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Süßigkeiten wie Schokolade, Plätzchen oder Baiser gehören für viele Menschen zur Weihnachtszeit dazu. Doch auch hier geht der Trend zu veganen Leckereien, die gesund und nachhaltig sind. Doch gerade bei Backwaren ist es mitunter schwer, gänzlich auf tierische Produkte wie Eier zu verzichten. Forschende vom Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV in Freising wollen das ändern. Im Projekt „LeguFoam“ hat ein Team um Maike Föste eine pflanzliche Alternative zum traditionellen Eiweiß aus Hühnereiern entwickelt.
Proteinschaum aus Leguminosen als Ei-Alternative
Im Fokus stand die Herstellung eines veganen Eiweißschaums, der Backwaren wie Baiser, Biskuits oder Tortenböden locker und fluffig macht. Bei der Suche nach einer Ei-Alternative konzentrierten sich die Fraunhofer-Forschenden auf Hülsenfrüchte wie Lupine, Erbsen und Linsen – und vor allem deren pflanzliche Proteine. Ziel war es, ein Proteinkonzentrat aus Leguminosen zu entwickeln, das den Forschenden zufolge „mit verbesserten Schaumbildungs- und Stabilisierungseigenschaften“ für schaumbasierte Lebensmittel wie Baiser als Ei-Ersatz genutzt werden kann.
Zur Herstellung der Eischaum-Alternative wurde schließlich das Mehl von Erbsen verwendet. „Diese sind bei richtiger Verarbeitung geschmacklich sehr neutral und deshalb gut geeignet“, erklärt Föste. Doch bis zum stabilen Erbsenschaum waren einige Hürden zu nehmen. So musste zunächst das Proteinkonzentrat aus einem Mehl-Wasser-Gemisch gewonnen werden. Diese Proteine wurden dann durch Lauge gelöst und mithilfe spezieller Trennverfahren weiter aufkonzentriert.
Leguminosenproteine funktionalisiert und optimiert
Im nächsten Schritt wurde das Erbsenprotein auf seine Fähigkeiten untersucht, Schaum zu bilden und als solcher lange stabil zu bleiben. Schaum besteht aus Luftbläschen, an deren Grenzflächen sich die Proteine wie ein Film legen und sie damit stabil machen. Hier kam es den Forschenden zufolge darauf an, dass die funktionellen Eiweißgruppen bestmöglich an den Bläschen andocken, sodass viel schaumige Masse entsteht, die den Schaum stabil hält. Mithilfe der Homogenisierung unter hohem Druck gelang es den Forschenden eigenen Angaben nach, die Proteinstruktur gezielt zu funktionalisieren und die Fähigkeit zur Schaumbildung zu steuern.
Geschmack überzeugt Feinschmecker
Proben zur Konsistenz der schaumigen Masse ergaben, dass der „Schaum in einem Gefäß mit definierter Größe für einen festgelegten Zeitraum stehen“ blieb. „Inzwischen kommt unsere Verfahrenstechnik mit den Leguminosen der Qualität von tierischem Eiweißschaum schon recht nahe“, berichtet Föste. Der Erbsenschaum kann aber nicht nur mit der Qualität des tierischen Eiweißes mithalten. In ersten sensorischen Tests hat die pflanzliche Alternative demnach auch Feinschmecker und Liebhaber von süßem Gebäck geschmacklich überzeugt, obwohl Unterschiede zum tierischen Vorbild durchaus bemerkt wurden.
Als Nächstes will das Fraunhofer-Team die Langzeitstabilität des Erbsenschaums weiter verbessern. Das Team ist jedoch überzeugt, dass der pflanzliche Proteinschaum als Ei-Alternative dienen und insbesondere Herstellern von Süß- und Backwaren neue Chancen eröffnet, um die wachsende Nachfrage nach veganen Produkten zu bedienen.
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For many people, sweets such as chocolate, biscuits and meringue are part of the Christmas season. But the trend is also moving towards vegan treats that are healthy and sustainable. However, when it comes to baked goods in particular, it can be difficult to completely avoid animal products such as eggs. Researchers at the Fraunhofer Institute for Process Engineering and Packaging IVV in Freising want to change that. In the ‘LeguFoam’ project, a team led by Maike Föste has developed a plant-based alternative to traditional egg whites from hens' eggs.
Protein foam from legumes as an egg alternative
The focus was on the production of a vegan protein foam that makes baked goods such as meringue, sponge cakes or cake bases light and fluffy. In their search for an egg alternative, the Fraunhofer researchers focussed on pulses such as lupins, peas and lentils – and especially their plant-based proteins. The aim was to develop a protein concentrate from legumes which, according to the researchers, can be used as an egg substitute ‘with improved foaming and stabilising properties’ for foam-based foods such as meringue.
Finally, pea flour was used to produce the egg foam alternative. ‘When processed correctly, peas have a very neutral flavour and are therefore very suitable,’ explains Föste. However, there were a few hurdles to overcome before stable pea foam was achieved. For example, the protein concentrate first had to be extracted from a mixture of flour and water. These proteins were then dissolved using lye and further concentrated using special separation processes.
Legume proteins functionalised and optimised
In the next step, the pea protein was analysed for its ability to form foam and remain stable as such for a long time. Foam consists of air bubbles on the interfaces of which the proteins form a film, making them stable. According to the researchers, it was important for the functional protein groups to dock to the bubbles in the best possible way so that a lot of foamy mass is formed, which keeps the foam stable. According to the researchers, homogenisation under high pressure enabled them to specifically functionalise the protein structure and control the ability to form foam.
Flavour convinces gourmets
Tests on the consistency of the foamy mass showed that the ‘foam remained in a container of a defined size for a set period of time’. ‘In the meantime, our process technology with the legumes comes quite close to the quality of animal protein foam,’ reports Föste. However, the pea foam can not only keep up with the quality of animal protein. In initial sensory tests, the plant-based alternative also impressed gourmets and lovers of sweet pastries in terms of flavour, although differences to the animal model were certainly noticed.
The next step for the Fraunhofer team is to further improve the long-term stability of the pea foam. However, the team is convinced that the plant-based protein foam could serve as an egg alternative and open up new opportunities for manufacturers of confectionery and baked goods in particular to meet the growing demand for vegan products.
