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Rund acht Prozent der Menschen in Deutschland ernähren sich laut Ernährungsreport 2022 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vegetarisch oder vegan. Jede zweite befragte Person hat demnach zumindest schon einmal vegetarische oder vegane Alternativen zu tierischen Produkten probiert – Tendenz steigend. Aber welchen Alternativen zum Fleisch gehört die Zukunft? Das Forschungsprojekt TRADINNOVATION hat dazu für drei Produktgruppen den Status Quo untersucht: pflanzlichen Fleischersatz, Insekten und kultiviertes Fleisch.

„Am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI forschen wir über Innovationen und Innovationssysteme in der Bioökonomie“, erläutert Dr. Bärbel Hüsing, wie es zu der Studie gekommen ist, die von Juli 2019 bis Ende 2022 lief und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund 440.000 Euro gefördert wurde. „Wir haben uns gefragt: Was gibt es in die Bioökonomie für disruptive Innovationen?“ Oftmals ersetzen lediglich biobasierte Rohstoffe fossilbasierte Rohstoffe, sonst ändert sich wenig. „Bei Fleisch könnte das anders sein“, sagt die Projektleiterin. „Man bräuchte keine Viehproduktion mehr, keine Schlachthöfe, sondern Fabriken“.

„Wir müssen weniger Fleisch produzieren“

Als die Projektidee 2018/19 entstand, gab es gerade die ersten pflanzenbasierten Fleischalternativen auf dem Markt. Inzwischen haben generell Alternativen zu tierischem Protein stark an Bedeutung gewonnen, zum Beispiel auch Molkereiprodukte aus alternativen Proteinen, kultivierte Fischprodukte und Ei-Alternativen. In einer heute beginnenden Analyse würde man diese auch mit untersuchen, meint Hüsing mit dem Blick von heute. „Aber der Fokus auf Fleisch hat schon seine Berechtigung: Wir müssen weniger Fleisch produzieren, aus Klimaschutzgründen und um landwirtschaftliche Flächen statt für Futtermittelerzeugung für Rohstoffe für die Bioökonomie nutzen zu können“, erläutert die Forscherin.

Für Deutschland hat das Team am Fraunhofer ISI die drei Innovationssysteme für Fleischalternativen auf Basis von Pflanzen, Insekten und Zellkulturen verglichen. Welche Stärken und Schwächen haben die drei Systeme? Beeinflussen sie sich gegenseitig oder entwickeln sie sich eher unabhängig voneinander? Um das zu beantworten, werteten die Fachleute Literatur- und Internetquellen aus und befragten Stakeholder.

Fleischalternativen sind derzeit Nischenprodukte

Wenig überraschend erwiesen sich alle drei Fleischalternativen im Vergleich zu Fleisch derzeit als Nischenprodukte. Lediglich pflanzenbasierte Alternativen kamen auf einen nennenswerten Konsum von etwa einem Kilo pro Person pro Jahr. Zum Vergleich: Durchschnittlich essen die Menschen in Deutschland pro Person etwa 52 Kilo Fleisch im Jahr.

Erst gar nicht richtig auf den Markt haben es die Fleischalternativen mit Insektenprotein geschafft. „Zu Beginn war das ein ähnlich aufstrebendes Feld wie bei Pflanzen“, blickt Hüsing zurück. Doch während für Pflanzen das Lebensmittelgesetz gilt und damit nur die Anforderung, dass der Hersteller die Sicherheit des Lebensmittels gewährleisten muss, ist es bei Insekten komplizierter. Längere Zeit war bei Insekten unklar, welche Regeln überhaupt gelten. Inzwischen fallen Insekten unter die Novel-Food-Verordnung der EU. Somit benötigen sie eine positive Sicherheitsbewertung durch die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA, woraufhin die EU-Kommission eine Marktzulassung erteilen kann.

Bei Insekten läuft in Deutschland nicht viel

„Inzwischen sind vier Insektenarten geprüft und sechs Anträge positiv beschieden, weitere 16 Anträge sind gestellt“, berichtet Hüsing. „De facto läuft in Deutschland aber nicht viel“, ordnet die Forscherin die Zahlen ein, zumal alle Anträge von Firmen außerhalb Deutschlands stammten. „In Deutschland ist uns keine Firma bekannt, die in größerem Maßstab für den Lebensmittelbereich Insekten selbst produziert.“ Die wenigen Anbieter von Insektenprodukten importieren dazu das Insektenprotein oder sind lediglich ein Vertriebskanal. Meist handelt es sich zudem um Insekten zum Snacken oder Protein für Proteinriegel und Nahrungsergänzungsmittel, nicht jedoch um Fleischalternativen. Die meisten Insektenhersteller haben umgeschwenkt: Sie produzieren Insekten als Futtermittel für Geflügel, Schweine und Aquakultur. „Das ist zwar nachhaltiger als Soja oder Fischmehl, aber festigt damit die Fleischproduktion, von der wir ja eigentlich weg müssen“, kritisiert Hüsing.

Die Produktion von kultiviertem Fleisch sei bislang in Deutschland ebenfalls kein Thema, berichtet die Projektleiterin. „Es gibt keine Unternehmen, die derzeit direkt kultiviertes Fleisch erzeugen, wohl aber eine Reihe von Unternehmen, die Zulieferer sind von Fermentern, Gerüstsubstanzen oder Zellkulturmedien.“ Diese Firmen seien global wettbewerbsfähig und kooperierten mit den führenden Unternehmen in anderen Ländern. Ebenso wie Insekten fällt kultiviertes Fleisch in der EU unter die Novel-Food-Verordnung. Wie genau diese neue Produktkategorie bewertet werden muss und welche Unterlagen für einen Zulassungsantrag überhaupt erforderlich sind, legt die EFSA gerade erst fest. Dementsprechend wurden in der EU noch keine Anträge auf eine Marktzulassung gestellt. Auch international gibt es erst wenig kommerzielle Produkte, beispielsweise in Singapur und in Kürze auch in den USA. Sie werden derzeit nur in exklusiven Restaurants angeboten.

