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Short-sleeved, full of innovative ideas and absolutely convinced of the benefits and necessity of a sustainable and bio-based industry – that is what Uwe D'Agnone in a nutshell. The 53-year-old inventor and CEO of Creapaper is committed to the sustainable, resource-efficient use of raw materials in the paper industry.

For the trained businessman with his office in Hennef near Bonn, a sustainable industry is not only the latest trend, but rather an attitude towards life in general: "My wife and I are enthusiastic hobby divers. Unfortunately, by doing so we are witness to the pollution of the oceans and the destruction of coral reefs," says D'Agnone.

He first came into contact with environment-conscious processes at an early age: "The topic of sustainability has interested and accompanied me already during my training days in a printing company." Shortly after completing his training, he started his own printing consultancy to develop and implement his own ideas on sustainability in the printing and paper industry.

Alternative raw material for paper 

About six years ago, he decided to develop and establish an alternative raw material for paper production and founded CREAPAPER. "The most difficult step in conventional papermaking is to separate the wood fibers from the lignin. This requires a great deal of chemistry, energy, and water." The higher a plant grows, the more lignin it contains. So he looked around for low growing material: "We use dried grass, hay, so we can produce year-round," explains D'Agnone. 

A ton of wood pulp requires about 6,000 liters of water and 5,000 kilowatt hours of energy, but for the same amount of grass pulp, you only need about two liters of water and 137 kilowatt hours. "To get paper out of grass, a purely mechanical process is sufficient - the air-dried fibers are cleaned, cut to fiber length, ground, and pelletized," says D'Agnone. 

This process saves enormous amounts of CO2 emissions in the production of grass paper compared to conventional paper or waste paper. And even the price of grass fiber is more than 40% cheaper. Depending on the product, D'Agnone now uses up to 51% grass pellets for production. And although it would be possible to produce white-painted grass paper, most customers prefer the light brown-green color, so the sustainable origin of their product remains recognizable. 

Multi-award winning idea 

In fact, neither the product nor its origin need to be hidden: After all, the grass carton was nominated for the German Packaging Award in 2015 because of its sustainability aspect. And in 2016, Creapaper won the StartGreen Award in the Start-up category for the development of the grass-based substitute pulp for papermaking. In 2018, the sustainable packaging approach also received the KfW Award. In addition, the Federal Ministry for the Environment, Nature Conservation and Nuclear Safety (BMU) awarded Creapaper GmbH the German Innovation Award for Climate and Environment (IKU).

Korallenriffe sind komplexe marine Ökosysteme. Sie sind der Lebensraum für zahlreiche Tiere wie Fische, Würmer, Schwämme oder Krebstiere, die das Biotop als Unterschlupf, Nahrungsquelle oder „Kinderstube“ nutzen. Doch Klimawandel und Plastikmüll setzen den Korallenriffen und insbesondere deren Siedlern, den Steinkorallen, heftig zu. Vor allem die kaum sichtbaren Mikroplastikteilchen sind für Korallen eine Gefahr, wie Forscher der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) nachweisen konnten.

Korallen fressen Mikroplastik

Meeresforscher um Jessica Reichert haben in einer Studie erstmals untersucht, welche Auswirkungen diese kaum fünf Millimeter großen Partikel auf Korallen haben. Wie das Team in der Fachzeitschrift „Environmental Pollution“ berichtet, wählten sie dafür sechs weitverbreitete Korallenarten aus, setzen diese im Labor erhöhten Mikroplastikkonzentrationen aus und dokumentierten dann die Reaktionen der Korallen.

Weiterer Rückgang der Korallenriffe befürchtet

Der Studie zufolge interagierten die Korallen nicht nur mit den Mikroplastikfragmenten. Einige von ihnen verwechselten die Partikel mit Futter und nahmen sie auf. Andere Korallen reagierten darauf mit einer erhöhten Schleimproduktion oder mit Abwehrreaktionen. Auch kam es bei fast allen Korallenarten nach vier Wochen zu ersten gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Bei fünf von sechs Arten registrierten die Forscher Bleiche und das Absterben von Gewebe. „Unsere Studie weist klar darauf hin, dass Mikroplastik einen weiteren menschengemachten Stressfaktor für Korallen darstellt und damit sehr wahrscheinlich zum weiteren Rückgang der Korallenriffe auf der Erde beitragen wird“, sagt Erstautorin Jessica Reichert.

Folgen des Klimawandels im Labor simuliert

Die Studie fand im Rahmen des in Gießen angesiedelten Projektes „Ocean 2100“ statt, das Teil des deutsch-kolumbianischen Exzellenzzentrums für Meeresforschung CEMarin (Center of Excellence in Marine Sciences) ist. Hier werden seit 2010 die Auswirkungen des Klimawandels auf riffbildende Steinkorallen untersucht. Am Interdisziplinären Forschungszentrum (iFZ) der JLU Gießen werden dafür in Versuchstanks verschiedene Parameter wie Temperatur und Säuregehalt des Wassers langsam auf die zu erwartenden Werte eingestellt.

Als Nächstes will das Team um Jessica Reichert untersuchen, ob die Mikroplastikkonzentration im Meer die gleichen negativen Auswirkungen auf Korallen hat und welche Langzeitfolgen damit verbunden sind.

bb

Es ist ein Wunsch, den mancher vielleicht schon als Kind im Sandkasten verspürte: ein Sieb zu haben, dessen Porengröße sich daran anpassen lässt, was man gerade filtern möchte. In der modernen Membranforschung begegnet man diesem Wunsch wieder: Membranen dienen hier dazu, gewünschte Stoffe aufzukonzentrieren oder unerwünschte Stoffe aus einer Lösung zu entfernen. Hier setzte das 2012 gestartete im Rahmen der Initiative "Biotechnologie 2020+" gestartete Projekt „BioCoBra“ mit dem Titel „Robuste und vielseitige asymmetrische Membranen auf Basis schaltbarer Blockcopolymere“ an: Die beteiligten Forscher wollten nicht nur eine schaltbare Membran erzeugen, deren Porengröße sich steuern lässt. Die Membran sollte auch noch die Möglichkeit bieten, sie für jede Anwendung reversibel neu konfigurieren zu können und so auch grundsätzliche Filtereigenschaften wie beispielsweise Benetzbarkeit durch unterschiedliche Flüssigkeiten zu verändern.

