Insekten gelten als der Proteinlieferant der Zukunft. Auf diesen Trend setzt auch der Gründer von "Snack-Insects", Folke Dammann. Seit 2013 bietet das Unternehmen nicht nur verschiedene insektenbasierte Produkte für Privatkunden und Gastronomen an, sondern veranstaltet auch Verkostungsaktionen, Insekten-Kochkurse und räumt durch Informations-Events zum Thema Insektenverzehr mit Vorurteilen und Missverständnissen auf.
Aktuelle Veranstaltungen
Insects are considered the protein source of the future. The founder of "Snack-Insects", Folke Dammann, certainly agrees. In addition to offering a variety of insect-based products to private consumers and restaurants since 2013, the company also organizes tasting sessions, insect cookery courses and information events to counteract prejudices and misconceptions regarding insects as food.
Soja ist für Masthähnchen die wichtigste Zutat, um ihren Bedarf an Protein und Aminosäuren zu decken. Auch im Schweinefutter spielt Soja eine große Rolle. Weil die Hülsenfrucht aber auch eine große Bedeutung für die menschliche Ernährung hat, entsteht eine Konkurrenz um die Ackerflächen für den Anbau von Futter- bzw. Nahrungsmitteln. Forscher der Universität Göttingen berichten nun im Fachjournal „Open Journal of Animal Science“ von einer Möglichkeit, die den Konflikt entschärfen könnte: Sie ersetzten Sojaschrot im Tierfutter durch Insekten- oder Algenmehl.
Hoher Proteingehalt, wichtige Vitamine und Mineralstoffe
„Beide alternativen Proteinquellen sind aus ernährungsphysiologischer Sicht grundsätzlich geeignet, um einen großen Teil des Importsojas im Futter für Masthähnchen und Schweine zu ersetzen“, erläutert Carmen Neumann von der Göttinger Abteilung Tierernährungsphysiologie die Ergebnisse der Studie. Die Mehle aus der blau-grünen Mikroalge Spirulina platensis bzw. der Larve der Schwarzen Soldatenfliege (Hermetica illucens) weisen einen hohen Proteingehalt auf sowie wichtige Vitamine und Mineralstoffe.
Die Studie zeigte allerdings auch, dass die getesteten Mehle nur bei umfangreicher Ergänzung durch zugesetzte Aminosäuren an die Ernährungsqualität des – ebenso mit Aminosäuren angereicherten – Sojafutters herankommen. Mischten die Forscher den Futtermitteln nur die Aminosäuren Lysin und Methionin bei, blieben die mit alternativen Mehlen gefütterten Tiere hinter dem Wachstum der mit Soja ernährten Kontrollgruppe zurück.
Insektenmehl in der EU noch nicht als Viehfutter zulässig
Frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass das Mikroalgenmehl – zumindest als Futterbeimischung – für die Ernährung von Hähnchen geeignet ist. Analysen ergaben auch, dass die Larve der Schwarze Soldatenfliege in ihrem Gehalt an Lysin und Methionin sogar Soja übertrifft und bei der Ernährungsqualität mit Fischmehl gleichzieht. Agrarwissenschaftler hielten das Larvenmehl deshalb für geeignet, um Soja zu 100% zu ersetzen. Da Insektenmehle in der EU noch nicht als Futtermittel für Vieh und Geflügel zulässig sind, gab es trotz der vielversprechenden Laboranalysen aber kaum Daten aus der Fütterungspraxis.
Futtermehl weiter optimieren
„Nun geht es darum, die Akzeptanz des Futters, dessen Nährstoffverdaulichkeit und Proteinqualität genau zu bewerten“, schildert Neumann die weiteren Forschungspläne im Projekt „Sustainability Transitions in der Lebensmittelproduktion: Alternative Proteinquellen in sozio-technischer Perspektive“, das durch das Niedersächsische Wissenschaftsministerium finanziert wird. Darüber hinaus wollen die Wissenschaftler überprüfen, wie weit sich die Proteinqualität durch die Ergänzung einzelner Futteraminosäuren noch verbessern lässt.
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Die Ernte von Einlegegurken ist Handarbeit. Bis zu 50 Erntehelfer liegen gleichzeitig auf Tragflächen an den Seiten einer landwirtschaftlichen Maschine und pflücken von dort aus die Früchte – jeder bis zu 13 Stück pro Minute. Nicht erst seit Einführung des Mindestlohns droht dieses Vorgehen hierzulande unwirtschaftlich zu werden. Der Gurkenanbau verlagert sich bereits nach Osteuropa und Indien. Doch Forscher im EU-Projekt CATCH – kurz für „Cucumber Gathering – Green Field Experiments“ – arbeiten bereits an einer automatisierten Alternative, die den Anbaustandort Deutschland langfristig wieder rentabel machen könnte. Ingenieure am Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK) in Berlin entwickeln hier gemeinsam mit Kollegen des Leibniz-Instituts für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB) und des spanischen CSIC-UPM Centre for Automation and Robotics einen Roboter, der Gurken ernten kann und so die Anbaukosten senken soll.
