Aktuelle Veranstaltungen

Knochenbrüche werden standardmäßig mit Schrauben oder anderen Implantaten fixiert, damit die Knochen zusammenwachsen und schnell wieder belastbar sind. Ist die Verletzung geheilt, werden die Implantate wieder operativ entfernt. Innerhalb des ZIM-Kooperationsnetzwerkes "Bioplastik" haben sich nun vier Unternehmen und zwei universitären Einrichtungen  zusammengetan, um ein alternatives Vorgehen zu entwickeln. Den Zweiteingriff vermeiden und so das Risiko postoperativer Komplikationen reduzieren, ist das Ziel des neuen Forschungsprojektes „Knochenkleber“. Statt Schrauben und Implantate kommen Biopolymere zum Einsatz, die die Knochenbrüche an gering belasteten Körperteilen wie Hand oder Gesicht verkleben und damit Implantate ersetzen könnten. Das Projekt wird im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) vom Bundeswirtschaftsministerium mit etwa 600.000 Euro gefördert.

Viele Anwendungen von Biopolymeren sind in der Chemiebranche angesiedelt. Aber auch in der Medizin gibt es interessante Einsatzfelder. Nun will ein deutsches Forscherkonsortium die Behandlung von Knochenbrüchen verbessern. Denn nicht immer reicht ein Gips, um Knochenbrüche zu heilen. Damit Knochenteile wieder zusammenwachsen,werden bisher häufig Schrauben und Implantate zum Fixieren eingesetzt und später wieder operativ entfernt. Diese Standardprozedur mit zwei Eingriffen ist jedoch nicht ohne Risiko für den Patienten, da postoperative Komplikationen auftreten können, die den Heilungsprozess beeinträchtigen.

Kaputte Knochen wie Keramik kleben

Gebrochene Knochen einfach wie Holz, Glas oder Keramik kleben,  könnte die Behandlung derartiger Knochenbrüche vereinfachen und das Risikopotential für Patienten mindern. Im Forschungsprojekt „Knochenkleber“ greifen Partner aus Wirtschaft und Forschung genau diesen Ansatz auf. Die vier mittelständischen Unternehmen FABES Forschungs-GmbH aus München, InnoTERE GmbH aus Radebeul, provenion GmbH aus Kirchseeon und Unavera ChemLab GmbH  aus Mittenwald sowie Forscher der Universitätsklinik Ulm und der German University Cairo wollen in den kommenden drei Jahren ein Biopolymer entwickeln, das wie ein Kleber einfach auf die Knochenteile aufgetragen wird und diese wieder verbindet. Das Prinzip: Das poröse Polymer wird im Laufe der Zeit durch nachwachsende Knochen ersetzt und die dabei entstehenden Zerfallsprodukte vom Körper abgebaut.  Der sogenannte „Knochenkleber“ soll auch bei komplizierten Frakturen verwendet werden können. Zunächst geht es jedoch darum, ihn bei Brüchen von gering belastbaren Körperteilen wie Hand oder Gesicht einzusetzen.

Hohe Anforderungen an Biopolymer 

Die Anforderungen an das zu entwickelnde Biopolymer sind auf Grund Kontakts im menschlichen Körper sehr hoch. Das Material muss nicht nur biokompatibel und frei von toxischen Stoffen sein. Es muss auch im Zusammenspiel mit Körperflüssigkeiten wie Blut funktionieren. Daher wollen die Forscher das von ihnen identifizierte Biopolymer zunächst in Zellkulturen auf Verträglichkeit prüfen, bevor der neue Kleber  in Tierversuchen getestet wird. Initiiert wurde das Forschungsprojekt von der  IBB Netzwerk GmbH in Martinsried - einem auf industrielle Biotechnologie spezialisiertem Dienstleister - innerhalb des ZIM-Kooperationsnetzwerks "BioPlastik". Die Projektkosten von insgesamt 1,2 Millionen Euro werden zur Hälfte vom Bundeswirtschaftsministerium finanziert.

Der Fluss Tarim im Nordwesten Chinas ist nicht nur die Lebensader für rund zehn Millionen Menschen, sondern auch für eine Vielfalt an Pflanzen und Tieren, die sich entlang des Stromes angesiedelt haben - zum Beispiel die seltenen Euphrat-Pappeln. Doch die einzigartige Wüsten-Oase ist gefährdet. Der Grund: durch die künstliche Bewässerung der Baumwollfelder kann sich die natürliche Quelle des Tamir nicht mehr regenerieren und hinterlässt  Bauern zunehmend versalzene Böden. Ein internationales Forscherteam unter Leitung Münchner Wissenschaftler hat seit 2011 die ökologischen Probleme im  Tamir-Becken analysiert und nach Lösungen gesucht. Das Projekt "Sustainable Management of River Oases along the Tarim River" – kurz SuMaRiO- wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung  gefördert. Nun hat das Team ihre Ergebnisse im Fachjournal Water (2015, Online-Veröffentlichung) veröffentlicht.  Zugleich haben die Forscher ein Rettungspaket zur Erhaltung der Landschaft geschnürt, dass sie im September auf einer Konferenz in Xinjiang vorstellen wollen.

Das Tarim-Becken ist  eine Oase in der Wüste. Umzäunt von Euphrat-Pappeln windet sich der Fluss mitten durch die angrenzende Taklamakanwüste und versorgt Mensch, Pflanzen und Tiere mit dem kostbaren Nass. Der Strom speist sich vor allem aus dem Tauwasser der höhergelegenen Gletscher. Das extrem trockene Klima bietet jedoch auch optimale Bedingungen für den Anbau von Baumwolle. 40 Prozent der gesamten Baumwoll-Produktion Chinas  und 10 Prozent der Weltproduktion kommen daher aus diesem Gebiet.

Raubbau an Wasser und Boden

Diese intensive landwirtschaftliche Nutzung bedroht inzwischen jedoch den Erhalt der Wüsten-Oase im Nordwesten Chinas. "In den vergangenen 50 Jahren hat in dieser einzigartigen Landschaft ein Raubbau an den natürlichen Wasser- und Landressourcen stattgefunden, der eine schwere Schädigung der Böden sowie der Wasserqualität ausgelöst hat", sagt Markus Disse vom Lehrstuhl für Hydrologie und Flussgebietsmanagement der Technischen Universität München (TUM). Disse gehört einem internationalem Forscherteam an, das sich seit Jahren mit dem Gebiet und den Auswirkungen der Landwirtschaft beschäftigt hat.

Versalzene Böden durch Wasservergeudung

Das Problem: den größten Anteil des Wassers verbrauchen die Bauern zur Bewässerung der Baumwollfelder. Das Flusswasser kann sich nicht regenerieren. Die Böden versalzen, sodass die Baumwollerträge stagnieren.  Auch Pflanzen wie die seltene Euphrat-Pappel bekommen dadurch zu wenig Wasser. Dies wiederum gefährdet  nicht nur ihren Bestand. Denn die Wälder schützen das Tarim-Becken auch vor dem Sand der angrenzenden Wüste, wie die von Disse im Rahmen des vom BMBF gefördertne Projekts SuMaRIO analysiert hat, das die ökologischen Probleme der Region genau untersucht hat. Der Studie zufolge wird zudem nicht nur die natürliche Ressource Wasser vergeudet, sondern auch auch Raubbau an der ursprünglichen Landschaft betrieben. Denn um die Anbaufläche für Baumwolle zu erweitern, werden immer mehr Pappeln gefällt.

Unter der Leitung von Disse haben chinesische und deutsche Forscher seit 2011 nun nach Lösungen zur Erhaltung der bedrohten Wüsten-Oase gesucht.  Im Ergebnis der Studie hat das Team Empfehlungen für ein besseres Wasser- und Landmanagement formuliert, die es im September auf der Konferenz im chinesischen  Xinjiang präsentieren will. "Wir hoffen, dass durch diesen sogenannten Implementierungsworkshop eine neue Ära des nachhaltigen Land- und Wassermanagements in der Region eingeleitet wird", sagt Disse, denn "nur so kann langfristig die Stabilität in dieser Region gewährleistet werden".

Empfehlungen für den Kampf gegen die Verwüstung

Im Fokus des Rettungsplanes steht unter anderem eine nachhaltige Landwirtschaft, bei der die verschiedenen Bodentypen und deren Versalzungsgrad berücksichtigt werden. Als Alternative könnten die Bauern den Forschern zufolge auf den versalzenen Flächen, statt Baumwolle die auch als Heilmittel verwendete Pflanze Apocynum pictum – auch Hundsgift genannt – anbauen, um ihr Einkommen zu sichern. Entlang des Flusslaufes wird beidseitig zudem die Aufforstung und Renaturisierung einer jeweils mindestens 50 Metern breiten Fläche empfohlen. Darüber hinaus wurden im Projekt SuMaRIO Modellwerkzeuge als Entscheidungshilfe entwickelt, um den Einfluss von Landnutzungs- und Klimaszenarien abschätzen zu können. Mit Hilfe dieses Instruments könnten Politiker verschiedene Bewirtschaftungsalternativen durchspielen und daraufhin Entscheidungen treffen.

Der Grauschimmel-Pilz ist der größte Feind der Erdbeere. Jedes Jahr aufs Neue müssen vor allem Biobauern um die Ernte bangen, weil sie ohne konventionelle Pflanzenschutzmittel  dem Pilzbefall hilflos ausgesetzt sind. Jetzt naht Rettung und zwar aus luftiger Höhe. Bienen könnten zukünftig als so genannte „Flying Doctors“ bei ihrer Nektarsuche gleichzeitig Erdbeerpflanzen mit unschädlichen Pilzsporen bestäuben und sie so vor Schädlingen schützen. Zu diesem Ergebnis kommt ein EU-Projekt, an dem Wissenschaftler des Instituts für Bienenkunde im Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) in Celle beteiligt waren. Darin hatten die Forscher die therapeutischen Fähigkeiten der emsigen Helfer untersucht. 

Herkömmliche Pflanzenschutzmittel sind für Biobauern tabu. Erdbeerpflanzen werden daher aus Mangel an alternativen Pflanzenschutzmitteln in größeren Abständen in die Erde gebracht, um so Übertragungen von Krankheiten zu verhindern. Dieser einfache Anbautrick kann jedoch nicht gänzlich verhindern, dass die Beeren von der Pilzkrankheit befallen werden und die Früchte verrotten. Die Natur scheint jedoch eine Waffe gegen den gefährlichen Grauschimmel namens Botrytis cinerea parat zu haben. Das legen zumindest Untersuchungen nahe, die in den vergangenen drei Jahren unter der Leitung finnischer Forscher von Wissenschaftlern aus sieben Ländern im ERA-NET Core Organic II  durchgeführt wurden und an denen auch deutsche Forscher vom Institut für Bienenkunde im Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) in Celle beteiligt waren.