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Humus ist bekanntermaßen gut für den Boden. Das komplexe Gemisch aus organischen Stoffen, wie abgestorbene Tier- und Pflanzenreste, dient Pflanzen und Bodenmikroben gleichermaßen als Nahrungsquelle und ist damit ein Treiben für das Pflanzenwachstum und die Bodengesundheit. Hier sind es vor allem die im Humus enthaltenen Huminstoffe, die dafür sorgen, dass Feuchtigkeit und Nährstoffe im Boden gebunden werden, Mikroben-Biomasse in nährstoffreiche Biostimulanzien umwandeln und diese für Pflanzen verfügbar machen können. In der Praxis sieht es jedoch oft anders aus. Mithilfe von Düngern versuchen Landwirtinnen und Landwirte den fehlenden Nährstoffgehalt im Boden zu kompensieren.
Künstliche Huminstoffe für die Landwirtschaft
Am Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB) ist es Forschenden nun gelungen, Huminstoffe aus biologischen Reststoffen künstlich herzustellen und für die Landwirtschaft nutzbar zu machen. Möglich wurde das durch den Einsatz eines neuen, bisher wenig etablierten Verfahrens – die sogenannte hydrothermale Humifizierung. „Was die Natur in Jahren mithilfe von Mikroorganismen schafft, können wir in Minuten bis Stunden in einem kontrollierbaren Prozess mit Hitze, Druck und Wasser erreichen“, erklärt Nader Marzban, Post-Doktorand am ATB und Experte für Biokohle und Huminstoffe.
Reststoffverwertung mittels hydrothermaler Humifizierung
Im Rahmen von Studien hat der ATB-Forscher bereits nachgewiesen, dass mithilfe der hydrothermalen Humifizierung biologische Reststoffe wie organische Abfälle aus Landwirtschaft und Privathaushalten vollständig verwertet werden können. In einem Hochdruckreaktor wurde demnach die Biomasse mit Wasser in einem Verhältnis von etwa 0,1 zu 0,4 gemischt. „Die Faserbestandteile Cellulose, Hemicellulose und Lignin werden dann unter hohem Druck (zwischen 6 und 60 bar) und bei hoher Temperatur (zwischen 160 und 240° C) aufgeschlossen. Je nach pH-Wert und Temperatur im Reaktor erhalten wir entweder mehr Hydrokohle oder künstliche Huminsäure. Beides sind Feststoffe, deren Farbe von bräunlich bis schwarz reicht“, erklärt Marzban.
Diese Feststoffe könnten Marzban zufolge als Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt werden, wie Versuche mit einem Mikrodünger auf Huminstoffbasis belegen. „Die ersten Ergebnisse zeigten, dass die Zugabe von nur 0,01 % unserer Humifizierungsprodukte in den Boden den Keimungsindex deutlich erhöhen und die Pflanzen bei der Aufnahme von mehr Nährstoffen, wie Phosphor, unterstützen kann.“
Großes Potenzial für nachhaltige und zirkuläre Bioökonomie
Das Team um den Potsdamer Experten ist vom Potenzial der hydrothermalen Humifizierung für die Bioökonomie überzeugt. „Wir schließen Kreisläufe und ersetzen fossile Ressourcen im Sinne einer nachhaltigen und zirkulären Bioökonomie. Wenn wir sicherstellen, dass unsere Huminsäuren den natürlichen Vorkommen in Qualität und Nutzen in nichts nachstehen – und das können wir nachweisen –, haben wir ein schnelles, kontrollierbares Verfahren, das nachwachsende Rohstoffe nutzt und eine kaskadische, also mehrstufige Nutzung dieser Biomasse ermöglicht“, sagt Marzban.
Auch andere Prozesse könnten dem Huminstoffexperten zufolge von dem neuen Verfahren profitieren – etwa durch die Integration in Bioraffinerien, um feste und flüssige Rückstände in Huminstoffe umzuwandeln.
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Humus is known to be good for the soil. The complex mixture of organic matter, such as dead animal and plant remains, serves as a food source for plants and soil microbes alike and is therefore a driving force for plant growth and soil health. It is primarily the humic substances contained in humus that ensure that moisture and nutrients are bound in the soil, convert microbial biomass into nutrient-rich biostimulants and make these available to plants. In practice, however, things often look different. Farmers try to compensate for the lack of nutrients in the soil with the help of fertilisers.
Artificial humic substances for agriculture
Researchers at the Leibniz Institute for Agricultural Engineering and Bioeconomy (ATB) have now succeeded in artificially producing humic substances from biological residues and making them usable for agriculture. This was made possible by using a new, previously little-established process known as hydrothermal humification. ‘What nature can do in years with the help of microorganisms, we can achieve in minutes to hours in a controllable process with heat, pressure and water,’ explains Nader Marzban, post-doctoral researcher at the ATB and expert in biochar and humic substances.
Residue utilisation using hydrothermal humification
The ATB researcher has already demonstrated in studies that biological residues such as organic waste from agriculture and private households can be fully utilised using hydrothermal humification. In a high-pressure reactor, the biomass was mixed with water in a ratio of around 0.1 to 0.4. ‘The fibre components cellulose, hemicellulose and lignin are then broken down under high pressure (between 6 and 60 bar) and at a high temperature (between 160 and 240° C). Depending on the pH value and temperature in the reactor, we obtain either more hydrochar or artificial humic acid. Both are solids that range in colour from brownish to black,’ explains Marzban.
According to Marzban, these solids could be used as a fertiliser in agriculture, as tests with a humic-based microfertiliser have shown. ‘The initial results showed that adding just 0.01% of our humification products to the soil can significantly increase the germination index and help plants absorb more nutrients, such as phosphorus.’
Great potential for a sustainable and circular bioeconomy
The team led by the Potsdam expert is convinced of the potential of hydrothermal humification for the bioeconomy. ‘We are closing cycles and replacing fossil resources in the sense of a sustainable and circular bioeconomy. If we ensure that our humic acids are in no way inferior to natural deposits in terms of quality and benefits – and we can prove this – we have a fast, controllable process that uses renewable raw materials and enables cascading, i.e. multi-stage utilisation of this biomass,’ says Marzban.
According to the humic substances expert, other processes could also benefit from the new method - for example, by integrating it into biorefineries to convert solid and liquid residues into humic substances.
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Wie können Nährstoffe wie Phosphor und Stickstoff, die der Umwelt durch den Anbau und Verzehr von Lebensmitteln entzogen werden, wieder zurückgegeben werden? Diese Frage stand im Fokus des Projektes „zirkulierBAR“, das in den Jahren 2021 bis 2024 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Fördermaßnahme REGION.innovativ unterstützt wurde. Nach Abschluss des dreijährigen Vorhabens, welches das Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) koordinierte, hat das Konsortium nun seine Ergebnisse und Erkenntnisse in einem Handbuch zusammengefasst.
