auf verschiedene Schädigungen ganz unterschiedlich reagieren, wie das Team im Fachjournal Trends in Plant Science (2016; Online-Veröffentlichung) berichtet.

Bei einer Verletzung reagiert der menschliche Körper binnen von Millisekunden. Der durch Schnitt oder Sturz ausgelöste Reiz wird blitzartig über Ionenkanäle von Zelle zu Zelle weitergegeben, so dass der Schmerz spürbar wird. Dass auch Pflanzen solche Empfindungen haben können und eine Art "Pflanzenneurobiologie" existiert, wurde einst als Spinnerei abgetan. Einige Forscher, darunter Hedrich, sind seit Langem überzeugt, dass auch Pflanzen über elektrische Signale Informationen zwischen den Organen ihres Körpers austauschen. 

Blattläuse messen Signale der Pflanze

An der Venusfliegenfalle hatte der Würzburger Biologe schon vor einigen Jahren beweisen können, dass die fleischfressende Pflanze die gesendeten elektrischen Signale zählen kann und danach entscheidet, ob die Falle zuschnappt oder nicht. Entsprechende Signale waren in den Siebröhren messbar – einem Leitungssystem aus miteinander gekoppelten Zellen, das Nährstoffe wie Zucker durch die Pflanze transportiert. Haben Pflanzen ähnlich wie der Mensch also doch ein Nervensystem, dass in Gestalt der Siebröhren daherkommt? Diese These ist umstritten und war bisher nur schwer zu beweisen, weil geeignete Messmethoden fehlten, um die Weiterleitung elektrischer Signale über größere Entfernungen in Pflanzen zu messen. Gemeinsam mit Kollegen der Universität Würzburg hat Hedrich dafür nun eine Lösung gefunden. Um festzustellen, wie in Pflanzen elektrische Signale weitergeleitet werden, nutzen sie Blattläuse als Bio-Sensoren. Der Grund: Blattläuse stechen sehr zielgenau in die Siebröhren von Pflanzen und saugen dort den zuckerhaltigen Saft auf.

Mit dem in der Pflanzenphysiologie seit den 1960er genutzten Blattlaus-Trick erzeugten die Würzburger Forscher nun zwischen Insekt und Pflanze einen elektrischen Stromkreis. Dafür wurde den Tierchen ein feiner Draht an den Körper geklebt und dieser mit einer Elektrode verbunden, die in der Erde einer Topfpflanze steckte. Auf diese Weise konnten sie die Ausbreitung elektrischer Signale in den Siebröhren der Ackerschmalwand genau messen.

Schmerzreaktionen zeitlich sehr verschieden

Das Ergebnis: Die Pflanzen reagieren auf Schädigungen wie eine Schnittverletzung am Blatt oder einen Kälteschock völlig verschieden. In beiden Fällen legten die Signale zwar größere Strecken von zehn Zentimeter und mehr zurück. Dabei liefen die Signale von der beschädigten Stelle in alle anderen Organe, die dann passend reagierten, in dem sie beispielsweise Proteine synthetisieren, die Pflanzen vor Kälte schützen. Bei einer Schnittverletzung dauert es jedoch mehrere Minuten, ehe die Pflanze elektrischen Impulse auslöste – also reagierte. Bei Kälteeinwirkung kam der elektrische Impuls schon nach etwa 15 Sekunden. „Diese Unterschiede sind für uns ein Hinweis darauf, dass die elektrischen Signale jeweils eine spezielle Bedeutung haben“, sagt Hedrich.

Neue Einsätze der Blattlaus als Biosensor

Mit der Blattlaus als Biosensor wollen Hedrich und sein Team nun klären, wie und wo die Signale entstehen, welche Informationen transportiert und wo diese registriert werden aber auch wie die Pflanze letztlich reagiert. „Wir wollen aber auch versuchen, die Bioelektroden zu entlasten, indem wir Gene für Membranpotential-sensitive Reporterproteine im Phloem exprimieren und so die elektrischen Ereignisse des gesamten grünen Schaltkreises einer Pflanze überwachen können“, so Hedrich.