Strategieprozess zu Fleischalternativen entwickeln

„Wir empfehlen, dass die Politik einen Strategieprozess aufsetzen soll“, resümiert Hüsing die Schlussfolgerungen des Projekts. Bislang habe es durchaus Projektförderungen von alternativen Proteinen gegeben, aber es fehle ein klares Ziel. Mit Insekten als Futtermittel würde man die Fleischproduktion zwar nachhaltiger gestalten, aber andere Effekte der Massentierhaltung, die man nicht mehr haben möchte, zementieren – etwa Gülleprobleme, Treibhausgasemissionen und Landnutzungsänderungen. Mit pflanzenbasierten Alternativen möchte man zusätzlich auf eine weniger fleischlastige und damit gesündere Ernährung abzielen“, betont die Forscherin und erinnert daran: „Wir müssen die Fleischproduktion auf ein Niveau runterschrauben, das die planetaren Grenzen einhält.“ Ein solcher Strategieprozess solle dann idealerweise alle Alternativen zu tierischen Lebensmitteln in den Blick nehmen, nicht zuletzt weil sich gerade Alternativen zu Milchprodukten rasant entwickeln. Der jüngste Trend seien zudem Hybridprodukte aus kultivierten Zellen und pflanzlichen Proteinen.

Zurzeit wird die Ernährungsstrategie der Bundesregierung erarbeitet. Favorisiert werde darin eher eine vollwertige Ernährung mit frisch gekochten Hülsenfrüchten und ähnlichem. „Ich würde mir wünschen, dass Fleischalternativen hierin ernsthaft in Betracht gezogen werden,“ sagt Hüsing und erläutert:  „Man kann das Ernährungsverhalten der Menschen nicht ohne weiteres ändern. Wer Fleischesser ist, esse vielleicht ein Schnitzel aus Erbsenprotein oder beim Grillabend das Sojawürstchen. „Aber dass es ab sofort flächendeckend nur noch Kichererbseneintopf gibt, ist unrealistisch.“ Fleischalternativen passen für viele Menschen leichter in deren Lebenswelt und könnten ein niederschwelliger Einstieg in eine wünschenswerte pflanzenbetonte Ernährung sein.

Ausstiegskonzept aus Fleisch entwickeln wie bei Kohle

Außerdem empfiehlt die Expertin, auch die Frage zu thematisieren, wie der Ausstieg aus der massenhaften Fleischproduktion gelingen kann. Das Angebot von Fleischalternativen reiche dafür allein nicht aus. „Außerdem bieten Fleischalternativen kaum positive Perspektiven für die heutige Landwirtschaft. Bei kultiviertem Fleisch ist die vorherrschende Vision, dass das in großen Fabriken produziert wird, aber nicht durch Landwirte.“ Zumindest die Stiftung RespectFarms lotet aber in einer Machbarkeitsstudie aus, ob es möglich ist, auf einem landwirtschaftlichen Betrieb kultiviertes Fleisch zu erzeugen. „Niemand weiß, ob das eine Perspektive hat“, sagt Hüsing, „aber wir müssen frühzeitig nach denen gucken, die Verlierer wären, sollte kultiviertes Fleisch mal was werden.“ Perspektivisch könnten Viehzüchter vielleicht mit besserem Tierwohl und in verringertem Maß Tiere produzieren. Denkbar wären auch Stilllegungsprämien. „In Regionen wie dem Münsterland, wo Schweine und Geflügel dicht an dicht produziert werden, brauchen wir ein Ausstiegskonzept, ähnlich wie aktuell für Kohleregionen“.

Der Widerstand der Fleischindustrie sei übrigens erstaunlich gering, berichtet Hüsing ein weiteres Studienergebnis. Abgesehen von der eher erfolglosen Gegenwehr dagegen, dass pflanzliche Fleischalternativen mit Fleischbezeichnungen wie „Erbsenschnitzel“ verkauft werden dürfen, sähe man eher Interesse: Die vier großen Fleischunternehmen in Deutschland haben alle bereits in den Bereich der Fleischalternativen investiert.

Autor: Björn Lohmann

Around eight percent of people in Germany follow a vegetarian or vegan diet, according to the Nutrition Report 2022 published by the German Federal Ministry of Food and Agriculture. One out of two people surveyed has at least once tried vegetarian or vegan alternatives to animal products - and the number is growing. But which meat alternatives to meat will come out on top? The TRADINNOVATION research project has investigated the status quo for three product groups: plant-based meat substitutes, insects and cultured meat.

"At the Fraunhofer Institute for Systems and Innovation Research ISI, we research innovations and innovation systems within the bioeconomy," says Dr. Bärbel Hüsing. She led the study, which ran from July 2019 to the end of 2022 and was funded by the German Federal Ministry of Education and Research with around 440,000 euros. "We asked ourselves: what disruptive innovations are there in the bioeconomy?" Often, bio-based raw materials merely replace fossil-based raw materials, with few other changes. "With meat, it could be different," says Hüsing. "You would no longer need livestock production, or slaughterhouses, but factories."

"We need to produce less meat"

When the project idea was born in 2018/19, the first plant-based meat alternatives had just appeared on the market. In the meantime, alternatives to animal protein in general have become much more widespread, including dairy products made from alternative proteins, cultured fish products and egg alternatives. In an analysis beginning today, these would also be investigated, Hüsing says today. "But the focus on meat is still valid: We need to produce less meat to protect the climate and to be able to use agricultural land not for feed production but rather for raw materials for the bioeconomy," the researcher explains.

The team at Fraunhofer ISI compared the three innovation systems for meat alternatives based on plants, insects and cell cultures for Germany. What are the strengths and weaknesses of the three systems? Do they influence each other or do they tend to develop independently? To answer these questions, the experts evaluated literature and Internet sources and interviewed stakeholders.

Meat alternatives are niche products

It came as no surprise that currently, all three meat alternatives proved to be niche products compared to meat. Only plant-based alternatives were consumed at a notable rate of around one kilo per person per year. By comparison, the average German eats about 52 kilos of meat per person per year.

Meat alternatives with insect protein didn't reach the market until recently. "At the beginning, this was an emerging sector similar to that of plants before," says Hüsing, looking back. But while plants are governed by the Food Act, and thus only by the requirement that the manufacturer guarantee the safety of the food, things are more complicated with insects. For a long time, it was unclear which rules even applied to insects. In the meantime, insects fall under the EU's Novel Food Regulation. They therefore require a positive safety assessment by the European Food Safety Authority (EFSA), after which the EU Commission can issue a marketing authorization.

