Umweltpolitik: Impulse für mehr Nachhaltigkeit
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hat in Berlin das "Integrierte Umweltprogramm 2030" vorgestellt. Markantester Vorschlag: ein "zweites Preisschild".
Woher stammt das Fleisch auf dem Teller? Welche Rohstoffe stecken im Handy? Wurden gar Umwelt oder Arbeitskräfte bei der Herstellung gefährdet? Solche oder ähnliche Fragen beschäftigen zunehmend Verbraucher - werden aber selten von der Industrie beantwortet. Das soll sich ändern. Geht es nach Bundesumweltministerin Barbara Hendricks, sollen zukünftig Produkte, deren Herstellung besonders viele oder seltene Ressourcen verbrauchen und damit der Natur schaden, mit einem „zweiten Preisschild“ versehen werden. So würden Umweltkosten transparent.
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Dieses Siegel soll darüber informieren, ob beispielsweise bei Handy oder Tablet Erze wie Coltan eingesetzt wurden, die meist unter schlechten Arbeits- und Umweltbedingungen in Afrika gefördert werden. Auch Lebensmittel wie Rindfleisch aus der Massentierhaltung, bei der vermehrt Treibhausgase freigesetzt werden, könnten solch eine Kennzeichnung erhalten.
Das Label ist Teil des „Integrierten Umweltprogramms 2030“, ein Strategiepapier, das Hendricks am 8. September vorstellte. „Es ist Zeit für eine neue, gestärkte Umweltpolitik“, sagte die Ministerin bei einer Pressekonferenz in Berlin. Hendricks machte klar, dass Deutschland eine Mitverantwortung habe, dass „insgesamt vier der neun planetaren Belastbarkeitsgrenzen überschritten seien, etwa beim Klimawandel, bei der Belastung durch Phosphor und Stickstoff und beim Verlust tropischer Regenwälder“.
Integriertes Umweltprogramm 2030
Das "Integrierte Umweltprogramm 2030" in Broschüren-Form auf der Website des Bundesumweltministeriums: "Den ökologischen Wandel gestalten: Integriertes Umweltprogramm 2030"
Die von der Ministerin vorgeschlagenen Maßnahmen betreffen daher nicht nur das Umweltressort. Das „Integrierte Umweltprogramm 2030“ nimmt alle Schlüsselbereiche von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in die Pflicht und formuliert Ziele und Vorschläge für ein umweltgerechtes und nachhaltiges Handeln. "Das Integrierte Umweltprogramm 2030 geht bewusst über den Zuständigkeitsbereich meines Hauses hinaus, denn der ökologische Wandel lässt sich nur in einer breiten Allianz von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gestalten", so Hendricks.
Ökologische Steuerreform vorantreiben
Die Weiterentwicklung der ökologischen Steuerreform ist Hendricks zufolge ein "wesentlicher Baustein" zur Verwirklichung einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft. Noch fehlt es an Steuerungsmöglichkeiten bei knappen Ressourcen oder bedrohten Umweltgüter wie seltene Erden, Phosphor oder feinstaub-, hormon- oder stickstoffbelasteter Ökosystemen. „Mit der Sicherung und Verbesserung der Einnahmenseite öffneten sich Spielräume für die steuerliche Entlastung etwa bei den unteren und mittleren Einkommen und für den Faktor Arbeit“, argumentierte Hendricks.
Biolandbau stärken
Außerdem forderte die Bundesumweltministerin ein Initiativrecht für ihr Ressort, um Angelegenheiten von umweltpolitischer Bedeutung der Bundesregierung zur Abstimmung vorlegen zu können, auch wenn diese andere Geschäftsbereiche betreffen. Darüber hinaus soll mit dem Umweltprogramm die Massentierhaltung in Deutschland beschränkt, eine Stickstoffstrategie erarbeitet und der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduziert werden. Zudem plädiert das Programm für eine Stärkung der naturnahen und ökologischen Landwirtschaft. Mit dem neuen Umweltprogramm will das Bundesumweltministerium vor allem den gesellschaftlichen Dialog über die Zukunft der deutschen Umweltpolitik anstoßen.
Lob vom Umweltrat
Erste Reaktionen gibt es bereits. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) begrüßt das Umweltprogramm und sieht es als „einen Meilenstein“ bei der Weiterentwicklung der deutschen Umweltpolitik sowie der Umsetzung der Ziele der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie. „Nur mit einer wirksamen Umweltpolitik kann der notwendige Wandel erreicht und Wohlstand dauerhaft gesichert werden“, erklärt SRU-Ratsvorsitende Claudia Hornberg.