Viel Grundlagenarbeit

Die Natur ist ein Meister darin, definierte Bausteine durch Selbstorganisation zu funktionalen Strukturen oder Oberflächen zusammensetzen. Diese Prozesse mit synthetischen Materialien nachzustellen und dabei gewünschte Funktionen zu integrieren ist jedoch äußerst anspruchsvoll, denn etablierte Werkzeugkästen für solche Arbeiten existieren kaum. Umfangreiche Grundlagenarbeit war deshalb ein großer Teil des Forschungsvorhabens, in dem zwei Gruppen ihre Kompetenzen gebündelt haben: Das Team um Christopher Barner-Kowollik vom Karlsruher Institut für Technologie (jetzt auch Queensland University of Technology, Brisbane, Australien) ist erfahren in reversibler Chemie und beherrscht es, verschiedene funktionelle Gruppen, also molekulare Strukturen mit definierten reaktiven Eigenschaften, an Polymere anzubringen. Das Team um Felix Schacher von der Friedrich-Schiller-Universität Jena hat große Erfahrung in der Herstellung von Blockcopolymeren und der Herstellung von Membranen durch Selbstorganisationsprozesse.

„Die Idee war, ein mehr oder weniger fixes Membrangerüst zu bilden, welches an definierten Punkten reversibel adressierbare Ankergruppen aufweist und diese dann zur Funktionalisierung mit verschiedenen Polymeren zu nutzen“, erläutert Schacher. Mittel der Wahl waren Blockcopolymere, die aus mehreren Segmenten unterschiedlicher Funktion und Löslichkeit bestehen und durch labile chemische Bindungen miteinander verknüpft sind. Daraus wollten die Forschern Membranen herstellen, an denen dann reversible und vielfältige Oberflächenchemie möglich ist. Während Membranen aus Polymeren schon weit verbreitet sind und es etablierte Methoden zu deren Herstellung gibt, ist deren Funktionalisierung oft noch eine Herausforderung.

Oberflächen zu dynamisch

„Unser anfänglicher Ansatz hat allerdings leider nicht funktioniert“, resümiert Schacher, „die Oberflächen waren zu dynamisch.“ Die Ankergruppen, also die endständigen Funktionalitäten an den Blockcopolymeren, versanken mit der Zeit in der Membranmatrix. Dadurch waren sie nach außen nicht mehr zugänglich und damit auch nicht durch Folgechemie adressierbar. „Es ist immer ein großer Unterschied, ob man mit einzelnen Molekülen in einer Lösung arbeitet oder aber an einer dreidimensional strukturierten Oberfläche“, erläutert der Chemiker die Schwierigkeiten.

Ein Fehlschlag sei das mit rund 1,15 Mio. Euro vom Bundesforschungsministerium unterstützte Verbundprojekt dennoch nicht gewesen: „Wir konnten prinzipiell funktionelle Membranen herstellen und auch verschiedene chemische Operationen an diesen durchführen. Das erweitert definitiv deren Einsatzgebiete. Allerdings konnten wir bislang keine komplett reversible Funktionalisierung erreichen“, schildert Schacher. Entstanden sind drei Publikationen, in denen die Forscher Methoden präsentieren konnten, um reversible Chemie an Blockcopolymeren zu betreiben. Außerdem demonstrierten sie die Herstellung einer Membran mit von Umgebungseigenschaften abhängigen Durchflussraten. „Wir haben Polyelektrolyte verwendet“, erklärt Schacher. Da sich gleichartige Ladungen entlang der Molekülkette abstoßen, erfolgt abhängig von der Ladung eine bestimmte Streckung der Kette. „Über die Ladung ließ sich die Porengröße im Sub-100-Nanometer-Bereich einstellen“, berichtet der Chemiker.

Zukünftige Anwendungsmöglichkeiten

Interessant sei das beispielsweise für Anwendungen, bei denen nanoskalige Stoffe aus wässrigen Lösungen herausgefiltert werden müssen. Abhängig von der Oberflächenladung würden die Stoffe absorbiert, abgestoßen oder könnten passieren.

In einer einjährigen Verlängerung des Projekts versuchten die Forscher zudem, anstelle der Temperatur eine lichtgetriebene Funktionalisierung entsprechender Membranen zu realisieren Insgesamt lief „BioCoBra“ so von November 2012 bis März 2017. Aktuell findet keine weitere Forschung zu diesem Thema mehr statt, allerdings werden derartige Membranen derzeit als Trägermaterialien für heterogene Katalyse in der Arbeitsgruppe von Felix Schacher eingesetzt.

Autor: Björn Lohmann

Am 15. Und 16. Mai kamen in Köln rund 200 Teilnehmer aus 22 Ländern zur „International Conference on Bio-based Materials“ zusammen, die bereits zum elften Mal vom Nova-Institut organisiert wurde. In den über 30 Vorträgen der zweitägigen Konferenz betonten die Sprecher das große Potenzial biobasierter Materialien, das im wachsenden Angebotsspektrum vieler Unternehmen sichtbar werde. Aktuelle Zahlen zum Markt wurden von Michael Carus vom nova-Institut präsentiert. Demnach gibt es ein moderates Wachstum von 3 bis 4% im Markt für biobasierten Polymere – vergleichbar mit dem Markt für petrochemische Polymere. Im Detail gebe es jedoch deutlich Unterschiede in einzelnen Bereichen. Während einige deutliche Einbußen hinnehmen müssen, seien andere aktuell sehr gefragt wie PLA, PEF oder PTF. 

Nachfrage und politische Initiativen sind treibende Kraft

Jukka Kantola von der Firma Kaicell Fibres berichtete zudem über aktuelle Pläne des Holzwirtschaftssektors, verstärkt Anwendungen im Textilbereich aufzubauen. „Im Textilsektor besteht eine große Nachfrage für biobasierte und nachhaltige Fasern“, so Kantola. Politische Initiativen und Strategien wurden ebenfalls als wichtige unterstützende Faktoren für den Biomaterialiensektor identifiziert. „Wenn China seine strikten Umweltauflagen weiter verschärft, könnte das großen Einfluss auf den gesamten Industriezweig haben“, gab Doris de Guzman von Tecnon Orbichem zu Bedenken.

Marcel Lubben von Reverdia, einem Unternehmen von DSM und Roquette, betonte, wie wichtig Durchhaltevermögen gerade am Anfang und beim Aufbau eines neuen Unternehmens sei: „Wir wachsen langsamer als erwartet, denn es hat 10 Jahre gedauert, bis wir die industriellen Prozesse etabliert hatten. Doch inzwischen haben wir unseren Markt und unsere Abnehmer gefunden. Unser Angebot reicht inzwischen von kompostierbaren Kaffeetassen bis hin zu stabilen biobasierten Materialien für Wanderschuhe.“

Drei neue Materialien überzeugen Jury

Die drei Gewinner des Innovationspreis „Bio-based Material of the Year 2018“ wurden aus sechs Finalisten ausgewählt. Die Finnen von Arctic Biomaterials Oy belegten den ersten Platz mit ihrem ArcBioxTM Material. Es handelt sich hierbei um ein PLA (Polymilchsäure)-basiertes Material, das durch die Nutzung einer Langfasertechnologie mit speziellen, abbaubaren Glasfasern verstärkt wird. Dadurch wird das Material besonders stabil und langlebig und kann dennoch biologisch abgebaut werden. „Der größte Vorteil unseres Materials ist, dass es bei der Kompostierung zu harmlosen Mineralien zerfällt, was gerade für Bioplastik eine interesstante Abbauperspektive darstellt“, erklärt Marketing Direktor Tomi Kangas. Die Glasfaser könnte zudem auch für verschiedene andere biobasierte Polymere verwendet werden.

