Aktuelle Veranstaltungen

Brücken in der biobasierten Wirtschaft bauen und einen Marktzugang für grüne Produkte schaffen, das ist das Ziel des Public-Private-Partnership (PPP) namens "Biobased-Industries" (BBI). EU-Kommission und Wirtschaft haben sich hier zusammengeschlossen, um die Rahmenbedingungen für die europäische Bioökonomie zu verbessern. Insgesamt stehen 3,7 Milliarden Euro in den kommenden sieben Jahren für Forschungsprojekte und Initiativen zur Verfügung. Bewerbungen für die ersten 16 Projekte mit einem Gesamtvolumen von 150 Mio. Euro sind bis zum 15. Oktober möglich.

Das Netzwerk „Biobased Industries“e (BBI) zwischen der EU und dem Biobased Industries Consortium (BIC) umfasst rund 140 Partner, darunter Konzerne, kleine und mittlere Unternehmen sowie Cluster und Verbände. Knapp 1 Milliarde stellt die Europäische Union in ihrem neuen Strukturförderprogramm Horizon 2020 bereit, 2,7 Milliarden kommen von der im BIC organisierten Industrie. Bis 2024 soll damit die europäische Wettbewerbsfähigkeit bei biobasierten Produkten gestärkt werden. Ähnlich wie bei der „Nationale Forschungsstrategie Bioökonomie“ für Deutschland geht es um bessere Biomasseverwertungsstrategien, um den Aufbau von Bioraffinieren sowie der entsprechenden Märkte für daraus entstehende biobasierte Produkte in Europa.

Ziel ist es vor allem, neuartige, branchenübergreifende Kooperationspartnerschaften zwischen Land- und Forstwirtschaft, Maschinen- und Anlagenbau, Papier- und Zellstoffindustrie, Chemie und Energiewirtschaft zu unterstützen. Das BBI ist eine von insgesamt sieben sogenannten Joint Technology Initiatives (JTI), deren offizieller Start am 9. Juli auf einer Veranstaltung in Brüssel verkündet wurde. „Die Initiative ist ein außerordentliches Bekenntnis von Politik und Industrie, der biobasierten Wirtschaft in Europa einen Schub zu verleihen, um sich aus der Abhängigkeit von Erdöl und andere fossilen Ressourcen zu lösen“, betonte Peter Holk Nielsen, Chef des dänischen Biotechkonzerns Novozymes.

Bewerber gesucht: 16 Projekte, 150 Mio. Gesamtbudget

Auf der Kick-Off-Veranstaltung wurden auch die ersten konkreten Projekte des BBI vorgestellt. Für 2014 sind insgesamt 16 zu fördernde Projekte ausgeschrieben, die mit einem Gesamtvolumen von 50 Mio. Euro Fördergelder der EU ausgestattet sind. Ein sogenanntes Flagship-Projekt mit Fokus auf den Aufbau von Demonstrations- und Pilotanlagen, die bisher nicht genutzte Agrarrohstoffe verwerten, soll bis zu 25 Mio. Euro EU-Gelder erhalten. Dies richtet zum Beispiel an Regionen, die sich nicht für den Anbau von essbarer Biomasse eignen, aber dennoch über Agrarrohstoffe eine Wertschöpfung generieren wollen. Bewerben könnten sich aber auch Projekte, die auf die Verwertung bisher nicht genutzter Abfällen in der Agrarproduktion wie Blätter, Kleie oder pflanzliche Faserstoffe abzielen. Dass solche Strategien schon heute funktionieren, konnte unter anderem die deutsche Firma wet-Green GmbH bei der

100 Mio. Investment aus der Industrie geplant

Weitere 15 Mio. Euro EU-Gelder stehen für insgesamt 5 Demonstrationsanlagen zur Verfügung: Hier geht es unter anderem die hochwertige Verwertung von Reststoffen aus der Papier- oder Lebensmittelindustrie. Auch kosteneffiziente Demonstrationsanlagen zur Aufbereitung von Gülle im großen Maßstab sollen gefördert werden. Darüber hinaus laufen die Ausschreibungen für zehn weitere Projektthemen, die eher technologisch und forschungsorientiert sind und dazu beitragen, die Herstellung biobasierter Produkte aus diversen biologischen Ressourcen effizienter und marktnäher zu ermöglichen. Die Industrie wird sich mit ca. 100 Mio. Euro an allen Ausschreibungen beteiligen. Bewerbungsschluss für Projektanträge ist der 15. Oktober 2014.