Anspruchsvolle Bilderkennung gefragt
Der Roboter aus Leichtmodulen muss schwierige Anforderungen erfüllen: Ein Kamerasystem muss selbst bei wechselnden Lichtverhältnissen in einem grünen Feld sicher die grünen Gurken erkennen, die oft auch noch von Blättern verdeckt sind. Möglich machen sollen das Multispektralkameras und eine intelligente Bildverarbeitung. Bei 95% liegt derzeit die Erkennungsquote. Bis zur Kommerzialisierung soll das System alle reifen Gurken verlässlich erkennen, damit nachwachsende Früchte nicht behindert werden.
Ernteroboter nach menschlichem Vorbild programmiert
Der Ernteroboter selbst soll kostengünstig, leistungsstark und zuverlässig sein. Mit zwei Armen soll er die Gurken pflücken, ohne die Frucht oder die Pflanze zu beschädigen, und sicher ablegen. Drei unterschiedliche Prototypen entwickeln die Berliner Forscher: einen Greifer auf Basis von Vakuum-Technik, einen bionischen Greifbacken (FinRay) und eine auf Basis der „OpenBionics Robot Hand“ modifizierte „Gurken-Hand“. Eingang in die Entwicklung findet dabei die Erfahrung mit humanoiden Robotern für die industrielle Montage. Programmierte Verhaltensmuster nach menschlichem Vorbild leiten den Roboter. „So kann er Blätter beispielsweise durch symmetrische und asymmetrische oder kongruente und inkongruente Bewegungen zur Seite schieben. Auch ein automatisches On-the-Fly-Bewegungswechseln, um sich einer identifizierten Frucht zu nähern und sie dann zu greifen, ist damit gegeben“, erläutert Dragoljub Surdilovic, Wissenschaftler am IPK.
Vielversprechende erste Praxistests
Ein erster Feldtest des Robotersystems fand mit verschiedenen Gurkensorten im Juli 2017 auf dem Versuchsfeld des ATB statt. Dabei wurde auch die Ernte neuer Sorten getestet – mit Merkmalen, die eine automatische Erkennung erleichtern. Die ersten Tests haben die grundlegenden Funktionen bestätigt. Seit Herbst 2017 setzen die Projektpartner ihre Experimente in einem ATB-Glashaus fort. Der Fokus der Untersuchungen liegt darauf, die Effizienz und die Robustheit des Systems gegenüber Störungen zu prüfen. Nach Abschluss der Tests soll der Leichtbau-Roboter zur Marktreife geführt werden.
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Von Mitte 2013 bis Mitte 2017 sind weltweit 27.058 neue Produkte mit Körnerleguminosen wie Erbsen, Bohnen, Soja und Lupinen auf den Markt gekommen. Die höchste Wachstumsrate gab es in Europa, wo 2017 insgesamt 39% mehr Produkte im Angebot waren als noch 2013. Den größten Anteil daran hatten Fleischersatzprodukte, deren Zahl sich mehr als verfünffachte. Einer wachsenden Beliebtheit erfreuen sich insbesondere Kichererbsen und Linsen. Auch vegane und glutenfreie Produkte liegen voll im Trend. Zu diesen Ergebnissen kommt das europaweite Forschungsprojekt TRUE (TRansition paths to sUstainable legume-based systems in Europe), an dem von deutscher Seite die Universität Hohenheim beteiligt ist. Die Zahlen wurden anlässlich des „Welttags der Hülsenfrüchte“ am 10. Februar vorgestellt und stammen von PortugalFoods und der Universidade Católica Portuguesa, den portugiesischen Projektpartnern. Insgesamt 24 Partner aus elf Ländern arbeiten unter dem Dach von TRUE zusammen, die EU fördert das Projekt mit fünf Millionen Euro.
Deutschland beim Zuwachs auf Platz drei in Europa
„Spitzenreiter ist das Vereinigte Königreich, in dem 19% der neuen Produkte in Europa zu finden waren, gefolgt von Frankreich mit 14% und Deutschland mit 13%“, berichtet João Ferreira, Student am Institut der stellvertretenden TRUE-Koordinatorin Marta Vasconcelos an der Universidade Católica Portuguesa (UCP). Die Zeitspanne ihrer Untersuchung wählten die Forscher, um die Auswirkungen des Internationalen Jahres der Hülsenfrüchte zu erfassen. Dieses hat die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) 2016 ausgerufen, um das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die Vorteile von Hülsenfrüchten in Bezug auf Gesundheit, nachhaltige Entwicklung und Ernährungssicherheit zu schärfen. Fazit der Forscher: Die wachsenden Bedenken der Verbraucher in Bereichen wie Gesundheit und Umwelt ermutigten die Lebensmittelindustrie, ihre Produktentwicklung auf diese Interessen auszurichten.