Leitfaden für die Sanitär- und Nährstoffwende
Das „Handbuch für die Sanitär- und Nährstoffwende“ soll Kommunen sowie Landwirtinnen und Landwirte auf dem Weg in eine zirkuläre Zukunft als Praxisleitfaden dienen. Auf 124 Seiten wird gezeigt, wie mithilfe neuer Sanitärsysteme und Aufbereitungsanlagen Nährstoffe, die über die Nahrung aufgenommen wurden, wieder in den natürlichen Kreislauf zurückgeführt werden können. Im Fokus des Projektes stand hier die Aufbereitung von Urin und Feststoffen aus sogenannten Trockentoiletten zu Recyclingdünger und -kompost.
Dafür wurde im Rahmen des Vorhabens auf dem Gelände der Stadtwerke Barnim in Eberswalde eine Recyclinganlage aufgebaut, um menschliche Ausscheidungen zu sammeln, zu säubern und als Recyclingdünger aufzubereiten. Es ist die erste ihrer Art in Deutschland. In dem Reallabor wurde erforscht, ob diese Art der Nährstoffrückgewinnung technisch machbar und auch ökologisch sinnvoll ist. In dem Handbuch beschreiben die Forschenden nun, wie viel Potenzial in dem Recyclingdünger steckt.
Beitrag zur Düngemittelversorgung und Umweltschutz
„Wenn Nährstoffe aus Kot und Urin getrennt gesammelt und aufbereitet werden und qualitätsgesichert auf den Äckern landen, können sie einen wichtigen Beitrag zur Versorgung mit Düngemitteln leisten“, resümiert Projektkoordinatorin Ariane Krause vom Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ). „Außerdem können wir Wasser sparen und die Belastung der Gewässer reduzieren. Zudem verringern Recyclingdünger die Abhängigkeit von Rohphosphat- und Erdgasimporten, die zur Herstellung synthetischer Dünger gebraucht werden.“
Durch die getrennte Aufbereitung von Urin und Kot lassen sich nicht nur wichtige Nährstoffe recyceln. Den Forschenden zufolge können mithilfe des Recyclingdüngers auch bis zu 25 % des Mineraldüngers in Deutschland ersetzt werden und somit der CO₂-Fußabdruck und Druck auf natürliche Ressourcen wie Boden, Wasser, Luft und Nährstoffe gemindert werden.
How can nutrients such as phosphorus and nitrogen, which are removed from the environment through the cultivation and consumption of food, be returned? This question was the focus of the ‘zirkulierBAR’ project, which was supported by the Federal Ministry of Education and Research (BMBF) from 2021 to 2024 as part of the REGION.innovativ funding programme. Following the completion of the three-year project, which was coordinated by the Leibniz Institute of Vegetable and Ornamental Crops (IGZ), the consortium has now summarised its results and findings in a handbook.
Guidelines for the sanitary and nutrient transformation
The ‘Handbook for the sanitary and nutrient transformation’ is intended to serve as a practical guide for municipalities and farmers on the path to a circular future. Its 124 pages show how new sanitation systems and treatment plants can be used to return nutrients absorbed through food to the natural cycle. The project focused on the processing of urine and solids from dry toilets into recycled fertiliser and compost.
As part of the project, a recycling plant was set up on the premises of Stadtwerke Barnim in Eberswalde to collect and clean human excrement and process it as recycled fertiliser. It is the first of its kind in Germany. In the real-life laboratory, research was carried out into whether this type of nutrient recovery is technically feasible and also ecologically sensible. In the handbook, the researchers now describe how much potential there is in the recycled fertiliser.
Contribution to fertiliser supply and environmental protection
‘If nutrients from faeces and urine are collected and processed separately and end up on the fields in a quality-assured manner, they can make an important contribution to the supply of fertilisers,’ summarises project coordinator Ariane Krause from the Leibniz Institute of Vegetable and Ornamental Crops (IGZ). ‘We can also save water and reduce water pollution. Recycled fertilisers also reduce our dependence on imports of rock phosphate and natural gas, which are used to produce synthetic fertilisers.’
The separate processing of urine and faeces not only allows important nutrients to be recycled. According to the researchers, the recycled fertiliser can also be used to replace up to 25% of mineral fertilisers in Germany, thereby reducing the carbon footprint and pressure on natural resources such as soil, water, air and nutrients.
Biobasierte Materialien bieten viel Potenzial als Grundstoffe für die Industrie, insbesondere für die Herstellung vielseitiger Kunststoffe. Ein neu gestartetes EU-Projekt verfolgt das Ziel, diese Kunststoffe mithilfe von Bakterien aus Holzresten zu produzieren. Im Fokus des Projekts „BIOPYRANIA“ stehen Pyrazin-basierte Kunststoffe. Das Forschungskonsortium wird im Rahmen des EU-Programms Horizon Europe 2021-2027 mit rund 5 Mio. Euro gefördert. In neun europäischen Ländern sind 13 Firmen und Forschungseinrichtungen beteiligt. Mit dabei ist aus Deutschland auch eine Forschungsgruppe der Universität des Saarlandes, die mit 471.000 Euro in ihrem Vorhaben unterstützt wird.
Pyrazine aus Holzresten: Basis für nachhaltige Kunststoffe
Christoph Wittmann, Professor für Biotechnologie an der Universität des Saarlandes, und sein Team möchten herausfinden, wie sie das Bodenbakterium Corynebacterium glutamicum dazu bringen können, aus Holzresten die passenden „Ausscheidungsprodukte“ zu produzieren. Diese beinhalten bestimmte aromatische Verbindungen – die Pyrazine.
Sie sollen als monomere Grundstoffe für die Herstellung von Hochleistungspolymeren wie Polyamiden (PA) und Polybenzimidazolen (PBI) dienen, die sich durch geringes Gewicht, mechanische und chemische Beständigkeit sowie Vielseitigkeit auszeichnen. Diese Kunststoffe könnten in Leichtbauteilen von Elektroautos oder in speziellen Elektrolysemembranen für die grüne Wasserstoffproduktion verwendet werden. „Unser Beitrag besteht darin, den Bakterien das Holz schmackhaft zu machen, damit sie aus dessen Bestandteilen die gewünschten Biobausteine für die Polymere produzieren können“, erklärt Wittmann.