Bienen "impfen" bei Bestäubung Erdbeeren gegen Pilzbefall

Demnach qualifizieren sich Bienen offenbar als „Flying Doctors“, wenn sie gezielt hierfür eingesetzt werden. Das Prinzip: Beim Verlassen des Bienenstocks passieren die Insekten einen sogenannten Dispenser am Nestausgang, in dem Sporen antagonistisch wirkender Pilze platziert sind. Dieses für Erdbeerpflanzen unschädliche Pilzpulver wird von den Bienen beim Nektarsammeln in die Blüte injiziert. Die Erdbeerpflanzen werden also bei der Bestäubung gleichzeitig auf natürliche Weise von den Bienen mit dem vor Grauschimmel schützenden gutartigen Pilz „geimpft“. Wie die Forscher zeigen konnten, hat sich in Finnland mit dieser Methode nicht nur der Schimmelbefall bei Bio-Erdbeeren drastisch reduziert. Auch die Ernte der Ökobauern war doppelt so hoch wie auf unbehandelten Feldern. „Das Konzept mit Bienen als Flying Doctors funktioniert“, bestätigt auch Otto Boecking, der entsprechende Versuche am LAVES in Celle durchgeführt hat.

Effektivere Bestäubung bei kleineren Bienenvölker

Der deutsche Beitrag zum EU-Projekt wurde vom Bundeslandwirtschaftsministerium über das Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) gefördert. Das Team in Celle untersuchte dabei, wie sich die Bestäubungsquote durch Bienen verbessern lässt und damit auch die Verbreitung der schützenden Pilzsporen gegen Grauschimmelbefall. Dabei zeigte sich, dass die Größe der Bienenvölker eine entscheidende Rolle spielt und kleinere Bienengruppen bei der Bestäubung effektiver waren als größere Völker. „Allerdings ist die Erhebung der Daten ausgesprochen schwierig. Für konkrete Praxis-Empfehlungen bedarf es weiterer Forschung“, ergänzt Boecking.

Auch Hummeln eignen sich 

Innerhalb des Konsortiums wurden viele weitere Teilaspekte bearbeitet. Belgische Forscher hatten an der Trägersubstanz aus Maismehl gearbeitet, um die Aufnahme der Pilzsporen zu verbessern. Italienische Wissenschaftler bauten wiederum eine Passagen-Konstruktion für deren spezielle Nester, während ein Team in Slowenien mit der Frage beschäftigt war, wie sich Honigbienen in der Passage verhalten und wie sich die Pulververteilung in der Fläche nachweisen lässt. In Estland und der Türkei wurde schließlich das System mit Hummeln ausprobiert, was ebenfalls erste positive Ergebnisse in Freilandversuchen ergab.

Die Energiewende steht seit Jahren auf der Agenda der Bundesregierung. Das Ziel: bis  2050 sollen 1.915 Petajoule (PJ) des gesamten Primärenergieverbrauches aus Biomasse erzeugt werden. Insbesondere biogene Rest- und Abfallstoffe sollen hierfür genutzt werden. Doch noch gibt es ungenutztes Potenzial, wie eine von der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR) und dem Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ) durchgeführte Meta-Studie zeigt. Danach werden vor allem  Waldrestholz, Stroh sowie Gülle und Mist noch zu selten als Biomasse eingesetzt. Insbesondere Stroh sollte zukünftig intensiver verwendet werden. Die Studie wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert.

Weg von fossilen Brennstoffen, hin zu erneuerbaren Energien aus Wind, Wasser oder nachwachsende Rohstoffe – das ist das proklamierte Ziel der Bundesregierung.  Forscher suchen seit langem nach Wegen, um die natürlichen Ressourcen für die Energieversorgung besser zu nutzen.  Nun gibt es erstmals eine Studie, die zeigt, wie effektiv hierzulande verfügbare Biomasse tatsächlich genutzt bzw. nicht genutzt wird. Im Rahmen einer Meta-Studie Daten haben Forscher vom FNR und DBFZ Daten zu biogenen Rest- und Abfallstoffen aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Insgesamt 93 Einzelbiomassen wurden darin genau auf ihre Nutzung untersucht.

Brachliegende Potenziale

Den Daten zufolge beträgt das Gesamtptenzial an Trockensubstanz bundesweit aktuell 98,4 Millionen Tonnen. Davon liegen jedoch 31 Prozent der verfügbaren Biomasse noch brach und finden so gut wie keine Verwendung, heißt es. Der Studie zufolge besteht das ungenutzte Biomassepotenzial dabei zu 95 Prozent aus Waldrestholz, Getreidestroh und tierischen Exkrementen wie Gülle und Mist. Die Meta-Studie zeigt aber auch, welche Rest- und Abfallstoffe bereits überwiegend als Biomasse verwendet werden. Dazu gehören neben Sägeresten, Altholz und Schwarzlauge auch Landschaftspflegeholz, Siedlungsabfälle sowie Reststoffe aus der Lebens- und Futtermittelindustrie.

Stroh besser als bisher verwerten

Für die Forscher ist klar: Die erste umfassende Studie zur Biomasse-Nutzung in Deutschland mache deutlich, welche Potenziale zukünftig besser genutzt werden könnten. "Insbesondere für die erheblichen Strohpotenziale gilt es, zusätzliche Verwertungsstrategien zu erarbeiten. Dieser Rohstoff ist nicht nur preiswert in vielen Regionen verfügbar, sondern kann gerade für die Landwirtschaft interessante neue Geschäftsmodelle generieren. Diese wurde mit der Strohheizanlage am Standort Gülzow bereits eindrucksvoll demonstriert", erklärt  FNR-Geschäftsführer Andreas Schütte. Am Standort der FNR in Gülzow wurde die Wärmeversorgung 2013 von fossilen Brennstoffen auf Biomasse umgestellt. Vergleichsrechnungen hatten zuvor eindeutig ergeben,  dass Heizen mit Stroh die wirtschaftlichste Art der Energieversorgung ist. Der Vorteil: Der Brennstoff wird aus Weizen- und Roggenstroh gewonnen, der in Ackerbauregionen wie Mecklenburg-Vorpommern in großen Mengen zur Verfügung steht. Außerdem kostet Stroh als Biomasse heizwertbezogen ein Drittel weniger als Heizöl.  

Sie sind klein und unscheinbar, aber wahre Überlebenskünstler. Moose, Flechten und Algen – auch biologische Bodenkrusten genannt - überziehen unseren Planeten wie eine zweite Haut und sind unentbehrlich für unser Ökosystem. Der Grund: Sie binden CO2 und Stickstoff und geben das Treibhausgas Lachgas ab. Um den Wechselprozess von Fixieren und Freisetzen untersuchen zu können, muss die Bodenfeuchtigkeit analysiert werden. Bisher fehlte es jedoch an einem geeigneten und vor allem präzisen Messinstrument. Forscher vom Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie haben nun einen Sensor entwickelt, der erstmals verlässliche Daten zur Bodenfeuchtigkeit liefert und zudem kostengünstig und variabel einsetzbar ist.

Moose, Flechten und Algen existieren selbst da, wo scheinbar kein Leben möglich ist. Sie bilden sogenannte biologische Krusten und schützen weite Landschaften so vor Erosion. Meist präsentieren sie sich vertrocknet und stachlig. Doch schon die nächtliche Taubildung in der Wüste reicht beispielsweise aus, um den Stoffwechselprozess wieder anzukurbeln und die vermeintlich abgestorbenen Pflanzen zum Leben zu erwecken. Durch das abgestorbene organische Material entsteht eine „biologische Bodenkruste“, die den Wasserhaushalt im Boden bestimmt. Neusten Studien zufolge wird dabei so viel Kohlendioxid gebunden, wie weltweit jährlich durch das Verbrennen fossiler Energieträger freigesetzt wird. Doch nicht nur wegen ihres CO2-Gehalts sind die Krusten für das Ökosystem von Bedeutung. Zugleich binden sie Stickstoff und geben dadurch die gefährliche Substanz Distickstoffmonoxid ab, die auch als Lachgas bekannt ist.

Feuchtegehalt durch Leitfähigkeit der Böden bestimmt

Wie genau dieser Wechselprozess verläuft, ist weitestgehend unerforscht. Denn dazu fehlten bisher geeignete Messinstrumenten, die auch die oberen Millimeter der Bodenkruste auf deren Feuchtigkeitsgehalt überprüfen können. „Der einzige Sensor, der in den obersten Schichten zurzeit einsetzbar ist, misst lediglich, ob die Organismen aktiv sind, nicht aber die vorhandene Menge an Wasser.  Alle anderen Bodenfeuchtesensoren messen den Wassergehalt in tieferen Schichten, so dass sie für die Anwendung in Bodenkrusten völlig ungeeignet sind“, erklärt Bettina Weber. Weber und ihr Team vom Max-Planck-Institut für die Chemie versuchten über Jahre dieses Manko durch eigene Entwicklungen wettzumachen. Dabei stießen sie auf eine Methode,  welche die Bodenfeuchtigkeit anhand seiner Leitfähigkeit bestimmt. Hierfür wurde ein Sensor entwickelt, der die ermittelten Leitfähigkeitswerte den entsprechenden Werten zum Wassergehalt zuordnet. Diese Art der Bestimmung zur Bodenfeuchte ist bisher einmalig und wurde von den Mainzer Forschern bereits zum Patent angemeldet.

Auch industrielle Anwendung möglich

Die Vorteile des Bodenfeuchtesensors:  Er kann aufgrund seines einfachen Aufbaus und einer robusten Konstruktion universell in den verschiedensten Böden der Erde eingesetzt werden. Außerdem sind die Anschaffungskosten nur gering, so dass auch mehrere  Sensoren gleichzeitig genutzt und so noch genauere Angaben geliefert werden können. Daneben kann das Messinstrument unkompliziert für Messungen über größere Bodenbereiche angepasst werden, so dass die Anwendung nicht auf biologische Bodenkrusten begrenzt, sondern auch für industrielle Zwecke wie der Verarbeitung von Beton geeignet ist. Derzeit ist das Mainzer Team dabei, den Bodenfeuchtesensor netzwerkfähig zu machen.