Den zweiten Platz belegte die Cardolite Corporation aus den USA mit einem Blockiermittel aus Rückständen von Cashewnüssen. Den dritten Platz belegte schließlich das AIMPLAS Instituto Tecnológico del Plástico aus Spanien, die ein biobasiertes und biologisch abbaubares Netz als Verpackung für grüne Bohnen entwickelt haben.

jmr/sw

On May 15 and 16 an estimated 200 participants from more than 22 nations met in Cologne  for the “International conference on bio-based materials". The annual conference took place for the eleventh time and was once again organised by the Nova Institute. In the more than 30 talks during the two-day event the speakers highlighted the enormous potential of bio-based materials, which is reflected by the growing product range offered by many companies. Michael Carus at the nova-Institute presented the most recent market report. According to these numbers there is a slow but steady increase of 3 to 4% at the market for bio-based polymers – a number very similar to the growth rate for petrochemical-based polymers. However, a closer look revealed significant difference between the individual sectors of the bio-based polymer market: While some sectors are edging towards a collapse, other are highly sought after, as is the case for PLA, PEF or PTF.

Market demands and policy changes are driving forces

Jukka Kantola from Kaicell Fibres, for instance, informed the audience about new plans from the forest industry to enter the textiles market in which there is a high demand for bio-based and sustainable fibers. Policy initiatives were identified as another important push factor in the biomaterials arena. “If China, for instance, further pushes forward a stricter environmental regulation, it could have a large influence on the whole sector,” Doris de Guzman from Tecnon Orbichem said.

Marcel Lubben from Reverdia, a joint venture of DSM and Roquette, pointed out the need for staying power. “We are growing slower than expected, because it took us a decade to set up the final industrial processes. But now we found our markets in a broad spectrum of applications, ranging from compostable coffee cups to durable bio-based materials for trekking shoes.”

Jury chose three novel bio-based materials

The winners of the “Innovation Award – Bio-based Material of the Year” were chosen by the participants of the conference and were awarded on the evening of the first day. Out of six finalists, Arctic Biomaterials won the first price for its ArcBiox material. The Finish company combines a special glass material with other bioplastics such as PLA using a special long fiber technology. Together, a robust and flexible reinforced biomaterial is obtained which is usable for various technical applications such as consumer electronics. “The highest advantage of our material is that it erodes back to harmless minerals in composting environment if needed and this adds an end of life perspective to bioplastics”, Marketing Director Tomi Kangas explained.

Second place was awarded to the US-based Cardolite Corporation for a blocking agent made from cashew residue. A bio-based and biodegradable net for green beans from the AIMPLAS Instituto Tecnológico del Plástico in Spain was awarded the third place.  

jmr/sw

Die Pilz-Erkrankung Esca gehört zu den gefährlichsten Rebholzkrankheiten. Durch den Pilz wird das Holz regelrecht zersetzt, was zum Absterben der Rebstöcke führen kann. Bisher gibt es kein Mittel, was wirksam diese Rebenkrankheit bekämpft. Ein Team um Frederik Wurm vom Mainzer Max-Planck-Institut für Polymerforschung hat hierfür eine Lösung parat. Sie haben eine Nanoträgersubstanz entwickelt, die den Pilz mit seinen eigenen Waffen schlägt. Auf einem Testfeld vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz (DLR) in Neustadt an der Weinstraße wurde der Nano-Impfstoff nun erstmals Reben injiziert. Ingesamt 100 Rebstämme wurden damit geimpft.

Fungizid in Holzhülle verpackt 

Der Nanowirkstoff besteht aus einer geringen Menge eines herkömmlichen Fungizids und ist in einer Kugel aus Lignin verpackt, einem Hauptbestandteil des Holzes. Über ein in den Stamm gebohrtes Loch gelangt die präparierte Nano-Kugel direkt in den Stamm der Pflanze. Das Besondere: Der Wirkstoff wird hier mithilfe des Pilzes freigesetzt, da dieser die Holzhülle der Kapsel ebenfalls zersetzt. „Wir setzen dem Pilz quasi ein trojanisches Pferd vor: Er zersetzt die Hülle unserer Nanoträger und setzt damit das Fungizid frei, welches ihn bekämpft“, erklärt Frederik Wurm.

Fungizide einsparen

Ein Vorteil dieser Methode: Der Wirkstoff wird sehr langsam und über einen langen Zeitraum abgegeben. Ein übermäßiges Spritzen der Weinreben mit Fungiziden gegen den Pilzbefall kann so vermieden werden. In wenigen Wochen wird das Team um den Mainzer Forscher wissen, ob der Impfschutz bei den Weinreben tatsächlich wirkt. Entsprechende Tests im Labor waren erfolgreich. Die von Frederik Wurm entwickelte Nano-Impfung wurde bereits zum Patent angemeldet. „Die Winzer sind begeistert. Sie würden die Methode gern sofort anwenden“, berichtet Wurm in einem Gespräch mit bioökonomie.de.

Biopolymere gegen Pflanzenkrankheiten

An dem Projekt waren neben dem Mainzer Max-Planck-Institut auch das Institut für Biotechnologie und Wirkstoff-Forschung in Kaiserslautern sowie das Institut für Pflanzenschutz in Neustadt an der Weinstraße vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz (DLR) beteiligt. Im Rahmen eines weiteren Projektes namens NanoProtect will das Team um Frederik Wurm nunmehr Heilmittel für kranke Rebstöcke auf Basis abbaubarer Polymere entwickeln. Das Vorhaben wird von der Volkswagenstiftung gefördert.

bb

Pflanzenschutzmittel wie Pestizide werden vor allem in der konventionellen Landwirtschaft eingesetzt. Sie sollen Pflanzen vor Schädlingen und Krankheiten bewahren und Ernteerträge sichern. Doch ihr Einsatz ist seit Langem umstritten, vor allem wegen der negativen Folgen für Umwelt und Artenvielfalt. Diese werden bei der Zulassung von Pestiziden aber noch zu wenig berücksichtigt, wie die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina in ihrem neuesten Diskussionspapier „Der stumme Frühling – Zur Notwendigkeit eines umweltverträglichen Pflanzenschutzes“ herausstellt.