Bakterien als Motor für die skalierbare Produktion
Das Holz erhalten die Saarbrücker Biotechnologen von ihren Partnern in Estland. In der Hauptstadt Tallinn betreibt eine große Bioraffinerie die Aufspaltung von Birkenholz in Zucker- und Ligninfraktionen. Mit ihrer Expertise auf diesem Gebiet untersucht das Team nun, wie die festen Bestandteile des Holzes und der Holz-Zucker von den Bakterien verwertet werden können.
Dafür wollen die Forschenden die Mikroben so manipulieren, dass ihr Stoffwechsel Biobausteine produziert, die im industriellen Maßstab nutzbar sind. Ihr Ziel ist es, die gesamte Produktionskette – vom Rohmaterial bis zum fertigen Produkt – CO₂-neutral und wiederverwertbar zu gestalten, um eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft zu fördern. „Wenn uns das gelingt, werden weitere Partner dieses Verfahren auf größere Maßstäbe skalieren“, erklärt Wittmann. An der Universität Maastricht, bei der die Projektleitung liegt, sollen die Bausteine dann zu belastbaren und leichten Pyrazin-Polymeren verarbeitet werden.
Dass die Produktion bis Ende der Förderperiode im Oktober 2028 bereits im großen Maßstab anlaufen wird, hält Wittmann jedoch für unwahrscheinlich: „Aber ich bin guter Dinge, dass wir bis dahin entscheidende Grundlagen dafür gelegt haben, dass diese Vision mittelfristig tatsächlich Realität wird.“ Im Vordergrund steht zunächst die Demonstration der technischen Machbarkeit und Skalierbarkeit.
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Die Fruchtbarkeit von Ackerböden einschließlich ihrer Fähigkeit, Kohlenstoff zu speichern, wird maßgeblich vom Humusgehalt bestimmt. Wie hoch der Anteil der abgestorbenen organischen Stoffe aus pflanzlichem, tierischem und mikrobiellem Material ist, hängt Fachleuten zufolge wiederum von der Art der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung ab. Monokultur und Düngepraxis haben jedoch dazugeführt, dass der Humusvorrat in Deutschland auf Äckern und Grünland abnimmt. Das soll sich ändern. Mit dem „Verordnungsentwurf über einen freiwilligen Zertifizierungsrahmen zur CO₂-Entnahme und Carbon Farming“ hat die EU im vergangenen Jahr den Rahmen geschaffen, um Maßnahmen zum Aufbau von Humus und zur Reduzierung der Treibhausgasemission aus Böden zu honorieren.
Humusveränderungen aus dem All nachweisen
Wie hoch der Humusgehalt ist, wird derzeit anhand von regelmäßigen Bodenproben ermittelt – eine Maßnahme, die nicht nur sehr langwierig und teuer ist. Auch Veränderungen des Humusgehaltes lassen sich damit schwer abbilden. Forschende am Thünen-Institut für Betriebswirtschaft haben nun eine Methode entwickelt, mit deren Hilfe der Humusauf- und -abbau in Böden gemessen werden kann. Um Humusveränderungen im Boden nachzuweisen, wurden demnach Satellitenbilder und Daten der Bodendauerbeobachtung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) an hundert Ackerstandorten in Bayern verwendet.
Bodenfarbe macht Humusveränderung sichtbar
Wie das Team im Fachjournal Global Change Biology berichtet, sind aufgrund der hohen Qualität und Aufnahmedichte der Satellitenbilder nun erstmals Humusveränderungen in Ackerböden anhand „kleinster Veränderungen der Bodenfarbe“ aus dem All nachweisbar. „Ackerschläge, in denen am Boden eine Zu- oder Abnahme des Humusgehalts gemessen wurde, konnten aus den Satellitendaten mit hoher Genauigkeit voneinander unterschieden werden“, berichten die Forschenden.
Humusaufbau unabhängig überprüfbar
Mit der neuen Methode liefert das Team um Tom Brög auch einen Schlüssel, um künftig unabhängig überprüfen zu können, wo Maßnahmen zum Humusaufbau tatsächlich erfolgreich sind.
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Corynebacterium glutamicum ist der sogenannte hidden champion unter den Bakterien. Im Vergleich zu den Laktobazillen, die als Milchsäurebakterium bekannt sind, erfährt das „Keulenbakterium“ weniger Aufmerksamkeit. Mit der Wahl zur Mikrobe des Jahres 2025 stellt die Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie (VAAM) nun dieses eher unbekannte Bakterium ins Rampenlicht und unterstreicht damit sein großes Potenzial für die industrielle Produktion.
Weltmarktführer für Natriumglutamat-Herstellung
Vor allem für die Lebensmittel- und Futtermittelproduktion ist Corynebacterium glutamicum zu einem unverzichtbaren Produktionsorganismus geworden. Die Mikrobe erzeugt nicht nur große Mengen Aminosäuren und Proteine. Mit einer weltweiten Jahresproduktion von 3,5 Millionen Tonnen des Geschmacksstoffs Natriumglutamat ist sie nach Angaben der VAAM auch der „unbekannte Weltmarktführer“ unter den Produktionsorganismen.
Mit Natriumglutamat wird die neben süß, sauer, salzig und bitter als herzhaft geltende fünfte Geschmacksrichtung umami von speziellen Sinneszellen auf der Zunge ausgelöst. Reife Tomaten, Parmesan und Schinken enthalten den Geschmacksstoff von Natur aus. Natriumglutamat wird aber auch als Würzmittel eingesetzt, vor allem in der asiatischen Küche und in Fertigprodukten.
Potenzial für eine kreislauffähige Bioökonomie
Darüber hinaus spielt Corynebacterium glutamicum auch in der Forschung seit vier Jahrzehnten eine große Rolle. So haben Forschende den Produktionsorganismus so verändert, dass er in der Lage war, Aminosäuren auch aus Resten der Biodieselproduktion oder aus Pflanzenabfällen wie Orangenschalen zu erzeugen. „Dies mindert unsere fossile Abhängigkeit und erlaubt einen bioökonomischen Kreislauf aus nachwachsenden Rohstoffen“, begründet das VAAM-Gremium seine Wahl. Die intensive Forschung an den Corynebakterien liefere damit die Grundlage für weitere spannende Anwendungen.
Mikrobielle Produktion von Naturstoffen, Antioxidantien und Peptiden
So werden durch gentechnische Methoden und neue Ansätze der synthetischen Biologie mithilfe der Mikrobe nicht nur Aminosäuren, sondern auch andere Produkte wie gesundheitsfördernde Naturstoffe, Antioxidantien und antimikrobielle Peptide hergestellt.