Etwa 2,3 Millionen Lebensformen sind heute bekannt. Dazu zählen Tiere, Pflanzen, Pilze wie auch Bakterien. Sie alle in einem einzigen Stammbaum zu vereinen, scheint eine schier unlösbare Aufgabe. US-Forscher haben sich an dieses Mammut-Projekt gewagt und präsentieren jetzt das Ergebnis. Der "Open Tree of Life"  ist - wie der Name andeutet - ein trotz seines Umfangs -  noch immer unvollständiger Stammbaum, der für Jedermann im Internet zugänglich ist. Die US-Forscher hoffen mit ihrer Vorlage, Wissenschaftler weltweit zu ermutigen, den "Lebensbaum" mit ihren Ergebnissen zu vervollständigen. Über ihre Arbeit zum „Open Tree of Life“ berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift PNAS (2015, Online-Vorabveröffentlichung).

Welche Tiere, Pflanzen, Pilze und Mikroben sind miteinander verwandt? Und welche Verbindung hat der Mensch zu den anderen Lebensformen? Derartig komplexe Fragen sind bis heute nur schwer zu beantworten. Eine US-Forschergruppe um Cody Hinchliff und Stephen Smith von der Universität Michigan in Ann Arbor hat nun erstmals alle verfügbaren Daten zu den unterschiedlichsten Lebensformen – von der Urbakterie bis zum Menschen – zusammengetragen und in einem Mega-Stammbaum zusammengefasst. Ein besseres Verständnis der Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den Arten sei etwa wichtig, um neue Medikamente zu entwickeln, landwirtschaftliche Erträge zu steigern oder der Herkunft und Verbreitung von Krankheiten wie Aids, Ebola und Grippe nachzuspüren, argumentieren die Forscher. 

"Lebensbaum" für Jedermann zugänglich

Das Besondere an dem Mega-Stammbaum: Er ist online für jedermann zugänglich und umfasst derzeit 2,3 Millionen Tiere, Pflanzen, Pilze und Mikroben. Mit seiner Hilfe ist es nun erstmals möglich, Abstammung und Verwandtschaft der einzelnen Lebensformen bis hin zu ihrem Ursprung vor 3,5 Milliarden Jahre zurückzuverfolgen, also von der Archebakterie bis zum heutigen Menschen. „Dies ist der erste ernsthafte Versuch, alle Punkte zu verbinden und zu einem Ganzen zusammenzufügen", sagt Projektleiterin Karen Cranston von der Duke Universität in Durham.

Stammbaum weiter ergänzen

Die Arbeit der Forscher geht auf 7.500 Studien zurück, die in den Jahren 2000 bis 2012 erschienen und somit verfügbar waren. Einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben die US-Wissenschaftler nicht. Das wird auch im Namen „Open Tree of Life“ deutlich. Denn viele wissenschaftliche Untersuchungen waren damals digital nicht greifbar und konnten so in der Darstellung keine Beachtung finden. Der Stammbaum, der für Jedermann im Internet zugänglich ist,  ist somit erst die erste Version eines Vorhabens, das Forscher weltweit zum Mitmachen anregen will. „Der Open Tree of Life ist ein wichtiger Ausgangspunkt für andere Forscher, die ihn in kommenden Jahrzehnten verfeinern und verbessern können", betonte Mitautor Douglas Soltis von der Universität Florida. Auch Stephen Smith hofft, dass ihre Veröffentlichung andere Forscher ermutigt, eigene Ergebnisse hinzuzufügen.

Die Deutschen essen zu süß, zu salzig und zu fett. Die Folge sind Krankheiten wie Herz-Kreislauf- und Stoffwechselstörungen, Karies aber auch diverse Krebserkrankungen. Forscher der Brain AG und der Universität Halle-Wittenberg haben in einer gemeinsamen Studie erstmals die Kosten solcher ernährungsbedingten Krankheiten analysiert.  Danach muss das deutsche Gesundheitswesen für die Folgen einer ungesunden Ernährung jährlich etwa 17 Milliarden Euro ausgeben. Die Studie, die jetzt im Fachjournal Plos One (2015, Online-Veröffentlichung) erschienen ist, wurde im Rahmen der strategischen Allianz NatLife 2020 durchgeführt, die durch  das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird.

Viel ist meist nicht gut, ob beim Essen oder Sport. Diese allgemeine Faustregel ist nicht neu, wird aber scheinbar oft verdrängt. Vor allem bei der Ernährung gibt es Stoffgruppen, die bei übermäßigem Konsum gesundheitsschädigend sind. Für die drei Bekanntesten – Zucker, Salz und Fett – gibt es daher von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sogar Verzehrempfehlungen. Diese Orientierungswerte werden einer aktuellen Studie zufolge jedoch deutlich überschritten. Forscher der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und des Biotechnologie-Unternehmens Brain AG aus Zwingenberg stellten fest: Die Deutschen essen zu viel Zucker, Salz und Fett. Krankheiten in Folge dieser ungesunden Ernährung kosten dem Gesundheitswesen danach jährlich 16,8 Milliarden Euro. „Die Resultate haben uns in ihrer Höhe doch sehr überrascht. Dabei haben wir hier aktuell lediglich die direkten Behandlungskosten berücksichtigt“, so Mitautorin Katja Riedel von der Brain AG. Indirekte Kosten für Arbeitsausfall, Kuraufenthalte oder gar Invalidität flossen nicht mit ein und würden die Kosten sogar noch erhöhen.

Im Rahmen der Studie untersuchten die Wissenschaftler repräsentative Krankheitskosten und Verzehrdaten in Deutschland und errechneten  daraus, wie hoch die anteiligen Kosten eines unausgewogenen Konsums von Zucker, Salz und gesättigten Fetten sind.  Zugleich nahmen sie 22 Krankheitsbilder unter die Lupe, die auf eine ungesunde Ernährung zurückzuführen sind. Das Ergebnis: Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, Karies, Stoffwechselstörungen wie Diabetes und Übergewicht sowie diverse Krebserkrankungen waren die Kostentreiber im Gesundheitswesen. „Die direkten Kosten von Krankheiten, die aufgrund eines Überverzehrs von Salz, Zucker und Fett entstehen können, sind substantiell. Ein deutliches Einsparpotential liegt jedoch auch in den bisher weniger beachteten Folgeerkrankungen und Folgekosten von Übergewicht und Diabetes", resümiert Studienautor Toni Meier von der MLU.

Forscherkonsortium sucht alternative Naturstoffe

Im Rahmen der  2013 geschlossenen  versuchen 22 Partnerunternehmen Naturstoffe zu entwickeln, die unter anderem Alternativen zu Salz oder Zucker darstellen und damit zur Verbesserung von Nahrungsmittelrezepturen führen. Dem vorerst auf neun Jahre angelegten Konsortium steht ein Gesamtbudget von 30 Millionen Euro zur Verfügung, das zu Teilen vom BMBF beigesteuert wird. Die Ergebnisse aus der Studie sind für die Allianzmitglieder ein Beleg, auf dem richtigen Weg zu sein. „Wenn es uns gelänge, etwa ein Drittel der Zucker-, Fett- oder der Salzmenge in den Nahrungsmittelrezepturen mit neuen Naturstoffen zu ersetzen, könnten wir das Gesundheitssystem allein in Deutschland jährlich bereits um einen Betrag von fünf bis sechs Milliarden Euro entlasten", resümiert Co-Autor Martin Langer und Executive Vice President Corporate Development der Brain. Die Firma gehört in Deutschland zu den Pionieren einer biobasierten Wirtschaft und hat jüngst seine Für den Ernährungsbereich stellt Brain unter anderem Enzyme her, zuletzt wurde verkündet, dass man sich im Bereich laktosefreier

Der sogenannte Wunder-Weizen ist ein Phänomen: weil er stark verzweigte Ähren besitzt, bildet er mehr Körner pro Pflanze und der Ertrag ist zwei- bis dreimal größer als bei anderen Sorten. Nun hat ein internationales Forscherteam unter Beteiligung deutscher Pflanzengenetiker die molekularen Ursachen im Erbgut dingfest machen können. Sie stießen auf eine Genmutation, die für die üppige Ährenarchitektur der Pflanze verantwortlich ist. Auch bei der Gerste sorgt das entsprechende Gen für mehr Ertrag. Die Studie ist im Fachjournal Genetics (2015, Online-Vorabveröffentlichung) erschienen.

Der Unterschied ist offensichtlich: Der „Wunder-Weizen“ ist kleiner und sieht auf Grund seiner zahlreichen Ähren etwas gedrungen aus. Groß und feingliedrig wirkt dagegen der Hartweizen. Doch beim Ertrag kann die herkömmliche Sorte „Triticum durum“ mit dem kleineren Verwandten nicht mithalten. Seine Ähren tragen zwei- bis dreimal so viele Körner. Vergleichbar ertragsreich ist nur die „Compositum“-Gerste, die auf Grund einer Mutation  ebenfalls eine ungewöhnliche Ährenarchitektur und hohe Erträge aufzeigt. Ein internationales Forscherteam unter Mitwirkung von Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben hat nun die genetischen Ursachen der Ährenarchitektur aufgedeckt und somit eine neue Möglichkeit gefunden, den Ertrag bei Weizen und Gerste zu steigern.

Vergleichbare Gene in Weizen und Gerste

Das Team um die IPK-Forscher Naser Poursarebani und Thorsten Schnurbusch gingen dabei der Frage nach, welche genetischen Grundlagen den außergewöhnlichen Eigenschaften sowohl beim Wunder-Weizen als auch der Compositum-Gerste zugrunde liegen. Der Studie zufolge wird die Ährenverzweigung bei der Wunder-Gerste von dem Gen compositium 2  und beim Wunder-Weizen von dem Gen namens branched headt (bht) beeinflusst. Diese Gene sind sogenannte orthologen Gene, sie sind in beiden Arten an einem vergleichbaren Ort, nämlich auf dem Chromosom 2, zu finden. 

Punktmutation sorgt für Ertrags-Plus

Eine Punktmutation im branched head-Gen reicht offenbar aus, um die Super-Ährenform zu erzeugen. Mit dem  Wissen um die genetischen Hintergründe der Ährenverzweigung sehen Forscher eine Chance, die Züchtung neuer Nutzpflanzensorten zu optimieren und so den stagnierenden Erträgen bei Weizen und Gerste entgegenwirken zu können.

Membrantropfen wie am Fließband beladen, Bio-Strukturen ausdrucken, zellfrei Moleküle produzieren: Der Jahrestreff der Forscher in der Initiative „Biotechnologie 2020+“ am 23. September bot einen Vorgeschmack auf technologische Zukunftstrends in den Life Sciences. Seit 2010 fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Projekte in den vier großen Forschungsorganisationen und an Hochschulen, die sich mit der nächsten Generation biotechnologischer Verfahren beschäftigen. Diesmal fungierte die Max-Planck-Gesellschaft als Gastgeber der Jahrestagung, und hatte rund 100 Wissenschaftler ins frisch sanierte Harnack-Haus in Berlin-Dahlem geladen.