Kichererbsen und vegane Produkte im Trend
Auf die einzelnen Sortimente heruntergebrochen zeigt sich das größte Wachstum bei Fleischersatzprodukten (+451%), aber auch Pasta-Produkte (+295%) und Snacks aus Bohnen (+128%) konnten überdurchschnittlich zulegen. Sortenbezogen weiteten Kichererbsen ihren Anteil um 47% am deutlichsten aus. Grüne Bohnen wurden zwar auch 2017 noch am meisten verarbeitet, doch ihr Gesamtanteil ist seit 2013 um 23% gesunken. Eine große Nachfrage erlebten vegane Angebote: Diese haben sich innerhalb der untersuchten vier Jahre verdoppelt (+196%), und auch die glutenfreien Produkte (+73%) legten ordentlich zu.
Mehr Forschung zu Ertragssicherheit nötig
Für die deutschen Projektpartner an der Universität Hohenheim zeigen die Ergebnisse ihrer portugiesischen Kollegen, „dass der Anbau der ökologisch sehr vorteilhaften Körnerleguminosen in Europa großes Potenzial hat“. Um die gesteigerte Nachfrage mit heimischen Rohstoffen zu decken, müsste er aber ausgeweitet werden. Im Weg stünden dem derzeit jedoch noch mangelnde Ertragssicherheit und Wirtschaftlichkeit, betont der Hohenheimer Agrarökonom Enno Bahrs. „Wir erforschen daher unter anderem, welche politischen Förderinstrumente hier greifen könnten.“ Beides wollen die Wissenschaftler durch weitere Forschung verbessern.
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Der Frühling erwacht früher. Das merken besonders die Japaner, die seit mehr als einem Jahrtausend alljährlich die kurze Zeit der Kirschblüte mit einem Fest feiern. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts wandert dieses Ereignis im Kalender nach vorne. „Aus solchen Aufzeichnungen, aber auch zahlreichen anderen Beobachtungsreihen wissen wir, dass es in den zurückliegenden Jahren und Jahrzehnten gravierende Veränderungen im Einsetzen der Baumblüte gegeben hat“, berichtet Botanikerin Christine Römermann. Gemeinsam mit ihrem Team hat die Professorin von der Friedrich-Schiller-Universität Jena im Fachjournal „Global Ecology and Biogeography“ eine Metanalyse veröffentlicht, die den Zusammenhang zwischen Pflanzeneigenschaften und dem Ausmaß sowie der Richtung der Blütezeitverschiebung beschreibt.
Vier von fünf Arten blühen früher
Länger schon ist bekannt, dass der Klimawandel den Jahreszyklus von Bäumen, Gräsern, Kräutern und Sträuchern beeinflusst. „Die globalen Klimaveränderungen führen zu veränderten Blühzeiten insgesamt, wobei in der Regel ein früherer Blühbeginn zu beobachten ist“, beschreibt Erstautorin Patrizia König die Ausgangslage der Metastudie. Publikationen zum Blühbeginn von über 550 Pflanzenarten an 18 Standorten in Europa und Nordamerika wurden nun ausgewertet. Ihre wesentliche Erkenntnis: „Auch wenn sie im gleichen Habitat wachsen, reagieren unterschiedliche Pflanzenarten auf geänderte Temperatur- und Niederschlagsverhältnisse recht verschieden.“ Vier Fünftel der untersuchten Arten blühen demnach heute früher als noch vor wenigen Jahrzehnten, jede fünfte Art später.
Wuchshöhe, Wachstumsrate und Blattgröße relevant
Die stärkste Veränderung zeigte die Vierkantige Schuppenheide, ein grönländischer Zwergstrauch. Allein in den vergangenen zehn Jahren hat sie ihren Blühbeginn um drei Wochen nach vorne verlegt. Damit ist sie beispielhaft für eine weitere Erkenntnis der Forscher: Je kleiner eine Pflanze ist, desto sicherer gehört sie zu den ersten Frühlingsboten. Die Wissenschaftler vermuten, dass die Pflanzen so großwüchsiger Konkurrenz zuvorkommen wollen, die später das Sonnenlicht abschirmt. Ebenfalls zu den frühesten Blühern gehören besonders schnell wachsende Pflanzen. Außerdem entdeckten die Botaniker einen Zusammenhang des Blühzeitpunktes mit der Größe der Blätter.
Niederschlag einflussreicher als Temperatur
In welcher Weise eine Pflanze auf den Klimawandel reagiert, ist somit durch mehrere Faktoren bestimmt. Weiterhin ergab die Studie, dass nicht so sehr die Erwärmung zu einer früheren Blüte bei vielen Pflanzen geführt hat, sondern abnehmender Niederschlag. Insgesamt mache die Studie deutlich, dass die funktionellen Merkmale einer Pflanze ihr Anpassungsverhalten an veränderte Umweltbedingungen bestimmen, resümiert Christine Römermann. Ihre Erwartung: „Diese Erkenntnisse können uns helfen, künftige Veränderungen im Wachstum von Pflanzen besser vorherzusagen.“
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Mikroplastikteilchen machen auch vor Binnengewässern nicht Halt. Doch wie gelangen die winzigen Partikel in die Flüsse und Seen, wie gefährlich sind sie wirklich und wie können sie wieder entfernt werden? Diese und ähnliche Fragen will Christian Schaum in den kommenden drei Jahren beantworten. Gemeinsam mit zehn Verbundpartnern sucht der Münchner Professor für Siedlungswasserwirtschaft im Projekt „PLASTRAT“ nach Wegen, um die Wasser-Ökosysteme nachhaltig zu schützen.