When it comes to insects, not much is going on in Germany

"Since then, four insect species have been tested and six applications have been approved, and a further 16 applications have been submitted," reports Hüsing. "De facto, however, not much is going on in Germany," the researcher puts the figures in context, especially since all the applications came from companies outside Germany. "Within Germany, we are not aware of any company that produces insects on a larger scale for the food sector." The few suppliers of insect products import the insect protein for this purpose or are merely a distribution channel. They are also mostly insects for snacking or protein for protein bars and supplements, but not meat alternatives. Most insect manufacturers have switched gears: they produce insects as feed for poultry, pigs and aquaculture. "This is more sustainable than soy or fishmeal, but it consolidates meat production, which we actually need to get away from," Hüsing criticizes.

The production of cultured meat has also not been forthcoming in Germany so far, the project manager reports. "There are no companies that currently produce cultured meat directly, but there are a number of companies that are suppliers of fermenters, scaffolding substances or cell culture media." These companies are globally competitive and cooperate with leading companies in other countries, she said. Like insects, cultured meat falls under the Novel Food Regulation in the EU. Exactly how this new product category must be assessed and what documentation is even required for an application for approval is only now being determined by EFSA. Accordingly, no applications for market approval have yet been submitted in the EU. Internationally, too, there are only a few commercial products, for example in Singapore and soon in the USA. They are currently only offered in exclusive restaurants.

There is a need for a strategy process on meat alternatives

"We recommend that policymakers set up a strategy process," says Hüsing, summing up the project's conclusions. So far, she says, there has certainly been project funding of alternative proteins, but there is a lack of a clear goal. Using insects as feed would make meat production more sustainable, but would cement other effects of factory farming that are no longer wanted - such as manure problems, greenhouse gas emissions and land use changes. Plant-based alternatives should also aim for a diet that's less meat-heavy and therefore healthier, the researcher points out, noting, "We need to bring meat production down to a level that respects planetary boundaries." Such a strategy process should then ideally focus on all alternatives to animal foods, not least because alternatives to dairy products in particular are developing rapidly. Moreover, she said, the latest trend is hybrid products made from cultured cells and plant proteins.

The German government's nutrition strategy is currently being drawn up. It favors more of a whole-food diet with freshly cooked legumes and the like. "I would like to see meat alternatives taken into consideration in this," Hüsing explains. People don't change their dietary behavior readily. If you're a meat eater, you might eat a schnitzel made with pea protein, or you might eat the soy sausage at the barbecue. "But it is unrealistic to expect that from now on there will be only chickpea stew nationwide." Meat alternatives fit more easily into many people's lifestyles and could be a low-threshold introduction to a desirable plant-based diet.

An exit concept - just like for coal

The expert also recommends addressing the question of how to phase out mass meat production. The offer of meat alternatives alone is not sufficient for this, she says. "Moreover, meat alternatives hardly offer positive prospects for today's agriculture. With cultured meat, the prevailing vision is that this will be produced in large factories, but not by farmers." RespectFarms Foundation, for one, is sounding out whether it's possible to produce cultured meat on a farm in a feasibility study. "No one knows if this has any potential," Hüsing says, "but we need to consider early who would be on the losing end should cultured meat become a thing." Perhaps livestock producers could grow livestock with better animal welfare and at a reduced rate. Decommissioning premiums would also be a possibility. "In regions like Münsterland, where pigs and poultry are produced in close proximity, we need an exit concept, similar to the one currently in place for coal regions."

Hüsing shares another study result: the resistance of the meat industry is surprisingly low. Aside from the rather unsuccessful opposition to allowing plant-based meat alternatives to be sold with meat labels such as "pea schnitzel," the industry tends to show interest instead. The four major meat companies in Germany have all already invested in the area of meat alternatives.

Author: Björn Lohmann

Meerestiere wie Hummer und Krabben sind eine Delikatesse. Doch auch ihre Panzer haben es in sich: Die Schalen enthalten das neben Cellulose am weitesten verbreitete Polysaccharid Chitin. Wegen seiner strukturgebenden, biokompatiblen und antimikrobiellen Eigenschaften ist das Biopolymer seit langem ein interessanter Rohstoff für die Bioökonomie. Zudem kann es aus Reststoffen gewonnen werden, die in Fischerei und Lebensmittelindustrie in großen Mengen anfallen und bisher teuer entsorgt werden.

Rohstoff für neue biobasierte Materialien und Futtermittel

Im Projekt ChitoMat hat ein Team um den Münchner Biochemiker Thomas Brück gemeinsam mit Partnern in Kanada das begehrte Biopolymer aus Hummerschalen gewonnen und neue Produkte generiert. Im Fokus stand die Nutzung von Chitin als Rohstoff zur Herstellung von neuen biobasierten Materialen für den 3D-Druck und die Produktion von antimikrobiellen Wirkstoffen als Futtermittelzusatz in der Tiernahrung. Im Zeitraum von 2019 bis 2022 wurde ChitoMat mit rund 214.000 € durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Fördermaßnahme "Bioökonomie International" gefördert. In das Projekt involviert waren Forschende des Fraunhofer Institutes IGB, der kanadischen University of Prince Edward Island sowie die BBSI Canada Ltd. – ein Unternehmen, an dem auch Thomas Brück beteiligt war.

Chitin für den 3D-Druck von Medizinprodukten nutzen

Biopolymere wie PLA, PHB und Cellulose werden zwar schon heute im 3D-Druck eingesetzt. Aufgrund ihrer schlechten Eigenschaften und der höheren Kosten im Vergleich zu herkömmlichen fossilen Polymeren haben sich die biobasierten Materialien bisher aber noch nicht durchgesetzt. Vor allem für Medizinprodukte wie Implantate und Wundauflagen, für die besonders hohe Anforderungen gelten, sind die gängigen Biopolymere nicht geeignet.  