In keinem Land der Welt wird soviel Hopfen angebaut wie in der Biernation Deutschland. Experten befürchten jedoch, dass die Spitzenposition beim Hopfenanbau gefährdet ist, wenn Innovationen in der Züchtungsforschung ausbleiben. Unter Leitung der Universität Hohenheim wollen Forscher nun die Hopfenzüchtung in Deutschland vorantreiben und Sorten entwickeln, die den veränderten Klimabedingungen besser angepasst sind und den neuen Marktanforderungen hinsichtlich der Geschmacksvielfalt mehr gerecht werden. Als ersten Schritt in Richtung Präzisionszüchtung will die Forschergruppe bis 2017 eine genetische Landkarte deutscher Hopfenpflanzen erstellen.

Deutschland gilt traditionell als Bierbrauer- und Biertrinker-Nation, und in diesem Jahr feiert das Reinheitsgebot sein 500. Jubiläum. Beim Konsum der „kühlen Blonden“ rangieren die deutschen Biertrinker mit einem jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch von 107 Liter (2014) in Europa auf Platz Zwei hinter Tschechien. Beim Bierabsatz ist Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamtes mit 86 Millionen Hektoliter pro Jahr sogar Spitzenreiter. Und hinsichtlich der bundesweiten Anbaufläche für Hopfen ist das Land mit einem weltweiten Anteil von 36 Prozent sogar Marktführer. Doch die Spitzenposition scheint gefährdet. Denn Deutschland hat mit den USA Konkurrenz bekommen. Der Grund: Die amerikanische Hopfenwirtschaft hat seit Jahren in neue Pflanzungen und Forschung investiert und ist damit der Lage, schneller und gezielter auf wechselnde Geschmackstrends zu reagieren.

Investition in Präzisionszucht

„Die jüngsten Zahlen zeigen, dass Deutschland bereits 2015 als weltweit größtes Hopfenanbauland von den USA eingeholt wurde“, erklärt Michael Helmut Hagemann vom Fachgebiet Ertragsphysiologie der Sonderkulturen an der Universität Hohenheim. Gemeinsam mit Wissenschaftlern der Bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft in Hüll/Freising, dem Max-Planck-Instituts für Entwicklungsbiologie in Tübingen, der Hopfenpflanzer in Tettnang und der Hopfenverwertungsgenossenschaft will Hagemann Deutschland durch Präzisionszucht auf Kurs halten und fit für die Konkurrenz machen. Das Projekt wird durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Baden-Württemberg, die Erzeugergemeinschaft Hopfen HVG e.G. in Wolnzach und die Universität Hohenheim finanziert.

Hopfen schneller züchten

Das Ziel der Forscher: die Entwicklung moderner Züchtungsverfahren, um Hopfen präziser und schneller züchten zu können. Denn bis eine neue Sorte im Kessel der deutschen Bierbrauer landet, vergehen oftmals bis zu zwölf Jahre. „Das zeigt, wie aufwendig und vor allem kostenintensiv die Züchtung langjähriger Pflanzen ist. Genau hier setzt unser Kooperationsprojekt an.“ Ob der Hopfen geschmacklich perfekt ist, offenbart sich derzeit meist erst bei der Ernte. „Bisher müssen sich deutsche Hopfenzüchter ausschließlich auf ihren langjährigen Erfahrungsschatz und Intuition verlassen. Junge Hopfenpflanzen werden vom Züchter vor allem nach äußeren Eigenschaften wie Aussehen, Wuchs und den ersten Dolden ausgewählt“, erklärt Hagemann.