Aufgrund der länglichen Keulenform der Corynebakterien zählt die Mikrobe zu den sogenannten Keulenbakterien. Die im Boden lebende Mikrobe sei robust und produktiv und für den Menschen völlig harmlos, heißt es. Zwar gibt es auch einige toxische Verwandte unter den Corynebakterien-Arten, die gefährliche Krankheiten wie Diphtherie oder Tuberkulose verursachen. Die Ähnlichkeit im Zellenaufbau mit dem verwandten Mycobacterium tuberculosis, dem Erreger der Lungentuberkulose, bietet jedoch auch einen Ansatz, um mithilfe der „Mikrobe des Jahres“ neue Medikamente zu identifizieren. „So deckt Corynebacterium glutamicum die gesamte Bandbreite vom winzigen Forschungsobjekt bis zum Industrieproduzenten im Tonnenmaßstab ab“, resümiert die VAAM.
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Blumenerden enthalten gewöhnlich Torf, der durch abgestorbene Pflanzenreste in Mooren entsteht. Mit dem Torfabbau werden jedoch Lebensräume vieler Pflanzen und Tiere und auch ein wertvoller Kohlenstoffspeicher zerstört. Zwar gibt es mittlerweile alternative Pflanzsubstrate wie Kokosmark und -fasern. Doch die Rohstoffe müssen aus Indien oder Sri Lanka importiert werden. Im Projekt TOPKO wollen Forschende der Hochschule Oldenburg mit Industriepartnern nun beweisen, dass auch regionale Rohstoffe als Torfersatz für Pflanzsubstrate geeignet sind.
Regionale Biokohle-Kompost-Mischungen als torffreies Pflanzsubstrat
Im Fokus des Projektes steht die Herstellung verschiedener Pflanzen- und Hydrokohlen aus landwirtschaftlichen Rest- und Abfallstoffen. Den Forschenden zufolge wird hierfür Grünschnitt aus der Landschaftspflege und insbesondere aus der extensiven Moorbewirtschaftung wie der Paludikultur verwendet. Ziel des Projektes ist die Entwicklung eines marktreifen, torffreien und regionalen Gartensubstrates, das in der Landwirtschaft, in Baumschulen sowie im privaten Gartenbau eingesetzt werden kann.
Bei der Herstellung von Hydrokohle mittels Hydrothermaler Carbonisierung (HTC) stehen flüssige landwirtschaftliche Reststoffe wie Gülle oder Gärreste aus Biogasanlagen im Fokus. Für die mittels Pyrolyse erzeugte Pflanzenkohle wird wiederum Grünschnitt eingesetzt. Hydro- und Pflanzenkohlen werden den Forschenden zufolge anschließend einzeln, aber auch zusammen in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen mit Kompost vermengt, sodass neue Pflanzsubstrate entstehen.
Nachhaltigkeit und Marktchancen ermitteln
Ob sich die neuartigen Kohle-Kompost-Mischungen als torffreie Blumenerde eignen, wird im Rahmen des Projektes zunächst unter kontrollierten Bedingungen im Gewächshaus und später in sogenannten Containerversuchen mit typischen Gehölzen aus der Baumschule geprüft. Darüber hinaus wollen die Forschenden mithilfe von Umweltbilanzen auch die Nachhaltigkeit des Kohlenstoffkreislaufs bewerten sowie Akzeptanz und Marktchancen der neuen Pflanzsubstrate im Rahmen sozio-ökonomischer Untersuchungen ermitteln.
Das Vorhaben „Torffreie klimafreundliche Pflanzsubstrate aus Hydro- und Pyrolysekohlen“ (TOPKO) läuft bis 2027 und wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mit rund 633.000 Euro gefördert.
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Potting soils usually contain peat, which is formed from dead plant remains in bogs. However, peat extraction destroys the habitats of many plants and animals as well as a valuable carbon store. There are now alternative plant substrates such as coconut pulp and fibres. However, the raw materials have to be imported from India or Sri Lanka. In the TOPKO project, researchers at Oldenburg University of Applied Sciences and industrial partners now want to prove that regional raw materials are also suitable as a peat substitute for plant substrates.
Regional biochar-compost mixtures as a peat-free planting substrate
The project focuses on the production of various plant and hydro carbons from agricultural residues and waste materials. According to the researchers, green waste from landscape conservation and in particular from extensive peatland management such as paludiculture is used for this purpose. The aim of the project is to develop a market-ready, peat-free and regional garden substrate that can be used in agriculture, tree nurseries and private horticulture.
The production of hydrochar by means of hydrothermal carbonisation (HTC) focuses on liquid agricultural residues such as liquid manure or fermentation residues from biogas plants. Green cuttings are used for the biochar produced by pyrolysis. According to the researchers, hydrochar and biochar are then mixed with compost individually or together in different ratios to create new plant substrates.
Determining sustainability and market opportunities
Whether the novel coal-compost mixtures are suitable as peat-free potting soil will be tested as part of the project, initially under controlled conditions in the greenhouse and later in so-called container trials with typical trees and shrubs from the nursery. The researchers also want to use life cycle assessments to evaluate the sustainability of the carbon cycle and determine the acceptance and market opportunities of the new plant substrates as part of socio-economic analyses.
The ‘Peat-free, climate-friendly plant substrates from hydro and pyrolysis coal’ (TOPKO) project will run until 2027 and is being funded by the Federal Ministry of Food and Agriculture (BMEL) with around 633,000 euros.
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Fisch zählt zu den beliebtesten Nahrungsmitteln in Deutschland. Um die große Nachfrage zu bedienen und eine Überfischung zu vermeiden, werden Fische wie Lachs und Forelle häufig in Aquakulturen gezüchtet. Für die Aufzucht werden jedoch enorme Mengen an Wildbeständen zu Fischmehl und -öl verarbeitet und dem Futter beigemischt. Auf diese Weise werden die Zuchtfische mit den lebenswichtigen und mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren wie Docosahexaensäure (DHA) versorgt, die für eine gesunde Ernährung essenziell sind.
Nachhaltige Kost für Aquakulturfische
Bioverfahrenstechniker der Technischen Universität Berlin zeigen nun, dass die kostbaren Omega-3-Fettsäuren mithilfe von Bakterien und Algen auch aus pflanzlichen Reststoffen gewonnen werden können. Mit der nachhaltigen Kost für Aquakulturfische will das Berliner Forschungsteam verhindern, dass Zuchtfische auch weiterhin mit Wildfischen „gemästet“ werden.
