Etwa zwölf Millionen Tonnen Lebensmittel werden jedes Jahr in Deutschland weggeworfen. Doch das, was gewöhnlich im Abfall oder Biokompost landet, enthält wertvolle organische Reststoffe. Biotechnologe Daniel Pleißner hat das Potenzial erkannt. Gemeinsam mit Partnern entwickelte der Lüneburger Experte eine flexible Bioraffinerie, die Lebensmittelabfälle direkt vor Ort in hochwertige Rohstoffe umwandeln kann. Herzstück der Waste-to-Resource-Unit-Anlage ist ein Bioreaktor, der die aus den Reststoffen gewonnenen Nährstoffe nutzt, um Mikroalgen zu kultivieren, die wiederum für neue gesunde Lebensmittel verwendet werden können. Aufgrund ihrer Container-Bauweise kann die Bio-Raffinerie modular zusammengesetzt werden und ist somit flexibel einsetzbar und gleichzeitig mobil. Die Waste-to-Resource-Unit-Anlage gehörte zu den Finalisten des 9. Deutschen Nachhaltigkeitspreises Forschung, der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ausgelobt wurde.
Aktuelle Veranstaltungen
Mit Blick auf die Agenda 2030 der Vereinten Nationen hatte die Bundesregierung im Jahr 2017 die Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie neu ausgerichtet und konkrete Maßnahmen für eine nachhaltige Entwicklung in den verschiedensten Bereichen der Gesellschaft formuliert. Nun hat die Bundesregierung eine Weiterentwicklung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie beschlossen und veröffentlicht. Sie greift die 2019 ausgerufene „Dekade für die Umsetzung der Agenda 2030“ auf und berücksichtigt ebenso relevante politische Maßnahmen in Reaktion auf die Corona-Krise. Mit der Nachhaltigkeitsstrategie zeigt die Bundesregierung auf, wie sie die hiesige Nachhaltigkeitspolitik forcieren will, um die 17 globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals - SDGs) bis 2030 zu erreichen.
Gute Ideen und Innovationen gefragt
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) stärkt darin die Rolle von Bildung, Wissenschaft und Innovation als zentrale Hebel für die Zielerreichung. „Die Covid-19-Pandemie führt uns vor Augen, wie dringend der Wandel zu mehr Nachhaltigkeit ist, um unsere Gesellschaft und Wirtschaft widerstandsfähiger gegenüber globalen Krisen zu machen", sagte Bundesforschungsministerin Anja Karliczek. "Wir wollen deshalb in den kommenden zehn Jahren faktenbasiert, mit guten Ideen, gemeinsam und entlang unserer europäischen Werte die Weichen für eine nachhaltige Zukunft stellen." Karliczek unterstrich den Stellenwert von Bildung und Forschung für nachhaltige Zukunftsentscheidungen: "Wir brauchen Innovationen, um die Nachhaltigkeitsziele erreichen zu können und damit unsere Lebensqualität, unseren Wohlstand und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu bewahren."
In view of the United Nations' 2030 Agenda, the German government realigned the German Sustainability Strategy in 2017 and formulated concrete measures for sustainable development in various areas of society. Now the German government has published a further development of the German Sustainability Strategy. It takes up the "Decade for the Implementation of the 2030 Agenda" proclaimed in 2019 and also considers relevant political measures in response to the Corona crisis. With this strategy, the German government shows how it intends to push forward its sustainability policy in order to achieve the 17 Sustainable Development Goals (SDGs) by 2030.
Demand for bright ideas and innovations
In the report, the German Federal Ministry of Education and Research (BMBF) strengthens the role of education, science and innovation as key levers for achieving the goals. "The Covid 19 pandemic reminds us how urgent the shift to greater sustainability is in order to make our society and economy more resilient to global crises," said Federal Research Minister Anja Karliczek. "Over the next ten years, we therefore want to set the course for a sustainable future based on facts, with good ideas and along our European values." Karliczek underlined the importance of education and research for sustainable future decisions: "We need innovations to be able to achieve the sustainability goals and thus preserve our quality of life, our prosperity and unity."
Was ist Bioökonomie und welche Technologien und Verfahren sind von zentraler Bedeutung für diese nachhaltige Wirtschaftsform der Zukunft? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt der neuen Broschüre „Die Werkzeuge der Bioökonomie“, die das Informationsportal bioökonomie.de im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) entwickelt und produziert hat. Im Fokus stehen hier nicht die Produkte, sondern eben die Werkzeuge, Verfahren und Technologien, die für ein biobasiertes Wirtschaften heute und in Zukunft wichtig sind. So wird das komplexe und vielseitige Konzept Bioökonomie auf besondere Weise anschaulich.