Microplastic particles are not restricted to oceans: they also invade inland waters. But how do these tiny particles get into rivers and lakes, how dangerous are they really and how can they be removed? Christian Schaum intends to answer these and similar questions over the next three years. In the project "PLASTRAT", the Munich Professor of Sanitary Engineering and Waste Management and ten partners are looking for ways to sustainably protect water ecosystems.
Seit Tausenden von Jahren wird bestimmten Pflanzen eine gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben. Zurzeit sind sogenannte Superfoods in Mode, vornehmlich exotische Früchte und Kräuter wie Chia-Samen, Moringa-Pulver, Açai- oder Goji-Beeren. Die Liste der Lebensmittel mit angeblichen Gesundheitsvorteilen wächst ständig. Konsumenten setzen gern auf solche „Superfoods“, denen oftmals stressmindernde, entschlackende oder das Immunsystem stärkende Eigenschaften zugeschrieben werden. „Durch die Globalisierung gibt es für spezielle Heilpflanzen, die von Natur aus nur in einer einzigen Region vorkommen, heute einen weltweiten Markt“, sagt Peter Nick, Professor für Zellbiologie am Botanischen Institut des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT).
Gefälschte Produkte im Markt
Längst übersteigt die Nachfrage das Angebot, der Handel mit Plagiaten blüht. „Vom chinesischen Raupenpilz, der in der traditionellen Medizin als kräftigend und aphrodisierend gilt, wird jedes Jahr die achtfache Menge der tatsächlichen Ernte exportiert“, nennt Nick ein Beispiel. Denn unter die Importe mischen sich immer mehr Fälschungen. Diese besitzen dann nicht die versprochene Wirkung oder sind schlimmstenfalls sogar gesundheitsgefährdend. Das Problem liegt auch in der Unkenntnis der Importeure, denn nicht immer ist in Europa bekannt, wie die Originalpflanzen aussehen, oder dass nur bestimmte Arten einer Pflanze die gewünschten Eigenschaften besitzen. „Es gibt 1.400 Bambusarten, aber nur die Blätter von dreien eignen sich für die Zubereitung des bei auf ihre Gesundheit bedachten Teetrinkern beliebten Aufgusses“, berichtet KIT-Experte Nick. Ähnlich verhalte es sich beim Indischen Basilikum, auch Heiliges Basilikum genannt: „Der richtige Tulsi kann bei Atembeschwerden oder Bronchitis hilfreich sein, andere Arten können allergische Reaktionen auslösen.“
Kostengünstiger und zuverlässiger Schnelltest nun verfügbar
Wegen solcher Risiken werden bei Einfuhrkontrollen pflanzliche Produkte auf die Richtigkeit der Inhaltsangaben untersucht. Bislang erfolgen diese meist mikroskopisch mithilfe botanischer Beschreibungen. „Haben Sie jedoch ein Pulver vor sich, wie das häufig bei Chia der Fall ist, hilft diese Methode aber nicht“, schränkt Nick ein.
Alternative Methoden wie das Auslesen von Gensequenzen, die auch bei Vaterschaftstests zum Einsatz kommen, sind zeitaufwendig und teuer. Nick und sein Team haben nun ein schnelles, kostengünstiges und zuverlässiges Verfahren entwickelt. Es nutzt kleine Unterschiede der Gensequenz, um an ganz bestimmten Stellen der DNS-Stränge, aus denen das Erbmaterial besteht, gezielt mit Genscheren zu schneiden. Diese passt jedoch nur auf ein spezifisches Muster von Genfragmenten, das als genetischer Fingerabdruck für die gesuchte Art dienen kann. Dadurch entstehen für jede Art einzigartige Schnittmuster. „Das ist wie ein Barcode, den sie mit dem entsprechenden Scanner auslesen können“, beschreibt Nick seine Technologie. 7.000 solcher Barcodes haben die Forscher in seiner Datenbank bereits gesammelt.
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Polyethylenterephalat, besser bekannt als PET, ist einer der wichtigsten Kunststoffe weltweit. Nur ein geringer Teil der Produktion findet jedoch später den Weg ins Recycling – weit mehr Material landet in der Umwelt. Bis sich dort beispielsweise eine Flasche aus PET aufgelöst hat, dauert es nach Angaben des Umweltbundesamtes bis zu 450 Jahre. Bereits im Jahr 2016 fanden Forscher erstmals ein Bakterium, das in der Lage ist, den Kunststoff zu zersetzen. Bis heute sind aber nur wenige Enzyme beschrieben, die diese Fähigkeit besitzen. Biologen um Wolfgang Streit vom Biozentrum Klein Flottbek der Universität Hamburg haben jetzt herausgefunden, dass es weitaus mehr Bakterienarten gibt, die PET abbauen können.