Pestizide für Rückgang der Artenvielfalt mitverantwortlich

In Deutschland sind etwa 280 Wirkstoffe als chemischer Pflanzenschutz zugelassen. Im Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft sieht die Expertengruppe eine wesentliche Ursache für den dramatischen Rückgang der Artenvielfalt. Frühere Studien bestätigen, dass in den vergangenen 20 Jahren 75% der fliegenden Insekten verschwunden sind. Wie deutsche und britische Forscher jüngst feststellten, können Neonicotinoide, eine bestimmte Klasse von Pestiziden, das Bestäubungsverhalten von Hummeln nachhältig beeinflussen und sind somit eine Gefahr für den Fortbestand der Population.

Einsatz von Pflanzenschutzmitteln stärker überwachen

Den Experten der Leopoldina geht es vor allem um eine bessere Risikoabschätzung von Pestiziden im Rahmen der Zulassungsverfahren mit Blick auf einen umweltverträglicheren Pflanzenschutz. Mit ihrer Studie liefern sie Handlungsempfehlungen für einen umwelt- und naturschutzgerechten Umgang mit den Chemikalien und zeigen Forschungslücken auf. Am Beispiel von Neonicotinoiden und Glyphosat belegen sie, wie Pestizide auf die Umwelt wirken und verweisen auf die Notwendigkeit, die Auflagen zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln verstärkt zu überwachen.

Zulassungsverfahren nachbessern

Gleichfalls decken die Autoren Defizite derzeitiger Zulassungsverfahren von Pestiziden auf und fordern eine Nachbesserung bestehender Verfahren. So sollten bei der Risikobewertung von Pestiziden künftig stärker die landwirtschaftliche Praxis und die reale Umweltsituation berücksichtigt werden. Bestehende Zulassungsverfahren würden bei Weitem nicht alle ökologische Wirkszenarien im Freiland erfassen, heißt es im Diskussionspapier.

Vernachlässigt werde beispielsweise, dass in der Landwirtschaft häufig unterschiedliche Pestizide gleichzeitig zum Einsatz kommen und die Mischung Ökosysteme gefährde. Unzureichend ist demnach auch die Vorhersage der Exposition und die Persistenzbewertung von Chemikalien in der Umwelt. Auch der Einfluss dieser Chemikalen auf Tiere, Pflanzen, Mikroorganismen und deren Verbreitung in Boden und Wasser sollten den Autoren zufolge bei der Risikoabschätzung zukünftig stärker im Fokus stehen.

Zulassungen zeitlich und räumlich begrenzen

Die Experten empfehlen daher ein Beobachtungssystem zu etablieren, mit dem die langfristigen Auswirkungen der Pflanzenschutzmittel auf Ökosysteme nach einer zunächst zeitlich und räumlich begrenzten Zulassung überprüft werden.

bb

In ihrer Jugend durchkämmte Sina Leipold die Wälder in Thüringen. Heute tourt sie mit ihrem Mountainbike durch die Freiburger Gegend. Mit ihrer Begeisterung für die Natur und ihrer Neugier hat es die 32-Jährige zur jüngsten Junior-Professorin der Universität Freiburg geschafft. Schon als Kind wollte sie immer alles ganz genau wissen: „Meine Eltern haben immer gesagt, ich bin so ein Warum-Kind, das nie nachgegeben hat“, sagt die Forscherin. Mittlerweile reicht es der gebürtigen Thüringerin nicht mehr nur aus, zu wissen. Sie will verstehen, warum es so und nicht anders ist.

Seit 2016 leitet die junge Wissenschaftlerin an ihrem Lehrstuhl für gesellschaftliche Transformation und Kreislaufwirtschaft eine eigene Nachwuchsforschergruppe. Das Projekt „Circulus - Transformationspfade und -hindernisse zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft in der Bioökonomie“ wird im Rahmen der Förderinitiative „Bioökonomie als gesellschaftlicher Wandel“ vom Bundesforschungsministerium bis 2021 mit 2 Mio. Euro gefördert.

Gesellschaftliche Zusammenhänge verstehen lernen

Der Wunsch, eine wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen, keimte bei Leipold eher langsam. Ihr Interesse für gesellschaftliche Zusammenhänge wurde bereits frühzeitig geweckt. Von 2004 bis 2007 studierte sie Politik und Geschichte an der Universität Bochum. „Es hat mich besonders interessiert, wie unsere Gesellschaft funktioniert, was sie zusammenhält und warum sie so ist wie sie ist“, sagt Leipold. Ausschlaggebend für Ihren Fokus auf Politik für nachhaltiges Wirtschaften war ihre Studienzeit im „Global Studies“ Master in Freiburg, Buenos Aires, Delhi und Brüssel. Insbesondere die Zeit in Indien hinterließ bei der jungen Studentin einen nachhaltigen Eindruck. „Prägend war zu sehen, wie die Leute darunter leiden, wie sie ihre eigene Umwelt schädigen, kein sauberes Trinkwasser haben, die Natur mit Plastikmüll verschmutzen, den dann die Tiere fressen und verenden. Das war ein Wendepunkt, warum ich mich auf Umweltpolitik und nachhaltiges Wirtschaften spezialisiert habe“.

Von Klöstern Nachhaltigkeit lernen

Nachhaltiges Wirtschaften wurde dann auch zum Thema ihrer ersten wissenschaftlichen Projektarbeit an der Universität für Bodenkultur in Wien. „Ich wollte wissen, wie können wir Prozesse wie in Indien aufhalten. Was können wir tun, um zu vermeiden, dass wir Probleme kriegen, die wir nicht mehr lösen können“. Im Rahmen eines Forschungsprojektes untersuchte sie damals, warum Klöster so nachhaltig agieren. Sie lernte, wie stark das menschliche Miteinander das Verhältnis zur Umwelt und ein nachhaltiges Leben beeinflussen. „Das wichtigste Ergebnis war, dass vor allem die sozialen Strukturen der Klöster ausschlaggebend sind für ihren nachhaltigen Umgang mit sich selbst und der Natur. Sie schätzen nicht nur was sie besitzen, sondern vor allem die Gemeinschaft, und versuchen diese zu erhalten“, sagt Leipold. Das habe ihr gezeigt, dass der Schritt vom Umgang mit anderen Menschen zum Umgang mit der Natur sehr klein ist.

Gesetze für nachhaltigen Holzhandel hinterfragt

In der Wiener Forschergruppe entstand dann auch bei Leipold immer mehr der Wunsch, eine akademische Laufbahn einzuschlagen. 2012 fand sie durch Zufall eine Doktorandenstelle an der Uni Freiburg und fokussierte sich auf das Thema Holzhandel. Hier untersuchte sie, welche Auswirkungen neue gesetzliche Rahmenbedingungen zum nachhaltigen Holzhandel in den USA, Australien und Europa haben und inwiefern sie tatsächlich zur ökologischen Nachhaltigkeit beitragen können. Dabei musste die Doktorandin feststellen, dass die neuen Gesetze hinter den hohen Ansprüchen zurück blieben.