Genkarte des Hopfens

Mit einer genetischen Landkarte des Hopfens will das Forscherteam um Hagemann nun die Grundlage für die Präzisionszüchtung legen. Den Grundstock für das Forschungsprojekts bilden rund 1.000 Hopfen-Sämlinge, die bereits im Gewächshaus der Universität Hohenheim auskeimen. „Unsere bayerischen Kollegen haben hierfür zwei Elternpflanzen miteinander gekreuzt, die in ihrem Erbmaterial sehr unterschiedlich sind. Auf diese Weise haben wir bei den Nachkommen eine hohe genetische Vielfalt“, erklärt Hagemann weiter. Das Erbgut der 1.000 Nachkommen liefert den Wissenschaftler die Grundlage für die Erstellung einer Genkarte. Sie erlaubt es, bestimmte Merkmale wie Schädlingsresistenz, mehr Ertrag oder bestimmte Aromen mit entsprechenden Erbgut-Abschnitten in Zusammenhang zu bringen. Sind solche Genorte erst einmal bekannt, können bereits junge Hopfenpflanzen per DNA-Check überprüft werden, ob sie interessante Merkmale von ihren Eltern geerbt haben. Die Präzisionszüchtung nutzt das Wissen um die Erbinformation also für diagnostische Zwecke. Die Erstellung der Hopfen-Genkarte soll im Mai starten und bis 2017 abgeschlossen sein.

Im Ergebnis hoffen die Hopfenforscher auf neue Sorten, die an Klimaveränderungen angepasst sind, Resistenzen gegenüber Schädlingen aufweisen und damit zukünftig weniger Pflanzenschutzmitteln benötigen. Zugleich sollen die Pflanzen auch den neuen Marktanforderungen der sogenannten Craft-Bier-Szene entgegenkommen. Die Branche der kleineren Spezialbierbrauer, die mit ungewöhnlichen Geschmacksrichtungen auf den Markt drängen, hat in den vergangenen Jahren rasant zugelegt. 

Viele Pflanzen leben mit Mikroorganismen in Symbiose, die in ihren Wurzeln siedeln. Die Ackerschmalwand ist eine Ausnahme. Arabidopsis thaliana  verzichtet auf  das Pilzgeflecht an der Wurzel als Nährstofflieferant, die Mykorrhiza. Stattdessen verbündet sich die bei Forschern beliebte Modellpflanze bei Bedarf zeitweise mit einem ansonsten eher unliebsamen Gast, dem Bodenpilz Colletotrichum tofieldiae. Wie ein internationales Konsortium unter Leitung von Max-Planck-Forschern in Köln herausfand, toleriert Arabidopsis den Pilz jedoch nur, wenn sie lösliches Phosphat aus dem Boden benötigt, andernfalls agiert das Immunsystem als Wächter und verweigert der Mikrobe den Zutritt. Im Fachjournal Cell (2016, Online-Vorabveröffentlichung) stellen die Wissenschaftler das ungewöhnliche Mikroben-Managmentsystem vor.

Ohne Nährstoffe wie Phosphat können Pflanzen weder wachsen noch gedeihen. In der Regel gehen sie dafür Symbiosen mit Mikroorganismen ein, die in der Wurzel leben und die Nährstoffversorgung übernehmen. Im Gegenzug sorgt die Pflanze dafür, dass die Untermieter reichlich Kohlenstoff aus der Photosynthese erhalten. Die Modellpflanze Arabidopsis thaliana ist hier eine Ausnahme, wie ein internationales Forscherteam unter Federführung des Kölner Max-Planck-Institutes für Pflanzenzüchtungsforschung herausfand. Wie das Team um Paul Schulze-Lefert berichtet, pflegt die Ackerschmalwand hinsichtlich der Phosphat-Versorgung eine Symbiose nach Bedarf mit dem eigentlich bedrohlichen Bodenpilz Colletotrichum tofieldiae. „Das gedeihliche Miteinander von Arabidopsis und Colletotrichum hat uns zunächst überrascht, weil diese Pilzfamilie fast überall als Krankheitserreger auftritt Allein beim Mais verursacht ein Verwandter Ernteeinbußen in Milliardenhöhe“, sagt Paul Schulze-Lefert, Direktor am Kölner Max-Planck-Institut.