Nur 350 Treffer in 16 Gigabyte DNA
Im Fachjournal „Applied and Environmental Microbiology“ schildern die Biologen, wie sie in globalen Datenbanken nach Erbgutsequenzen gesucht haben, die auf geeignete Enzyme hindeuten. In 16 Gigabyte Sequenzdaten von Wasser- und Landmikroorganismen fanden sie schließlich rund 350 wahrscheinliche Treffer. Diese Anzahl ist nun größer als ursprünglich vermutet, aber dennoch sind derartige Enzyme – sogenannte PET-Hydrolasen – auch weiterhin sehr selten.
Überwiegend gehören die Enzyme zu Bakterien der Stämme Actinobacteria, Proteobacteria and Bacteroidetes. Damit besitzen Mikroorganismen die Fähigkeit zum PET-Abbau, die erstaunlich wenig stammesgeschichtliche Verwandtschaft miteinander aufweisen: „Wir waren überrascht, dass die beteiligten Bakterienarten viel diverser sind, als bisher angenommen“, betont Mikrobiologe Streit. Bemerkenswert war für den Professor zudem, dass bei marinen Organsimen vor allem Vertreter des Stammes Bacteriodetes PET-Hydrolasen besitzen, wohingegen es bei den terrestrischen Organismen vor allem die beiden anderen Stämme sind.
Vier Enzyme näher beschrieben
Vier dieser Enzyme wählten die Forscher aus, um sie näher zu untersuchen. „Unsere Charakterisierung erweitert das Verständnis von den PET-Abbaumechanismen durch Bakterien. Es bestätigte sich jedoch, dass der Abbau von PET durch die Bakterien prinzipiell sehr langsam ist“, resümiert Streit.
Mit Blick auf das wachsende Müllproblem durch Kunststoff heißt das: Die Natur hat zwar Wege gefunden, PET wieder loszuwerden, aber bis auf dieser Basis ein industrielles Verfahren entwickelt wird, um Plastik im großen Stil durch Bakterien zu vernichten, ist noch viel Forschung gefragt.
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Polyethylene terephalate, better known as PET, is one of the most important plastics worldwide. However, only a small part of the production will be recycled - far more material ends up polluting the environment. According to information from the Federal Environmental Agency, it takes up to 450 years before a PET bottle dissolves by itself. As early as 2016, researchers first discovered a bacterium that is able to decompose plastic. To date, however, only a few enzymes are known that possess this ability. Biologists headed by Wolfgang Streit from the Biozentrum Klein Flottbek of the University of Hamburg have now found out that there are far more types of bacteria that can break down PET.
350 hits among 16 gigabytes of DNA
In the journal "Applied and Environmental Microbiology", biologists describe how they searched global databases for genetic sequences that indicated suitable enzymes. In sequence data amounting to 16 gigabyte covering both water and land microorganisms they found around 350 probable hits. This number is larger than originally suspected, but nevertheless such enzymes - so-called PET hydrolases – are still very rare. Predominantly the enzymes belong to bacteria of the strains Actinobacteria, Proteobacteria and Bacteroidetes. Thus, microorganisms, which have surprisingly little phylogenetic relationship to each other, possess the ability for PET degradation: "We were surprised that the bacteria involved are much more diverse than previously thought," says microbiologist Streit. Of note, according to the professor, was also the fact that in marine organisms, mostly members of the Bacteriodetes strain possess PET hydrolases, whereas in terrestrial organisms, the two other strains are the mostly equipped with the enzyme.
Four enzymes are described in detail
Four of these enzymes were chosen by the researchers to study in detail. "Our characterization adds to the understanding of the PET degradation mechanisms by bacteria. However, it also confirmed that the degradation of PET by the bacteria is very slow, " concludes Streit.Regarding the growing problem of plastic waste, this means that although nature has found ways to get rid of PET, much research is still required before an industrial process to destroy large-scale plastics based on these bacterial enzyme mechanisms will be developed.
bl/jmr
Ob rot oder gelb, klein oder groß: Jede Tomate hat seinen eigenen Geschmack. Dass die Frucht auf der Beliebtheitsskala ganz oben rangiert, ist nicht zuletzt dem Einfluss des Menschen zu verdanken. Die einst eher keine und wilde Beerenfrucht wurde bereits vor Urzeiten von den Maya domestiziert. Erst durch die Züchtung wurden die zum Teil bitteren und giftigen Inhaltsstoffe zurückgedrängt und aus den Beeren größere Früchte. Forscher aus China, Amerika, Bulgarien und Deutschland, darunter vom Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie, haben nun erstmals untersucht, wie sich der Einfluss des Menschen auf das Erbgut der Tomatenfrüchte und deren chemische Zusammensetzung ausgewirkt hat. „Wir haben die genetische und die inhaltliche Zusammensetzung von 610 Tomaten verschiedenen Ursprungs untersucht und miteinander verglichen. Darunter waren 42 Wildarten und 568 Tomaten verschiedener Herkunft“, erläutert Max-Planck-Forscher Alisdair Fernie.