In einer Bioraffinierie-Demonstrationsanlage im dänischen Kalundborg ist aus Stroh und anderen Reststoffen Bioethanol hergestellt worden. Das Deutsche Biomasseforschungszentrum in Leipzig hat mitgeholfen, die Technik zur Marktreife zu bringen. Das Forschungsprojekt Kalundborg Cellulosic Ethanol Plant (Kacelle) wurde im Rahmen des 7. Rahmenforschungsprogramms der Europäischen Union gefördert. Auf Grundlage der Forschungsergebnisse startet in Dänemark nun der Bau einer kommerziellen Anlage.

Die Konkurrenz von Energiepflanzen- und Lebensmittelproduktion hat in der Vergangenheit immer wieder zu Diskussionen über die Nachhaltigkeit der Biokraftstoffproduktion geführt. Um diesen Gegensatz zu vermeiden, zielen daher inzwischen viele Forschungsprojekte darauf ab, besonders genügsame Pflanzen zu finden, die auf Böden wachsen, die sich nicht für die Lebensmittelproduktion eigenen. Ein anderer Ansatz ist, Agrarreststoffe wie Holzhackschnitzel oder Stroh zu nutzen, die sich nicht als Lebensmittel eignen. Genau diese Herangehensweise wurde auch bei Kacelle gewählt: Ziel in dem zwischen 2009 und 2013 durchgeführten Projekt war es, Alkohol auf Basis von Lignocellulose – im wesentlichen Getreidestroh – im industriellen Maßstab zu produzieren.

Für Lignocellulose-Verdau sind besondere Hefen nötig

Lignocellulose ist ein komplexes Zuckermolekül, welches vor allem in Zellwänden eingelagert ist. Die erste Generation der Bioraffinerien nutzte vor allem Stärke, eine Zuckerkette aus zahlreichen aneinandergereihten Glukose-Molekülen für die Energiegewinnung. In Agrarreststoffen ist aber nur wenig Stärke enthalten. Der Zucker ist dort in Form von Cellulose, Hemicellulose und Lignin gespeichert. Das Problem: Lignocellulose nutzt nicht wie Stärke nur Glucose als Zuckerbaustein, es kommen auch andere Zucker wie Xylose und Arabinose zum Einsatz. Weil diese Zucker aber nicht wie Glukose aus sechs sondern nur fünf Kohlenstoffatomen bestehen, können die bisher für die Ethanolproduktion verwendeten Hefen sie nicht verdauen. Es müssen also speziell gezüchtete Hefen eingesetzt werden, die neben der Glucose auch die anderen Zucker zu Ethanol vergären können.

Sechs Projektpartner aus Skandinavien, Portugal und Deutschland

An dem Projekt haben neben dem Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ) vor allem skandinavische Partner mitgearbeitet: Das dänische Unternehmen Inbicon, dass zur Dong Energy-Gruppe gehört, stellte die eigentliche Bioraffinerie-Anlage in Kalundborg zur Verfügung und entwickelte das grundlegende technische Verfahren, mit dem sich aus Getreidestroh und anderer Lignocellulose-Biomasse Bioethanol herstellen lässt. Es kann zum Beispiel Benzin beigemischt werden und hilft so, den Verbrauch fossiler Energie im Staßenverkehr zu senken. Mit der Inbicon-Technik werden zudem zwei weitere erneuerbare Energieprodukte aus landwirtschaftlichen Reststoffen erzeugt: Ligninpellets, welche Kohle ersetzen und C5-Molasse, die als "Biogas-Booster" verwendet werden kann.

Vor der Nutzung als Kraftstoffbeimischung wurde das produzierte Bioethanol vom norwegische Erdöl- und –gaskonzern Statoil in Motor-Prüfständen und Fahrzeugen zunächst intensiv erprobt und charakterisiert. Die Universitäten in Kopenhagen, Dänemark, und Braga, Portugal, haben erforscht, wie sich die in der Raffinierie verwendeten Enzyme wiederverwerten lassen, um so die Produktionskosten zu senken.

Das niederländische Unternehmen DSM wiederum entwickelte Hefestämme und Enzyme, die auch die Fünffachzucker verdauen konnten und sorgte so für eine wesentlich höhere Ausbeute. Als Projektpartner war das DBFZ mit der Analyse und Bewertung der Treibhausgasemissionen und der Wirtschaftlichkeit der Ethanol-Produktionskette beauftragt. In mehreren Szenarien wurden hierbei die Treibhausgasemissionen durch eine detaillierte Lebenszyklusanalyse (LCA) des hergestellten Bioethanols ermittelt. In ähnlicher Weise hat das DBFZ auch die wirtschaftlichen Aspekte analysiert und vor dem Hintergrund des aktuellen Treibstoffmarkts die Kosten für die Ethanolherstellung kalkuliert.