Das Team um Stefan Junne setzt dabei auf sogenannte heterotrophe Mikroalgen, die in der Lage sind, DHA aus organischem Material zu synthetisieren. „Damit die Algen das DHA produzieren, müssen sie mit einem Substrat gefüttert werden. Das kann Zucker sein, der zum Beispiel aus Getreide wie Mais stammt“, erklärt Junne. „Da wir hier am Fachgebiet jedoch die Philosophie verfolgen, Nahrungsmittel möglichst nicht in biotechnologischen Prozessen zu verwenden, experimentieren wir unter anderem mit Stallstroh. Denkbar sind aber auch Essensreste und andere biologische Reststoffe wie Laub oder Grünschnitt“, betont der Forscher.
Mikroben verwandeln Stroh in Fettsäure und Dünger
Wie das Team um Junne berichtet, konnten mit Stroh bereits vielversprechende Ergebnisse erzielt werden. Dafür wurden die pflanzlichen Reststoffe in einem 200-Liter-Bioreaktor aus Plexiglas mithilfe von Bakterien in kurzkettige Carboxylsäuren wie Essigsäure zersetzt und anschließend an die Mikroalgen verfüttert, damit diese es zu DHA verstoffwechseln und in ihren Zellen anreichern.
„Da wir mit Reststoffen arbeiten, müssen wir die mikrobielle Hydrolyse, also die Zersetzung des Strohs durch Bakterien, der eigentlichen Synthese der DHA in den Algen vorschalten. Wir koppeln also zwei Bioprozesse“, erklärt Stefan Junne. Bei der mikrobiellen Hydrolyse entstand den Forschenden zufolge neben flüssiger Essigsäure auch ein Feststoff, der als Dünger genutzt werden kann.
Fettsäureanteil in Fischfutterersatz mit kommerziellen Mischungen vergleichbar
Im Rahmen des Projektes „FENA – Fischmehl und -ölersatz für eine nachhaltige Aquakultur“ konnte das Team eigenen Angaben zufolge bereits knapp vier Tonnen Fischfutterersatz auf Basis von Algen herstellen. „Der Ersatz hatte eine Konzentration von circa 20 % DHA. Die Zusammensetzung der Omega-3-Fettsäuren ähnelte damit der von kommerziellen Fischöl- und Fischmehl-Mischungen“, berichtet Junne. Auch erste Fütterungsversuche waren erfolgreich und zeigen, dass Fettsäuren aus pflanzlichen Reststoffen und Algen herkömmliches Fischmehl und -öl ersetzen und Aquakulturen nachhaltig machen können.
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Fish is one of the most popular foods in Germany. In order to meet the high demand and avoid overfishing, fish such as salmon and trout are often bred in aquacultures. However, enormous quantities of wild stocks are processed into fishmeal and fish oil and added to the feed. In this way, the farmed fish are supplied with vital and polyunsaturated omega-3 fatty acids such as docosahexaenoic acid (DHA), which are essential for a healthy diet.
Sustainable food for aquaculture fish
Bioprocess engineers at the Technical University of Berlin have now shown that the valuable omega-3 fatty acids can also be obtained from plant residues with the help of bacteria and algae. With this sustainable diet for aquaculture fish, the Berlin research team wants to prevent farmed fish from continuing to be ‘fattened’ with wild fish.
Stefan Junne and his team are focusing on so-called heterotrophic microalgae, which are able to synthesise DHA from organic material. ‘In order for the algae to produce DHA, they have to be fed with a substrate. This can be sugar, for example from cereals such as maize,’ explains Junne. ‘However, as we follow the philosophy here at the department of not using food in biotechnological processes wherever possible, we are experimenting with barn straw, among other things. However, food waste and other biological residues such as leaves or green waste are also possible,’ emphasises the researcher.
Microbes convert straw into fatty acid and fertiliser
As Junne's team reports, promising results have already been achieved with straw. The plant residues were broken down into short-chain carboxylic acids such as acetic acid in a 200-litre Plexiglas bioreactor with the help of bacteria and then fed to the microalgae so that they could metabolise it into DHA and accumulate it in their cells.
‘As we are working with residual materials, we have to switch the microbial hydrolysis, i.e. the decomposition of the straw by bacteria, upstream of the actual synthesis of DHA in the algae. We are therefore coupling two bioprocesses,’ explains Stefan Junne. According to the researchers, the microbial hydrolysis produced not only liquid acetic acid but also a solid that can be used as a fertiliser.
Fatty acid content in fish feed substitutes comparable to commercial mixtures
As part of the ‘FENA - Fish meal and oil replacer for sustainable aquaculture’ project, the team says it has already been able to produce almost four tonnes of algae-based fish feed replacer. ‘The substitute had a concentration of around 20 % DHA. The composition of the omega-3 fatty acids was therefore similar to that of commercial fish oil and fishmeal mixtures,’ reports Junne. Initial feeding trials were also successful and show that fatty acids from plant residues and algae can replace conventional fishmeal and fish oil and make aquaculture sustainable.
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Wie wichtig die Böden für die Menschheit und das Leben auf der Erde sind, ist vielen zu wenig bewusst. Im Boden wirken Gestein, Wasser, Luft und Lebewesen zusammen, um die fruchtbare oberste Erdschicht zu schaffen. So bilden Böden eine wichtige Grundlage für die Ernährung und die Biodiversität. Um hierfür ein Bewusstsein zu schaffen, wird jedes Jahr der „Boden des Jahres“ gekürt. In diesem Jahr steht die Rendzina im Rampenlicht.
Humusanreicherung auf Gesteinsuntergrund
Abhängig von Ausgangsgestein, Klima, Ort und Vegetation können ganz verschiedene Typen von Böden mit unterschiedlicher Zusammensetzung und unterschiedlicher Schichtung entstehen. Rendzinen entstehen auf Kalk-, Dolomit- oder Gipsgesteinen und zeichnen sich dadurch aus, dass unter dem dunklen humusreichen Oberboden (A-Horizont) direkt der zerklüftete Gesteinsuntergrund (C-Horizont) ansteht, ein brauner B-Horizont hingegen fehlt.
Dank ihres hohen Karbonatgehalts bieten Rendzinen hervorragende Bedingungen für Bodenlebewesen, welche die Bodensubstanz schnell umwandeln und zu einer starken Humusanreicherung beitragen. Die so aufgelockerte Bodenstruktur begünstigt die Wasseraufnahme, den Luftaustausch und die Speicherung von Nährstoffen.