Mehr Inhaltsstoffe durch Züchtung
Die Forscher stellten fest: Mit der Veränderung der Fruchtgröße wurden gleichzeitig auch mehr und andere Inhaltsstoffe gebildet. Eine Vergrößerung der Früchte muss daher auch die Erbinformation und deren Ablesung sowie Übersetzung in Stoffwechsel-Prozesse geprägt haben, wie das Team im Fachjournal „Cell“ berichtet. Die Veränderung der Inhaltsstoffe ist demnach zum einen auf die Domestizierung, zum anderen auf die Züchtungsphase zurückzuführen, bei der der Ertrag durch die Produktion größerer Früchte verbessert werden sollte.
Fruchtgröße beeinflusst Geschmack
Genom- und Inhaltstoffanalysen zeigen, dass das Zuchtstadium zur Verbesserung der Tomate einen größeren Einfluss auf die stoffliche Zusammensetzung der Früchte hatte als die Domestizierung. „Wir fanden zwei verschiedene Selektionsmechanismen in der Züchtungsphase. Zum einen wurde der Geschmack direkt gezüchtet, indem Früchte mit weniger Bitterstoffen ausgewählt wurden. Darüber hinaus fanden wir Hinweise, dass die Fruchtgröße ganz entscheidend im Zusammenhang mit dem Geschmack stand und er somit indirekt gezüchtet wurde“, erklärt Alisdair Fernie.
Gene im Huckepack
Die Forscher gehen jedoch davon aus, dass die Gene für die Fruchtgröße die Inhaltsstoffe eher zufällig beeinflussen. Sie vermuten, dass die Gene, die für den Stoffwechsel der Inhaltsstoffe zuständig sind von jenen Genen die im Zusammenhang mit der Fruchtgröße stehen „Huckepack genommen“ und dadurch vererbt werden.
Mit ihrer Studie liefern die Forscher erstmals Hinweise sowohl auf die chemische Zusammensetzung als auch auf die molekularbiologischen Zusammenhänge zwischen Geschmack und Fruchtgröße. Auf dieser Grundlage könnten künftig nicht nur neue Zuchtprogramme die Qualität der Tomate weiter verbessern, sondern auch Kontrollmechanismen des Stoffwechsels der Tomaten noch detaillierter untersucht und so besser verstanden werden.
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Werden Pestizide im Freiland ausgebracht, gelangt immer ein Teil in den Boden und wird dort zersetzt. Dabei entstehen sogenannte nicht extrahierbare Rückstände, die sich aus dem Pestizid selbst, dessen Abbauprodukten und der am Abbau beteiligten Biomasse zusammensetzen. Weil die Abbauprodukte ökologisch problematisch sein können, ist es wichtig, deren Menge bestimmen zu können. Forscher des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig und der Technischen Universität Dänemark haben jetzt im Fachjournal „Environmental Science and Technology“ eine Methode vorgestellt, mit der sich genau das für beliebige Pestizide mathematisch vorhersagen lässt.
Biomasse schwer zu kalkulieren
Zwar werden schon heute die nicht extrahierbaren Rückstände bei der Zulassung von Pestiziden ermittelt. Eine Bestimmung allein des Anteils der Abbauprodukte war bislang jedoch schwierig. „Doch das ist wichtig zu wissen, wenn eine möglichst realistische Abschätzung der Gefährdung erfolgen soll“, erklärt Matthias Kästner, Umweltbiotechnologe am UFZ.
Die Wissenschaftler haben daher ein mathematisches Modell entwickelt, das anhand der chemischen Struktur eines Pestizids errechnet, wie diese Moleküle von Mikroorganismen verwertet werden können. „Da Mikroorganismen sich prinzipiell von allem ernähren, was ihnen Energie liefert, können ihnen auch Schadstoffe wie Pestizide als Nahrungsquelle dienen“, erläutert Kästner. „Und je nach chemischen Bindungs- und Energieeigenschaften eines Stoffs können die Bakterien ihn schneller oder langsamer knacken und mehr oder weniger Energie aus ihm ziehen.“
Modellrechnung statt Versuchsreihen
Zieht man die so ermittelte ökologisch unschädliche Biomasse von der Gesamtheit der nicht extrahierbaren Rückstände ab, erhält man die Masse der potenziell problematischen Abbauprodukte des Pestizids. „Das macht es nun möglich, anhand von Moleküleigenschaften im Vorhinein abzuschätzen, welche Pestizide potenziell biologisch abbaubar sind und mit welchem Anteil toxischer Rückstände zu rechnen ist. Dafür sind nun keine langwierigen Versuchsreihen mehr notwendig“, schildert Kästner die Vorteile des neuen Modells.
Praxistest erfolgreich
Um ihren Ansatz zu überprüfen, haben die Wissenschaftler für 40 Pestizide die Biomasse in den Rückständen berechnet. Die Ergebnisse verglichen sie mit Messwerten aus Bodenuntersuchungen, die für die Zulassung der Pestizide durchgeführt worden waren. „Es war mehr als zufriedenstellend zu sehen, dass unsere Modellrechnungen mit den tatsächlich ermittelten Werten weitgehend übereinstimmten“, resümiert Kästner.