Fremd unter bestimmten Umständen

Im Rahmen der im Fachjournal Cell erschienen Studie gingen die Wissenschaftler der Frage nach, warum der Bodenpilz Arabidopsis nicht krank macht. Die Antwort fanden sie im Immunsystem der Ackerschmalwand. Sie konnten zeigen, dass das angeborene Immunsystem den Pilz nur als Untermieter in der Wurzel akzeptiert, wenn Arabidopsis nicht selbst an Phosphat herankommt, sondern auf fremde Hilfe bei der Umwandlung des unlöslichen Phosphats angewiesen ist. Andernfalls bringt die Pflanze ihr Immunsystem in Stellung und versperrt dem fremden Pilz den Zugang zur Wurzel. „Fremd ist also nicht immer fremd, sondern nur unter bestimmten Umständen. Das ist eine ganz neue Sicht auf das Immunsystem“, bemerkt Schulze-Lefert. Die Forscher vermuten, dass diese besondere Symbiose auf die Standortbedingungen der in der Studie verwendeten Ackerschmalwand zurückzuführen sind. Der Pilz wurde aus einer Arabidopsis-Pflanze im spanischen Hochland isoliert, wo kaum lösliches Phosphat im Boden vorhanden ist.

Mikroben-Managmentsystem entschlüssselt

Darüber hinaus konnte das Forscherteam aufklären, welche Prozesse für das faszinierende Mikroben-Managmentsystem verantwortlich sind. Der Studie zufolge misst Arabidopsis mithilfe des sogenannten "Phosphat Starvation Response"-Regelwerkes die Verfügbarkeit des Nährstoffs im Boden und gibt die Information an einen Schaltkreis weiter, der das Pflanzenwachstum bestimmt. Dem Pilz wird also nur Zutritt gewährt, wenn das Depot an löslichem Phosphat zur Neige geht. Auch der Syntheseweg zur Bildung von Senfölglykosiden, die Teil des Immunsystems sind, prägt die ungewöhnliche Symbiose. Der Studie zufolge wird der Pilz zum lebensbedrohlichen Schädling, wenn dieser Syntheseweg fehlt.

Immunsystem wird zum Nährstoffregulator

„Arabidopsis-Pflanzen entscheiden über ihr anstehendes Verhältnis zu ihrem Untermieter, indem sie ihr Immunsystem mit dem Messfühler für die Phosphatversorgung verbinden“, erklärt Schulze-Lefert. Damit regelt das Immunsystem auch  die externe Nährstoffversorgung der Pflanze bei Phosphatmangel, was im Pflanzenreich bislang ein Novum ist. „Wir haben jetzt gezeigt, dass ein Pilz den wir zufällig gefunden haben, sich dort nicht zufällig aufgehalten hat. Er dient Arabidopsis als Ersatz für die fehlende Mykorrhiza. Ohne ihn würde sie auf Phosphat-Mangelböden nur geringe Überlebenschancen haben“, so der Kölner MPI-Direktor. Als Nächstes wollen die Max-Planck-Wissenschaftler klären, welche Moleküle die Kommunikation zwischen Nährstoffversorgung und Immunsystem steuern und wie dieser Entscheidungsprozess organisiert wird.

Wieviele Gene sind mindestens nötig, damit ein einfach gebauter Organismus überleben kann? Ein US-Forscherteam um Craig Venter und Clyde Hutchinson hat für einzellige Lebewesen eine neue Rekordmarke für ein Minimalgenom aufgestellt: 473 Gene besitzt das im Labor im kalifornischen La Jolla geschaffene Bakterium namens „Syn 3.0“. Das Erbgut der Mikrobe wurde am Computer designt und vollständig aus chemischen Grundbausteinen zusammengesetzt. Die Forscher berichten im Fachjournal Science (2016, Online-Vorabveröffentlichung) über ihre aufwendige molekularbiologische Tüftelei, die als weiterer Meilenstein der Synthetischen Biologie gilt. Die Genomforscher versprechen sich nicht nur Erkenntnisse über die essenziellen Grundzutaten des Lebens. Ihre Designer-Mikroben könnten Vorlage für programmierbare Produktionsorganismen der Zukunft sein.