Studienpreis für Doktorarbeit

„Statt nachhaltige Holzwirtschaft einzufordern, beschränken sich die Vorgaben auf legale Holzwirtschaft. Es gibt zwar bei Verstößen auch Strafen. Aber die Nachhaltigkeit ist etwas auf der Strecke geblieben“, resümiert Leipold. Warum sich härtere Vorgaben für nachhaltige Holzwirtschaft in den Gesetzen nicht durchsetzen konnten, untersuchte Leipold anhand der Debatten in den USA, Australien und Europa. „Ich konnte herausfinden, wie Wirtschafts- und Umweltlobbyisten und Politiker die politischen Prozesse in allen drei Weltregionen sprachlich manipulierten, um sich durchzusetzen und damit Politik zu schaffen, die die globale Holzwirtschaft grundlegend beeinflusst“. Für ihre Doktorarbeit wurde Sina Leipold mit dem Deutschen Studienpreis der Körber-Stiftung 2017 ausgezeichnet.

Juniorprofessur in Freiburg

Noch während ihrer dreijährigen Doktorarbeit nahm die junge Wissenschaftlerin eine neue Herausforderung an. Mentor und Doktorvater Georg Winkel motivierte Leipold dazu, sich Mitte 2015 an einer BMBF-Ausschreibung für Nachwuchsgruppen im Rahmen der Förderinitiative „Bioökonomie als gesellschaftlicher Wandel“ zu bewerben. Dafür beschäftigte sie sich mit einem für sie ganz neuen Themenfeld, der Kreislaufwirtschaft. „Ich habe festgestellt, dass der Zusammenhang von gesellschaftlicher Debatte, gesellschaftlichem Handeln und Umweltauswirkungen im wissenschaftlichen Diskurs kaum verankert ist“. Mit diesem brisanten Thema traf die Forscherin den Nerv der Zeit und konnte das BMBF überzeugen und eine Millionenförderung für fünf Jahre einwerben. Die Überraschung war groß: „Weil ich damals noch nicht promoviert war und die Konkurrenz natürlich groß, war ich zunächst überwältigt. “, erinnert sich Leipold. Um für die Gruppe beste Bedingungen zu schaffen, folgte Leipold im April 2017 dem Ruf auf eine Juniorprofessur für »Gesellschaftliche Transformation und Kreislaufwirtschaft« an die Universität Freiburg.

Risiken und Chancen der Kreislaufwirtschaft ausloten

Als eine der jüngsten Nachwuchsgruppenleiterinnen untersucht Sina Leipold im Rahmen des Projektes „Circulus“ nun, wie in Deutschland, Europa und China Kreislaufwirtschaft im Hinblick auf nachwachsende Rohstoffe geregelt ist, wie diese Regularien umgesetzt werden und welche Auswirkungen sie auf die Umwelt haben. „Ich will auf die Agenda bringen, wie man unsere Wirtschaft nachhaltiger gestalten kann“, betont Leipold. Dafür will sie Risiken und Chancen der Kreislaufwirtschaft ausloten und am Ende auch der Politik Empfehlungen geben. Im Fokus der Untersuchung stehen dabei Forst- und Agrarwirtschaft.

Alternative Kreisläufe aufzeigen

Gerade hinsichtlich der extrem vielfältigen Nutzung, Lebensdauer und Möglichkeiten der Wiederverwendung von Holz offenbarten sich dem Projektteam bereits erste Reibungspunkte, wie Leipold berichtet. „Da ist immer die Frage, über welchen Kreislauf sprechen wir eigentlich, den der Natur oder den innerhalb der Wirtschaft? Und können wir bestimmte Kreisläufe wie etwa bei Holz schließen ohne extrem hohe energetische, ökologische und personelle Kosten sowie Einbußen an verfügbarem Material? Das ist gerade hochgradig unklar“, sagt die Forscherin. Mithilfe der Analyse von Experten-Debatten identifiziert Leipold’s Gruppe alternative Möglichkeiten und Grenzen solcher Kreisläufe. Verschiedene Kreislauf-Strategien werden zudem auf ihre Umweltauswirkungen untersucht. Zusammen liefern die Ergebnisse politische und praktische Entscheidungshilfen für den Weg in eine Kreislaufwirtschaft.

Klar ist für Sina Leipold: Die Kreislaufwirtschaft muss so gestaltet werden, dass Verteilungskonflikte vermieden werden und die Umwelt keinen Schaden nimmt. Um dieses Ziel zu erreichen, wird die Forscherin also auch weiterhin mit bohrenden Fragen nach Antworten und Lösungen suchen.

Autorin: Beatrix Boldt

Ob Windkraft, Photovoltaik oder Biogasanlagen: Die Gewinnung von Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien nimmt allmählich Fahrt auf. Das Problem: Windenergie und Photovoltaik sind vom Wetter abhängig. Auch pflanzliche Biomasse wie Stroh oder Holzschnitzel stehen saisonal und regional unterschiedlich zur Verfügung. Ein Hauptanliegen ist es daher, überschüssig erzeugte Energie zu speichern. Wasserstoff gilt hier als ein vielversprechendes Speichermedium.

Chemiker des Leibniz-Instituts für Katalyse (LIKAT) in Rostock und der X’ian Jiatong Universität in China ist bei der Speicherung von Energie aus Biomasse mittels Wasserstoff nun ein Durchbruch gelungen. Wie das Team um Henrik Junge im Fachjournal „Nature Catalysis“ berichtet, konnten sie eine katalytische Reaktion für die Gewinnung von Wasserstoff aus Stroh, Holzschnitzen und anderen pflanzlichen Abfällen erzeugen.

Wasserstoffgewinnung in Eintopf-Reaktion

Das Besondere: Bei der neuartigen Wasserstoffgewinnung laufen zwei unterschiedliche katalytische Verfahren in einem Reaktionsgefäß ab. Diese Methode wird deshalb als „One-pot“ oder „Eintopf-Reaktion“ bezeichnet. Alle Zutaten wie Stroh, Lösungsmittel und Katalysatoren werden hier wie bei einem Eintopf in ein Gefäß gebracht.

Wasserstoff aus Ameisensäure hergestellt

Mit einem Trick gelang es ihnen, daraus Wasserstoff herzustellen. Im Mittelpunkt stand dabei die Herstellung von Ameisensäure, die sich effektiv unter Raumtemperatur zu Wasserstoff umwandeln lässt. Daher wurde zunächst Biomasse wie Stroh chemisch aufgespalten, um daraus Ameisensäure zu gewinnen. Im nächsten Schritt kann daraus Wasserstoff hergestellt werden.