In Form von reich bebilderten Einführungstexten und 40 Steckbriefen wird die „Werkzeugkiste der Bioökonomie“ präsentiert. Zunächst werden die grundlegenden biologischen, funktionalen Einheiten wie Zellen, Biomoleküle sowie wichtige Methoden der molekularen Biotechnologie vorgestellt, die in der Bioökonomie bei der Produktion zur Anwendung kommen. In den folgenden Kapiteln werden wichtige Werkzeuge der Pflanzenzüchtung (Züchten und archivieren) und der Bioanalytik (Messen und analysieren) beschrieben. Das Kapitel Daten sammeln und nutzen beleuchtet wichtige Technologien und Methoden für die Datenanalyse von für die Bioökonomie wichtigen Informationen. Das Kapitel Verarbeiten und produzieren geht auf Produktionsverfahren der industriellen Biotechnologie ein. Um die Bioproduktion der Zukunft in einer kreislauforientierten und digitalisierten Welt geht es im Kapitel Kreisläufe und vernetzte Welten.
Im Oktober 2020 erfolgte der Spatenstich für eine der größten Investitionen im Chemiepark Leuna im vergangenen Jahrzehnt: Der finnische Konzern UPM hat mit dem Bau einer Bioraffinerie begonnen, deren Investitionsvolumen bei rund 550 Mio. Euro liegt. Insgesamt werden Unternehmen zwischen 2014 und 2023 etwa 2,2 Mrd. Euro in den Standort investiert haben, kündigte unlängst die Standortgesellschaft InfraLeuna GmbH an. Ein erheblicher Teil davon betrifft bioökonomische Prozesse.
Bioraffinerie ab 2022
Allein in der neue Bioraffinerie sollen 220 Arbeitsplätze entstehen, wenn sie 2022 in Betrieb geht. Aus Buchenholz und Sägewerksabfällen aus der Region sollen jährlich bis zu 220.000 Tonnen Biochemikalien erzeugt werden, unter anderem für die Kunststoffherstellung. Als Holzlager dient das einstige Kohlenlager des 1995 stillgelegten Kohlekraftwerks – ein gutes Beispiel der wirtschaftlichen Transformation. Zugleich sollen bewirtschaftete Nadelwälder in der Region zu ökologisch wertvolleren Mischwäldern umgebaut werden.
Grüner Wasserstoff ab 2022
Eine weitere große Investition in den Chemiepark stammt von der Linde AG. Für rund 60 Mio. Euro baut das Unternehmen eine Anlage zur Herstellung von grünem Wasserstoff. Die schrittweise Inbetriebnahme ist ab Sommer 2022 geplant. Die Anlage soll mittels Elektrolyse aus Wasser und Sauerstoff jährlich 3.200 Tonnen Wasserstoff erzeugen, der nötige Strom dafür stammt komplett aus regenerativen Quellen. Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt möchte das Bundesland zu einer Modellregion für die Wasserstoffwirtschaft entwickeln.
Mehr Forschung gewünscht
Christof Günther, Geschäftsführer von InfraLeuna, freut sich über die Großinvestitionen und die gute Entwicklung des Chemiestandorts. Er bedauert aber zugleich: „Es fehlt noch an Forschung.“ Viele internationale Unternehmen hätten inzwischen in Leuna Produktionsanlagen errichtet, die Forschung aber weiterhin an ihren Hauptsitzen konzentriert. Bezüglich Bioraffinerie und grüner Wasserstoff sieht das etwas besser aus, da öffentliche Forschungseinrichtungen für die Firmen reizvolle Partner sind. So betreibt das Fraunhofer CBP in Leuna eine Lignocellulose-Bioraffinerie als Pilotanlage. Der Bau wurde vom Bundesforschungsministerium gefördert. Auch im Bereich Wasserstoff sind die Fraunhofer-Forschenden aktiv.
Im Chemiepark Leuna beschäftigen heute rund 100 Unternehmen etwa 10.000 Mitarbeitende.
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Viele biotechnologische Prozesse setzen auf die Begasung mit Blasen, um Nährmedien wie Mikroorganismen oder Zellen bei der Kultivierung oder Fermentation mit Sauerstoff zu versorgen. Dabei bilden sich jedoch große Mengen Schaum, die den Prozess stören und Ergebnisse verfälschen können. BioThrust hat dafür eine Lösung gefunden. Das Spin-off der RWTH Aachen hat eine Membrantechnologie zur blasenfreien Begasung von Bioreaktoren entwickelt. Für diese Innovation wurde das Entwicklerduo Patrick Bongartz und Moritz Meyer vom Lehrstuhl für Chemische Verfahrenstechnik nun mit dem Innovation Award 2020 der RWTH ausgezeichnet.
Innovation für nachhaltige biotechnologische Produktionsprozesse
Der RWTH Innovation Award wird seit 2014 an jeweils drei besonders innovative und technologiegetriebene Hochschulprojekte verliehen. Der Preis soll den Innovations- und Gründungsgedanken hochschulweit verankern, um herausragende Ideen aus der Forschung zu unterstützen und schneller auf den Markt bringen zu können. Die von BioThrust entwickelte blasenfreie Begasungslösung für Bioreaktoren ermögliche eine nachhaltige Produktion im Bereich Biotechnologie, begründete die Jury die Wahl.
Membran verhindert Blasenbildung
Die Innovation beruht im Wesentlichen auf zwei Säulen: Zum einen wurden Rührer etabliert, die gleichzeitig Gasblasen in den Reaktor einbringen. Ihre hohe Porosität führt zu einer besseren Gasversorgung als in anderen Systemen üblich. Zum anderen wurde ein Membranmodul entwickelt, das direkt im Bioreaktor diffusiv Gas einträgt und so gleichzeitig die Umwälzung der Flüssigkeit vornimmt, sodass auch empfindliche Biosysteme wie Zellkulturen ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden können. Die neuen Module und Rührer stellen die Membran für den Gaseintrag optimal ein und ermöglichen damit einen effektiven Begasungsprozess ohne Schaumbildung.
Prozess für schaumfreie Produktion von Biotensiden etabliert
Gemeinsam mit weiteren Partnern der Aachener Hochschule konnte dieser Produktionsprozess bereits für die schaumfreie Herstellung von Biotensiden auf mikrobieller Basis etabliert werden. „Diese Technologie eröffnet eine ganz neue ökologische wie auch ökonomische Perspektive für die nachhaltige Produktion von Biotensiden und Biopharmazeutika“, erklärt Patrick Bongartz.
BioThrust konnte bereits einen Prototypen realisieren und den Scale-up in größere Fermenter vorbereiten. Als nächstes sollen das Design der Anlage mit Partnern aus der Industrie angepasst und die Ausgründung vorangetrieben werden.
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Der Chemiekonzern BASF setzt auf die Synthetische Biologie für die industrielle Produktion und investiert über seine unternehmenseigene Wagniskapital-Gesellschaft BASF Venture Capital GmbH in das chinesische Start-up Bota Biosciences Ltd. (Bota Bio). Über die Höhe des Investments wurde nichts bekannt. Das 2019 gegründete Unternehmen aus Hangzhou setzt auf eine Plattform, die IT, Biotechnologie und Automatisierung vereint. Mithilfe der Technologie können Mikroorganismen zur Herstellung verschiedenster Produkte schnell identifiziert, charakterisiert, und umprogrammiert werden. So entstehen neue industrielle Produktionsstämme. Zudem besitzt Bota Bio Know-how in der Bioprozessentwicklung und in der Skalierung industrieller Fermentationsprozesse.
Effiziente Biotech-Produktion
Das chinesische Start-up hat auch einen Standort in Kalifornien. Zu den Produkten in der Pipeline zählen Süßungsmittel, Vitamine, Körperpflege-Produkte und Produkte für den Pflanzenschutz. Im Rahmen der Zusammenarbeit wollen BASF und Bota Bio Synergien in der industriellen Biotechnologie ausloten. Die industrielle Biotechnologie oder "weiße Biotechnologie" nutzt lebende Zellen und Enzyme zur effizienten Entwicklung und Herstellung von Produkten. Außerdem kann sie mit geringem Aufwand Zellen, Enzyme sowie Prozesse verbessern und hat daher die Flexibilität, Kapazitäten und Mengen an die Marktanforderungen anzupassen.
„Bota Bios hoch innovative Plattform ermöglicht es, Produktentwicklungen zu beschleunigen, und trägt zur nachhaltigen und wirtschaftlichen Produktion bei. Sie hat das Potenzial, Fortschritte für die Zukunft der chemischen Industrie zu gestalten“, so Markus Solibieda, Geschäftsführer von BASF Venture Capital .
Mit Innovationen zu mehr Nachhaltigkeit
Mit dem Investment in das chinesische Start-up will der Ludwigshafener Chemiekonzern ein Zeichen für Nachhaltigkeit setzen und damit zugleich das „Innovationspotenzial in den asiatischen Märkten stärken“. Bota Bio erhofft sich von der Kooperation, seine Produktionskapazitäten erweitern zu können. „Mit BASF haben wir einen starken industriellen Partner an unserer Seite, dessen Stärken unsere eigenen optimal ergänzen. Wir freuen uns über die Unterstützung bei der Hochskalierung unserer Prozesse und bei der Markteinführung neuer Produkte“, so Cheryl Cui, Geschäftsführerin bei Bota Bio.
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The chemical company BASF is counting on synthetic biology for industrial production and is investing in the Chinese start-up Bota Biosciences Ltd. (Bota Bio) through its in-house venture capital company BASF Venture Capital GmbH. The amount of the investment was not disclosed. Founded in 2019, the Hangzhou-based company relies on a platform that combines IT, biotechnology and automation. With the help of the technology, microorganisms for the production of various products can be quickly identified, characterised and reprogrammed. This is how new industrial production strains are created. In addition, Bota Bio has expertise in bioprocess development and in scaling up industrial fermentation processes.
Efficient biotech production
The Chinese start-up also has a site in California. Products in the pipeline include sweeteners, vitamins, personal care products and crop protection products. As part of the collaboration, BASF and Bota Bio want to explore synergies in industrial biotechnology. Industrial biotechnology or "white biotechnology" uses living cells and enzymes to efficiently develop and manufacture products. It can also improve cells, enzymes as well as processes with little effort and therefore has the flexibility to adapt capacities and quantities to market requirements.
"Bota Bio's highly innovative platform enables product developments to be accelerated and contributes to sustainable and economical production. It has the potential to shape advances for the future of the chemical industry," said Markus Solibieda, Managing Director of BASF Venture Capital.
Innovations for greater sustainability
With its investment in the Chinese start-up, the Ludwigshafen-based chemical company wants to set an example for sustainability and at the same time "strengthen the innovation potential in the Asian markets. Bota Bio hopes the cooperation will enable it to expand its production capacities. "With BASF, we have a strong industrial partner at our side whose strengths optimally complement our own. We are pleased to have BASF's support in scaling up our processes and bringing new products to market," said Cheryl Cui, Managing Director at Bota Bio.
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Zwölf Jahre nach der Gründung hat BIO.NRW einen neuen Fokus geschaffen: Mit BIO.NRW.eco konzentriert sich das Netzwerk stärker auf die Bioökonomie. „Wir wollen die Bioökonomie in der Region noch stärker sichtbar machen und damit zur Entwicklung der Modellregion Bioökonomie beitragen“, begründet Jasmin Schubert aus der Geschäftsstelle von BIO.NRW die Entwicklung. Mit der zweitägigen Onlinekonferenz „Driving Change“ fand nur die erste Veranstaltung in diesem neuen Schwerpunkt statt.
Rolle der Biotechnologie in der Bioökonomie
„Bioökonomie ist mehr als Biotechnologie und umgekehrt. Aber wir haben auch starke Überlappungen. Und darauf wollen wir stärker aufmerksam machen“, umschreibt Schubert die Ziele, die sich auch als Inhalte der Konferenz wiederfinden. „Wir wollen schauen: Wo kann man biotechnologische Prozesse in der Bioökonomie anwenden? Wo hilft die Biotechnologie der Bioökonomie und wo geht die Biotechnologie weiter als die Bioökonomie?“
Mit mehr als 200 Personen aus 50 Ländern unterstrich die Konferenz ihren internationalen Anspruch. Die Bedeutung der industriellen Biotechnologie für den Wandel zu einer „grünen“ Wirtschaft und für die globale Wettbewerbsfähigkeit beschrieb Claire Skentelbery von EuropaBio: „Das sind zwei der drei Säulen der Industriestrategie der EU.“ Schon heute trage die industrielle Biotechnologie 38,5 Mrd. Euro direkt zum Bruttoinlandsprodukt der EU bei und schaffe direkt und indirekt 900.000 Arbeitsplätze. Skentelbery betonte, dass es auch als EU wichtig sei, global zu agieren: „Wenn wir einfach nur Produkte konsumieren, können wir nicht beeinflussen, wie diese hergestellt werden.“
Peptide und Elektrosynthesen als Beispiele
Innovative Produkte und Prozesse stellten Christian Schwarz von Numaferm, Siegfried Waldvogel von ESy-Labs und Frank Kensy von b.fab vor. Schwarz erläuterte die Bedeutung von Peptiden als Rohstoff für bessere und gesündere Produkte. Numaferm produziere inzwischen 200 unterschiedliche Peptide und habe es geschafft, die Kosten und den CO2-Fußabdruck gegenüber herkömmlichen chemischen Produktionswegen um mehr als 90% zu verringern. Zugleich sei der Rohstoffbedarf um mehr als den Faktor zehn gesunken und der Prozess erfordere keine toxischen Chemikalien. Die Entwicklungsdauer sei dabei vergleichbar mit der chemischer Prozesse.
Waldvogel stellte die Elektrosynthese vor, mit der synthetische Kraftstoffe, Feinchemikalien, aber auch Massenprodukte erzeugt werden können. Eine weitere Anwendung sei das Urban Mining, beispielsweise, um Zink aus Rauchgasrückständen zurückzugewinnen. Auch Kensy hob die Vorteile hervor, aus CO2 und Strom hochpreisige Produkte zu erzeugen. b.fab konzentriere sich dabei neben Biokraftstoffen auf Einzelzellproteine und Polymerbausteine. Im Zentrum des Prozesses stehe Ameisensäure. Dank der synthetischen Biologie sei dem damit möglichen Produktspektrum kaum eine Grenze gesetzt. Langfristig sehe er in Bioraffinerien auf Grundlage von Ameisensäure, die aus CO2, Wasser und Ökostrom erzeugt werde, ein weites Spektrum an Bioprodukten mit „zero impact“.
Was sind die Treiber des Wandels?
Weitere Schwerpunkte des ersten Konferenztages bildete das Potenzial der Informationstechnologie in Verbindung mit der Biotechnologie. Mit der Künstlichen Intelligenz verhalte es sich wie mit dem Internet vor 20 bis 30 Jahren: Es sei heute schlicht unmöglich, das Potenzial vorherzusehen, fand Mesbah Sabur von Circularise in der abschließenden Debatte.
Als Treiber der wirtschaftlichen Transformation befanden die Konferenzteilnehmenden vor alle die Konsumierenden. Deren Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Klimakrise sei nicht zuletzt durch Fridays For Future gestärkt worden und beeinflusse nun die Politik, sagte Frank Kensy. Moderator Michael Carus vom nova Institut wies darauf hin, dass die Konsumierenden jedoch vor dem Problem ständen, oft nicht die nötigen Informationen für die beste nachhaltige Entscheidung zu haben, und dass viele schlicht auch nicht bereit oder in der Lage seien, für diese Produkte mehr zu bezahlen.
20 Jahre in der Zukunft
Dass biotechnologische Prozesse innerhalb der nächsten 20 Jahre einen großen Teil der chemischen Prozesse ergänzen oder ersetzen werden, darin waren sich die meisten bei der Konferenz einig. „Schon heute haben viele Unternehmen Roadmaps für zirkuläre Prozesse“, berichtete Agnes Borg von EuropaBio. Hinzu kämen die Effekte der Paris-Vereinbarung und der Green Deal der EU. Entsprechend berichtete John Fox von Covestro: „Wir sehen praktisch wöchentlich neue biobasierte Materialien, Prozesse und Technologien.“ Und Sabur fand noch ein weiteres Argument für den Vormarsch biobasierter Prozesse: „Angesichts erwartbarer gesetzlicher Regulationen und der Möglichkeit, höhere Preise zu verlangen, liegt das im Eigeninteresse der Unternehmen.“
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Nicht nur Bier sondern auch Brot ist in Deutschland sehr beliebt. Allerdings gehört Brot leider zu den Lebensmitteln, die nach Obst und Gemüse am häufigsten weggeworfen werden. Laut einer Studie des WWF werden in Deutschland jährlich mehr als ein Drittel aller Backwaren, nämlich 1,7 Mio. Tonnen, weggeworfen. Zur Herstellung dieser Backwaren muss etwa 398.000 Hektar Ackerland bestellt werden und es fallen 2,46 Mio. Tonnen Treibhausgase an.
„Heute back ich, morgen brau ich …“
Es gibt also einige Gründe, weshalb Brot, Brötchen, Croissants und Kuchen nicht im Abfall landen sollten. Die Gründer des Frankfurter Start-ups Knärzje engagieren sich schon lange gegen Lebensmittelverschwendung. 2018 hatten sie die Idee, altbackenes Brot einzusammeln und daraus Bier zu brauen. Übriggebliebenes Brot von einem Biobäcker, das sonst in der Tonne gelandet wäre, ersetzt ein Drittel des Malzes, das normalerweise für den Brauprozess benötigt wird. Das Brotbier ist das Ergebnis vieler Experimente mit unterschiedlichen Brotsorten und Rezepturen. Der Name für das Bier war übrigens schnell gefunden: „Knärzje“, der Begriff kommt aus dem Hessischen und meint das Endstück eines Brotlaibs – das hier zum Herzstück des Bieres wird.
Marktreife
Das Brotbier gibt es in ausgewählten Läden oder im Onlineshop.
Not only beer but also bread is very popular in Germany. . However, bread is unfortunately one of the foods most often thrown away after fruit and vegetables. According to a study by the WWF, more than a third of all baked goods, namely 1.7 million tonnes, are thrown away in Germany every year. To produce these baked goods, about 398,000 hectares of farmland must be cultivated and 2.46 million tonnes of greenhouse gases are emitted.
„Today I bake, tomorrow brew …“
So there are a few reasons why bread, rolls, croissants and cakes should not end up in the waste. The founders of the Frankfurt-based start-up Knärzje have long been committed to combating food waste. In 2018, they had the idea to collect stale bread and brew beer from it. Leftover bread from a baker that would otherwise have ended up in the bin replaces a third of the malt normally needed for the brewing process. The bread beer is the result of many experiments with different types of bread and recipes. By the way, the name for the beer was quickly found: "Knärzje", the term comes from Hessian and means the end piece of a loaf of bread - which here becomes the heart of the beer.
Market readiness
The bread beer is available in selected shops or in the online shop.
Einkaufstüten aus Plastik verschwinden zunehmend aus den Supermärkten. Ab 2022 sollen sie ganz verschwinden – so hat es der Bundestag im vergangenen Jahr beschlossen. Davon ausgenommen sind jedoch die dünnen Obst- und Gemüsebeutel. Doch die geduldeten Tüten, auch Hemdchenbeutel genannt, sind für viele ein Ärgernis: Sie bestehen aus Erdöl und landen oft in der Natur, wo sie nachhaltig der Umwelt schaden können. Im Rahmen der bayrischen Bioökonomie-Strategie ist Mitte März ein Projekt gestartet, in dem kompostierbare Obst- und Gemüsebeutel aus nachwachsenden Rohstoffen einem Praxistext unterzogen werden.
„Mit dem Bio-Beutel beweisen wir, dass die bayerische Bioökonomie-Strategie kein Papiertiger ist. Die Markteinführung ist die erfolgreiche Umsetzung eines Projekts der Bioökonomiestrategie in die Praxis. Diesem Projekt werden fast fünfzig weitere Maßnahmen folgen. Denn Bioökonomie ist spür- und sichtbarer Klimaschutz“, sagte Staatsminister Hubert Aiwanger anlässlich des Projektstartes am 15. März. Das Projekt wird vom Centralen Agrar-Rohstoff-Marketing- und Energie-Netzwerk (CARMEN) geleitet.
Bio-Beutel für Einkauf und Kompost
Im Vergleich zu herkömmlichen Einweg-Plastikbeuteln besteht die Bio-Tüte aus Maisstärke und Pflanzenölen und ist biologisch abbaubar. In den kommenden sechs Monaten werden die kompostierbaren Beutel in vier Supermärkten in Straubing kostenlos an Kunden beim Kauf von Obst und Gemüse abgegeben. Die Tüte soll jedoch nicht nur als Tragetasche dienen, um die frische Kost sicher nach Hause zu bringen. Sie könnte auch als Frischhalte- und Bioabfallbeutel genutzt werden.
Verbraucherumfrage zur Akzeptanz geplant
„Die Frage ist, ob der Bio-Beutel vom Kunden akzeptiert wird und praxistauglich ist. Wir wollen auch prüfen, ob damit die Zahl der Fehlwürfe von herkömmlichen Plastiktüten in der Biotonne reduziert werden kann und die Anwendung in Kompostieranlagen funktioniert“, erklärt Nico Arbeck vom Kompetenznetzwerk CARMEN auf Nachfrage von bioökonomie.de. Ob die Bio-Beutel beim Kunden ankommen und ob sie tatsächlich auch zur Entsorgung von Bioabfall genutzt werden, soll nach Abschluss der sechsmonatigen Testphase eine Verbraucherumfrage klären.
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Plastic shopping bags are gradually disappearing from supermarkets. From 2022, they are to vanish completely - that was decided by the Bundestag last year. However, the thin fruit and vegetable bags are exempt from this, what upsets many: they are made of petroleum and often end up in nature, where they can cause lasting damage to the environment. Therefore, as part of Bavaria's bioeconomy strategy, a project was launched in mid-March in which compostable fruit and vegetable bags made from renewable raw materials are being subjected to practical testing.
"With the organic bag, we are proving that the Bavarian bioeconomy strategy is not a paper tiger. The market launch shows the successful implementation of a project of the bioeconomy strategy. This project will be followed by almost fifty other measures. Because bioeconomy is tangible and visible climate protection," said Minister of State Hubert Aiwanger at the project launch on March 15. The project is managed by the Central Agricultural Commodity Marketing and Energy Network (CARMEN).
Organic bag for shopping and compost
Unlike conventional disposable plastic bags, the organic bag is made of corn starch and vegetable oils and is biodegradable. Over the next six months, the compostable bags will be distributed free of charge to customers buying fruit and vegetables in four supermarkets in Straubing. However, the bag will not only serve as a carrier bag to bring the fresh food home safely. It could also be used as a fresh-keeping and organic waste bag.
Consumer survey on acceptance planned
"The question is whether the organic bag will be accepted by customers and is practical. We also want to test whether it can be used to reduce the number conventional plastic bags mistakenly thrown into organic waste and whether its use in composting plants works," explains Nico Arbeck from the CARMEN competence network when asked by bioökonomie.de. A consumer survey will be conducted at the end of the six-month test phase to determine whether the bio-bags will be accepted by customers and whether they will actually be used to dispose of organic waste.
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Sie sind wenige Mikrometer groß, aber äußerst wirkungsvoll: Mikrocarrier. Die winzigen Kapseln können mit Substanzen oder Wirkstoffen beladen werden und durch Injektion gezielt Krankheiten bekämpfen. In der Medizin werden solche Wirkstofftransporter bereits genutzt. Nun könnten sie bald auch Pflanzen heilen. Am Max-Planck-Institut für Polymerforschung wird seit Jahren an Mikrokapseln gearbeitet, die mit Pflanzenschutzmitteln beladen Rebstöcke vor der gefährlichen Pilzkrankheit Esca schützen sollen. Nun konnte das Team um Projektleiter Frederik Wurm und Mentorin Katharina Landfester ein EXIST-Gründerstipendium des Bundeswirtschaftsministeriums einwerben, um die Ausgründung der vielversprechenden Technologie und deren Entwicklung bis zur Marktreife voranzutreiben.
Fungizid in Lignin-Kapsel versteckt
Die Pilzerkrankung Esca gehört zu den gefährlichsten Rebholzkrankheiten. Durch den Pilz wird das Holz regelrecht zersetzt, was zum Absterben der Rebstöcke führen kann. Bisher gibt es kein wirksames Mittel gegen den Erreger. Die Münchner Wirkstoffkapsel hat dieses Potenzial, wie jahrelange Feldversuche beweisen. Das Besondere: Der Mikrocarrier schlägt den Pilz mit seinen eigenen Waffen. Die Forschenden haben dafür das Fungizid in einer Kapsel aus Lignin versteckt. Diese wird in Form einer porösen Kugel wie ein Impfstoff der Rebe injiziert, wo sie im Inneren des Rebstockes nun von den Pilzen zersetzt wird. Die winzigen Kapseln werden demnach zu einer Art Trojanischem Pferd, das mit Unterstützung des Pilzes geöffnet wird und so ganz langsam das Fungizid in den Weinstock einschleusen kann.
Start-up-Gründung mit EXIST-Förderung
Auf diese Weise wird der Pilz von innen heraus bekämpft. Durch die langsame Abgabe des Pilzbekämpfungsmittels könnten Weinbauern außerdem Düngemittel einsparten und das auf nachhaltige Weise. Denn auch das Fungizid ist biobasiert und biologisch abbaubar. Es wurde aus Pilzkompost – einem Abfallprodukt der Landwirtschaft – durch chemische Umwandlung gewonnen. Mit der Gründung eines Start-ups will ein Team um Frederik Wurm nun die Markteinführung der vielversprechenden Therapie gegen die gefürchtete Rebholzkrankheit Esca in den nächsten anderthalb Jahren ankurbeln. Rund 800.000 Euro stehen dem Gründerteam durch die EXIST-Förderung dafür zur Verfügung.
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Viele Pflanzen leben in Symbiose mit Mykorrhizapilzen. Diese Lebensgemeinschaft ist nicht nur für die Pflanze, sondern auch für den Pilz vorteilhaft. Über das Feinwurzelsystem im Boden, die sogenannten Hyphen, gelangen wichtige Nährstoffe wie Phosphate und Stickstoff in die Pflanze. Im Gegenzug wird der Symbiose-Pilz von seinem Wirt mit Kohlenhydraten versorgt, die dieser aus der Photosynthese gewinnt. Diese Fähigkeit macht Mykorrhizapilze seit langem zu begehrten Kandidaten für eine nachhaltige Pflanzenproduktion, da sie gleichzeitig zu einer natürlichen Verbesserung der Böden beitragen können.
Im Projekt Mycotom wollten Partner aus Forschung und Industrie den Mykorrhizaeffekt in der hydroponischen Tomatenzucht etablieren. Zum Einsatz kamen die am häufigsten verbreiteten Symbiose-Pilze, die arbuskulären Mykorrhizapilze, kurz AMP. Unter der Leitung der Inoq GmbH – einem Hersteller für Mykorrhizainokulum – entwickelte ein Team um Projektleiterin Imke Hutter gemeinsam mit Forschenden vom Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie (IPB) und dem Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) eine Methode, die es ermöglicht, die beliebteste Gemüsepflanze der Deutschen auch unter hydroponischen Bedingungen im Gewächshaus stabil zu mykorrhizieren. Das Vorhaben wurde im Rahmen der Fördermaßnahme KMU-Innovativ vom Bundesforschungsministerium von Februar 2017 bis Oktober 2020 mit insgesamt 700.000 € gefördert.
Stabile Mykorrhizierung von Tomaten im hydroponischen Anbau
Das Anliegen der Inoq war es, ein Nährstoffverhältnis zu finden, das eine stabile Mykorrhizierung bei Tomatenpflanzen ermöglicht. Dafür musste zunächst ein geeigneter Pilzstamm gefunden werden. Hier konnte das Mycotom-Team zum einem auf die Kultursammlung von Inoq zurückgreifen. Zum anderen vermehrte das IPK im Labor Pilzstämme und übernahm die Analyse der Nährstoffe in den mykorrhizierten Tomatenpflanzen. Das IPB-Team war hingegen auf der Suche nach molekularen Markern für einen einfachen Schnelltest, der anzeigt, ob eine Pflanze mykorrhiziert ist oder nicht.
In einem ersten Schritt suchte das Mycotom-Team in seiner Kultursammlung nach Mykorrhizapilzen, die gut mit kommerziellen Tomatensorten interagieren. Bis zu 15 AMP wurden an vier verschiedenen Tomatensorten getestet. Als geeignet erwies sich schließlich Rhizophagus irregularis. Dieser Mykorrhizapilz ist weitverbreitet und Hutter zufolge ein „Allrounder“, der sich leicht vermehren lässt und daher besonders gut für die Produktion von Mykorrhizainokulum geeignet ist. Bei den Tomatenpflanzen überzeugte schließlich die Sorte Picolino. Hier wurde die beste Symbiose etabliert.
Keine Symbiose ohne Notlage
Tomatenpflanzen im Gewächshaus zu mykorrhizieren, war bisher schwierig. Im Vergleich zum Freilandanbau herrschen hier optimale Produktionsbedingung, was eine Symbiose mit dem Pilz erschwert: „Jeder Produzent ist daran interessiert, dass die Pflanze Höchstleistung bringt. Diese Höchstleistungstomaten werden wie in einem 5-Sterne-Hotel behandelt. Eine Pflanze, die aber so optimal mit Nährstoffen versorgt ist, will nichts abgeben und geht auch keine Symbiose ein“, erläutert Imke Hutter.
Pflanzen gehen also nur eine Bindung ein, wenn Nährstoffe knapp sind – also eine Notsituation besteht. Die Herausforderung im Projekt: Die Tomatenpflanzen mussten erst in solch eine Notlage gebracht werden, damit sie sich auf eine Bindung mit dem Mykorrhizapilz einlassen.