Selbst einfache Lebewesen wie Bakterien sind hochkomplexe, biologische Systeme. Ein Ziel von Wissenschaftlern des Forschungszweigs Synthetische Biologie ist es, sie zu vereinfachen, bis nur die minimale Ausstattung der notwendigsten Komponenten übrigbleibt. Dazu entfernen sie alle nicht überlebenswichtigen Bestandteile aus dem Inventar einer natürlichen Zelle. Diese sind immer mit Funktionen ausgerüstet, die sie nur für ihren natürlichen Lebensraum benötigen, nicht jedoch für das Überleben im Labor. Eine Minimalzelle braucht daher nicht unbedingt alle Funktionen einer natürlichen Zelle. Die Hoffnung: Eine verschlankte Zelle gibt den Blick für die entscheidenden Komponenten frei.

Von der künstlichen Kopie zur verschlankten Version

Die US-Forscher Clyde Hutchison und Hamilton Smith am J. Craig Venter Institute sind Vorreiter dieses Top-down-Ansatzes in der Synthetischen Biologie. Vor nunmehr 17 Jahren haben sie sich zum Ziel gesetzt, bei einfach gebauten Mikroorganismen, den Mykoplasmen, das Genrepertoire auf das lebensnotwendige Minimum zu reduzieren. Dass dies technisch prinzipiell machbar ist, haben die US-Pioniere bereits demonstriert. 2010 haben sie das komplette Genom von Mycoplasma mycoides rein chemisch im Labor synthetisiert, nahezu fehlerfrei zusammengesetzt und den nachgebauten DNA-Strang in eine speziell vorbereitete, genomfreie Mykoplasmen-Zelle eingesetzt. Die sogenannte Erbgut-Transplantation funktionierte: Die Zellen teilten sich daraufhin und lebten mit ihrem neuen Designer-Genom weiter.

Erbgutstrang entrümpelt

Die damalige Arbeit sorgte als technologischer Meilenstein für Schlagzeilen, allerdings war das Genom von „JCVI-Syn 1.0“ bloß ein Nachbau, eine leicht abgewandelte Kopie des vollständigen Erbguts von Mycoplasma mycoides.  Erst mit der nun geschaffenen Mikroben-Version „JCVI-syn 3.0“ sind die Bioingenieure ihrer Vision einer Minimalzelle mit entrümpeltem Genom tatsächlich näher gekommen. In mühseliger molekularer Puzzle-Arbeit – mit vielen Anläufen und Rückschlägen – gelang es, den DNA-Strang knapp um die Hälfte zu kürzen (von 1079 auf 531 Kilobasen-Paare) und das Gen-Repertoire um 57 Gene auf genau 473 zu stutzen. Was die Forscher überraschte: Bei einem Drittel der Gene  (149) des synthetischen Schrumpfgenoms ist die Funktion noch unklar. Diese Funktionen wollen die Forscher weiter entschlüsseln, um den molekularen Grundzutaten für das Phänomen „Leben“ auf die Spur zu kommen.

Minimalzelle als Produktionsplattform

Aber den Biotechnologen schwebt auch eine praktische Anwendung vor: Zellen mit Minimalgenom könnten in der Biotechnologie als eine Art Plattform, gleichsam als Chassis, für eine effiziente, industrielle Herstellung von Biomolekülen dienen. Indem Forscher genetische Redundanzen beseitigen, reduzieren sie den Energieaufwand von Zellen – gewünschte Stoffwechselprodukte werden so ressourcenschonender hergestellt. Die Minimalzellen ließen sich nachträglich mit speziellen Stoffwechselprozessen ausrüsten – um so die Produktionswege maßzuschneidern.