Die Vorträge im Hörsaal des Harnack-Hauses waren dem Schwerpunkt „Design von Biosystemen – vom fundamentalen Verständnis zu neuen Anwendungen“ gewidmet. Joachim Spatz, Direktor am Max-Planck-Institut für intelligente Systeme in Stuttgart, stellte in Berlin erste Ergebnisse aus dem Forschungsnetzwerk MaxSynBio vor. Forscher aus neun Max-Planck-Instituten haben sich hier zusammengeschlossen, um wichtige Lebensprozesse – zumindest in Teilen – im Labor nachzustellen. In Berlin zeigte sich, dass die Forscher auf dem Weg dahin bereits eindrucksvolle Fortschritte vorweisen können. Eine Schlüsseltechnologie in MaxSynBio ist die Mikrofluidik: Hierbei werden Tropfen oder Membranbläschen in Reih und Glied durch winzige Kanälen geführt und bearbeitet.

Mit Injektionstechnik Vesikel beladen

Spatz stellte die sogenannte „Pico-Injektion“ vor, eine Technik, mit der sich Membranvesikel wie am Fließband mit verschiedenen Biomolekülen beladen lassen. Die Max-Planck-Forscher aus Stuttgart haben auf diese Weise  einen Mix aus Actin und Myosin in die Vesikel gespritzt. Das sind Proteine, die beide bei der Zellanhaftung und für Bewegungen wichtig sind. Und tatsächlich: Die derart bestückten Bläschen begannen, eine gewisse Dynamik zu entwickeln und sich um sich selbst zu drehen. Wolfgang Wiechert vom Forschungszentrum Jülich ist der Projektkoordinator des Konsortiums „Molecular Interaction Engineering (MIE)“, an dem Forscher aus drei Helmholtzzentren in Jülich, Karlsruhe und Geestach/Teltow beteiligt sind. „Unsere Vision ist die einer druckbaren Biologie“, sagte Wiechert. Die Idee: Ähnlich wie bei der Fertigung elektrischer Schaltkreise wollen die Forscher „biologische Schaltkreise“ auf Oberflächen aufbringen. „Unsere Transformatoren sind Enzyme und die von ihnen vermittelten Reaktionen sind die Drähte“, erläuterte Wiechert. Auch die Helmholtz-Forscher setzen neben der Mikrofluidik insbesondere auf Drucktechnologien. Damit könnten einmal kleine Biochips gefertigt werden, die sich für Testzwecke einsetzen ließen.

Mikorporenchips für die Pharmaindustrie

Stefan Kubick, Abteilungsleiter am Fraunhofer IZI in Potsdam-Golm, zog Bilanz des Großprojekts „Biomoleküle vom Band“. Hier haben die Forscher die zellfreie Produktion von Eiweißmolekülen soweit perfektioniert, dass sich Proteine nun schnell und in wirtschaftlich interessanten Mengen herstellen lassen. Das gilt besonders für Membranproteine. Mit diesen wollen die Forscher nun Mikroporenchips herstellen, die künftig der Pharmaindustrie als Screeningsysteme eingesetzt werden können. Am „Leibniz Research Cluster“ sind Forscher aus fünf Leibniz-Instituten beteiligt. Auch hier geht es darum, das System „Zelle“ soweit biotechnologisch zu imitieren, damit Wirkstoffe schneller gefunden und optimiert werden können. Vito Valiante leitet eine neue  Nachwuchsgruppe am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut. In Berlin erläuterte er, warum die Leibniz-Forscher den Schimmelpilz Aspergillus fumigatus als Ausgangspunkt der Forschung gewählt haben.

„Aus dem Pilz werden wir interessante Faktoren isolieren, und wir versuchen, diese künstlich zu produzieren“.Harald Gröger von der Universität Bielefeld entwickelt neue, effiziente und nachhaltige organische Synthesen mit Biokatalysatoren und baut sie in Kombination mit chemokatalytischen Verfahren zu Mehrstufen-Eintopf-Verfahren aus. Diese sind für industrielle Anwendungen sehr attraktiv. Synthesen werden effizienter und es entstehen weniger Lösungsmittelabfälle, da aufwendige Trennungs- und Reinigungsschritte entfallen. Im Berlin stellte Gröger unter anderem ein Industrieprojekt mit dem Generika-Hersteller Sandoz vor, in dem es um die chemoenzymatische Herstellung von „Rosuvastatin“ geht, ein wichtiges Herzkreislauf-Medikament.

Ob Brettchen, Becher oder Schüsseln: viele Gebrauchsgegenstände des Alltags bestehen aus Kunststoffen, die rein auf Erdölchemie basieren. Dafür einen biobasierten Ersatz zu finden, ist eine Herausforderung, der sich Forscher seit Jahren stellen. Unterstützt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)  hat ein Team der Fachhochschule Bingen in den vergangenen zwei Jahren nach alternativen Naturmaterialien geforscht und aus einem Verbundwerkstoff ein "biogenes Kantinentablett" hergestellt. Der Prototyp hat erste Härtetests in der Mensa bereits erfolgreich bestanden.   

Tabletts in Kantinen und Mensen bestehen in der Regel aus Plastik, also Polymeren, die aus Erdölchemie-Bausteinen hergestellt werden. Dieses Material durch biobasierte Rohstoffe zu ersetzen, haben sich auch Forscher der Fachhochschule Bingen zur Aufgabe gemacht. Im Rahmen eines vom Bundesforschungsministeriums geförderten Projektes entwickelte ein Team um den Naturstoffexperten Oliver Türk ein Kantinentablett aus nachwachsenden Rohstoffen. „Wir sind mit dem Ergebnis überaus zufrieden, der Großteil der Tabletts hat den Einsatz in der Mensa und Spülanlage in zwei Testphasen ohne Schaden überstanden“, fasst Projektleiter Türk zusammen. Er ist Experte für nachwachsende Rohstoffe und Biokunststoffe an der Fachhochschule Bingen und Leiter der Transferstelle (TSB).

Hohe Ansprüche an Naturstoffe

Intensiv suchten Türk und sein Team in den vergangenen zwei Jahren nach Alternativen zum herkömmlichen petrochemischen Ausgangsmaterial eines herkömmlichen Tragebretts. Das ehrgeizige Ziel, einen biobasierten duroplastischen Verbundwerkstoff dafür herzustellen, erwies sich als knifflig. Die Herausforderung: Das neue biobasierte Material durfte im Hinblick auf Feuchtigkeit, Chemikalien und mechanischer Belastung der klassischen erdölbasierten Vorlage in nichts nachstehen. Im Ergebnis entstand ein Verbundwerkstoff, das überwiegend aus epoxidiertem Leinöl als Harzkomponente sowie Naturfasern wie Hanf, Flachs und Kenaf besteht. Vor allem die wasserliebende Eigenschaft der Naturfasern sei für das Projektteam im Hinblick auf die gewünschte Beständigkeit eine große Herausforderung gewesen, so Türk.

Hohes Potenzial für biogenes Material

Gleichzeitig überzeugt das biogene Tablett aber mit einer verbesserten Oberflächenbeständigkeit und kann sogar am Ende der Nutzungszeit thermisch verwertet werden. Türk sieht daher ein breites Einsatzpotenzial für das von seinem Binger Team entwickelte biogene Ausgangsmaterial. Neben Tabletts in Kantinen, Schnellrestaurants und Krankenhäusern könnte das Biokunststoffmaterial auch für die Fahrzeugindustrie interessant sein. Im Rahmen des vom BMBF in der Fördermaßnahme "KMU-innovativ" geförderten Projektes wurde zusätzlich eine Ökobilanz durchgeführt, die innerhalb verschiedener Szenarien unter anderem diverse Eingangsmaterialien und Entsorgungsvarianten unter die Lupe nahm.

Wassermangel und sandiger Boden erschweren das Leben der Bauern in Afrika. Hinzu kommt der Klimawandel, der mit zunehmenden Dürreperioden für Ernteausfälle sorgt. Im Projekt UrbanFoodPlus versuchen Wissenschaftler daher Wege zu finden, die Landwirtschaft in Städten und Randgebieten Afrikas produktiver, nachhaltiger und umweltfreundlicher zu machen. Forscher der Ruhr-Universität Bochum scheinen nun eine Lösung gefunden zu haben, die Bodenfruchtbarkeit von kargen Äcker zu erhöhen – und zwar mit Biokohle. In die Erde gebracht, sorgte die Biomasse aus verkohlten Ernteabfällen für einen verbesserten Wasserhaushalt sowie mehr Nährstoffhaftung in den Böden. Bei Feldversuchen in Ghana konnte damit die Salatproduktion um 20 Prozent gesteigert werden. Das Projekt UrbanFoodPlus wird im Rahmen der Forschungsinitiative „GlobE – Globale Ernährungssicherung“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung seit 2012 unterstützt.

Auf unserem Planeten leben derzeit etwa 7,3 Milliarden Menschen. Das sind fast dreimal mehr als noch 1950. Und die Zahl der Erdbewohner wird weiter wachsen. Nach aktuellen Schätzungen der Vereinten Nationen wird die Zahl der Weltbevölkerung bis 2050 auf 9,4 Milliarden steigen. Dabei werden allein neun Länder, darunter auch Ghana, die Hälfte des prognostizierten Bevölkerungswachstums ausmachen. Die Sicherung der weltweiten Ernährung zählt daher zu den größten Herausforderungen unserer Zeit.

Mit Blick auf die rasant wachsende Zahl der Weltbevölkerung suchen Forscher schon heute nach Wegen, das Ernährungsproblem zu lösen. Dabei spielt das Thema Nachhaltigkeit eine entscheidende Rolle. Wissenschaftler vom Lehrstuhl für Bodenkunde und Bodenökologie der Ruhr-Universität Bochum arbeiten im Rahmen des Projektes UrbanFoodPlus mit Kollegen der Universität Kassel zusammen, um die urbane Landwirtschaft in Afrika produktiver, nachhaltiger und klimafreundlicher zu gestalten. Ein Teilprojekt konzentriert sich dabei auf die Frage, wie Ernteerträge in der städtischen Landwirtschaft Westafrikas gesteigert werden können.

Biokohle als Hoffnungsträger für bessere Ernte

„Wasser ist in Westafrika der limitierende Faktor Nummer eins für die Landwirtschaft“, sagt Häring. Neun Monate war der Bochumer Bodenkundler in Burkina Faso und Ghana unterwegs, um sich einen Überblick über die Bodenbeschaffenheit, den Einsatz von Dünge- und Pestizidmittel sowie Ernteerträge zu verschaffen. Die Bodenfruchtbarkeit ist ein weiteres Problem, mit dem die Bauern vor Ort zu kämpfen haben. Denn der rötliche Sandboden kann Nährstoffe meist nur schlecht speichern.

Verkohlte Ernteabfällen  als Bodendünger

Häring ist überzeugt: Biokohle könnte die Lösung der Probleme sein. Dabei handelt es sich um verkohlte Biomasse, die entsteht, wenn pflanzliches Material in sauerstoffarmer Atmosphäre verbrennt. Bei Feldversuchen in Afrika wurden konkret Ernteabfälle wie Maiskolben und Reiskörnerhülsen gesammelt und verbrannt. Später wurde die erzeugte Biomasse wie Dünger in den Boden eingearbeitet und Salat angebaut.<br/

Die Ernte war vielversprechend: Auf den mit Biokohle behandelten Testfeldern des UrbanFoodplus-Teams in Tamale wuchsen tatsächlich größere Salatköpfe als auf den unbehandelten Feldern. Der Grund: Die Biokohle sorgte dafür, dass sich der Wasserhaushalt der Böden verbesserte und die Nährstoffe besser haften blieben. Dadurch konnten Wasser und Düngemittel gespart werden.

Weniger CO2-Ausstoß durch Biokohleproduktion 

Die Verwendung von Biokohle zur Ertragsteigerung in der Landwirtschaft hat gleich mehrere Vorteile: zum einen sind Pflanzenabfall meist in großen Menschen kostenlos verfügbar. Zum anderen wird bei der Biokohleproduktion die Hälfte des klimaschädlichen CO2 stabil in der Biomasse gespeichert und somit nicht an die Umwelt abgegeben. Aber nicht nur das: „Alle Ghanaer kennen die Kohleproduktion, weil sie Holzkohle zum Kochen verwenden“, berichtet Häring. In jedem Dorf gebe es Leute, die sich auf die Herstellung spezialisiert hätten. Nach diesem Prozess könnte Häring zufolge auch Biokohle hergestellt werden.

BoniRob ist längst den Kinderschuhen entwachsen und dreht überzeugend autonom auf dem Acker seine Runden. Bei der Eröffnung des neuen Bosch-Forschungscampus in Renningen war der Agrarroboter dann auch der heimliche Star. Vor den Augen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und anderen Gästen legte das vollautomatisierte Gefährt eine überzeugende Kür hin. Der Feldroboter wurde bereits mehrfach ausgezeichnet und ist ein Beispiel, wie erfolgreich universitäre Forschung und Industrie zusammenarbeiten können. Der in Kooperation mit der Hochschule Osnabrück, der Bosch GmbH und dem Landmaschinen-Hersteller Amazone GmbH entwickelte Agrarroboter wird inzwischen vom Start-up "Deepfield Robotics"- einem Tochterunternehmen von Bosch – weiterentwickelt und marktfähig gemacht.
„Forschung und Innovation sind die Quellen unseres Wohlstandes“ – so die Worte von Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Einweihung des neuen Bosch-Forschungscampus in Renningen. 310 Millionen Euro hat das Unternehmen in den Standort investiert. Hier sollen bis zu 1.700 kreative Köpfe fachbereichsübergreifend angewandte Industrieforschung betreiben, weltweit Ideen vernetzen und so die Innovationskraft von Bosch stärken. Mit BoniRob konnte Bosch anlässlich der Campuseröffnung bereits ein erfolgreiches Ergebnis vernetzter Forschungsarbeit präsentieren. Der Feldroboter ist ein Gemeinschaftsprojekt von Bosch mit der  Hochschule Osnabrück und dem Landmaschinen-Hersteller Amazone. Die Entwicklung wurde vom Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) und der Bundesanstalt für Landwirtschaft (BLE) gefördert.

Helfer bei Pflanzenzucht

„BoniRob ermöglicht ressourcenschonende – ökologisch wie ökonomisch orientierte – landwirtschaftliche Prozesse, natürlich unter Aufsicht des Menschen und jedoch weitgehend automatisiert“, beschreibt Arno Ruckelshausen von der Hochschule Osnabrück die Vorteile des neuen Agrarroboters. Das Ziel - die Pflanzenzucht vorantreiben. Bisher ist Pflanzenzucht zum großen Teil noch akribische Handarbeit. Erst auf dem Feld können Blattgröße und -farbe, Fruchtgröße und -form, Wuchsform, Insektenbefall oder Wasser- und Chlorophyll-Gehalt ermittelt und so entschieden werden, welche Pflanze weiter entwickelt werden kann.

Plattform dokumentiert Pflanzenwachstum 

Hier kommt nun BoniRob zur Hilfe. Mit seinen rund 500 Kilogramm bewegt sich der Kleinwagen große Feldroboter auf vier einzeln angetriebenen Rädern über den Acker. Sensorik, Elektronik und Software sorgen dafür, dass er seine Position erkennt und sich zentimetergenau über das Feld manövriert, ohne Pflanzen zu beschädigen. Ein Navigationsmodul wertet dabei Messdaten eines 3D-Laserscanners aus, die zur Ansteuerung der Radnaben-Elektromotoren dienen. Aber BoniRob kann auch den Wachstumsverlauf jeder Pflanze dokumentieren. Mithilfe verschiedener Sensoren erkennt  und vermisst er einzelne Pflanzen oder prüft deren Versorgungs- und Gesundheitsstand. „Mit Lichtgitter, Laser-Abstandssensoren, 3D-Kameras und einem Spektralsensor gewinnt BoniRob  zahlreiche Daten und kann so den ‚Fingerabdruck‘ jeder einzelnen Pflanze erstellen“, erklärt Projektleiter Ruckelshausen. Mithilfe des Scans kann später der Standort einer bestimmten Pflanze exakt wiedergefunden und neu vermessen werden.

Unkrautzupfen mit BoniRob

Geplant ist, dass BoniRob zukünftig auch Unkraut in Möhrenfeldern zupft. Daran arbeiten die Osnabrücker Forscher im Forschungsprojekt „RemoteFarming“. Mit Hilfe komplexer Bildverarbeitung soll der Feldroboter lernen, zwischen Unkraut und Nutzpflanze zu unterscheiden. Beim diesjährigen "Robotics Technology Transfer Award" belegte die Agrarplattform den zweiten Platz. Erst im September 2015 wurde der Feldroboter von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt mit dem Deutschen Innovationspreis Gartenbau in der Kategorie Technik ausgezeichnet. Inzwischen wird die preisgekrönte Agrarplattform vom ausgegründeten Start-up Deepfield Robotics - einem Tochterunternehmen von Bosch - weiterentwickelt und in Serie produziert.

Chemische Produkte sollen nachhaltiger werden. Diesem Ziel hat sich jetzt auch eine internationale Forschergruppe unter Mitwirkung Mainzer Biochemiker verschrieben. Bei der Herstellung chemischer Grundstoffe wollen die Wissenschaftler die üblicherweise auf Erdölprodukten beruhenden Synthesen durch den Naturstoff Holz ersetzen. Wie das Team im Fachjournal Angewandte Chemie (2015, Online-Vorabveröffentlichung) nun berichtet, gelang es ihnen, zwei Wirkstoffe mithilfe von "Xylochemie" herzustellen.

Die natürliche Ressource Holz ist für Chemiker eine Art nachwachsender Molekül-Baukasten. Denn der Rohstoff bietet eine ganze Palette von Substanzen wie Cellulose oder Lignin, für eine ebenso große Palette von Produkten. Die im Holz schlummernden Ausgangsstoffe haben auf Grund ihrer chemischen Struktur sogar das Potenzial, die dominierende Erdölchemie vom Podest zu stoßen. Davon ist Till Opatz vom Institut für Organische Chemie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) überzeugt. "Holz als erneuerbare und einfach zugängliche Ressource ist ein ideales Ausgangsmaterial. Seine Inhaltsstoffe gleichen einem Baukasten, aus dessen Bausteinen Produkte für eine modere Gesellschaft hergestellt werden können", erklärt Opatz.

Holzbasierte Ausgangsstoffe ersetzen Erdöl

Gemeinsam mit Forschern der University of Alabama in Tuscaloosa haben die Mainzer Wissenschaftler in den vergangenen zwei Jahren im Holz nach Inhaltsstoffen für eine nachhaltige Herstellung zahlreicher chemischer Grundstoffe geforscht. Wie das Team im Fachjournal Angewandte Chemie (2015, Online-Vorabveröffentlichung) nun berichtet, gelang es ihnen zwei Wirkstoffe aus holzbasierten Ausgangsmaterialien herzustellen und damit zu zeigen, dass sich die üblicherweise auf Erdölprodukten beruhenden Synthesen ohne wirtschaftliche Verluste ersetzen lassen. „Dies zeigt, dass die Verwendung von Holz als nachwachsender Ressource nicht mit einer Reduktion der Wirtschaftlichkeit verbunden sein muss“, betont auch Erstautortautor Daniel Stubba.

Kohlenstoff-Moleküle ausgetauscht

Konkret konnten die Forscher beweisen, dass sich die Synthese von erdölbasierten Wirkstoffen ohne Schwierigkeiten so verändern ließ, dass die Kohlenstoffgerüste ihrer Moleküle komplett aus holzbasierten Ausgangsmaterialien bestanden. Dies gelang ihnen zum Einem im Falle des Naturstoffes Ilicifolin B, wofür es allerdings bisher noch keine Vergleichsmöglichkeit zur klassischen petrochemischen Variante gibt, da es sich um die erste Synthese dieser Substanz handelte. Im Falle von Derivaten des natürlichen Schmerzmittels Morphin hatte die Effizienz der xylochemischen Synthese - also der chemischen Synthese aus Holz- allerdings die klassische Varianten deutliche übertroffen.

Neue Forschergruppe für nachhaltige chemische Infrastrukturen

Die Forscher sind überzeugt, dass die Xylochemie einen wichtigen Beitrag „zum Ersatz der endlichen und auch klimaschädlichen Erdöl- und Erdgasnutzung in der chemischen Produktion“ leisten kann. Daher wurde die gemeinsame Forschungsarbeit nun erweitert. Unter dem Namen STANCE (Sustainable Technology for a new Chemical Economy) werden die Mainzer Biochemiker zusammen mit  Wissenschaftlern aus den USA, Japan und Kanada an der Entwicklung einer alternativen, nachhaltigen chemischen Infrastruktur arbeiten, die nicht auf endlichen Ressourcen beruht, ökologische Ungleichgewichte vermeidet und dennoch kostengünstig ist. „Unsere Idee ist es, dass wir Alltagsprodukte aus erneuerbaren Ressourcen herstellen, ohne dass wir dadurch die Umwelt schädigen, aber trotzdem wirtschaftlich konkurrenzfähig bleiben“, erklärte Till Opatz.

Die Verschmutzung der Weltmeere zu stoppen, ist eine globale Aufgabe, zu der sich die sieben großen Industrienationen der Welt beim G7-Gipfel im Sommer im bayrischen Elmau bekannt haben. Denn die Zahlen sind besorgniserregend: Bis zu acht Millionen Tonnen Plastikmüll werden jährlich aufs Meer hinausgetrieben und machen selbst vor der Arktis nicht halt. Dafür haben Forscher vom Alfred-Wegener-Institute am Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) gemeinsam mit belgischen Wissenschaftlern Beweise gefunden. Im Fachjournal Polar Biology (Online-Veröffentlichung) berichtet das Team über die von ihnen gesammelten "Mülldaten" und deren Folgen für die Meeresbewohner. Bundesforschungsministerin Johanna Wanka reagierte mit Besorgnis und appelliert: „Diese Entwicklung muss gestoppt werden“.

Plastik- und Chipstüten am Strand sind die sichtbaren Vorboten einer Vermüllung, die längst die Weltmeere erfasst hat. Laut einer im Jahr 2010 im Fachjournal Science erschienen Studie, landen jährlich etwa acht Millionen Tonnen Plastikmüll in den großen Gewässern unserer Erde. Inzwischen gibt es fünf große Müllteppiche aus Kunststoffresten: im Südpazifik, im Atlantik, im Mittelmeer, im Indischen Ozean und Nordpazifik , wobei letzterer als der größte Dreckteppich gilt. Der zwischen Nordamerika und Asien angehäufte Müllstrudel hat inzwischen die Größe Westeuropas erreicht. Sogenannte Müllflecken entstehen, wenn viele der im Wasser treibenden Plastikteile früher oder später von großen kreisenden Meeresströmungen eingefangen werden und sich im Zentrum dieser Wirbel konzentrieren.

Erste Müllzählung am nördlichen Polarkreis

Meeresbiologen vom Alfred-Wegener-Institutes am Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) liefern nun in einer aktuellen Studie Anhaltspunkte dafür, dass ein sechster Müllflecken wahrscheinlich gerade in der Barentssee entsteht. Im Jahr 2012 hatte das Team gemeinsam mit belgischen Forschern vom Laboratory for Polar Ecology  eine erste große Müllzählung nördlich des Polarkreises durchgeführt. Das Ergebnis war ernüchternd: Selbst in der Arktis treiben inzwischen Plastikteile auf der Meeresoberfläche. Ihre sogenannte Müllwache erstreckte sich dabei über insgesamt 5.600 Kilometer.

Arktis-Verschnutzung offenbar weitaus großer

Wie das Team um Melanie Bergmann in der nun erschienen Studie schreibt, zählten sie insgesamt 31 entsprechende Müllteile. Die Zahl, so gering sie scheint, ist dennoch alarmierend.  Denn die auf der Meeresoberfläche treibenden Kunststoffreste sind Bergmann zufolge nur die Spitze des Eisberges. „Da wir die Zählungen von der Schiffsbrücke aus, also 18 Meter über der Meeresoberfläche, beziehungsweise von Bord eines Hubschraubers gemacht haben, haben wir natürlich in erster Linie großes Treibgut erfasst. Unsere Zahlen sind deshalb aller Wahrscheinlichkeit nach eine Untertreibung des tatsächlichen Müllbestandes", sagt die AWI-Meeresbiologin Melanie Bergmann.

Plastikmüll bedroht Meerestiere

Das Problem: Kunststoffteile zersetzen sich allmählich im Wasser. Das Gros landet auf dem Meeresgrund und vergiftet in Form von zersetzter Mikroplastik nicht nur das Meer selbst, sondern auch deren Bewohner. Plastikreste wurden unter anderem schon in den Mägen von Seevögeln und Grönlandhaien gefunden. Der Studie zufolge ist das, was auf dem Meeresboden der von den Forschern untersuchten Framstraße lagert, 10 bis 100 mal höher als das, was an der Wasseroberfläche treibt.

Neuer Müllstrudel könnte Plastik in die Arktis treiben

Wie der Müll in die Arktis gelangt ist, ist noch unklar. Bergmann und ihr Team vermuten jedoch, dass die Kunststoffteile aus einem neuen Müllstrudel stammen könnten, der sich Computermodellen zufolge seit einigen Jahren in der Barentssee nördlich Norwegens und Russlands bildet. "Eine andere Ursache für die Müllfunde in der Arktis könnte der Rückgang des arktischen Meereises sein, wodurch immer mehr Fischtrawler, dem Kabeljau folgend, weiter nach Norden vorstoßen. Vermutlich gelangt von den Schiffen Müll absichtlich oder aus Versehen in die arktischen Gewässer“, so Bergmann weiter.

Aktion gegen Plastik im Meer

„Diese Entwicklung muss gestoppt werden“, sagte Bundesforschungsministerin Johanna Wanka zu den Ergebnissen der neuen Studie.  In ihrer Stellungnahme machte die Ministerin unmissverständlich klar, dass Plastik nicht in die Umwelt gehöre und gehandelt werden muss. „Wir brauchen endlich eine gesicherte und vergleichbare Datenlage, verlässliche Aussagen zu den Auswirkungen auf die marinen Ökosysteme und die Gesundheit des Menschen und wie Plastikmüll vermieden sowie am besten aus der Umwelt beseitigt werden kann“.  Um gegen diese globale Umweltgefahr durch Plastikmüll anzukämpfen, hat das BMBF auf EU-Ebene bereits im Frühjahr den Start des Forschungsprogramms „Mikroplastik in marinen Systemen“ maßgeblich mitinitiiert. Daran sind auch Forscher vom AWI maßgeblich mit beteiligt.

Hobbygärtner und Gartenbauer kennen das Problem gleichermaßen: Nach wiederholtem Anbau einer Pflanze scheint der Boden wie ausgelaugt, das Wachstum ist mäßig und der Ertrag ist ebenso spärlich. Für Experten sind das eindeutige Symptome dafür, dass die Anbaufläche unter der sogenannten Nachbaukrankheit oder einer Bodenmüdigkeit leidet. Die Ursachen einer solchen Wachstumsdepression wollen Forscher im Rahmen des neuen Verbundprojektes „BonaRes-ORDIAmur“ nun am Apfelbaum genauer untersuchen. Das Ziel: Die Entwicklung neuer Strategien zum Erhalt und zur Wiederherstellung der Bodengesundheit. Das Projekt wird vom Bundesforschungsministerium im Rahmen der Förderinitiative „Boden als nachhaltige Ressource für die Bioökonomie“ (BonaRes) in den ersten drei Jahren mit drei Millionen Euro gefördert.

Die Pflanze gedeiht mickrig vor sich hin. Die Erträge schrumpfen. In solchen Fällen spricht der Experte von Wachstumsdepressionen, die auf Nachbaukrankheit oder Bodenmüdigkeit zurückzuführen sind. Bei kleinen Gewächsen reicht oft ein wenig Dünger oder Umpflanzen. Bei Obstbäumen wie dem Apfelbaum ist das jedoch eher problematisch. Aufgrund der Konzentration der Obstproduktion und der Anzucht der Obstbäume in Anbauzentren ist ein Umsetzen des Baumes meist nicht möglich. Daneben wird oft aus ökologischen oder ökonomischen Gründen auf chemische oder thermische Bodenbehandlungen verzichtet.

Neue Wachstumsstrategien für bodenmüde Apfelbäume

Aus diesem Grund hat das neue Verbundprojekt  „Overcoming Replant Disease by an Integrated Approach - ORDIAmur“, den Apfelbaum als Untersuchungsobjekt für die Forschungsarbeit gewählt. „Denkbare Wege könnten sein, geeignete Mikroorganismen in den Boden einzubringen oder tolerante Unterlagen für die Anzucht bereitzustellen“, erklärt Traud Winkelmann vom Institut für Gartenbauliche Produktionssysteme der Leibniz Universität Hannover, die das Verbundprojekt koordiniert.

In dem BonaRes-Verbundprojekt werden Forscher aus insgesamt elf Einrichtungen in den kommenden Jahren die Ursachen der Bodenkrankheit genauer untersuchen und Lösungswege entwickeln, um solche Bodenkrankheiten zu verhindern. „Unser Ziel ist es, neue Ansätze und Strategien zu entwickeln, um die Bodengesundheit zu erhalten und wiederherzustellen“, erklärt Winkelmann.

Einfluss der Pflanzenwurzeln auf Bodenfunktionen

Die Forscher konzentrieren sich dabei auf Fragen wie, welche Störungen für den Erhalt der Bodenfunktionen kritisch oder tolerabel sind, und wie durch Pflanzenwurzeln die Veränderungen im Boden entstehen? Eine Möglichkeit, die durch die Nachbaukrankheit veränderten Bodenverhältnisse zu ermitteln, ist die Analyse von Wurzelexsudaten sowie des Bioms in der Rhizosphäre – also dem von einer lebenden Wurzel beeinflusstem Raum. Auch die Reaktion der Pflanze auf die Krankheit kann darüber wertvolle Daten liefern. Für die Untersuchungen der komplexen Bodenverhältnisse stehen den Verbundpartnern für die ersten drei Jahre 3 Millionen Euro an Fördermitteln zur Verfügung. Darüber hinaus ist eine Verlängerung bis 2024 möglich.

Die Förderinitiative BonaRes wurde im Rahmen der Nationalen Forschungsstrategie BioÖkonomie 2030 vom BMBF initiiert. Ziel ist es, die Wirkung der Landnutzung auf die Böden zu ermittelt und neue Strategien für die Bewirtschaftung zu erarbeiten. Die Ergebnisse sollen schließlich die wissenschaftliche Grundlage sein, um standortabhängige Bewirtschaftungsstrategien entwickeln und somit langfristig Bodenfruchtbarkeit und Ertrag steigern zu können. Darüber hinaus ist eine Internetseite geplant, die wissensbasierte Handlungsoptionen für die Bewirtschaftung und Nutzung von Böden anbietet.

Meist erfordert die Gewinnung von Energie oder Wertstoffen aus Pflanzen viele Verfahrensschritte und aggressive Chemikalien. Um diese Prozesse effizienter und ressourcenschonender zu gestalten, suchen Forscher geeignete Enzyme als Werkzeuge. Mithilfe von Neutronenstrahlen haben Wissenschaftler den Wirkungsmechanismus der Enzymklasse der Glycosidasen auf Molekülebene untersucht. Die Messungen wurden an den US-Neutronenquellen in Los Alamos und Oak Ridge sowie an der Forschungs-Neutronenquelle der Technischen Universität München (TUM) durchgeführt. Die Ergebnisse sind ein Schlüssel dazu, die großtechnische Verarbeitung von Biomasse zu verbessern. Die Forscher berichten im Fachjournal PNAS  (2015, Bd. 112. S. 12384).

Möchte man aus Biomasse Kunststoffe, chemische Zwischenprodukte oder Biokraftstoffe, herstellen, so muss zuerst die Hemicellulose, ein in Pflanzenzellwänden reichlich vorhandenes, großes Vielfachzuckermolekül, zu einfachen Zuckern abgebaut werden. Gegenüber der unkatalysierten Reaktion in neutraler Lösung beschleunigen Enzyme wie die Glykosidasen die Abbaureaktion um bis zu 18 Zehnerpotenzen. Die Biomasse wird typischer Weise in sehr alkalischem Milieu vorbehandelt. Ihre maximale Aktivität entwickeln die natürlichen Enzyme jedoch in einer leicht sauren Umgebung. Ein wichtiges Forschungsziel ist deshalb, diese Enzyme so zu verändern, dass sie auch in alkalischem Milieu effektiv arbeiten. Dazu ist es aber nötig, den Ablauf der Reaktionen am Enzym, insbesondere die genaue Position aller Wasserstoffatome im aktiven Zentrum eines Enzyms vor, während und nach der chemischen Reaktion im Detail zu kennen. Dieses Wissen fehlte bisher aber.

Detektivarbeit mit Neutronen

Im Rahmen eines internationalen Kooperationsprojekts bestimmte nun ein Forscherteam um Andrey Kovalevsky, Wissenschaftler am Oak Ridge National Laboratory, die Struktur einer Glycosidase mit bisher unerreichter Genauigkeit. Eine der drei im Projekt genutzten Neutronenquellen war die Forschungs-Neutronenquelle (FRM II) der TU München. „Im Gegensatz zur Röntgenstrukturanalyse ist die Neutronenstreuung die Methode der Wahl um die Positionen von Wasserstoffatomen im aktiven Zentrum von Enzymen zu bestimmen", sagt TUM-Biologe Andreas Ostermann, der zusammen mit seinem Kollegen Tobias Schrader vom Forschungszentrum Jülich in Garching das Instrument BioDiff betreibt. Mithilfe der Streuung von Neutronen an Kristallen des Enzyms analysierten die Wissenschaftler die Struktur der Glykosidase. Sie untersuchten es bei verschiedenen pH-Werten und im Komplex mit einem Substratmolekül. Die aus den Neutronenstreu-Experimenten gewonnenen Erkenntnisse wurden anschließend mit computergestützten Simulationen der Moleküldynamik weiter verfeinert.

Wendiges Enzym

In ihrer Arbeit entdeckten sie so, dass der entscheidende Schritt von der Positionierung einer bestimmten Aminosäure-Seitenkette abhängt. Diese Seitenkette enthält einen Glutaminsäurerest. Dreht sie sich nach unten und weg vom Substrat, kann die Glutaminsäure ein Proton von einem Wassermolekül übernehmen. Dreht sich die Kette nach oben, verstärkt dies die Säurewirkung, und das Proton wird auf das Substrat übertragen.

Der leitende Autor der Publikation, Andrey Kovalevsky, ist sehr zufrieden mit dem Erfolg der Experimente: „Niemand hat jemals Wasserstoffatome in einer Glykosidase beobachtet und direkt gesehen, wie der katalytische Glutaminsäurerest protoniert wird.“ Mit diesem Wissen kann man nun daran gehen, das Enzym so zu verändern, dass der Biomasseabbau auch bei hohem pH-Wert effektiv funktioniert. Die Forschungsarbeiten wurden gefördert durch das Oak Ridge National Laboratory (ORNL), das Office of Basic Energy Sciences und das Office of Biological and Environmental Research des US Department of Energy (DOE), das chinesische Bildungsministerium und den Innovation Fund der Yangzhou University. Die Messungen wurden am Instrument BioDiff des Heinz Maier-Leibnitz Zentrums (MLZ) an der Forschungs-Neutronenquelle (FRM II) in Garching sowie an Instrumenten der Neutronenquellen in Los Alamos und Oak Ridge und der Advanced Photon Source des Argonne National Laboratory in den USA durchgeführt. Darüber hinaus waren Wissenschaftler der Nanjing Agricultural University und der Universität von Toledo an dem Projekt beteiligt.

Trockenheit bereitet jeder Nutzpflanze Stress und sorgt für Ernteausfälle mit weitreichenden wirtschaftlichen Folgen. Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung deutscher Pflanzenforscher hat die zellulären Prozesse untersucht, die Pflanzen dabei helfen, mit dem Stress zurechtkommen. Bei Untersuchungen der Ackerschmalwand stellten die Wissenschaftler fest: In punkto Stressbewältigung sind sich Pflanze und Mensch, zumindest in biochemischer Hinsicht, sehr ähnlich. Wie das Team im Fachjournal Nature Communications (2015, Online-Veröffentlichung) berichtet, entscheidet eine Proteinveränderung über die Empfindlichkeit bei Trockenheit. Bei den Pflanzen wird dadurch die Wirkung eines Pflanzenhormons verändert. Diese Erkenntnis ist sowohl für die Stressbiologie menschlicher Zellen als auch für die Züchtung neuer resistenter Nutzpflanzen von Bedeutung.

Die Entwicklung von Nutzpflanzen, die Trockenheit und anderen Umwelteinflüssen trotzen, steht seit langem im Fokus der Pflanzenforschung. Zentrales Anliegen ist dabei die Absicherung des weltweit wachsenden Ernährungsbedarfes sowie die Suche nach alternativen Rohstoffen für die Biomasseproduktion. Im Rahmen einer gemeinsamen  Förderinitiative haben erst kürzlich das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)

Zellulärer Stressprozess bei Pflanze und Mensch ähnlich

Dass Trockenheit ein erheblicher Stressfaktor bei Pflanzen ist, ist seit Langem bekannt. Neu ist jedoch: Bei der Stressbewältigung sind sich Pflanzen und Menschen sehr ähnlich, zumindest  im Hinblick auf die biochemischen und zellbiologischen Abläufe, wie ein internationales Forscherteam herausfand. Gemeinsam mit Wissenschaftlern aus Frankreich und Norwegen hatten Pflanzenforscher vom Centre for Organismal Studies der Universität Heidelberg, dem Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena und dem Zentrum für medizinische Forschung in Mannheim den zellulären Mechanismus bei Trockenstress anhand der Modellpflanze Ackerschmalwand untersucht.

Wie das Team um Rüdiger Hell und Markus Wirtz im Fachjournal Nature Communications berichtet, sind die Forscher einer bestimmten Proteinveränderung auf die Spur gekommen.  „Eine der häufigsten Veränderungen ist die Anbringung eines Essigsäurerestes am amino-terminalen Ende von Proteinen. Fehlt diese Veränderung vollständig, sind Pflanzen nicht überlebensfähig“, erläutert Rüdiger Hell. Hell zufolge kann diese fehlende Veränderung an bestimmten Proteinen beim Menschen sogar zu Erkrankungen, Entwicklungsstörungen bis hin zum Zelltod führen.

Pflanzenhormon beeinflusst Trockenstress

Im Rahmen der Studie experimentierten die Forscher mit gentechnisch veränderten Pflanzen. Dabei führten sie eine Proteinmodifizierung mittels einer verringerten Menge von Essigsäureresten herbei und untersuchten deren Folgen. „Das bislang als stabil angesehene Veränderungsmuster der Proteine durch Essigsäurereste wandelte sich überraschenderweise in großem Umfang. Die gezielt gentechnisch veränderten Pflanzen erwiesen sich dabei als resistenter gegen Wassermangel“, so Markus Wirtz. Verantwortlich für diesen Effekt, so die Forscher, ist das Pflanzenhormon Abscisinsäure, das beim Trockenstress in Pflanzen eine zentrale Rolle spielt. Das Hormon sorgt dafür, dass die Pflanze ihren natürlichen Mechanismus gegen Trockenstress ständig aktiviert - wie dem Schließen der Spaltöffnungen und der Verlängerung der Primärwurzeln - und so gegen Wassermangel resistent ist.

Der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft ist Realität, aber bleibt umstritten. Im Fokus der Kritik steht derzeit besonders das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat. Nach Einschätzung  der Internationalen Krebsforschungsagentur der WHO ist es „wahrscheinlich krebserregend“. Die Europäische Lebensmittelaufssicht EFSA hingegen hält es als "eher unwahrscheinlich", dass Glyphosat ein Krebsauslöser ist. Fest steht jedoch: Pestizidreste werden in Gewässern oder Nahrungsmittel nachgewiesen. Ob Grenzwerte dabei überschritten werden, lässt sich bisher allerdings nur in einem aufwendigen Verfahren im Labor klären. Nun wollen Forscher aus Leipzig und Dresden gemeinsam mit Partnern aus der Industrie einen biochemischen Test entwickeln, der schnell und einfach vor Ort Agrarchemikalien wie Pestizide aufspürt.

Glyphosat ist weltweit das am häufigsten eingesetzte Unkrautvernichtungsmittel. Allein in Deutschland werden fast 40 Prozent aller Felder damit besprüht. Doch der Einsatz des Herbizids ist umstritten. Nicht nur Umweltaktivisten, sondern auch Politiker sehen Umwelt und Mensch dadurch zunehmend belastet.  Nach dem die Internationale Krebsforschungsagentur der WHO, IARC,  Glyphosat im Sommer als "wahrscheinlich krebserregend" eingestuft hat, geriet die Agarchemikalie wieder in die Diskussion. Erst vorige Woche hat die Europäische Lebensmittelaufsicht EFSA ihr Glyphosat-Gutachten veröffentlicht. Anders als die WHO-Experten hält die EFSA es für „unwahrscheinlich“, dass das Pflanzenschutzmittel karzinogen ist und rät der EU-Kommission, die auslaufende Glyphosat-Zulassung um weitere zehn Jahre zu verlängern.

Pestizidbelastung schnell und präzise ermitteln

Ob Glyphosat schädlich ist, hängt vor allem von der Konzentration der Substanz in den Gewässer und Nahrungsmitteln ab. Doch die Belastung zu messen, ist bisher sehr aufwendig und auf Labore begrenzt. Am Rande der Glyphosat-Debatte haben nun Forscher angekündigt, einen Pestizid-Schnelltest entwickeln zu wollen. Unterstützt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) wollen Biochemiker der Universität Leipzig gemeinsam mit Genetikern der TU Dresden sowie Partnern aus der Industrie in den nächsten drei Jahren nach einer bioanalytischen Methode suchen, die schnell, präzise aber auch preiswert bei Bedarf vor Ort die Konzentration von Agrochemikalien ermittelt.

Farbänderung zeigt Glyphosat-Konzentration an

Dabei setzen die Forscher auf das Prinzip des Schwangerschaftstests. "Ähnlich wie bei bestimmten Schwangerschaftstests führt diese Reaktion zu einer mit bloßem Auge erkennbaren Farbänderung. Ob auf einem Teststreifen oder in einem Reagenzglas - über die Form der Anwendung müssen wir uns noch klar werden“, erklärt der Leipziger Biochemiker Tilo Pompe. Dafür wollen die Wissenschaftler den Mechanismus nachstellen, der sich abspielt, wenn Glyphosat und andere Pestizide auf die anvisierten Schädlinge wirken. Dann blockieren die Chemikalien meist - je nach Art des Pestizids - ein lebenswichtiges Enzym oder ein anderes Biomolekül, indem sie an es binden und damit außer Kraft setzen.

Glyphosat-Nachweis als Vorreiter für weitere Test

Der Glyphosat-Nachweis soll aber nur der Anfang sein, betont der Dresdner Genetiker Kai Ostermann. „Haben wir für diese Substanz eine erfolgreiche Methode entwickelt, wollen wir uns anschließend anderen Unkraut- und Schädlingsbekämpfungsmitteln widmen". Da die Belastung von Gewässern und Nahrungsmitteln durch Herbizide ein globales Problem ist, muss der Schnelltest vor allem robust und preiswert sein, um auch in Entwicklungsländern eingesetzt werden zu können. "Tatsächlich ist es dort leider oft so, dass die Konzentration von Pestiziden in Umwelt und Nahrung vielerorts sogar höher liegt, als hierzulande", erklärt Pompe.

In vielen Obst- und Gemüsesorten schlummern gesunde Nährstoffe. Um die richtige Tagesdosis zu erreichen, müssten jedoch Massen davon konsumiert werden, weil die Kost meist nur geringe Mengen der Substanz enthält. Forscher vom Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie (MPI-MP) haben nun einen Weg gefunden, für die Medizin relevante Inhaltsstoffe der Sojabohne und der Weintraube in Masse herzustellen. Dafür nutzten die Wissenschaftler die Tomate als natürliche Arzneimittelfabrik.  Wie das Team im Fachjournal Nature (2015, Online-Veröffentlichung) berichtet, gelang es ihnen mithilfe eines gentechnischen Tricks die Produktion der eingeschleusten Naturstoffe in der Tomatenpflanze um das Hundertfache anzukurbeln.

Ob Orangen oder Weintrauben, Tomaten oder Spinat: Viele Obst- und Gemüsesorten haben Inhaltstoffe, die vor Krankheiten schützen oder sogar heilen. So sollen Tomaten das Schlaganfallrisiko senken und in gekochter Form auch vor Sonnenbrand schützen und die Hautstruktur stärken. Verantwortlich dafür ist hier die Substanz Lycopin. Doch davon ist in der Frucht nur wenig vorhanden, so dass riesige Mengen  verspeist werden müssten, um den Tagesbedarf zu decken und die hilfreiche Wirkung zu erzielen.

Naturstoffe für die Medizin

Diese sekundären Inhaltsstoffe für die Medizin nutzbar zu machen, ist ein Ziel, dem sich Forscher am Max-Planck-Institut für Pflanzenphysiologie verschrieben haben. Das Team um Alisdair Fernie und Cathie Martins vom John Innes Centre in England fand einen Weg, um diese Naturstoffe in großem Maßstab herzustellen. Dafür bedienten sie sich  der  Tomatenpflanze. Der Grund: Die Pflanze gehört mit einer Fruchtproduktion von 500 Tonnen pro Hektar zu den ertragreichsten Nutzpflanzen und ist daher besonders gut als „Biofabrik“ für pflanzliche Stoffe geeignet.

Doch nicht das Lycopin der Tomatenpflanze stand im Visier der Forscher. Für ihre Untersuchungen wählten sie die ebenfalls für die Medizin relevanten Stoffe Resveratrol und Genistein. Resveratrol kommt in Weintrauben vor und soll Tierstudien zufolge lebensverlängernd wirken. Genistein ist ein in Sojabohnen vorkommender Sekundärstoff, der verschiedene Krebsarten, wie Brustkrebs, verhindern soll. 

Gentechnischer Schalter integriert

Um die Produktion der beiden Naturstoffe in den Tomaten anzukurbeln, nutzten die Forscher einen gentechnischen Trick:  Sie schleusten zunächst das Gen AtMYB12 aus der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) in die Tomaten ein. Dieses AtMYB12 kodiert ein Protein, das an entscheidende Gene der sekundären Pflanzenstoffe andockt und deren Produktion ankurbelt. „Dieses Protein fungiert wie ein Schalter, der die Herstellung der sekundären Pflanzenstoffe an- und ausschalten kann“, erklärt Alisdair Fernie vom MPI-MP in Potsdam.

Tomate als Biofabrik überzeugt

Danach wurden die ausgewählten Nährstoffe gemeinsam mit weiteren Genen für Enzyme aus Sojabohne und Weintraube in die Tomatenpflanze eingebracht,  um deren Produktion voranzutreiben. Das Ergebnis: Die mit den sogenannten Phenylpropanoiden ausgestatteten Tomatenpflanzen reicherten im Vergleich zu Weintrauben mehr als ein Hundertfaches der Resveratrol-Menge in ihren Früchten an. Ähnlich verhielt es sich bei dem Genistein-Gehalt der Früchte. Auch sie übertraf die von Sojaprodukten um ein Vielfaches. Der Grund für die Produktionssteigerung ist ein völlig neuer Stoffwechselweg, der sich in der Tomatenpflanze etabliert hat und die Naturstoff-Produktion antrieb.

Tomatenpflanzen als Biofabriken zu nutzen hat aber auch einen wirtschaftlichen Vorteil. Anstatt einer aufwendigen synthetischen Herstellung im Labor können die Naturstoffe einfach aus dem gepressten Saft der Tomate extrahiert und das Substrat zur Herstellung von Arzneimitteln verwendet werden. Die Max-Planck-Forscher sind überzeugt, dass mit Hilfe dieser Methode weitere Stoffe in großem Maßstab für die Medizin gewonnen werden können.

Orangen sind gesund. Doch werden die gesunden Inhaltsstoffe aus der Frucht vom Menschen tatsächlich gut aufgenommen? Eine neue Studie von Lebensmittelforschern der Universität Hohenheim legt nahe, dass der menschliche Körper bestimmte Nährstoffe besser über den Verzehr von Orangensaft aufnehmen kann, als über die frische Frucht. Ein Grund dafür sind offenbar die in der Schale enthaltenen Ballaststoffe, die eine Barriere für die gesunden Inhaltsstoffe darstellen. Dies berichten die Forscher im Fachjournal Molecular Nutrition & Food Research (2015, Bd.59, S. 1896-1904).

Orangen sind als Quelle für gesunde Inhaltsstoffe bekannt. Neben Vitamin C enthält die Frucht auch einen hohen Anteil an Carotinoiden und Flavonoiden. Diesen Pflanzenstoffen werden als Antioxidantien positive Effekte auf die Gesundheit zugesprochen. Doch unter Lebensmittelexperten herrscht Unklarheit darüber, wie die Aufnahme solcher Nährstoffe im Körper vonstatten geht und ob frische Früchte hierfür besser geeignet sind als industrielle Produkte wie Säfte. Dieser Frage sind nun Lebensmittelexperten der Universität Hohenheim am Beispiel der Orange und den Carotinoiden nachgegangen.

Saft enthält doppelt soviele Carotinoide

Das Team um Julian Aschoff und Reinhold Carle vom Lehrstuhl Technologie und Analytik pflanzlicher Lebensmittel wollte wissen, in welcher Form der menschliche Körper die Carotinoide  besser aufnimmt – als frische Frucht oder über einen hochprozentigen, pasteurisierten Fruchtsaft. In einem bereits im März 2015 durchgeführten in vitro-Test zeigte sich der Orangensaft überraschenderweise der frischen Frucht überlegen. Nun konnte das Laborergebnis mithilfe von Probanden im Rahmen einer kleinen Studie bestätigt werden. „Bei unseren Untersuchungen konnten wir feststellen, dass aus pasteurisiertem Orangensaft ungefähr doppelt so viele Carotinoide aufgenommen werden als aus einer handelsüblichen Orange“, sagt Julian Aschoff.

In Vorbereitung der Studie mussten ein Dutzend Testpersonen zwei Wochen lang auf andere carotinoidhaltige Lebensmittel wie Tomaten, Spinat, Möhren oder Orangen verzichten, um ihren Körper von dem Pflanzenstoff zu reinigen. Im Anschluss wurde ihnen zum Frühstück dann entweder ein Glas Orangensaft oder die gleiche Menge als Frucht serviert und nach dem Essen innerhalb von zehn Stunden mehrfach Blut abgenommen und der Carotinoid-Gehalt gemessen. 

Ballaststoffe in Orange hemmen Nährstoff-Freigabe

Warum die Nährstoffe aus dem  Fruchtsaft für den Menschen offenbar besser verträglich sind als die der Orange selbst, hat nach Aussage der Forscher gleich mehrere Gründe. Wie die Wissenschaftler im Fachjournal Molecular Nutrition & Food Research berichten, spielen dabei Ballaststoffe eine wichtige Rolle „In der Orange sind mehr unverdauliche Ballaststoffe enthalten als im Saft, weshalb die Aufnahme der Carotinoide aus der Frucht stark vermindert ist“, erklärt Reinhold Carle. Bei der Herstellung des Fruchtsaftes wiederum werden diese Ballaststoffe bereits teilweise abgetrennt. Außerdem werden beim Auspressen der Frucht die Catotinoide besser  freigesetzt. „Beim Zerkauen einer Orange wird die Frucht nie komplett zerkleinert. Viele Zellen bleiben so intakt und schließen die Carotinoide ein. Das erschwert ihre Aufnahme und Verwertung.“ Die Forscher sind daher überzeugt, dass der Orangensaft – trotz seines umstrittenen Zuckergehaltes – gesünder ist, zumindest wenn er in Maßen konsumiert wird. Aus der Sicht der Experten reichen etwa 200 ml am Tag aus, um den menschlichen Körper mit den notwendigen Nährstoffen zu versorgen.