Trockenrasen und Buchenwälder
Für die landwirtschaftliche Nutzung sind Rendzinen wegen ihrer geringen Tiefe allerdings weniger geeignet. Das direkt unter dem Boden liegende lösliche Gestein lässt Wasser leicht versickern. So entwickelt sich häufig ein Trockenrasen mit seltenen Blütenpflanzen oder an anderen Standorten Buchenwälder.
„Die Rendzina zeigt eindrucksvoll, dass Böden weit mehr sind als landwirtschaftliche Produktionsflächen. Sie sind Lebensräume, Geologie zum Anfassen und ein wertvoller Teil unseres Natur- und Kulturerbes“, so Till Backhaus, Landwirtschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommern beim Aktionstag zum Weltbodentag. Auf Rügen forme die Rendzina mit der Kreideküste ein unverwechselbares Wahrzeichen von Mecklenburg-Vorpommern und biete Lebensraum für die beeindruckende Flora und Fauna des UNESCO-Weltnaturerbes „Jasmunder Buchenwald“.
Doch nicht nur auf den Norddeutschen Kalkgesteinen der Kreidezeit sind Rendzinen zu finden, sondern darüber hinaus auch in Karstgebieten der Mittelgebirge und der Alpen, auf den Jurakalkflächen der Fränkischen und Schwäbischen Alb und in den Muschelkalkgebieten Thüringens.
Boden des Jahres
Mecklenburg-Vorpommern hat in diesem Jahr die Schirmherrschaft für den „Boden des Jahres“ übernommen. Er wird seit 2004 traditionell am Weltbodentag am 5. Dezember gekürt. Im Vorjahr wurde der Waldboden in den öffentlichen Fokus gerückt. Mit der Aktion, die vom Umweltbundesamt in Dessau gefördert wird, solle dem Boden ein Gesicht verliehen und so das Wissen über Böden erweitert werden.
ck/bb
Holz ist ein vielseitiger und begehrter Rohstoff in Deutschland und muss aufgrund der hohen Nachfrage in großen Mengen importiert werden. Eine Alternative zum Holz könnten Pflanzen aus Paludikultur sein, da Moorpflanzen ebenfalls wichtige Holzbestandteile wie Zellulose und Lignin enthalten. Für Baustoffe, Viehfutter und Nahrungsmittel werden Schilfrohr oder Torfmoose bereits eingesetzt. Nun könnte auch die Papierindustrie von Moorpflanzen als Holzersatzstoff profitieren. Dafür liefern Forschende des Fraunhofer-Instituts für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV jetzt den Nachweis.
Neues Verfahren zur Zellstoffherstellung aus Moorpflanzen
Im Rahmen des Projektes PALUDI, das unter anderem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wurde, hatte ein Team um Projektleiter Fabian Kayatz die Potenziale von Moorpflanzen wie Schilf, Seggen oder Rohrglanzgras für nachhaltige Verpackungen untersucht und entsprechende Herstellungsverfahren erprobt. Dafür wurde ein ressourcenschonendes Verfahren zur Zellstoffherstellung entwickelt.
Ein Vorteil der Moorkulturen: Sie haben einen geringeren Ligningehalt als Holz. Beim Aufschluss der Pflanzenfasern müssen daher weniger Chemikalien eingesetzt werden, um die für Verpackungen erforderliche Faserqualität zu erhalten. „Je weniger Lignin vorhanden ist, also der natürliche Klebstoff in den pflanzlichen Zellwänden, desto geringer ist der Einsatz etwa von Säuren oder Laugen beim chemischen Aufschluss und desto stabiler bildet sich ein Fasernetzwerk aus“, erläutert Fabian Kayatz.
Dem Forscher zufolge verfügt der Zellstoff aus diesen Pflanzenfasern auch über bessere mechanische Eigenschaften als Zellstoff aus Mais oder Bambus. Zudem lässt sich das Lignin aus nicht verholzenden Pflanzen leichter auslösen und von den Fasern trennen, sodass weniger Energie für Aufschlussverfahren benötigt wird, als bei der herkömmlichen Papierherstellung aus Holz.
Weniger Energie bei Faseraufschlussverfahren
Bei dem von den Fraunhofer-Forschenden entwickelten Aufschlussverfahren, das an Schilfrohr und anderen Paludikultur getestet wurde, kamen demnach Temperaturen unter 100° C zum Einsatz, die damit „bis zu 45 % unter den niedrigsten Werten für chemische Faseraufschlussverfahren“ liegen. Bis zu 83 % Lignin konnten nach Angaben der Forschenden aus dem eingesetzten Rohstoff herausgelöst werden. Die Zellstoffausbeute lag demnach – je nach Einstellung der Parameter – bei bis zu 53 %.
Tiegel und Schalen aus Schilfrohrfasern hergestellt
In Tests konnten die Fraunhofer-Forschenden nachweisen, dass sich die im Projekt hergestellten „flachen, fasergegossenen Papiere“ aus Paludikultur gut verarbeiten lassen und für Verfahren wie Falzen, Kleben und Bedrucken geeignet sind. Daneben hätten die Papiere auch in puncto Zugfestigkeit und Dehnbarkeit sowie mit ihren wasserabweisenden Eigenschaften überzeugt, berichtet das Team. Im Projekt entstanden mittels Faserguss- und Tiefziehverfahren bereits erste stabile Papiertiegel und Schalen aus Schilfrohrfasern, „ohne Additive zu verwenden“.
Noch wurden die Ergebnisse nur im Labormaßstab erzielt. Doch das Potenzial zeichnet sich ab: „Nach der Ernte der Moorpflanzen könnte die gewonnene Biomasse im Industriemaßstab in der Zellstofffabrik weiterverarbeitet werden. Dort würde dann die Zellstoffherstellung durch den Aufschluss der Pflanzenfasern erfolgen“, erläutert der Projektleiter.
Vor einem Einsatz in der Industrie will das PALUDI-Team das Faseraufschlussverfahren weiter optimieren. Als Erstes sollen Verpackungen für den Non-Food-Bereich wie Kosmetik, Logistik und Büromaterialien daraus produziert werden.
Beitrag zum Umwelt- und Moorschutz
„Das Potenzial der Moorpflanzen für die Herstellung von innovativen, biobasierten Verpackungen ist groß, wie wir mit unserer erfolgreichen Entwicklung von ressourcenschonenden Verfahren zur Zellstoffherstellung zeigen konnten“, resümiert Fabian Kayatz und betont, dass auch der Fortbestand der Moore unterstützt werde, indem Agrarflächen wiedervernässt und für Paludikultur genutzt werden.
bb
Wood is a versatile and sought-after raw material in Germany and has to be imported in large quantities due to the high demand. An alternative to wood could be plants from paludiculture, as peatland plants also contain important wood components such as cellulose and lignin. Reeds and peat mosses are already being used for building materials, animal feed and food. Now the paper industry could also benefit from peatland plants as a wood substitute. Researchers at the Fraunhofer Institute for Process Engineering and Packaging IVV have now provided proof of this.