Tierische Organe im menschlichen Körper - diese Vorstellung schreckt viele noch ab. Doch Spenderorgane sind rar. Wissenschaftler auf der ganzen Welt sehen diese  Transplantationsmethode daher längst als eine mögliche Alternative zur herkömmlichen Organspende. Dem Ziel, Abstoßungsreaktionen des Körpers zu vermeiden, sind Wissenschaftler aus den USA und Deutschland nun einen großen Schritt näher gekommen. Wie das Team im Fachjournal Nature Communications (2016, Online-Veröffentlichung) berichtet, gelang es ihnen  ein Schweineherz so zu verändern, dass es über zwei Jahre in einem Affenbauch schlagen konnte. Und das ist neuer Rekord.

Organspenden können Leben retten. Doch die Nachfrage an Herz, Lunge oder Niere ist weit größer als das Angebot. Etwa 10.000 Menschen warten der Deutschen Stiftung Organtransplantation zufolge derzeit in Deutschland auf einen Ersatzorgan. Eine Alternative können hier Organe von Tieren sein – die sogenannte Xenotransplantation. Besonders das Schwein kommt als tierischer Spender infrage: Stoffwechsel und Gewebemerkmale kommen dem Menschen recht nahe. Doch das Risiko einer Abstoßung ist die größte Schwierigkeit, mit der die Xenotransplanteure derzeit kämpfen.

Immunsystem mit Wirkstoffmix gebremst

Seit Jahren suchen Forscher weltweit nach Wegen, die Verträglichkeit des tierischen Organs zu verbessern und Abstoßungsreaktionen zu vermeiden. Nun ist US-Forschern in Zusammenarbeit mit deutschen Nutztiergenetikern ein bemerkenswerter Erfolg gelungen: Die US-Forscher von den National Institutes of Health (NIH) in Bethesda haben ein Schweineherz im Körper eines Pavians 945 Tage schlagen lassen, ohne dass es abgestoßen wurde. Das ist neuer Rekord. Bisher kam es in der Hälfte der Zeit zu Abstoßungsreaktionen. Wie das Team im Fachjournal Nature Communications berichtet, wurde dafür das Immunsystem des Affen mit einer vergleichsweise einfachen und wenig toxischen Behandlung so weit gedämpft, dass es das implantierte Herz tolerierte. Dabei handelt es sich um einen Mix aus spezieller Antikörpern und Medikamenten. Die Schweineherzen waren im Bauchraum der Affen implantiert, wo sie an deren Blutversorgung angeschlossen waren. Dort pumpten sie, ohne die normale Herzfunktion der Tiere zu ersetzen.

An der Erfolgsgeschichte waren Forscher vom Genzentrum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München beteiligt. Ein Team um den Genetiker Eckhard Wolf hatte dafür Schweineherzen so modifiziert, dass sich ihr Herz besonders gut für eine solche Transplantation eignete. Im Rahmen der NIH-Studie stellte das von den Münchner Forschern eingebrachte Spenderherz den Rekord auf. Diese genetischen Veränderungen sorgten dafür, dass das Blut der Affen, wenn es durch die Gefäße im Schweineherz fließt, keine Gerinnsel bildet.

Blutgerinnung verhindert

Bei diesem Prozess spielen das Thrombin im Blut und das Thrombomodulin auf den Blutgefäßzellen eine wichtige Rolle. Treffen die Substanzen aufeinander, aktivieren sie gewöhnlich das gerinnungshemmende Protein C. Bei einer Transplantation ist dieser Vorgang jedoch blockiert. Dadurch können sich im Laufe der Zeit Thromben bilden, die wiederum die Abstoßung des Spenderorgans beschleunigen. Die Münchner Genetiker haben damit eine wesentliche Ursache der Abstoßung geklärt – die Blutgerinnung. Die Arbeit des LMU-Teams wird im Rahmen eines Sonderforschungsbereiches zum Thema „Xenotransplantation“ von der Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützt.