Aktuelle Veranstaltungen

Die Forschenden werden um Auskunft zu F&E-Schwerpunkten, den genutzten Rohstoffen, industriellen Anwendungsbereichen, zur Finanzierung und Mitarbeiteranzahl gebeten. Die letzte Erhebung fand von November 2020 bis Januar 2021 statt. 357 der 823 angefragten Institute an Universitäten, Fachhochschulen sowie außeruniversitären Einrichtungen beteiligten sich an der Erhebung.

Die Zahl der Einrichtungen, die sich mit Bioökonomie-relevanten Themen beschäftigen, ist in den vergangenen vier Jahren deutlich angestiegen (2016: 745 | 2020: 823 Forschungsinstitute, +10,5%).

Auch inhaltlich ist die deutsche Forschungslandschaft in der Bioökonomie breit aufgestellt. Innerhalb der naturwissenschaftlichen Disziplinen erstreckt sie sich von den Agrarwissenschaften bis zur Chemie, von der Biodiversität bis zu den Ernährungswissenschaften, von der Umwelttechnologie bis zur Materialwissenschaft, von den Energietechnologien bis zur Prozess- und Verfahrenstechnik. Hinzukommen Querschnittsfelder wie die Biotechnologie oder die Informations- und Kommunikationstechnologie sowie geisteswissenschaftliche Disziplinen wie die Sozial-, Wirtschafts-, Politik- und Rechtswissenschaften.

Dass die Forschungsthemen sehr anwendungsorientiert sind, zeigt die Frage, für welche Branchen die Forschungs- und Entwicklungsergebnisse hauptsächlich relevant sind. Nur elf der 357 Institute konnten hier keine konkreten Angaben machen. Die überwiegende Mehrheit sieht bereits einen konkreten industriellen Nutzen in ihren Arbeiten.

Der ausführliche Bericht ist hier zu finden: Forschungsumfrage zur Bioökonomie 2021

Wie werden wir uns künftig ernähren? Sind Algen und Quallen eine alternative Nahrungsquelle und reichen herkömmliche Technologien aus, um Nahrungsmittelproduktion und Agrarsystem für die Zukunft fitzumachen und eine gesunde und ausreichende Ernährung für alle zu gewährleisten? Solch elementare Fragen stehen im Fokus des Verbundprojekts Food4Future (f4f), das vom Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) geleitet und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Programms Agrarsysteme der Zukunft mit insgesamt 5,8 Mio. Euro gefördert wird.  

Ernährungskonzepte aus Science-Fiction-Büchern

Bei der Suche nach neuen Forschungsansätzen geht das Projekt auch ungewöhnliche Wege. In Zusammenarbeit mit der Literaturwissenschaftlerin Natalie Moser von der Universität Potsdam wollen die Forschenden erkunden, inwiefern auch Science-Fiction-Romane Inspirationen für innovative Ansätze in der Forschung zur Nahrungsmittel- und Agrarproduktion liefern können. Gemeinsam mit Studierenden der Germanistik will das f4t-Team im Sommersemester 2021 im Rahmen eines literaturwissenschaftlichen Seminares daher jüngere Zukunftsromane auf mögliche Konzepte hinsichtlich der Ernährung und Produktion von Lebensmitteln untersuchen.

Neue Ansätze für Agrifood-Forschung

Dabei geht es um Fragen, wie, wann und wo sich in Science-Fiction-Büchern die Figuren ernähren und welche Speisen und Getränke angesagt sind und in welcher Form – etwa flüssig, als Pillen, Brei oder Infusion. Auch welche Rolle die Handlung der Zukunftsromane auf die Ernährung und Versorgung der Figuren hat, soll hinterfragt werden. Im Ergebnis der Analyse der Zukunftsszenarien hoffen die Forschenden, in den literarischen Ernährungs- und Versorgungsdarstellungen Ansätze für neue und disruptive Forschungsideen für die Agrifood-Branche zu finden.

bb

What kind of food will we eat in the future? Can algae and jellyfish be an alternative food source? Are conventional technologies sufficient to make food production and the agricultural system fit for the future and to ensure a healthy and sufficient diet for all?  Such elementary questions are the focus of the joint project Food4Future (f4f), which is led by the Leibniz Institute of Vegetable and Ornamental Crops (IGZ) and funded by the German Federal Ministry of Education and Research as part of the Agricultural Systems of the Future program with a total of 5.8 million euros.  

Nutrition ideas from science fiction books

In its search for new approaches, the project is also taking unusual paths. In collaboration with the literary scholar Natalie Moser from the University of Potsdam, the researchers want to explore the extent to which science fiction novels can provide inspiration for research on food and agricultural production. Together with students of German Studies, the f4t team wants to examine science fiction novels for possible concepts of food nutrition and production in the summer semester of 2021 as part of a seminar in literary studies.

New approaches for agrifood research

This involves questions about how, when and where the characters in science fiction books eat, and which foods and drinks are popular and in what form they are consumed - for example, liquid, pills, porridge or infusion. The relevance of the plot on the nutrition and supply of the characters will also be examined. The researchers hope to find approaches for new and disruptive research ideas for the agrifood industry in the literary depictions of nutrition and supply.

bb

Die Bioökonomie lebt in vielen Bereichen von pflanzlichen Rohstoffen. Was meist etablierte erdölbasierte Alternativen ersetzt und dadurch klimafreundlich ist, muss jedoch noch lange nicht nachhaltig sein. Agrar- und forstwirtschaftliche Abfälle wie Rinde, Holzreste und Stroh erfüllen als Rohstoffe dieses Ziel weit besser als eigens für die stoffliche oder energetische Nutzung angebaute Pflanzen. Doch selbst hier kann es Schattenseiten geben, die erkannt und gegen den Nutzen abgewogen werden sollten. Das EU-Projekt REHAB hat unter Beteiligung der Universität Augsburg diese Abwägemechanik nun systematisiert.

Stroh nutzen oder Humus verbessern

„Wir haben unter anderem untersucht, wo in der EU derartige Reststoffe in welcher Menge anfallen und welche Konsequenzen ihre Nutzung hätte“, erläutert Lars Wietschel von der Universität Augsburg. Reststoffe wie Stroh oder Holzabfälle hätten zwar den Vorteil, dass sie nicht mit der Nahrungsmittelproduktion konkurrierten. Sie gelten daher als umweltverträgliche Ausgangsstoffe für Biotreibstoffe der zweiten Generation. „Dennoch bringt auch ihre Nutzung Nachteile mit sich“, warnt Wietschel und erläutert das am Beispiel von Stroh: Dass nach der Maisernte die Stoppeln stehen gelassen und später untergepflügt würden, habe einen guten Grund: So halten sie die Nährstoff- und Humusbilanz im Boden aufrecht. Würden Pflanzenreste nicht untergepflügt, sondern für Treibstoffe verwendet, verschlechtere sich mit der Zeit die Bodenqualität und es würde zudem mehr Dünger erforderlich.

Software macht Zusammenhänge sichtbar

Interessant ist daher die Frage, welche Reststoffnutzungen möglichst wenige unerwünschte Nebeneffekte haben. Um das systematisch analysieren zu können, haben die Forschenden die zahlreichen Wechselbeziehungen erfasst und einen Algorithmus entwickelt, der die Zusammenhänge sichtbar macht. So lässt sich schnell erkennen, was mit einem bestimmten Parameter geschieht, wenn man einen anderen optimiert. Das Beispiel Stroh mache beispielsweise deutlich, wie die Optimierung des CO2-Ausstoßes sich auf die Bodenqualität auswirkt. „Die Abwägung der Schadenskategorien gegeneinander kann die Software allerdings nicht übernehmen“, betont Andrea Thorenz von der Universität Augsburg. Auf Basis der Informationen gegebenenfalls Prioritäten zu setzen, bleibe Aufgabe der Politik. Die Software soll letztlich dabei helfen, Abwägungsprozesse auch transparenter zu gestalten.

Wirtschaftlichkeit wäre möglich

Nicht zuletzt hat sich das Projekt mit ökonomischen Fragestellungen befasst. Bislang sind die nachhaltigen Alternativen gegenüber den petrochemischen etablierten Lösungen oft teurer. Würden externalisierte Kosten wie die CO2-Emissionen jedoch bepreist – beispielsweise durch eine angemessene CO2-Steuer – oder nachhaltige Lösungen steuerlich begünstigt, wären bioökonomische Alternativen auf Basis von Reststoffen schon heute konkurrenzfähig.

bl

Wie kann Deutschland noch innovativer, nachhaltiger und zukunftssicherer werden? Um diese Fragen drehte sich die digitale Ergebniskonferenz des Hightech-Forums der Bundesregierung (HTF) am 21. April. Unter dem Motto zusammen.wachsen.gestalten hatte das 21-köpfige Gremium, das die Bundesregierung bei der Umsetzung der Hightech-Strategie 2025 berät, zu einem Online-Event über die bisherige und die zukünftige Forschungs- und Innovationspolitik in Deutschland geladen.

Offizieller Anlass für die Ergebniskonferenz war der Rückblick auf acht Impulspapiere, die das HTF in den vergangenen zwei Jahren erarbeitet hat. Darunter findet sich auch ein Beratungspapier zur Nachhaltigkeit im Innovationssystem, in dem die Bioökonomie eine wichtige Rolle spielt. Die Umsetzungs- und Handlungsempfehlungen aller Beratungspapiere sind nun in einen Ergebnisbericht gemündet. Es ist ein Paket aus Empfehlungen für die Weiterentwicklung der Forschungs- und Innovationsstrategie der Bundesregierung. „Das Hightech-Forum ruft deutlich wie nie zu mehr Mut und Umsetzungsgeschwindigkeit für nachhaltige Innovationen auf", betonte Reimund Neugebauer, der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft und Co-Vorsitzende des Hightech-Forums.

Wichtig sei eine Fortführung und Stärkung des missionsorientierten Ansatzes, wie er in der aktuellen Hightech-Strategie 2025 bereits eingeführt wurde. Ein breiter Innovationspakt soll helfen, mehr Ergebnisse der Spitzenforschung im großen Maßstab in die Anwendung zu bringen. Start-ups aus der Wissenschaft müssten ermutigt und erleichtert werden. Gezielte Deregulierung und mehr Experimentierräume seien ebenso notwendig wie effektive Beteiligungsformate.

Online-Event mit viel Möglichkeiten zur Beteiligung

Bei der von Monica Jones und Mirko Drotschmann moderierten Online-Konferenz ging es um ambitionierte Ziele und Fragen: Mit welchen technologischen und sozialen Innovationen kann Deutschland seine ehrgeizigen Nachhaltigkeitsziele erreichen? Wie kann es seine Widerstandsfähigkeit stärken und seine Zukunftskompetenzen ausbauen? Etwa 2.000 Interessierte verfolgten das Programm im Live-Stream, diskutierten im Chat lebhaft mit und konnten sich über Umfragetools beteiligen.

„Wir müssen bei der Entwicklung schneller und mutiger werden und Menschen die Möglichkeit geben, die Zukunft mitzugestalten“, sagte Christian Luft, Staatssekretär im Bundesmisterium für Bildung und Forschung (BMBF) und Co-Vorsitzender des HTF, zum Auftakt der Konferenz. In Gesprächsrunden diskutierten Expertinnen und Experten über Schwerpunktthemen wie „Resilienz, Souveränität, Offenheit – Krisenfest in die Zukunft“ und „Stärkung der Innovationskräfte der Gesellschaft“.

Wissenschaftssystem hat sich als resilient erwiesen

Mit Blick auf die Corona-Pandemie wurde auch hinterfragt, wie resilient – also krisenfest – Deutschland ist. „Unser Wissenschaftssystem ist resilient. Die Pandemie hat gezeigt – wir liefern das Erwartete, etwa bei der Impfstoffentwicklung oder der Medizintechnik“, so Neugebauer. „Wir sind überraschend gut durch die Krise gekommen“, sagte Frank Riemensperger, Vorsitzender von Accenture Deutschland und Mitglied des HTF. „Jetzt müssen wir aber die Geschwindigkeit der Innovationen fortsetzen und beim Transfer in die Wirtschaft Gas geben.“ Damit verbunden seien jedoch mehr Investitionen in die Forschung und ein innovationsfreundliches Klima. Sabrina Jeschke von der Deutschen Bahn plädierte dafür, „Greentech in den Mittelpunkt des Innovationsdenkens zu stellen“ und als „Ergänzung zur öffentlichen Forschungsförderung ein größeres öffentliches Fundingsystem zu etablieren".

Auch Henning Vögel vom Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut sprach sich dafür aus, mit Innovations-Fördergeldern gezielt neue Themen und Gruppen zu unterstützen, statt nur angesagte Schwerpunktthemen zu fördern. Stefan Heumann von der Stiftung Neue Verantwortung forderte für Start-ups weniger Bürokratie bei der Ideenumsetzung.

Myxobakterien sind weitverbreitete Bodenbakterien mit dem Talent, eine Vielzahl von Naturstoffen zu produzieren – und das praktisch überall: im Meer genauso wie im Boden oder im Kompost. Rolf Müller gehört zu den Pionieren der myxobakteriellen Wirkstoffforschung und wurde dafür unlängst mit dem renommierten Leibniz-Preis ausgezeichnet. Seine Passion ist die Suche nach Naturstoffen mit innovativen Wirkweisen, um Infektionskrankheiten zu behandeln. Im Fokus stehen dabei auch Substanzen für neue Antibiotika. Ein Breitbandantibiotikum zeigt im Tierversuch bereits vielversprechende Ergebnisse. Im Laufe seiner Forschung hat der promovierte Pharmazeut eine Stammsammlung etabliert, die mittlerweile 10.000 Myxobakterienstämme aus aller Welt umfasst.

Hanf ist eine der ältesten Nutzpflanzen der Welt. Aus den verschiedenen Pflanzenteilen und -arten werden Textilfasern, Baumaterial, Heil-, aber auch Lebensmittel hergestellt. Die Lebensmittelindustrie setzt hier vor allem auf die gesunden Inhaltsstoffe der Hanfpflanze, die reich an Proteinen, Kohlenhydraten und Fetten, aber auch Vitaminen und Mineralien ist. Für die industrielle Nutzung wird gezielt Industriehanf angebaut. Im Vergleich zu jenen Pflanzen, die als Arznei- oder Rauschmittel genutzt werden, hat Industriehanf einen hohen Faseranteil und einen sehr geringen Anteil von Tetrahydrocannabinol (THC). Das Hightech-Food-Start-up Becanex hat sich auf die Extraktion von Cannabidiol (CBD) aus Industriehanf spezialisiert, um den Wirkstoff für die Lebensmittelproduktion nutzbar zu machen. Dafür konnte das Berliner Jungunternehmen eine Förderung über 227.000 Euro im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) des Bundeswirtschaftsministeriums einwerben.

Extraktion in einem Schritt

Mithilfe des Kapitals will das Start-up eine cannabinoidhaltige Emulsion entwickeln, die sich stabil in der industriellen Lebensmittelproduktion verarbeiten lässt. Möglich macht das ein von Becanex entwickeltes Extraktionsverfahren. Bei der sogenannten Niederdruck-Extraktion entfallen zusätzliche Schritte wie Fraktionierung und Reinigung, da das Lösungsmittel durch Expansion und unter sanften Prozessbedingungen in einem Schritt abgetrennt wird. „Durch die Nutzung unserer patentierten One-Step-Extraktionstechnologie können wir nun unseren technologischen Vorsprung bei der Extraktion auf die Produktentwicklung übertragen. Unser Ziel ist es, eine Emulsion herzustellen, die THC-frei ist, aber ansonsten alle Cannabinoide und Terpene enthält, die in der Hanfpflanze zu finden sind”, erklärt Sebastian Kamphorst, Geschäftsführer und Gründer von Becanex.

Basis für cannabinoidhaltige Lebensmittel

Die Fördergelder wurden im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten deutsch-kanadischen Netzwerkes Cannabis-Net beantragt, das die Vernetzung und den Wissensaustausch von Unternehmen auf dem Cannabis-Markt unterstützt. „Die Projektidee, die Becanex nun umsetzen kann, schafft für den Cannabismarkt und die gesamte Branche neue Möglichkeiten. Darüber hinaus liefert sie ein interessantes Ausgangsprodukt für cannabinoidhaltige Lebensmittel, von denen wir auch nach den aktuellen BGH-Urteilen sicher mehr in den Lebensmittelregalen finden werden”, so die Leiterin des Netzwerkes, Simone Graeff-Hönninger.

bb

Hemp is one of the oldest crops in the world. Various parts and species of the plant are used to produce textile fibers, building materials, medicinal products, but also foodstuffs. The food industry relies primarily on the healthy ingredients of the hemp plant, which are rich in proteins, carbohydrates and fats, but also vitamins and minerals. Industrial hemp, on the other hand, is cultivated specifically for industrial use. Compared to those plants used as medicines or intoxicants, industrial hemp has a high fiber content and a very low tetrahydrocannabinol (THC) content. The high-tech food start-up Becanex has specialized in extracting cannabidiol (CBD) from industrial hemp in order to make the active ingredient usable for food production. To this end, the Berlin-based start-up was able to secure funding of 227,000 euros from the German Federal Ministry of Economics and Technology's Central Innovation Program for SMEs (ZIM).

Extraction in one step

With the help of the funding, the start-up wants to develop a cannabinoid-containing emulsion that can be stably processed in industrial food production. This is made possible by an extraction process designed by Becanex. The so-called low-pressure extraction eliminates additional steps such as fractionation and purification, as the solvent is separated by expansion and under gentle process conditions in a single step. "By using our patented one-step extraction technology, we can now transfer our technological advantage in extraction to product development. Our goal is to produce an emulsion that is THC-free but otherwise contains all the cannabinoids and terpenes found in the hemp plant," explains Sebastian Kamphorst, CEO and founder of Becanex.

Basis for cannabinoid-containing food products

The funding was applied for as part of the German-Canadian Cannabis-Net network, funded by the German Federal Ministry for Economic Affairs and Energy, which supports networking and knowledge sharing among companies in the cannabis market. "The project idea that Becanex can now implement creates new opportunities for the cannabis market and the entire industry. In addition, it provides an interesting starting product for cannabinoid-containing foods, of which we will certainly find more on supermarket shelves after the recent decisions of the Federal Court of Justice," says Simone Graeff-Hönninger, head of the network.

bb

Biotechnologisch hergestellte Impfstoffe sind derzeit das Topthema im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Und mit den mRNA-Impfstoffherstellern BioNTech und CureVac sind im Jahr 2020 zwei deutsche Unternehmen schlagartig zu Weltstars der Biotechnologiebranche avanciert. Doch nicht nur der Erfolg der beiden Impfstoffhersteller aus Mainz und Tübingen spiegelt sich in den bemerkenswerten Kennzahlen der deutschen Biotech-Branche wider, die der Biotechnologiebranchenverband BIO Deutschland und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) in der vergangenen Woche veröffentlicht haben.

Börsennotierte Unternehmen als Umsatztreiber

Die deutsche Biotechnologiebranche ist 2020 demnach so stark gewachsen wie seit Jahren nicht mehr. Dies geht aus einer BIO Deutschland-Umfrage unter den 687 privaten deutschen Biotech-Unternehmen hervor. Einschließlich der 23 börsennotierten Unternehmen stieg der Umsatz der Gesamtbranche um 36% auf 6,49 Mrd. Euro. Über Venture Capital, Börsengänge, Folgefinanzierungen und Wandelanleihen nahmen die börsennotierten Biotechs insgesamt knapp 3,1 Mrd. Euro auf. Das entspricht einem Plus von 146% gegenüber dem bisherigen Rekordjahr 2018. Der Umsatz der börsennotierten Biotechnologie-Unternehmen trägt insgesamt rund 50% zum starken Gesamtergebnis bei. Auch der Zuwachs an Arbeitsplätzen im gesamten Biotech-Sektor ist mit insgesamt 10% hoch. Die Branche zählte im Jahr 2020 37.415 Beschäftigte.

Deutlich mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung

Die Unternehmen investierten 2,46 Mio. Euro in Forschung und Entwicklung (FuE), ein Anstieg zum Vorjahr um 37%. Das Wachstum bei Umsatz und FuE-Investitionen erkläre sich wesentlich, aber nicht nur, durch den hohen Bedarf an biotechnologischen Produkten, Impfstoffen und Therapien aufgrund der Pandemie, so der Branchenverband. Keine Bewegung ist bei der Anzahl der Unternehmen in Deutschland zu sehen. Diese stagniert mit einem Plus von lediglich 1%.
„Wir freuen uns über die sehr positive Entwicklung der Umsätze und der FuE-Investitionen in der Biotechnologiebranche“, sagte der Vorstandsvorsitzende der BIO Deutschland Oliver Schacht. „Die positive Entwicklung unserer Branche liegt aber nicht nur an dem hohen Bedarf von biotechnologischen Produkten zur Eindämmung von SARS-CoV-2. Die Biotechnologie bietet als Schlüsseltechnologie wichtige Lösungen für viele Lebensbereiche an, wie beispielsweise Ernährung und Landwirtschaft sowie die Produktion von Waschmitteln, Plastik, Textilien oder Kosmetika.“

Biotechnologically produced vaccines are currently the hot topic in the fight against the Corona pandemic. And with the mRNA vaccine manufacturers BioNTech and CureVac, two German companies have abruptly advanced to become global stars of the biotechnology industry in 2020. However, it is not only the success of the two vaccine manufacturers from Mainz and Tübingen that is reflected in the remarkable key figures for the German biotech industry published last week by the biotechnology industry association BIO Deutschland and the auditing firm Ernst & Young (EY).

Listed companies as growth drivers

According to the survey of 687 private German biotech companies, the German biotechnology sector grew faster than ever before in 2020. Including the 23 listed companies, sales in the industry as a whole rose by 36% to 6.49 billion euros. Via venture capital, IPOs, follow-on financing and convertible bonds, the listed biotechs raised a total of almost 3.1 billion euros. This represents an increase of 146% compared to the previous record year of 2018, with revenue generated by listed biotech companies contributing a total of around 50% to the strong overall result. Job growth across the biotech sector is also high at 10% overall. The industry counted 37,415 employees in 2020.

Considerably more investment in research and development

The companies invested 2.46 million euros in research and development (R&D), a 37% increase over the previous year. The growth in sales and R&D investment is explained largely, but not only, by the high demand for biotechnology products, vaccines and therapies due to the pandemic, according to the industry association. With an increase of just 1%, no change can be seen in the number of companies in Germany.
"We are pleased with the very positive development of sales and R&D investments in the biotechnology industry," said BIO Deutschland CEO Oliver Schacht. "However, the positive development of our industry is not only due to the high demand of biotechnological products to contain SARS-CoV-2. As a key technology, biotechnology offers important solutions for many areas of life, such as nutrition and agriculture as well as the production of detergents, plastics, textiles or cosmetics."

Der gegenwärtige Verlust biologischer Vielfalt ist beispiellos und die Geschwindigkeit des Artensterben übersteigt vergleichbare natürliche Prozesse um ein Vielfaches. Besonders ausgeprägt ist dieser durch menschliche Eingriffe verursachte Verlust an Fülle und Vielfalt der Tierwelt in den Tropen. Eine neue Untersuchung von WissenschaftlerInnen des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) und des Lund University Centre for Sustainability Studies (LUCSUS) betrachtet den Zusammenhang zwischen zunehmend tierleeren Tropenwäldern und den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung.

Die Untersuchung, die in der Fachzeitschrift „Ambio“ veröffentlicht wurde, zeigt, wie der Verlust einer reichhaltigen und vielfältigen Tierwelt die Ernährungssicherheit untergräbt, das Risiko des Ausbruchs von Infektionskrankheiten erhöht, die Kapazität für die Kohlenstoffspeicherung verringert und somit Grundpfeiler der nachhaltigen globalen Entwicklung schwächt. Aufgrund dieser Einsichten drängen die Forschenden darauf, der „Defaunation“ mehr Aufmerksamkeit in der interdisziplinären Forschung, der Forstpolitik und dem Naturschutz zu schenken. 

Den Artikel in der Fachzeitschrift "Ambio" finden Sie hier.

The current loss of biodiversity is unprecedented and the rate of species extinction exceeds comparable natural processes many times over. This loss of abundance and diversity of wildlife caused by human intervention is particularly pronounced in the tropics. A new study by scientists from the Leibniz Institute for Zoo and Wildlife Research (Leibniz-IZW) and the Lund University Centre for Sustainability Studies (LUCSUS) looks at the link between increasingly animal-less tropical forests and the Sustainable Development Goals of the United Nations.

The study, published in the journal Ambio, shows how the loss of abundant and diverse wildlife undermines food security, increases the risk of infectious disease outbreaks, reduces capacity for carbon storage and thus weakens the cornerstones of sustainable global development. Based on these insights, researchers are pushing for more attention to be paid to defaunation in interdisciplinary research, forest policy and conservation. 

The article in the journal "Ambio" can be found here.

Ob pathogene Pilze oder steigende Temperaturen: Pflanzen leiden zunehmend unter den Folgen des Klimawandels und setzen die Landwirtschaft als Ernährungssektor unter Druck. Doch welche Mechanismen haben Pflanzen entwickelt, um sich gegen Schädlinge oder veränderte Umgebungsbedingungen zu schützen? Der Marburger Biochemiker Gert Bange und der Brandenburger Molekularbiologe Philip Wigge befassen sich genau mit diesen Fragen. Für ihre zukunftsweisende Forschung wurden die beiden Wissenschaftler nun mit dem renommierten ERC-Grants des Europäischen Forschungsrates ausgezeichnet. Die Projektarbeit der Forschenden wird damit über fünf Jahre mit jeweils rund 2 Mio. Euro unterstützt.

Temperaturanpassung der Pflanzen erforschen

Philip Wigge vom Leibniz-Institut für Gemüse-und Zierpflanzenbau (IGZ) in Großbeeren wird sich mit der Temperaturanpassung der Pflanzen befassen. Pflanzen haben im Laufe der Evolution vielfältige Strategien entwickelt, um mit den veränderten Bedingungen klar zu kommen. Pflanzen müssen daher Informationen zur Umgebungstemperatur schnell erfassen und ihren Stoffwechsel daran anpassen können, um zu überleben. Hier setzt das Projekt „TIPTOP -Temperature Integration via Phase Change and Translation of Proteins in Plants“ an. Darin will der Molekularbiologe ergründen, wie Pflanzen ein korrektes Temperatursignal ermitteln können, auch wenn die Umgebungsbedingungen starken Schwankungen unterliegen. Die Forschung an den Mechanismen, mit denen Pflanzen die Temperatur erfassen und ihr Verhalten anpassen, ist in Zeiten des raschen Klimawandels für die Landwirtschaft von besonderer Bedeutung und wird daher vom Europäischen Forschungsrat mit insgesamt 2,14 Mio. Euro gefördert.

Molekulare Pflanzenabwehr gegen Pilzbefall

Einblicke in die molekularen Prozesse der Pflanze stehen auch im Fokus der Forschungsarbeit von Gert Bange. Der Biochemiker der Universität Marburg forscht an Kiwellin-Proteinen. Diese Proteine haben antikörperähnliche Eigenschaften und können die Pflanzen auf molekularer Ebene gezielt gegen Pilzbefall schützen. Im Mais beispielsweise gibt es 20 verschiedene Kiwelline. Der Biochemiker ist überzeugt, dass einzelne Kiwelline die schädlichen Effektormoleküle des Schadpilzes Ustilago maydis hemmen und so die Immunantwort der Pflanze unterstützen können. Im Projekt „KIWIsome - Kiwellins in the plant defense against pathogenic invaders“ will der Marburger Forscher nun die vielversprechendsten Kiwelline identifizieren und genauer analysieren, um diese gezielt als Schutz für verschiedene Pflanzenarten gegen pathogene Eindringlinge einsetzen zu können untersuchen, wie sich Pflanzen gegen solche molekularen Waffen verteidigen können. Der Europäische Forschungsrat unterstützt das Projekt mit insgesamt 2,4 Mio. Euro.

Mit den ERC Advanced Grants will der Europäische Forschungsrat die Spitzenforschung in Europa fördern.

Whether pathogenic fungi or rising temperatures: plants are increasingly suffering the consequences of climate change, putting pressure on agriculture as a food sector. What mechanisms have plants developed to protect themselves against pests or changing environmental conditions? Marburg biochemist Gert Bange and Brandenburg molecular biologist Philip Wigge are addressing precisely these questions. The two scientists have now been awarded the prestigious ERC grant from the European Research Council for their pioneering research. The researchers' work will thus be supported with around 2 million euros each over five years.

Temperature adaptation of plants

Philip Wigge from the Leibniz Institute of Vegetable and Ornamental Crops (IGZ) in Großbeeren will study the temperature adaptation of plants. Over the course of evolution, plants have developed a variety of strategies to cope with changing conditions. For instance, plants must be able to quickly detect information on the ambient temperature and adapt their metabolism in order to survive. This is where the project "TIPTOP - Temperature Integration via Phase Change and Translation of Proteins in Plants" comes in. In this project, the molecular biologist wants to find out how plants can determine a correct temperature signal even if the environmental conditions are subject to strong fluctuations. Research into the mechanisms by which plants detect temperature and adapt their behavior is of particular importance for agriculture in times of rapid climate change and is therefore being funded by the European Research Council with a total of 2.14 million euros.

Molecular plant defense against fungal attack

Insights into the molecular processes of the plant are also the focus of Gert Bange's research. The biochemist at the University of Marburg is conducting research on Kiwellin proteins. These proteins have antibody-like properties and can specifically protect plants against fungal attack at the molecular level. In corn, for example, there are 20 different kiwellins. The biochemist is convinced that individual kiwellins can inhibit the harmful effector molecules of the harmful fungus Ustilago maydis and thus support the plant's immune response. In the project "KIWIsome - Kiwellins in the plant defense against pathogenic invaders", the Marburg researcher now wants to identify the most promising kiwellins and analyze them in more detail in order to be able to use them specifically as protection for different plant species against pathogenic invaders. He wants to investigate how plants can defend themselves against such molecular weapons. The European Research Council is supporting the project with a total of 2.4 million euros.

With the ERC Advanced Grants, the European Research Council aims to promote cutting-edge research in Europe.
 

Mit einem Anteil von 4,4% an den globalen Treibhausgasemissionen schadet der Gesundheitssektor dem Klima sogar mehr als der Flugverkehr. Mit knapp 70% ist es vor allem der Einkauf, der die Emissionen in den Krankenhäusern beeinflusst. Hinzu kommt der Anspruch, Lieferketten nachhaltig zu gestalten sowie Menschenrechte und Umweltstandards einzuhalten. Um das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und grüne Beschaffungen im Gesundheitswesen zu stärken, hat das Netzwerk „Zukunft Krankenhaus-Einkauf“ die Aktion „ZUKE GREEN“ gestartet.

Netzwerk strebt Klimaneutralität bis 2035 an

Das Ziel der Initiative ist es, nachhaltige Beschaffungen im Gesundheitswesen langfristig zu fördern. Die Vision: Jede Gesundheitseinrichtung soll im Jahr 2035 klimaneutral sein. Das heißt, jede Einrichtung soll soziale Verantwortung hinsichtlich Lieferketten und Einhaltung ökologischer Standards übernehmen und trotzdem wirtschaftlich arbeiten, in dem Kostensteigerungen minimiert, Fördermöglichkeiten genutzt und Risiken gemanagt werden.

Nachhaltigkeitsbotschafter gesucht

„Es liegt uns viel daran, mehr Menschen in Einrichtungen des Gesundheitswesens für dieses Thema zu sensibilisieren und zu mobilisieren", sagt Stefan Krojer, Gründer der Initiative ZUKE GREEN. Bei der Umsetzung der Vision setzt das Netzwerk auf Botschafter und Botschafterinnen der Nachhaltigkeit aus den eigenen Reihen. Gesucht werden engagierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in allen Bereichen des Gesundheitswesens – vom Einkauf über die Technik und Verwaltung bis hin zu Pflegern und Ärzten. Gemeinsam mit ihnen wolle die Initiative dazu beitragen, dass die Beschaffung die bestmöglichen Auswirkungen auf Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft über den gesamten Lebenszyklus habe, heißt es.

Ein News-Blog wird regelmäßig über die wichtigsten Entwicklungen rund um das Thema nachhaltige Beschaffungen informieren. Darüber hinaus wird ZUKE GREEN die Vernetzung und den Dialog der einzelnen Berufsgruppen im Gesundheitswesen unterstützen. Die ersten Botschafter und Botschafterinnen stehen dem Netzwerk zufolge bereits in den Startlöchern. Interessierte können sich per E-Mail oder direkt über die Webseite des Netzwerkes ZUKE GREEN bewerben.

bb

Im vergangenen Jahr gab es den Chemie-Nobelpreis für eine ungewöhnlich junge Entdeckung: die Genschere CRISPR-Cas9. Innerhalb eines Jahrzehnts hat diese Möglichkeit, gezielt Erbgutabschnitte zu verändern, zahlreiche Bereiche der Biowissenschaften verändert. Jetzt hat ein Team der TU München Hühner und Schweine so verändert, dass deren Organe in allen Entwicklungsstadien den enzymatischen Teil der Genschere selbst herstellen. Das vereinfacht und beschleunigt Forschungsvorhaben, bei denen die Tiere beispielsweise als Krankheitsmodelle für den Menschen genutzt werden.

„Tiere liefern die Genschere gleich mit“

CRISPR-Cas9 besteht neben dem Enzym Cas9, das die DNA schneidet und so den Einbau von Veränderungen ermöglicht, aus einer sogenannte guide-RNA, einer kurzen Sequenz, die das Enzym an die richtige Stelle der DNA dirigiert. „Die von uns generierten Tiere liefern die Genschere – das Cas9-Protein – gleich mit. Es müssen also nur noch die leitenden RNAs eingebracht werden, um Tiere zu bekommen, die bestimmte genetische Eigenschaften haben“, erklärt Benjamin Schusser, Professor für Biotechnologie der Reproduktion an der TU München. „Wir konnten sowohl Anwendungen in Hühnerembryonen als auch in lebenden Schweinen zeigen.“ Details berichtet das Team im Fachjournals „PNAS“.

Foodtropolis – unter diesem Namen fand vom 28. bis 29. April 2021 eine digitale Konferenz zur Zukunft der Lebensmittel statt, organisiert vom Global Food Summit. Unterstützung gab es vom Deutschen Institut für Lebensmittelforschung, Innovate Osnabrück und dem Bavarian Food Cluster. Neben der Diskussion über Herausforderungen wurden auf der Veranstaltung vor allem innovative Lösungen für eine nachhaltigere Nahrungsmittelproduktion vorgestellt.

Unterschiedliche Probleme, unterschiedliche Lösungsansätze

Herausforderungen und passende Lösungsansätze präsentierten unter anderem der Biotechnologie-Professor S M Abdul-Awal aus Bangladesch und Lim Chuan Poh von der Lebensmittelbehörde Singapurs. Angesichts der Herausforderungen der Klimakrise seien die Menschen in der Landwirtschaft in Bangladesch sehr interessiert an modernen Methoden, berichtete Abdul-Awal. Angepasste und leistungsfähigere Sorten würden ebenso benötigt wie verlässliche Methoden, das Wetter vorherzusagen, um beispielsweise den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln günstig zu wählen. Anders ist der Rahmen in Singapur. Dort steht nur 1% der Landfläche für Landwirtschaft zur Verfügung – entsprechend treibt die Regierung die urbane Landwirtschaft mit vertikalen und hydroponischen Anbausystemen voran. „Aquakulturen können 15-mal mehr Nahrung pro Fläche erzeugen als traditionelle Anbausysteme“, sagte Poh. In mehrgeschossigen kreislaufgeführten Systemen sei sogar das Hundertfache möglich. Außerdem habe Singapur im Dezember 2020 für Produkte aus Zellkulturfleisch die Vermarktung freigeben.

Schlaue Software gegen Lebensmittelabfälle

Technische Lösungen präsentierten auch Jakob Breuninger von Delicious Data und Hannah Brown von Organifarms. „30% der Nahrung werden entlang der Produktionskette verschwendet“, kritisierte Breuninger. Lebensmittelabfälle seien für 8% aller Treibhausgase verantwortlich. Delicious Data entwickelt daher Software mit selbstlernenden Algorithmen, die für individuelle Produkte die Umsätze prognostiziert, damit der Einkauf und die Produktion angepasst werden können. Berücksichtigt werden unter anderem das Wetter, Ferienzeiten, Veranstaltungen, Ernährungstrends und die Angebotsvielfalt. Organifarms entwickelt Farmroboter für vertikale Anbausysteme. Brown wies dabei auf ein grundsätzliches Problem hin: Trotz der viel größeren Nachhaltigkeit können Produkte aus vertikalen Farmen oft nicht als „bio“ zertifiziert werden, da die Produktion meist aquaponisch und nicht in Erde erfolgt.

Pflanzliche Proteine statt Fleisch

Beeindruckend war die Vielfalt neuartiger Nahrungsmittel, die die Referenten vorstellten. Friedrich Büse von amidori war da schon fast ein moderner Klassiker mit Fleischersatzprodukten, die ursprünglich auf Erbsenprotein, inzwischen aber auch auf weiteren Landpflanzen, Algen und Insekten basieren. Büse betonte die Bedeutung, die gesamte Wertschöpfungskette pflanzlicher Proteine zu kennen, denn nur so lasse sich Nachhaltigkeit gewähren und optimieren. Er forderte zudem mehr klinische Studien, denn „pflanzliche Proteine verhalten sich anders“. Außerdem berichtete der ehemalige Metzger von viel Überzeugungsarbeit, die er habe leisten müssen, damit Landwirte sich auf die Produktion pflanzlicher Proteine einließen.

Tigergarnelen frisch aus München

Deniz Ficicioglu von betterfish bietet eine algenbasierte Tunfischalternative. „Sieht aus wie Tunfisch, schmeckt wie Tunfisch, aber hat ein besseres Nährwertprofil ohne ein Vermögen zu kosten“, warb er. Zudem konkurriere der Europäische Seetang nicht mit anderen Nahrungsquellen. Fischereibetriebe hätten die Kompetenz, auf den nachhaltigen Anbau von Tang umzuschwenken. „Und es gibt noch tausende Arten, die wir bislang nicht nutzen“, sah Ficicioglu ein enormes Potenzial. Meeresfrüchte waren auch das Thema von Fabian Riedel von CrustaNova. Im Münchner Umland erzeugt das Start-up hochwertige Tigergarnelen in Stahltanks – „hochwertiges tierisches Protein aus nachhaltiger Produktion“, so Riedel. Während Wildfang nicht nachhaltig sei und konventionelle Aquakulturen oft aus ökologischen Gründen kritisiert würden, sei die rezirkulierende Lösung in München rückverfolgbar, erzeuge durch kontrollierte Bedingungen das ganze Jahr hindurch gleichbleibend hohe Qualität und die Garnelen könnten über Nacht frisch innerhalb Deutschlands und nach Österreich geliefert werden.

Proteine aus Luft und Licht

Raffael Wohlgensinger von Formo erläuterte die Vorzüge von Milchproteinen auf Hefefermentation. „Wir benötigen weniger Land, weniger Wasser, weniger Energie, erzeugen weniger Treibhausgase, aber den gleichen Käse.“ Künftig ließen sich nicht nur Milchproteine auf diese Weise herstellen, betonte er. In die Diskussion um Insekten als Proteinquelle brachte Max Kultscher von Bug Foundation den Hinweis ein, dass unterschiedliche Insekten auch sehr unterschiedliche Geschmacksrichtungen haben. Auch das israelische Aleph Farms entwickelt Zellkulturfleisch. Noch in diesem Jahr soll eine Pilotanlage für Rindersteaks aus In-vitro-Fleisch entstehen. Noch einen Schritt weiter geht die finnische Solar Foods: Das Start-up erzeugt aus Kohlendioxid und Sonnenenergie das Proteinpulver „Solein“, zunächst als Nahrungsergänzungsmittel. Die benötigte Energie sei nur ein Zehntel dessen, was pflanzliche Proteine benötigen und ein Hundertstel der tierischen Alternative. Noch in diesem Jahr soll die Zulassung in der EU beantragt werden. „Aber in anderen Märkten könnten wir schneller sein, weil die Behörden dort schneller sind – trotz gleicher Produkte und Anforderungen“, kritisierte Pasi Vainikka.

Neben messbaren Zielen ging es außerdem um den Blick ins Detail. So präsentierte Michael Binder von Evonik die Erwägungen, die hinter der von den Essenern entwickelten proteinarmen Ernährung für Nutztiere wie Geflügel und Schweine liegt. Durch die optimierte Kombination der Proteine und deren Qualität ließen sich Treibhausgase, Eutrophierung, Versauerung und Landnutzung verringern, so das Ergebnis der Lebenszyklusanalysen. Die Produktqualität hingegen würde steigen.

bl

Fleisch zu lieben, ist nicht das Problem, sondern die Art, wie es produziert wird – das ist das Credo des deutschen Start-ups Innocent Meat. Das Jungunternehmen um CEO Laura Gertenbach und CTO Patrick Nonnenmacher möchte die Transformation von der traditionellen Viehwirtschaft hin zu einem nachhaltigen und effizienten Modell vorantreiben. Der Schlüssel dazu soll zellkulturbasiertes Fleisch sein.

Technologieanbieter für Fleischproduzenten

Start-ups, die zellkulturbasiertes Fleisch entwickeln, gibt es inzwischen einige. Doch Innocent Meat sieht sich als Technologieanbieter: Das Ziel des Unternehmens ist es, einfach zu installierende Produktionssysteme zu entwickeln, mittels derer etablierte Fleischproduzenten ihre Lieferkette anpassen und ohne eigene Forschungsexpertise zellkulturbasiertes Fleisch herstellen können. Die Fertiglösung umfasst dabei Nährmedien, Zelllinien und das Gerüst, an dem die Zellen wachsen, aber auch die notwendigen Anlagenteile wie Bioreaktoren und Filtrationssysteme. Gesteuert wird der Prozess schließlich durch eine selbstlernende cloudbasierte Software. Das Produktionsvolumen ist beliebig skalierbar.

Aufnahme ins Accelerator-Programm

Dieser Ansatz hat nun auch den Frühphaseninvestor Big Idea Ventures (BIV) mit Acceleratoren in New York und Singapur überzeugt: In dessen dritter Kohorte im Accelerator-Programm wird neben 14 weiteren Start-ups auch Innocent Meat dabei sein. Der gemeinsame Schwerpunkt sind Technologien für die pflanzen- und zellbasierte Industrie, die das Lebensmittelsystem zu mehr Nachhaltigkeit wandeln können. „Alle diese Unternehmen gehen reale Herausforderungen an und repräsentieren einige der vielversprechendsten Innovationen im Lebensmittel- und Landwirtschaftssektor“, lobte der Gründer von BIV, Andrew D. Ive. Fünf Monate lang wird BIV mit jedem Unternehmen zusammenarbeiten, um es auf Wachstum und Skalierung vorzubereiten.

Umzug an die Universität Rostock

Erst kürzlich vermeldete Innocent Meat einen weiteren wichtigen Entwicklungsschritt: Das Start-up ist umgezogen und hat sein Labor und seine Büroräume auf dem Campus der Universität Rostock eingerichtet. Künftig soll es gemeinsame Forschungsprojekte geben. „Es ist das erste Mal, dass die Universität Gastgeber für eine externe Firma ist, die nicht von ihr als Alma Mater stammt“, erklärte Gertenbach nicht ohne Stolz. „Wir möchten der Universität Rostock für diese großartige Möglichkeit danken, unsere Mission voranzutreiben: Fleischverarbeitende Betriebe zu befähigen, sich für den Wandel zu ,clean meat’ zu entscheiden, indem wir eine Ende-zu-Ende-Produktionslösung für zellbasiertes Fleisch entwickeln.“

bl