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Elektronen, die sich in einer flüssigen Lösung befinden, sind hoch reaktiv und können Moleküle aufspalten. Sie dienen beispielsweise dem Abbau von Schadstoffen im Wasser. Um diese sogenannten hydratisierten Elektronen zu erzeugen, waren bislang hochenergetische Laserimpulse notwendig. Chemiker der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) haben nun ein Verfahren entwickelt, das hydratisierte Elektronen unkompliziert und kostengünstig erzeugt und lediglich Vitamin C verbraucht. Details beschreiben sie im Fachjournal „Angewandte Chemie“.
Bisheriges Verfahren teuer und aufwendig
Die bislang benötigten Lasersysteme waren nicht nur sehr teuer, sondern unterlagen auch strengen Sicherheitsvorkehrungen. „Unser System besteht aus einer handelsüblichen grünen Leuchtdiode, Spuren eines Metallkomplexes als Katalysator und Vitamin C. Dieses Verfahren können Studierende zum Beispiel schon im Anfängerpraktikum umsetzen“, schildert der Chemiker Martin Goez die Vorteile der neuen Methode.
„Die Idee ist, dass das Licht in ein Molekül eindringt und dort eine Reaktion auslöst“, erläutert der MLU-Forscher. Die Lichtenergie der grünen LED löst Elektronen aus den Vitamin-C-Molekülen. Die gelösten Elektronen reagieren im Wasser selbst mit sehr stabilen Stoffen und zersetzen diese. „Der Vorteil gegenüber anderen Stoffen ist, dass die Elektronen nach der Reaktion vollständig verschwunden sind, also keine schädlichen Reste zurücklassen“, erklärt Goez.
Vergleichbare Effektivität
Die Arbeitsgruppe testete die neue Methode an der Chloressigsäure, einer extrem giftigen und sehr stabilen Substanz. Mit ihrem System konnten die Chemiker die Verbindung in ihre unschädlichen Bestandteile zerlegen. Die Effektivität war dabei vergleichbar mit der aufwendigen Lasermethode, denn die LED generierte ähnlich viele hydratisierte Elektronen. Die Kosten betrugen jedoch nur einen Bruchteil.
Die Entwicklung der Arbeitsgruppe an der MLU eignet sich nicht nur dazu, schädliche Chloride oder Fluoride abzubauen. Der Ansatz lässt sich auf viele weitere photochemische Reaktionen übertragen, die mit anderen Mitteln nur schwierig in Gang zu setzen sind. Die Hallenser Forscher gehen zudem davon aus, dass es unschwer möglich sein sollte, die LED-Technik im industriellen Maßstab anzuwenden.
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Nachhaltigkeit genießt bei vielen Menschen einen hohen Stellenwert. Doch viele Innovationen, die durch Forscher aus Wissenschaft und Wirtschaft in der Bioökonomie erzeugt werden, sind für die breite Öffentlichkeit zu wenig sichtbar. Zu diesem Schluss kommt das europäische Konsortium BioSTEP, dessen Abschlusskonferenz mit 100 Bioökonomie-Experten am 22. Februar in Brüssel stattfand. Neun Partner aus fünf Ländern haben sich bei BioSTEP in den letzten drei Jahren nicht nur mit den politischen Bioökonomie-Strategien in Europa sowie auf nationaler und regionaler Ebene beschäftigt, sondern die Bioökonomie auch direkt zu den Bürgern gebracht.
Rund 4.000 Menschen über Ausstellungen zur Bioökonomie erreicht
Mit allgemein verständlichen und anschaulichen Ausstellungen zu innovativen biobasierten Produkten in Italien, Bulgarien und Schottland konnten mehr als 4000 Menschen erreicht werden, heißt es bei BioSTEP. Parallel wurden 14 sogenannte Living Labs auf regionaler Ebene durchgeführt, die jeweils dortige Bioökonomie-Experten und Bürger zusammengebracht haben, um über den Aufbau von regional angepassten Bioökonomie-Strategien zu diskutieren. Die Ergebnisse wurden schließlich in vier Politik-Workshops eingebracht, die im Jahr 2017 in Utrecht, Glasgow, Graz und Brüssel veranstaltet wurden.
BioSTEP stellt Handlungsempfehlungen in Brüssel vor
In Brüssel hat das Konsortium seine zentralen Ergebnisse und Handlungsempfehlungen für die Politik vorgestellt. “Wir hoffen, dass sie Inspiration für die weitere Entwicklung von innovationen Partizipationsinstrumenten in der Bioökonomie ermöglicht”, betonte BioSTEP-Projektleiter Holger Gerdes vom Ecologic Institute in Berlin. Dass hier noch Nachholbedarf besteht, ist eines der zentralen Ergebnisse des Projekts. „Unsere Erfahrung mit den Ausstellungen und Living Labs hat gezeigt, dass sich viele Menschen für Nachhaltigkeit und Ökologie interessieren, sie aber oftmals keine Verbindung zum politischen Konzept der Bioökonomie herstellen“, berichtet Boris Mannhardt von der BIOCOM AG, die bei BioSTEP federführend für die Kommunikation zuständig war. Langfristig müsse die Bioökonomie häufiger ihren direkten Weg zu den Bürgern finden, so lautet eine wichtige Empfehlung. Dafür müssen politische Entscheidungsträger die Einbindung der Zivilgesellschaft aktiver angehen, nicht nur auf nationaler, sondern auch auf regionaler Ebene.