Biokompatibilität und antimikrobielle Wirkung der Produkte

Mit Chitin haben die Forschenden daher einen vielversprechenden Kandidaten ins Visier genommen. Ein wichtiges Kriterium für den 3D-Druck war, dass Chitin von Natur aus biologisch abbaubar ist. Aber nicht nur das. „Hier haben wir im Produkt eine bessere Biokompatibilität. Eine Wundauflage wäre beispielsweise eine gute Grundlage, damit sich Zellen ansiedeln und die Wunde schneller heilen kann“, sagt Brück. Bei dem Einsatz des Polysaccharids als Futtermittelzusatz war vor allem die antimikrobielle Wirkung relevant. „Chitin schafft ein Milieu, in dem sich pathogene Keime im Darm nicht ansiedeln können. Damit gibt es auch keine Resistenzen“, erläutert Brück.

Chitin-Oligomere aus Hummerschalen gewinnen

Im Projekt ChitoMat ging es darum, das Chitin aus den Hummerschalen herauszulösen. Dafür mussten die Forschenden zunächst das Calciumcarbonat vom Chitin trennen. Anders als bei der Folienproduktion, wo das reine Chitin genutzt wird, wollte das Team daraus sogenannte Oligomere produzieren. Dabei handelt es sich um lösliche Bestandteile, die durch den Abbau von Chitin generiert werden und antibiotisch wirken. „Das sind im Endeffekt Teile vom Chitin mit einer sehr definierten Kettenlänge“, erklärt der Biochemiker.

Zur Generierung der Oligomeren aus Chitin wurde im Projekt ein neues und nachhaltiges Verfahren entwickelt. „Normalerweise wird Chitin in einem chemischen Prozess über mineralische Säuren und Basen prozessiert. Dabei fallen viel Salz und viele Nebenprodukte an, die sogar toxisch sind. Wir wollten im Endeffekt eine Reproduzierbarkeit und eine Nachhaltigkeit in der Prozessierung hin zum Biopolymer oder Futterzusatz erreichen“.

Aspekte wie Tierwohl und Umweltschutz spielen beim Kauf von Fleischprodukten eine immer größere Rolle. Die steigende Nachfrage nach pflanzlichen Alternativen treibt auch die Entwicklung von sogenanntem Laborfleisch voran. Dabei werden Muskelstammzellen von Hühnern oder Rindern in einem Bioreaktor kultiviert und mit einem 3D-Drucker zu fleischähnlichen Strukturen geformt - ohne dass ein Tier leiden oder sterben muss. In Singapur und den USA sind bereits erste Clean-Meat-Produkte auf dem Markt. Und auch hierzulande wächst das Interesse an solchen innovativen Technologien, wie eine aktuelle Marktstudie von Bitkom Research zeigt.

Jeder Fünfte würde Laborfleisch aus den 3D-Drucker essen

Die repräsentative Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bikom ergab, dass sich 20% der Befragten vorstellen können, sogenanntes kultiviertes Fleisch aus dem 3D-Drucker zu essen. Vor vier Jahren waren es nur 13%, die einer solchen Innovation offen gegenüberstanden. „Insbesondere der Einsatz von Lebensmitteldruckern ermöglicht es, Produkten, die im Labor hergestellt wurden, Aussehen und Textur zu geben, die konventionellem Fleisch ähneln, dabei aber einen erheblich geringeren ökologischen Fußabdruck haben. Denn kultiviertes Fleisch minimiert den Bedarf an Ackerland und Wasser, reduziert den Ausstoß von Treibhausgasen und verringert damit insgesamt die Belastung der Umwelt“, sagt Jana Moritz, Referentin Digital Farming und Food Tech beim Bitkom.

Potenzial für nachhaltigere Lebensmittelproduktion

Auch wenn die Verbraucherinnen und Verbraucher dem Hightech-Fleisch offener gegenüberstehen, lehnen immer noch 57% der Befragten den Verzehr von Laborfleisch komplett ab. 16% gaben an, zellbasiertes Fleisch aus dem 3D-Drucker „eher nicht“ zu essen. Gleichzeitig stimmen 24% der Befragten zu, dass zeltbasiertes Fleisch zu einer nachhaltigeren Lebensmittelproduktion beitragen kann, aber nur 12% wären auch bereit, für Fleisch aus dem 3D-Drucker mehr zu bezahlen als für herkömmliches Fleisch. Für 11% sind demnach Lebensmittel aus dem 3D-Drucker reine Luxusprodukte und nur 13% können sich vorstellen, dass 3D-Drucker in Zukunft auch ein fester Bestandteil der Küchenausstattung sein werden.

Für die Umfrage wurden insgesamt 1.002 Personen in Deutschland ab 16 Jahren telefonisch befragt.

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Aspects such as animal welfare and environmental protection play an increasingly important role when buying meat products. The increasing demand for plant-based alternatives also drives the development of so-called lab-grown meat. In this process, muscle stem cells from chickens or cattle are grown in a bioreactor and formed into meat-like structures using a 3D printer - without any animal having to suffer or die. The first Clean Meat products are already on the market in Singapore and the USA. Interest in such innovative technologies is also growing in this country, as a recent market study by Bitkom Research shows.

One in five would eat lab meat from 3D printers

The representative survey commissioned by the digital association Bikom revealed that 20% of respondents could imagine eating so-called cultured meat from the 3D printer. Four years ago, only 13% were open to such an innovation. "In particular, the use of food printers makes it possible to give products made in a laboratory an appearance and texture similar to conventional meat, but with a significantly smaller environmental footprint. This is because cultured meat minimizes the need for farmland and water, reduces greenhouse gas emissions, and thus reduces the overall impact on the environment," says Jana Moritz, Digital Farming and Food Tech Officer at Bitkom.

Potential for more sustainable food production

Even though consumers are more open to high-tech meat, 57% of respondents still completely reject the consumption of lab-grown meat. 16% said they "tend not to" eat cell-based meat from 3D printers. At the same time, 24% of respondents agree that cell-based meat can contribute to more sustainable food production, but only 12% would also be willing to pay more for 3D-printed meat than for conventional meat. Accordingly, for 11%, food from the 3D printer is purely a luxury product and only 13% can imagine that 3D printers will also be a fixed part of kitchen equipment in the future.

A total of 1,002 people in Germany aged 16 and over were interviewed by telephone for the survey.