New process for pulp production from peatland plants
As part of the PALUDI project, which was funded by the German Federal Ministry of Education and Research (BMBF) and others, a team led by project manager Fabian Kayatz investigated the potential of peatland plants such as reeds, sedges and reed canary grass for sustainable packaging and trialled corresponding production processes. A resource-saving process for pulp production was developed for this purpose.
One advantage of peat cultures is that they have a lower lignin content than wood. This means that fewer chemicals need to be used when breaking down the plant fibres in order to obtain the fibre quality required for packaging. ‘The less lignin is present, i.e. the natural adhesive in the plant cell walls, the lower the use of acids or alkalis during chemical pulping, for example, and the more stable a fibre network is formed,’ explains Fabian Kayatz.
According to the researcher, pulp made from these plant fibres also has better mechanical properties than pulp made from maize or bamboo. In addition, the lignin from non-lignifying plants is easier to extract and separate from the fibres, meaning that less energy is required for pulping processes than in conventional paper production from wood.
Less energy for pulping processes
The pulping process developed by the Fraunhofer researchers, which was tested on reeds and other paludicultures, used temperatures below 100°C, which is ‘up to 45% below the lowest values for chemical pulping processes’. According to the researchers, up to 83% lignin could be extracted from the raw material used. The pulp yield was therefore – depending on the parameter settings – up to 53%.
Jars and trays made from reed fibres
In tests, the Fraunhofer researchers were able to prove that the ‘flat, fibre-cast papers’ made from paludiculture produced in the project can be processed well and are suitable for processes such as folding, gluing and printing. The team reports that the papers also impressed in terms of tensile strength and elasticity as well as their water-repellent properties. The project has already produced the first stable paper jars and trays from reed fibres using fibre casting and deep-drawing processes, ‘without the use of additives’.
The results have still only been achieved on a laboratory scale. But the potential is becoming apparent: ‘After harvesting the peatland plants, the biomass obtained could be further processed on an industrial scale in the pulp factory. Pulp would then be produced there by breaking down the plant fibres,’ explains the project manager.
The PALUDI team wants to further optimise the fibre disintegration process before it is used in industry. The first step will be to produce packaging for the non-food sector, such as cosmetics, logistics and office materials.
Contribution to environmental and peatland protection
‘The potential of peatland plants for the production of innovative, bio-based packaging is huge, as we have been able to demonstrate with our successful development of resource-saving processes for pulp production,’ summarises Fabian Kayatz, emphasising that the continued existence of peatlands is also supported by rewetting agricultural land and using it for paludiculture.
bb
Der Bodenpilz Mortierella alpina ist in der Biotechnologie kein Unbekannter: Er wird bereits genutzt, um langkettige Fettsäuren herzustellen, die als Nahrungsergänzung beispielsweise für Babynahrung dient. Jenaer Forschende berichten nun, dass der Bodenpilz auch der Schlüssel zu einer nachhaltigen Landwirtschaft sein könnte. Im Rahmen einer Studie hat ein Team um Hannah Büttner vom Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI) mit Forschenden vom Leibniz-Institut für Photonische Technologien die Wirkweise des Bodenorganismus genauer untersucht und nun erstmals näher beschrieben.
Molekularer Wirkmechanismus der Malpinine aufgeklärt
Bekannt ist, dass der Pilz bioaktive Moleküle namens Malpinine produziert, mit denen er sich auf natürliche Weise gegen im Boden lebende Fressfeinde wie Fadenwürmer verteidigt. Der molekulare Wirkmechanismus dahinter war bisher unbekannt und kann nun erstmals nachvollzogen werden. Die Forschenden hatten dafür die Wirkung der Malpinine an Modell-Nematoden untersucht. Mithilfe bildgebender Verfahren wie Fluoreszenzmikroskopie und Raman-Spektroskopie gelang es eigenen Angaben zufolge, die Naturstoffe live in den Fadenwürmern – auch Nematoden genannt – zu verfolgen.
„Wir konnten beobachten, wie sich die Malpinine gezielt im Verdauungstrakt der Würmer ansammeln“, erläutert die Erstautorin der Studie Hannah Büttner vom Leibniz-HKI. „Die Nematoden starben aber nicht sofort, sondern stellten die Nahrungsaufnahme ein. Dies führte schließlich zu einer zwar langsamen, aber effektiven Kontrolle der Würmer.“
Aminosäure Dehydrobutyrin tötet Fadenwürmer
Wie das Team im Journal of the American Chemical Society berichtet, ist es die „ungewöhnliche Aminosäure Dehydrobutyrin“, die maßgeblich für die wurmtötende Wirkung der Malpinine verantwortlich ist. „Dehydrobutyrin besitzt eine reaktive Doppelbindung und könnte deshalb Reaktionen mit Molekülen eingehen, die für die Funktion des Nematodendarms essenziell sind“, erklärt Co-Autor Johannes Raßbach vom Institut für Pharmazie der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
In Folge dieser Reaktionen könnten etwa wichtige enzymatische Prozesse im Verdauungstrakt der Schädlinge gestört oder die Membranstruktur beeinträchtigt werden. Versuche der Forschenden haben demnach gezeigt, dass „Varianten der Malpinine, bei denen die Aminosäure durch eine weniger reaktive Struktur ersetzt wurde, ihre Wirkung komplett verloren“. „Dies weist darauf hin, dass genau diese Struktur für die biologische Aktivität unerlässlich ist. Ohne sie ist die Verbindung wirkungslos“, sagt Raßbach.
Pestizide in der Landwirtschaft ersetzen
Die Jenaer Forschungsgruppe ist daher überzeugt, dass Mortierella alpina aufgrund seiner bioaktiven Moleküle die Landwirtschaft nachhaltiger machen und herkömmliche Pestizide im Kampf gegen Fadenwürmer ersetzen kann. Bis zu einem Einsatz als natürlicher Schädlingsbekämpfer müsse der Bodenpilz allerdings noch weiter erforscht werden, heißt es.
Die Studie wurde im Rahmen des Sonderforschungsbereiches „ChemBioSys“ und des Exzellenzclusters „Balance of the Microverse“ der Friedrich-Schiller-Universität Jena durchgeführt.
bb