EU-Kommission stellt Roadmap für europäische Bioökonomie-Strategie vor
„Wir müssen den sozialen, umweltpolitischen und ökonomischen Nutzen miteinander verbinden und an die lokalen Bedürfnisse anpassen“, betonte auch Waldmar Kütt, Leiter der Bioökonomie-Abteilung in der Europäischen Kommission. Er begrüßte die BioSTEP-Ergebnisse und stellte auf der Konferenz die lang erwartete Roadmap für die Überarbeitung der europäischen Bioökonomie-Strategie vor. Demnach ist für das dritte Quartal 2018 eine Konferenz geplant, auf der der neue Aktionsplan im Detail vorgestellt wird. Die Roadmap setzt aber bereits einen groben Rahmen. Wichtiges Ziel ist insbesondere, die Aktivitäten der Bioökonomie stärker mit parallel laufenden Themen zu vernetzen: Kreislaufwirtschaft, Biodiversität, Umwelt- und Naturschutz sowie Nachhaltigkeit werden hier vor allem genannt. Auch die Notwendigkeit einer systemischen Herangehensweise zum Aufbau zukunftsfähiger Ernährungssysteme wird genannt.
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Noch immer sterben jährlich etwa 650.000 Menschen an Malaria. Vor allem Kinder sind betroffen, obwohl die Krankheit mittlerweile gut zu behandeln ist. Doch die Medikamente sind teuer und daher für viele Infizierte unerschwinglich. Das könnte sich bald ändern. Max-Planck-Forschern aus Magdeburg und Potsdam ist es gelungen, den aufwendigen und kostspieligen Produktionsprozess für den wichtigsten Anti-Malaria-Wirkstoff Artemisinin noch effektiver, kostengünstiger und umweltschonender zu machen. Das Besondere: Sie nutzen Substanzen aus Pflanzenabfällen für die Herstellung von Artemisinin. „Unser Durchbruch bei der Produktion schafft die Möglichkeit, Millionen von Menschenleben zu retten. Da sich jetzt die Kosten für Anti-Malaria-Medikamente deutlich senken lassen, können viel mehr an Malaria Erkrankte davon profitieren", sagt Peter Seeberger, Direktor der Abteilung Biomolekulare Systeme am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung.
Chlorophyll als Katalysator genutzt
Bereits 2012 sorgten die Potsdamer Max-Planck-Forscher weltweit für Aufsehen, als sie erstmals zeigten, wie der Wirkstoff durch ein photochemisches Verfahren leichter herzustellen ist. Bis dato wurden Extrakte aus einer krautigen Pflanze, dem Einjährigen Beifuß (Artemisia annua), gewonnen. Nunmehr erzeugte das Team den Wirkstoff aus einer Vorläufersubstanz - der in der Pflanze enthaltenen, aber bislang ungenutzten Artemisininsäure. Dafür entwickelten die Forscher einen sogenannten kontinuierlichen Durchflussreaktor, der relativ simpel aufgebaut ist. Im Fachjournal „Angewandte Chemie“ berichten die Forscher um Kerry Gilmore vom Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung nun, wie sie dieses Verfahren noch einmal deutlich verbessern konnten. Der Clou: Um die Artemisininsäure umzuwandeln, setzten sie das pflanzeneigene Chlorophyll als Katalysator für die chemische Umsetzung ein. Bisher waren dafür teure und umweltschädliche Fotoaktivatoren notwendig.
Schneller und effektiver zum Malaria-Wirkstoff
Mithilfe des pflanzlichen Katalysators kann der Ausgangsstoff nun direkt, ohne teure Aufreinigung, und somit schneller zur Herstellung von Artemisinin genutzt werden. Wofür die Pflanze drei Wochen braucht, gelang den Forschern in weniger als 15 Minuten. Auch ist die Methode so effektiv, dass sich damit das 50 bis 100-fache der natürlichen Konzentrationen an Artemisininsäure verarbeiten lasse, wie die Wissenschaftler berichten. Für Seeberger stellt das neue Verfahren daher einen „konzeptionellen Sprung in der Naturstoffsynthese dar“. „Er bietet die Chance, nicht nur die Herstellung von Malariamedikamenten zu revolutionieren, sondern eröffnet auch neue Möglichkeiten für andere Arzneistoffe, die ähnlich hergestellt werden.“
Start-up baut Produktion in den USA auf
Mittlerweile wird das neue Herstellungsverfahren in dem von Seeberger und Gilmore gegründeten Spin-off-Unternehmen ArtemiFlow großtechnisch umgesetzt. Erste Gespräche mit möglichen Partnern wie die Bill & Melinda Gates Foundation hat das im US-Bundesstaat Kentucky ansässige Start-up bereits geführt.
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