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Mikroorganismen werden seit Jahrhunderten zur Herstellung von Lebensmitteln wie Bier oder Käse genutzt. Für die Bioökonomie sind Bakterien wichtige Proteinfabriken, die tierisches Eiweiß ersetzen und damit auch zu einer nachhaltigen Ernährung beitragen können. Das Food-Tech Start-up MicroHarvest setzt auf die Kraft der mikrobiellen Helfer, um neue gesunde und nachhaltige Proteinzutaten herzustellen. Das Team um Mitgründer Jonathan Roberz hat dafür eine Technologie entwickelt, die auf die Fermentation von Biomasse baut und viel schneller als gängige Verfahren hochwertige Proteine für Lebensmittel, Tiernahrung und Futtermitteln produzieren kann.

Bernsteinsäure ist eine der wichtigsten Basischemikalien und wird vielfältig eingesetzt – zum Beispiel zur Herstellung von Farbstoffen, Acrylharzen, Kosmetika oder Medikamenten. Ein wichtiger Ausgangsstoff für die Herstellung dieser begehrten Plattformchemikalie ist Erdöl. Da der fossile Rohstoff umweltschädlich und zudem endlich ist, suchen Forscherinnen und Forscher seit langem nach Alternativen. Im EU-Projekt LUCRA will ein Konsortium aus Forschung und Industrie nun Bernsteinsäure aus organischen Rest- und Abfallstoffen gewinnen.

Beitrag zur nachhaltigen Chemie

Beteiligt sind insgesamt zehn Partner aus sieben Ländern – darunter aus Deutschland das Steinbeis Europa Zentrum in Karlsruhe und der Leverkusener Werkstoffhersteller Covestro. Das LUCRA-Projekt wird von der Bio Base Europe Pilot Plant koordiniert und vom Circular Bio-based Join Undertaking (CBE JU) sowie von der Europäischen Union im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms Horizon Europe gefördert. „Wir freuen uns, mit dem LUCRA-Projekt einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigeren chemischen Industrie zu leisten", sagt Tanja Meyer, LUCRA-Projektkoordinatorin und Senior-Project-Managerin bei Bio Base Europe Pilot Plant.

Technische Machbarkeit demonstrieren

Im Rahmen des Projekts wollen die Partner vor allem die technische und wirtschaftliche Machbarkeit der Umwandlung von organischen Abfällen in Bio-Bernsteinsäure im vorindustriellen Maßstab demonstrieren. Durch die Kombination modernster thermischer und enzymatischer Technologien sowie innovativer fermentativer und elektrochemischer Verfahren will das Team den Weg zu einer nachhaltigen, ressourceneffizienten und kreislauforientierten Bioökonomie ebnen. Dazu werden umfangreiche Validierungs- und Demonstrationsaktivitäten an verschiedenen europäischen Standorten durchgeführt.

Ziel ist es, den Produktionsprozess im vorindustriellen Maßstab zu optimieren, die Umweltauswirkungen und die Kreislauffähigkeit des Prozesses zu bewerten und die wirtschaftliche Machbarkeit zu prüfen. „Die Nachfrage unserer Kunden nach nachhaltigen biobasierten Lösungen steigt kontinuierlich. Daher ist das LUCRA-Projekt für uns von hoher Relevanz, da es Biomasse der zweiten Generation nutzt, um einen relevanten Baustein für unsere Materialien zu produzieren", sagt Vera Essmann, Laborleiterin für Forschung und Entwicklung von PUDs bei Covestro.

Polyester und Harze aus Bio-Bernsteinsäure für die Texilindustrie

Im Laufe des Projekts sollen auch konkrete Produkte aus Bio-Bernsteinsäure entstehen, zum Beispiel Polyester und Harze auf Basis von Bernsteinsäure, die in der Textilindustrie eingesetzt werden. Hier wird getestet, inwieweit die neue biobasierte Chemikalie auch die technischen und wirtschaftlichen Anforderungen erfüllt. „Dieses Projekt ist ein großartiges Beispiel dafür, wie vom CBE JU finanzierte Initiativen nachhaltige und wettbewerbsfähige biobasierte Industrien fördern. Durch den Aufbau innovativer biobasierter Prozesse und Wertschöpfungsketten wird LUCRA das Potenzial nachhaltiger Biomasse erschließen und die CO2-Emissionen im Vergleich zu herkömmlichen Produktionsmethoden verringern, was zur Stärkung der Nachhaltigkeit in Europa beitragen wird“, sagt Nicoló Giacomuzzi-Moore, Exekutivdirektor ad interim des CBE JU.

Das CBE JU ist eine mit 2 Mrd. Euro ausgestattete öffentlich-private Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und dem Biobased Industry Consortium (BIC). Die Allianz finanziert Projekte zur Entwicklung nachhaltiger und innovativer Lösungen, um den Übergang zu einer biobasierten Kreislaufwirtschaft in Europa zu fördern.

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Ob Auto, Windrad oder Flugzeug: Damit eine Maschine reibungslos läuft, benötigt sie meist Schmiermittel, die jedoch traditionell auf fossilen Rohstoffen basieren. Im Projekt PolyBioFe haben Partner aus Forschung und Industrie Schmierfette hergestellt, die fast vollständig aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen. Im Fokus des Vorhabens stand vor allem die Entwicklung einer biobasierten Alternative von Polymerverdickern, die ein wichtiger Bestandteil von Schmierstoffen für Wälzlager sind. Daran beteiligt waren die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH Aachen), die Technische Universität Dortmund (TU Dortmund) und der Schmierstoffhersteller Carl Bechem GmbH.

Bei Verdickern unterscheidet man zwischen konventionellen Produkten auf Basis von Fettsäuren und polymeren Systemen. Diese polymeren Systeme besitzen zwar sehr gute technische Eigenschaften, bestehen aber bislang komplett aus fossilen Verbindungen. Bei der Herstellung biobasierter Alternativen setzte das Forschungsteam auf biobasierte Polyharnstoff-, Polyester- und Polyamidfette.