Option für dezentrale Energiespeicherung

So gelang es schließlich Energie aus Biomasse zu gewinnen und gleichzeitig Wasserstoff zur Speicherung der Energie herzustellen. Die Herausforderung bestand darin, zwei unterschiedliche Verfahren mit zwei verschiedenen Katalysatoren so zu koppeln, dass sie sich nicht gegenseitig stören. Die Forscher sind überzeugt, dass die Kopplung dieser beiden Prozesse eine attraktive Variante für eine dezentrale Anwendung in der Landwirtschaft bietet, um zukünftig überschüssige Energie aus Biomasse in Wasserstoff zu speichern wie es etwa bei der Speicherung von Windenergie mittels Elektrolyse bereits geschieht.

bb

Viele biotechnologische Verfahren nutzen bereits heute Mikroorganismen oder Enzyme zur Herstellung einer Vielzahl von Produkten. Mit ihrer Hilfe entstehen beispielsweise Medikamente, aber auch Waschmittel und neue Katalysatoren, um Produktionsverfahren wie etwa in der chemischen Industrie nachhaltiger zu machen. Für die Bioökonomie sind diese Biofabriken daher von entscheidender Bedeutung. Derzeit wird aber nur ein Bruchteil jener Möglichkeiten genutzt, die solche Organismen und deren Stoffwechselleistungen tatsächlich bieten. Auf Grund ihrer Bedeutung für die industrielle Bioökonomie hat das Bundesforschungsministerium im Rahmen der "Nationalen Forschungsstrategie BioÖkonomie 2030" ein neues Förderpaket geschnürt, um das Potenzial der Biofabriken voll auszuschöpfen und deren Einsatzmöglichkeiten auszudehnen.

Neuartige Plattformorganismen für die Bioökonomie

Im Rahmen der BMBF-Fördermaßnahme „Mikrobielle Biofabriken für die industrielle Bioökonomie - Neuartige Plattformorganismen für innovative Produkte und nachhaltige Bioprozesse"  sollen neue, robuste und vielseitig anwendbare Mikroorganismen für die industrielle Biotechnologie identifiziert und zu Plattformorganismen weiterentwickelt werden. Ziel ist es, auf diese Weise die Produktion neuer, biobasierter Produkte voranzutreiben, neuartige Substrate nutzbar zu machen oder auch existierende Bioprozesse noch effizienter und nachhaltiger zu gestalten.

Breites Anwendungsspektrum fokussieren

Gefördert werden beispielsweise Projekte zur Entwicklung von Hochdurchsatz-Screening-Methoden, innovative Verfahrens- und Kultivierungskonzept sowie Ansätze zur Identifizierung, Charakterisierung und genetischen Optimierung der Mikroorganismen für die industrielle Nutzung. Idealerweise adressieren die Projekte ein breites Anwendungsspektrum der neuen Organismen und Technologien oder versuchen, Probleme bestehende biotechnologischer Prozesse zu lösen. Die Vorhaben können sowohl grundlagennah als auch anwendungsorientiert sein, müssen aber das Potenzial für eine industrielle Anwendung haben.

Einsendeschluss für Projektskizzen August 2018

Antragsberechtigt sind Hochschulen aber auch außerhochschulische Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Ihnen wird eine Unterstützung bis zu 100% gewährt. Unternehmen und wirtschaftlich tätige Forschungseinrichtungen können eine Förderung von bis zu 50% erhalten. Einzel- sowie Verbundvorhaben können ihre Förderanträge bis 20. August 2018 über das Portal easy-Online des BMBF einreichen. Mit der Ausführung des Fördervorhabens wurde der Projektträger Jülich beauftragt. 

bb

Mit seinen Seen, Wäldern, Wiesen, Feldern und dem Meer vor der Tür hat es Mecklenburg-Vorpommern auf die Liste der beliebtesten Urlaubsorte der Deutschen geschafft. Wirtschaftlich gilt die Gegend im Norden allerdings als strukturschwach. Was für Urlauber und Touristen reizvoll ist, soll der Region nun auch wirtschaftlich einen Innovationschub verschaffen. Dafür will das Projekt „Plant3“ sorgen, das Anfang Mai gestartet ist.

Strukturschwache Regionen fördern

Plant3 ist eines von 32 ausgewählten Projekten aus dem Programm „WIR! – Wandel durch Innovation in der Region“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), die 2017 aufgelegt wurden. Das Ziel: Innovationen in strukturschwachen Regionen wie etwa im nordöstlichen Mecklenburg-Vorpommern steigern. An dem Projekt sind die Universität Greifswald, die WITENO GmbH, die Wirtschaftsfördergesellschaft Vorpommern mbH und die Enzymicals AG beteiligt. Weitere Partner aus Wirtschaft, Forschung und Verbänden sollen eingebunden werden. 

Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen veredeln

Das Plant3-Team ist überzeugt, dass Vorpommern mit seiner dünnen Besiedlung, seiner landwirtschaftlichen Prägung sowie kleinteiligen Wirtschaftsstruktur für die Bioökonomie beste Voraussetzungen liefert. Die Projektpartner setzen dabei auf den reichen Fundus an pflanzlichen Ressourcen, die Land, Moore und Meer zu bieten haben. Nachwachsende Rohstoffe wie etwa Ackerfrüchte, Schilf oder Algen sollen dafür zu neuen hochwertigen Produkten veredelt werden, um den Strukturwandel in der Region zu fördern. Hans Joosten, Leiter der Arbeitsgruppe Moorkunde und Paläoökologie der Universität Greifswald ist überzeugt: „Was das Öl für Riad war, wird die Fläche für Mecklenburg-Vorpommern“.

Vorreiterrolle für biobasierte Kreislaufwirtschaft

Mithilfe der Vielfalt an pflanzlichen Ressourcen will Vorpommern eine Vorreiterrolle bei der biobasierten Kreislaufwirtschaft einnehmen. Die Vision der Projektpartner: 2030 sollen Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen gesamtwirtschaftlich nachweisbar zur regionalen Wertschöpfung in Vorpommern beitragen. Die Bandbreite der biobasierten Produkte reicht von hochwertigen Lebensmitteln über Arzneimittel und Kosmetik bis hin zu Spezialchemikalien oder Bau- und Werkstoffen.

Für die Ausarbeitung der regionalen Innovationskonzepte wird Plant3 bis Oktober 2018 mit insgesamt 200.000 Euro vom BMBF gefördert. Insgesamt stellt die Bundesregierung im Rahmen von "WIR!" 150 Mio. Euro bis zum Ende der Solidarpakt-II-Förderung 2019 für Projekte zur Entwicklung umfassender regionaler Innovationskonzepte und Bündnisse in Ostdeutschland bereit. Spätestens ab 2020 sollen auch strukturschwache Regionen in Westdeutschland in das neue Förderkonzept einbezogen werden.

bb

Auf rund 15 Jahre wurde 1990 das Humangenomprojekt veranschlagt. Heute dauert es wenige Stunden, ein gesamtes menschliches Genom zu entschlüsseln. Von diesen Fortschritten in der Gentechnik hat auch die Pflanzenzüchtung enorm profitiert – so enorm, dass heute ein neuer Flaschenhals in der Entwicklung besserer Sorten entstanden ist: die Phänotypisierung. Darunter versteht man die Beschreibung der beobachtbaren Eigenschaften einer Pflanze – Wuchsform, Schädlingsresistenzen und vieles mehr in unterschiedlichen Umwelten.

Bislang mühsame Handarbeit

„Von der ersten Untersuchung bis zur Marktreife braucht eine Sorte acht bis zehn Jahre“, schildert Anne-Katrin Mahlein, Privatdozentin am Institut für Zuckerrübenforschung in Göttingen. Die genetische Vorauswahl geeigneter Kandidaten erfolgt dabei effizient durch die Hochdurchsatzgenotypisierung. Doch dann müssen sich die Kandidaten im Gewächshaus oder in Feldversuchen bewähren. Die Pflanzen anbauen, ihre Merkmale erfassen und bewerten – das kostet Zeit.

Hier setzte 2009 das Kompetenz-Netzwerk CROP.SENSe.net an, ein Verbund aus privatwirtschaftlicher und öffentlicher Forschung. „Wir wollten den Prozess der Phänotypisierung effektiver gestalten“, erläutert Mahlein, die damals noch an der Universität Bonn forschte. Wo bislang unterschiedliche Mitarbeiter der Züchtungsunternehmen mit unterschiedlicher Wahrnehmung und wechselnder Tagesform die Pflanzen untersuchen, soll die Digitalisierung Einzug halten: „Eine Automatisierung durch digitale Sensortechniken und intelligente Algorithmen ist schneller, genauer und objektiver“, fasst die Agrarwissenschaftlerin die erhofften Vorteile zusammen.

Infektionen ändern das Reflexionsmuster

Erste Erfahrungen mit dieser Herangehensweise hatte Mahlein mit ihren Kollegen an der Universität Bonn in einem Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft bereits für Zuckerrüben gesammelt. Jetzt wollten die Forscher in ihrem dreijährigen Teilprojekt wissen, ob sich mit diesem Ansatz auch an Gerste bestimmte Krankheiten früh und sicher erkennen lassen, konkret die Netzfleckenkrankheit, Echter Mehltau und Zwergrost. Der Gedanke dahinter: Zwischen dem pathogenen – meist pilzlichen – Erreger und der Pflanze besteht eine Interaktion. Bestimmte Stoffe der Pflanzenzellen werden bei einer Infektion schneller verbraucht, andere entstehen, die sonst nicht oder nur weniger vorhanden wären. Auch die Strukturen der Zellen verändern sich und pilzliches Material reichert sich an. All das verändert das Reflexionsmuster der Blätter – möglicherweise so charakteristisch, dass sich über das Muster eine Infektion erkennen und zuordnen lässt.

Zunächst infizierten die Forscher unter kontrollierten Laborbedingungen Gerste mit dem jeweiligen Erreger. Dann erfassten sie über den Verlauf der Infektion die Änderungen des Reflexionsmusters. Als Detektor nutzten die Forscher hyperspektrale Sensoren, die neben dem sichtbaren Licht auch nahes Infrarot und kurzwelliges Infrarot aufnahmen. „Dabei entstehen riesige Datenmengen, bis zu drei Gigabyte je Bild“, beschreibt Mahlein eine der größten Herausforderungen: „Die Prozessierung musste sehr effizient gestaltet werden.“

Vor zwei Jahren hatte der Chemiekonzern Bayer ankündigte, den US-Saatgutriesen Monsanto kaufen zu wollen. Die Übernahmepläne waren von Beginn an umstritten, da das Leverkusener Unternehmen mit dem Deal zum weltgrößten Agrarchemiekonzern aufsteigen würde. Mit 62,5 Mrd. Dollar wäre der Zukauf von Monsanto auch die größte Übernahme, die ein deutscher Konzern je getätigt hat. Nun hat Bayer die entscheidende Hürde auf dem Weg zur Fusion genommen: „Mit der Freigabe des Department of Justice stehen wir jetzt kurz vor dem Ziel, ein führendes Unternehmen der Agrarwirtschaft zu schaffen“, erklärte Bayer-Vorstand Werner Baumann. „Wir wollen Landwirten in aller Welt helfen, mehr und bessere Nahrungsmittel nachhaltiger zu produzieren.“

Fusion für Sommer 2018 erwartet

Am 29. Mai gab das US-Justizministerium (Department of Justice – DOJ) grünes Licht für den Mega-Deal. Die Wettbewerbshüter knüpften die lang erwartete Zustimmung allerdings an strenge Auflagen. So kann die Übernahme erst erfolgen, wenn Bayer bestimmte Geschäftsteile, die Monsanto ähneln,  an den Konkurrenten BASF abgegeben hat. In diesem Zusammenhang wollen die Leverkusener große Teile des Saatgutgeschäfts mit Feldkulturen wie Soja, Baumwolle und Raps sowie bestimmte Herbizide aus dem Geschäftsbereich Pflanzenschutz an den Konkurrenten verkaufen. Dieses Geschäft soll Bayer unterm Strich etwa 5,9 Mrd. Euro einbringen. Wie der Bayer-Konzern in einer Pressemitteilung verkündet, soll das BASF-Geschäft in etwa zwei Monaten abgeschlossen sein.

Verkauf an BASF von EU anerkannt

Mit der Zustimmung der amerikanischen Wettbewerbshüter hat Bayer die größte Hürde zur Fusion genommen. Mittlerweile liegen dem Unternehmen fast alle notwendigen Freigaben vor, darunter auch von Ländern wie Brasilien, Russland und China und der EU-Kommission. Auch die europäische Behörde hatte ihre Zustimmung im März an Auflagen gebunden. Die Vorgaben entsprechen denen der US-Justizbehörde. Die EU-Kommission hatte damals BASF als geeigneten Käufer für die zu veräußernden Geschäftsteile von Bayer anerkannt. Die Zusage wurde an den Verkauf des Saatgutgeschäfts von Bayer inklusive der damit verbundenen Forschung und Entwicklung geknüpft. Der Chemiekonzern rechnet damit, in Kürze auch die noch ausstehenden Genehmigungen für den Deal von Ländern wie Mexiko und Kanada zu erhalten.

bb

Two years ago Bayer, mostly known as a chemical and pharmaceutical company, announced their plans to take over the US-based agriculture specialist Monsanto. The future merger caused quite the stir from the get-go, as the resulting super agro-chemical company would be the largest worldwide. With a price tag of US$62.5 billion, the takeover would also be the largest one ever to be realized by a German company. Now, the last obstacle on the way to the merger has been removed: “Receipt of the DOJ’s approval brings us close to our goal of creating a leading company in agriculture,” said Bayer CEO Werner Baumann. “We want to help farmers across the world grow more nutritious food in a more sustainable way.”