Biobasierte Hochleistungsschmierfette aus Rizinusöl

Im Rahmen des Projektes entwickelten Forschende der TU Dortmund Synthesewege zur Gewinnung dieser Polymersysteme und charakterisierten deren Eigenschaften. Der Schmierstoffhersteller Carl Bechem übertrug diese Synthese vom Labor- in den Technikumsmaßstab und stellte aus Rizinusöl industrielle Schmierfette für Hochtemperatur- und Lebensdauerschmierungen von Wälzlagern her. Rizinusöl ist ein pflanzlicher Rohstoff, der aus dem Samen des tropischen Wunderbaumes gewonnen wird. Für die Tests der neuen Formulierungen war die RWTH Aachen zuständig.

Upscaling der Fettsynthesen auf andere Fette übertragbar

Den Forschenden zufolge sind die im Projekt erarbeiteten Methoden für das Upscaling der Fettsynthesen sowie die Bewertung der Formulierungen auch auf andere biobasierte Fette übertragbar. Das Vorhaben wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert.

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Whether it's a car, a wind turbine or an airplane, for a machine to run smoothly it usually needs lubricants, but these are traditionally based on fossil raw materials. In the PolyBioFe project, partners from research and industry have produced lubricating greases that consist almost entirely of renewable raw materials. The project focused primarily on developing a bio-based alternative to polymer thickeners, which are an important component of lubricants for rolling bearings. The project involved the Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH Aachen University), the Technische Universität Dortmund (TU Dortmund University) and the lubricant manufacturer Carl Bechem GmbH.

In the case of thickeners, a distinction is made between conventional products based on fatty acids and polymer systems. Although these polymer systems have very good technical properties, they have so far been produced exclusively from fossil compounds. In the production of bio-based alternatives, the research team relied on bio-based polyurea, polyester and polyamide fats.

High-performance bio-based lubricants made from castor oil

As part of the project, researchers at TU Dortmund University developed synthesis routes for obtaining these polymer systems and characterized their properties. Lubricant manufacturer Carl Bechem has transferred this synthesis from laboratory to pilot plant scale and produced industrial lubricating greases from castor oil for the high-temperature and lifetime lubrication of rolling bearings. Castor oil is a plant-based raw material obtained from the seed of the tropical miracle tree. RWTH Aachen University was responsible for testing the new formulations.

Upscaling of fat syntheses transferable to other fats

According to the researchers, the methods developed in the project for upscaling the fat syntheses and evaluating the formulations are also transferable to other biobased fats. The project was funded by the German Federal Ministry of Food and Agriculture.

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Pflanzen brauchen Stickstoff für ihr Wachstum. Zu viel Stickstoff, vor allem in Form von Nitrit oder Nitrat, schadet jedoch der Umwelt. Gelangt der Nährstoff beispielsweise in Binnengewässer und Meere, werden Algenwachstum und Sauerstoffmangel gleichermaßen gefördert. Nährstoffeinträge zu reduzieren und aus den Gewässern zu filtern, ist daher seit langem ein Forschungsschwerpunkt. Oft ist es die Natur selbst, die eine Lösung parat hat, wie eine neue Studie zeigt. Gemeinsam mit Forschenden aus China hat ein Team des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) erstmals ein mikrobielles Konsortium identifiziert, das den biotechnologischen Werkzeugkasten zur Wasserreinigung erweitern könnte.

Potenzial von Bakterien-Pilz-Kombination zur Wasserreingung untersucht

Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze dienen in der Biotechnologie bereits als potenzielle Helfer bei der Abwasserreinigung. Bislang wurden verschiedene Bakterien- und Pilzstämme in Reinkultur identifiziert, die den Stickstoffabbau mit oder ohne Sauerstoff bewältigen. Das Verfahren ist jedoch aufwändig und teuer. Eine vielversprechende Alternative sind sogenannte mikrobielle Konsortien, die bereits bei der Fermentation von Lebensmitteln und Getränken eingesetzt werden. Wenig erforscht ist dagegen das Gebiet der sogenannten Denitrifikation – also der mikrobiellen Reduktion von Nitrat, insbesondere in Gegenwart von Sauerstoff. Dieses Potenzial haben die Forschenden nun genauer untersucht.

Nitratentfernung bei bis zu 100%

Dabei stießen sie auf ein natürliches Bakterien-Pilz-Kosortium in marinen Aquakulturen, das Nitrat in sauerstoffhaltiger Umgebung sehr effizient und konstant aus dem Wasser entfernt. Wie das Team im Fachjournal iScience berichtet, lag die Nitratentfernung bei bis zu 100% und die Denitrifikationseffizienz bei 44%. Letztere gibt an, wie gut Mikroorganismen den im Nitrat gebundenen Stickstoff in molekularen Stickstoff (N₂) und Stickoxide umwandeln können. Nach der Identifizierung der Bakterien- und Pilzstämme mittels Hochdurchsatzsequenzierung offenbarte eine Netzwerkanalyse, welche Arten besonders gut für eine Kombination geeignet sind.

Großes Potenzial für die Biotechnologie

„Es ist uns gelungen, denitrifizierende Bakterien-Pilz-Gruppen zu identifizieren, die das Potenzial haben, Nitrat besonders gut aus dem Wasser zu entfernen. Das ist ein wichtiger Schritt, um mikrobielle Konsortien für eine optimale Wasseraufbereitung zusammenzustellen“, erklärt Hans-Peter Grossart, IGB-Forscher und Mitautor der Studie. Auch wenn solche mikrobiellen Allianzen in der Wasserreinigung neu sind, sind die Forschenden überzeugt, dass diese Mikrobengemeinschaft die Biotechnologie maßgeblich prägen wird.

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Sieben Jahre ist es her, dass Chemiker der Universität Konstanz eine völlig neue Kunststoff-Klasse präsentierten, die in ihrer Struktur Biomaterialien ähnelt. Bei dem sogenannten Mineralkunststoff handelte es sich um ein Hydrogel, das aus Nanopartikeln von Kalziumkarbonat (Kalk) besteht, die durch Polyacrylsäure in Wasser vernetzt werden. Das besondere an dem neuen Kunststoff: Für die Herstellung wird kaum Energie verbraucht, da Raumtemperatur ausreicht. Zudem besitzt er selbstheilende Kräfte und ist gut recycelbar. Doch das Mineralplastik hatte einen entscheidenden Makel: Aufgrund seiner chemischen Komponenten war es nicht biologisch abbaubar.