Merger finalized in two months

On May 29, the Antitrust Division of the United States Department of Justice (DOJ) gave their conditional approval for the proposed acquisition of Monsanto. These conditions include the divestments of certain parts of its business, which are similar to Monsanto, to its competitor BASF. The Leverkusen-based Bayer company aims to sell large parts of its seed business with crops such as soy, cotton and oilseed rape as well as certain herbicides from the crop protection business to its competitors. This transaction is expected to earn Bayer around €5.9 billion and is to be completed in approximately two months.

International approval of transaction

Bayer has now obtained almost all necessary clearances conditional for closing the merger with Monsanto, including from countries such as Brazil, Russia, China, and the EU Commission. The company expects to receive any outstanding approvals required for completing the transaction very shortly.

Once all approvals are collected and divestments are accomplished, Bayer will become the sole shareholder of Monsanto Company and will integrate the former Monsanto products into their own portfolio.

jmr

Die Nachricht hat im Oktober letzten Jahres hohe Wellen geschlagen: Laut einer Studie der Universität Krefeld sind in den letzten 30 Jahren an manchen Orten in Deutschland bis zu 75% der Insekten verschwunden. Der Grund für ihr Verschwinden ist noch nicht endgültig geklärt. Vermutlich spielt jedoch die intensive Landwirtschaft und der Gebrauch von Pestiziden wie den Neonicotinoiden, die Bienen stark zusetzen, ein große Rolle.  

Bürger schicken Insektendaten an NABU

Die Messungen der Krefelder Studie waren jedoch sehr lokal begrenzt. Um ein flächen-deckenderes Bild des Zustandes der Insektenpopulationen in Deutschland zu erhalten, hat der Naturschutzbund Deutschland (NABU) den "Insektensommer" ausgerufen. Seit dem 01. Juni können Interessierte Bürger die Insekten in ihrer Umgebung bestimmen, zählen und diese Daten per App an den NABU senden.

Zwei Beobachtungszeiträume für alle Insekten

Das Citizen Science Projekt wird von NABU-Projektleiterin Daniela Franzisi koordiniert. Die Daten werden jedoch komplett von Freiwilligen gesammelt. An einem zuvor festgelegten Ort im Umkreis von etwa zehn Metern sollen die Helfer innerhalb einer Stunde alle Insekten registrieren, die sie fotografieren können. Diese Daten werden dann elektronisch über ein Onlineformular auf der Homepage des NABU oder mit Hilfe einer zu diesem Zweck programmierten App gesammelt. Die Messungen können auch an beliebig vielen Orten stattfinden. Die jeweiligen Messungen müssen allerdings seperat abgeben werden. Gezählt werden darf und soll alles - nicht nur ausgewachsene Insekten, sondern auch Larven oder Puppen. Für die Insektenmeldungen gibt es zwei Beobachtungszeiträume: vom 1. bis 10. Juni und vom 3. bis 12. August.

App hilft bei Insektenbestimmung

Viele Insekten sind auf den ersten Blick nicht eindeutig zu bestimmen. Hier hilft die extra entwickelte App des NABU weiter. Sie enthält eine automatisierte Insektenbestimmung, mit der die Tiere zugeordnet werden können. Zwar umfasst die App bisher nur 120 der etwa 33.000 in Deutschland vorkommenden Insektenarten. Allerdings entfallen laut NABU mehr als die Hälfte aller Sichtungen auf nur 100 Arten. Die App kann daher ein Großteil der zu erwartenden Beobachtungen abdecken. Basierend auf den gesammelten Daten aus diesem Jahr soll die Datenbank in Zukunft erweitert werden, so dass im nächsten "Insektensommer" noch mehr Arten eindeutig bestimmt werden können.

jmr

In Städten mangelt es oft an Grünflächen. Die Erschließung neuer Wohn- oder Industriegebiete sowie die Eingemeindung des grünen Umlands setzt die biologische Artenvielfalt immer mehr unter Druck. Mit entsprechenden Konzepten versuchen Umweltschützer und Gemeinden gegenzusteuern und der Natur in Innenstädten wieder mehr Raum zu geben und die Biodiversität zu beleben. Doch wie werden diese Veränderungen von den Stadtbewohnern angenommen? Werden die Unterschiede in der Artenvielfalt überhaupt bemerkt und vor allem: Wie stehen Städter zur Artenvielfalt?

Städter bewerten biologische Artenvielfalt

Antworten auf solche Fragen liefert erstmals eine europäische Vergleichstudie, die in der Fachzeitschrift „Global Environmental Change“ erschienen ist. Im Rahmen des EU-geförderten Forschungsprojekts „Green Surge“  hatte ein internationales Forscherteam um Ingo Kowarik und Leonie Fischer vom Institut für Ökologie der TU Berlin die Bewertung der Artenvielfalt in städtischen Lebensräumen untersucht. Darin kombinierten die Forscher Methoden aus Ökologie und Psychologie und befragten dazu etwa 4.000 Menschen in fünf europäischen Städten, darunter auch Berlin.

Gestaltung von Parks und Straßen im Visier

Im Kern ging es darum, wie Stadtbewohner spezielle Ausschnitte aus ihrem städtischen Umfeld bewerten, die unterschiedliche Niveaus von Artenvielfalt zeigen. Dazu gehörten neben Parks auch Stadtbäume und insbesondere die Gestaltung des Fußbetts am unteren Ende des Baumstammes. Vielerorts wird die sogenannte Baumscheibe von Anwohnern bereits zur Begrünung genutzt. Entlang der Straße werden diese Flächen jedoch meist mit Abdeckplatten und Gittern geschützt, während in Fußgängerzonen Baumscheiben sowohl als Baumschutz und als Sitzgelegenheit dienen können.

Zuspruch für höchste Artenvielfalt

Die Umfrage in den fünf Europäischen Städten ergab: Bei Stadtbewohnern fand jeweils die höchste Artenvielfalt die größte Zustimmung. „Bei Unterschieden im Detail zeigt unsere Untersuchung, dass die Unterstützung für hohe Artenvielfalt quer durch alle soziokulturellen Gruppen verläuft“, sagt Leonie Fischer. Die Zustimmung betraf die Artenvielfalt in Parks ebenso wie entlang von Wegen und Straßen als auch auf Brachflächen.

Wildpflanzen bevorzugt

Ein Detail, das für Stadtgärtner besonders interessant sein dürfte: Karge Baumscheiben ohne jeglichem Grün wurden eindeutig negativ bewertet. Wildpflanzen, egal welche, selbst auf Brachflächen, wurden stattdessen von den Städtern als durchweg positiv empfunden. „Die Forschungsergebnisse bedeuten Ermutigung und starken gesellschaftlichen Rückenwind für die Förderung von biologischer Vielfalt innerhalb von Städten – gleichermaßen für die Natur wie für die Menschen in der Stadt“, schlussfolgert Ingo Kowarik.

bb