„Bisher haben wir für die Herstellung unseres Mineralplastiks Polyacrylsäure verwendet. Chemisch betrachtet besitzt diese dasselbe Rückgrat wie Polyethylen, welches bekanntermaßen in der Umwelt große Probleme verursacht, weil es kaum biologisch abbaubar ist“, erklärt Helmut Cölfen. Nach jahrelanger Forschung stellte das Team um den Konstanzer Chemiker den selbstheilenden Kunststoff nun als biologisch abbaubare Variante vor.

Erdölbasierten Grundbaustein durch Biopolymer ersetzt

Wie das Team in der Fachzeitschrift Small Methods berichtet, wurde dafür die erdölbasierte Komponente durch Polyglutaminsäure ersetzt. Dabei handelt es sich um ein natürliches Biopolymer, das in der Natur in großen Mengen vorkommt. „Unser neues Mineralplastik hat dieselben positiven Eigenschaften wie das alte, besitzt jedoch den entscheidenden Vorteil, dass sein Grundbaustein – die Polyglutaminsäure – mithilfe von Mikroorganismen hergestellt werden kann und vollkommen biologisch abbaubar ist“, erklärt der Chemiker.

Biologische Abbaubarkeit bewiesen

Dass das Bio-Mineralplastik tatsächlich biologisch abbaubar ist, konnten Biologen der Universität Konstanz bereits nachweisen. Entsprechende Versuche zeigten, dass der selbstheilende Bio-Kunststoff bereits nach 32 Tagen von Mikroorganismen, die beispielsweise in Waldböden vorkommen, vollständig abgebaut wurde.

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It has been seven years since chemists at the University of Konstanz presented a completely new class of plastics that resemble biomaterials in structure. The so-called mineral plastic was a hydrogel consisting of nanoparticles of calcium carbonate (lime) crosslinked with polyacrylic acid in water. Hardly any energy is consumed in its production, as room temperature is sufficient. It also has self-healing properties and is easily recyclable. But the mineral plastic had a crucial flaw: due to its chemical components, it was not biodegradable.

"Until now, we have used polyacrylic acid for the production of our mineral plastic. This has the same basic chemical structure as polyethylene, which is known to cause major problems in the environment because it is hardly biodegradable," explains Helmut Cölfen. After years of research, the team led by the chemist from Constance has now presented a self-healing plastic as a biodegradable variant.

Petroleum-based basic building block replaced by biopolymer

As the team reports in the journal Small Methods, the petroleum-based component was replaced with polyglutamic acid. This is a natural biopolymer that occurs in large quantities in nature. "Our new mineral plastic has the same positive properties as the old one, but with the distinct advantage that its basic building block - polyglutamic acid - can be produced with the help of microorganisms and is completely biodegradable," the chemist explains.

Proven biodegradability

Biologists at the University of Konstanz have already been able to prove that the bio-mineral plastic is actually biodegradable. Experiments showed that the self-healing bioplastic was completely degraded after only 32 days by microorganisms that occur in forest soils, for example.

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Enzyme bilden den Kern der Biotechnologie. Als Biokatalysatoren sollen sie der chemischen Industrie bei der Abkehr von umweltschädlichen Prozessen helfen und besonders nachhaltige Prozesse ermöglichen. Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben die Enzyme nun in eine neue Form gebracht: Als Schäume erweisen sich die Biokatalysatoren als ausgesprochen stabil und aktiv. Über ihre Entwicklung berichten die Fachleute im Journal „Advanced Materials".

Voll-Enzym-Schäume haben höhere Aktivität

Verschäumt man Enzyme, verändern sie normalerweise ihre Struktur und verlieren damit auch ihre spezifische Funktion. Das KIT-Team hat jedoch ein inzwischen zum Patent angemeldetes Verfahren entwickelt, das dieses Problem umgeht. Der Schaum weist eine einheitliche Blasengröße von etwa 160 Mikrometern Durchmesser auf. „Es handelt sich dabei um monodisperse ‚Voll-Enzym-Schäume‘, also dreidimensionale, poröse Netzwerke, die ausschließlich aus biokatalytisch aktiven Proteinen bestehen“, beschreibt Christof Niemeyer vom KIT die Zusammensetzung der neuen Materialien.

Bislang wurden Enzyme meist auf Polymeren oder Trägerpartikeln immobilisiert. Dadurch konnte nur in einem Teil des Bioreaktorvolumens die eigentliche Reaktion stattfinden. „Im Vergleich zu unseren bereits entwickelten ‚Voll-Enzym-Hydrogelen' entsteht bei den neuen Materialien auf Schaumbasis eine deutlich größere Oberfläche, an der die gewünschte Reaktion stattfinden kann“, erläutert Niemeyer den Vorteil.

Stabiler als Enzyme ohne Schäume

Doch nicht nur die Dichte der Enzyme steigt und damit die mögliche Rate, in der die Biokatalysatoren einen Stoff umsetzen können. Es entsteht auch ein Vorteil für die Anwendung: „Erstaunlicherweise sind die neu entwickelten Enzymschäume nach der Trocknung für vier Wochen deutlich stabiler als die gleichen Enzyme ohne Schäume“, berichtet Niemeyer. Dies sei für die Vermarktung von großem Interesse, da hierdurch Vorratsproduktion und Versand erheblich vereinfacht würden.

In einem Praxistest demonstrierte das Team, dass mithilfe seiner Enzymschäume der Zucker Tagatose hergestellt werden kann. Er gilt als industriell interessante Alternative zu raffiniertem Zucker. Grundsätzlich jedoch können den Forschenden zufolge Enzymschäume überall in der Biotechnologie eingesetzt werden, um Prozesse effizienter zu gestalten – von der industriellen Biotechnologie über die Lebensmittelbiotechnologie bis in den Bereich der Materialwissenschaften.

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Enzymes are at the core of biotechnology. As biocatalysts, they are supposed to help the chemical industry to move away from environmentally harmful processes and to enable particularly sustainable processes. Researchers at the Karlsruhe Institute of Technology (KIT) have now transformed the enzymes into a new form: As foams, the biocatalysts prove to be extremely stable and active. The experts report on their development in the journal Advanced Materials.

Full enzyme foams have higher activity

If enzymes are foamed, they normally change their structure and thus lose their specific function. However, the KIT team has developed a method, for which a patent has since been filed, that circumvents this problem. The foam has a uniform bubble size of about 160 micrometers in diameter. "These are monodisperse 'full enzyme foams', i.e. three-dimensional, porous networks consisting exclusively of biocatalytically active proteins," says Christof Niemeyer of KIT, describing the composition of the new materials.

Until now, enzymes have usually been immobilized on polymers or carrier particles. This meant that the actual reaction could only take place in part of the bioreactor volume. "Compared to our already developed 'full enzyme hydrogels', the new foam-based materials create a significantly larger surface area where the desired reaction can take place," Niemeyer explains.

More stable than enzymes without foams

This not only increases the density of the enzymes and thus the possible speed at which the biocatalysts can convert a substance, but also results in an advantage for the application: "Surprisingly, the newly developed enzyme foams are significantly more stable after four weeks of drying than the same enzymes without foam," reports Niemeyer. This is of great interest for marketing, he says, because it simplifies storage and shipping considerably.

In a practical test, the team showed that its enzyme foams can be used to produce the sugar tagatose. It is considered an interesting industrial alternative to refined sugar. However, according to the researchers, enzyme foams can be used anywhere in biotechnology to make processes more efficient - from industrial biotechnology to food biotechnology and materials science.

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Mikroalgen enthalten kostbare Wertstoffe und sind daher ein Hoffnungsträger der Bioökonomie. Doch nicht nur Proteine, ungesättigte Fettsäuren oder Farbstoffe machen sie für die Industrie interessant. Mikroalgen benötigen zum Wachsen Kohlendioxid und können dieses in Biomasse umwandeln, die wiederum als alternative Energiequelle zur Erzeugung von Biogas genutzt werden kann. Obwohl Mikroalgen bereits vielfältig genutzt werden – vor allem in der Lebens- und Futtermittelindustrie – ist ihr Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft. Ein Grund: Die Produktion des vielversprechenden Rohstoffs ist zum Teil noch sehr energie- und kostenintensiv.

Industrieabgase als kostengünstige Alternative

Forschende der Hochschule Bremerhaven wollen das ändern. Im Projekt Algae Growth, kurz „ALGROW“, wird untersucht, inwieweit sich industrielle Abgase und Abwärme für die Kultivierung von Mikroalgen nutzen lassen. „Studien zeigen, dass Mikroalgen den Gehalt an toxischen Gasen in Abgasen um bis zu 75 % verringern und somit die Freisetzung von Treibhausgasen reduzieren können“, sagt Projektleiterin Imke Lang. „Der Einsatz von CO2 erhöht das Zellwachstum signifikant und somit den Ertrag. Das Gas ist jedoch eine kostspielige Ressource. Industrielle Abgase wären eine kostengünstigere Alternative“, so Lang. Die Forschenden sind überzeugt, dass von der Nutzung industrieller Abgase sowohl die Algenproduktion selbst als auch Unternehmen profitieren würden.

Warme Abgase für den Trocknungsprozess nutzen

Im Rahmen des Projekts soll auch untersucht werden, ob sich warme Abgase für die Kultivierung von Mikroalgen eignen. Diese könnten dann direkt in den Bioreaktor geleitet werden. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Trocknung und Ernte der Mikroalgen, da hier die Betriebskosten besonders hoch sind. „Die Trocknung erfolgt mittels Trommel-, Sprüh-, Gefrier- oder Sonnentrocknung“, erklärt Lang. „Die ersten drei Verfahren werden eingesetzt, wenn hochwertige Produkte gewonnen werden sollen. Sie sind jedoch mit hohen Kosten verbunden, die bis zu 20 bis 30 % der gesamten Produktion betragen können. Bei der letztgenannten Trocknungsmethode ist mit Qualitätsmängeln des Produkts durch Kontamination und Oxidation zu rechnen. Daher wird sie nur eingesetzt, wenn die Unversehrtheit und Qualität keine Rolle spielt.“ Mithilfe industrieller Abgase will das ALGROW-Team eine kosteneffiziente und produktschonende Trocknungsmethode entwickeln, die zugleich eine hohe Qualität des jeweiligen Produkts garantiert.

Kommerzielle Umsetzung der Mikroalgenproduktion im Visier

Neben nachhaltigen und wirtschaftlichen Aspekten will das Forschungsteam auch Empfehlungen für eine kommerzielle Umsetzung der Mikroalgenproduktion in Bremerhaven und Bremen erarbeiten. „Die Verringerung der Abgasfreisetzung in die Atmosphäre und die geringeren Produktionskosten von Mikroalgen bei gleichzeitiger Ertragssteigerung machen die Algenproduktion für die Region attraktiv. Gleichzeitig kann die Lebensmittelindustrie die aus Algen gewonnenen Wertstoffe nutzen. Denkbar sind unter anderem Substanzen, die als Beschichtungen und Geliermittel verwendet werden, Pigmente als Farbstoffe oder Antioxidantien“, so Lang.

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Wo und wie können Bioökonomie und Weltraumforschung voneinander lernen? Anhand von drei Forschungsprojekten zeigen Fachleute, wie die beiden Felder sich gegenseitig inspirieren, welche Erkenntnisse wir aus der Forschung von der Erde ins All übertragen können und welche Technologien und Verfahren aus der Weltraumforschung das Leben auf der Erde erleichtern können. Unter anderem geht es dabei um Exoplaneten und die Suche nach außerirdischem Leben, Ernährung im Weltall und die Landwirtschaft der Zukunft.

Neben Impulsvorträgen erwartet die Gäste an Bord der MS Wissenschaft eine moderierte Podiumsdiskussion. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, an Deck zu kommen, mitzudiskutieren, Fragen zu stellen und Perspektiven zu wechseln.

Die Veranstaltung am 15. August ab 18:00 Uhr ist eine Kooperation der Informationsplattform bioökonomie.de – organisiert von Kristin Kambach und Martin Reich im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) – und der MS Wissenschaft.