In Jütland entsteht eine kommerzielle Bioraffinerie

Insgesamt haben die Projektpartner so die gesamte Wertschöpfungskette von der Bereitstellung der Biomasse über die Konversion der Lignocellulose in der Ethanol-Anlage bis hin zur Bereitstellung des Ethanols für die Nutzung in Kraftfahrzeugen abgedeckt. So gelang es, die Technik vom Demonstrationsprojekt zu einem marktfähigen Konzept auszugestalten. „Durch eine Verringerung der Produktionskosten und eine Steigerung des Ethanolertrags um 40 %, konnte die Wirtschaftlichkeit der Lignozellulose-Ethanol-Technologie im Laufe des Kacelle-Vorhabens massiv verbessert werden. Die untersuchte Technologie wird derzeit bereits im industriellen Maßstab in Dänemark aufgebaut", so Konstantin Zech vom DBFZ in Leipzig. Erst Anfang Juli gewährte die Europäische Union rund 39 Mio. Euro Fördermittel für den Aufbau einer kommerziellen Bioraffinerie im dänischen Jütland. Dort sollen ab 2017 pro Jahr rund 80 Millionen Liter Bioethanol produziert werden - zum ersten Mal überhaupt zeitgleich in einem Komplex, der auch Wärme, Strom und Gas aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt.

Ob als Baumaterial oder Werkstoff, als Rohstoff für biobasierte Chemikalien oder Bioenergie – der Rohstoff Holz wird heutzutage vielfach genutzt. Dies wiederum stellt höhere Anforderungen an eine nachhaltige Forstwirtschaft. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat eine neue Ausschreibung zur „Nachhaltigen Waldwirtschaft“ gestartet. Bewerben können sich Konsortien, die den Nachhaltigskeitsaspekt bei der Holzherstellung- oder nutzung in besonderer Weise berücksichtigen. Projektskizzen können bis zum 30. September 2014 bei der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe (FNR) eingereicht werden.

Eine wichtige nachwachsende Rohstoffressource in Deutschland ist der Wald. Rund 3,4 Mrd. Kubikmeter sind hierzulande vorhanden – ein europäischer Spitzenwert. Er ist wertvolles Ökosystem, Kohlenstoffspeicher, Erholungsraum und bedeutender Rohstofflieferant zugleich. Der Rohstoff Holz wird vielfach weiterverwertet: zu Schnitt- und Sperrholz, zu Holzwerkstoffen und Holz-Kunststoff-Verbünden, zu Papier und Pappe oder zu Bioenergiepellets und -briketts.

Holz ist als pflanzliches Gewebe aus Zellen mit Zellwänden aufgebaut. Sie bestehen aus einem Gerüst aus den langkettigen Zuckermolekülen Cellulose und Hemicellulose. Während der Verholzung wird in die Zellwände zusätzlich Lignin eingelagert, das wie ein Bindemittel wirkt. Das entstandene chemische Gerüst wird auch als Lignocellulose bezeichnet.

Holz ist wertvoller Rohstoff

Der inländische Verbrauch von Holzrohstoffen ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen. So haben nach Angaben des Statistischen Bundesamtes allein Baumaterialien aus Holz im Jahr 2011 einen Produktionswert von rund 14 Mrd. Euro erreicht. Bei Holz, das gesägt und gehobelt wird, dem sogenannten Schnittholz, und bei den Holzwerkstoffen belief sich dieser Wert jeweils auf rund 4 Mrd. Euro. Beim Schnittholz machen Nadelhölzer aufgrund ihrer überlegenen Holzeigenschaften den Löwenanteil aus, 2011 waren es 21,6 Mio. Kubikmeter Nadelschnittholz. Für die Produktion von Holzwerkstoffen werden Holzspäne miteinander verleimt und in Form von Platten gepresst. Spanplatten, das wichtigste Produkt der Holzwerkstoffindustrie, erreichten 2011 einen Produktionswert von 1,5 Mrd. Euro, rund 5,7 Mio. Kubikmeter wurden hergestellt.

Neue Nachfrage aus Chemiesektor

Im Jahr 2011 hat die Bundesregierung die „Waldstrategie 2020“ verabschiedet, um den Natur- und Wirtschaftsraum Wald langfristig zu sichern und eine tragfähige Balance zwischen den steigenden Ansprüchen an den Wald und seiner nachhaltigen Leistungsfähigkeit aufzuzeigen. Dies trägt der Tatsache Rechnung, dass sich die Forstwirtschaft neuen Rahmenbedingungen anpassen muss. War traditionell die Holzwirtschaft, bestehend aus Säge-, Holzwerkstoff- und Zellstoffindustrie, lange Zeit der wichtigste Kunde der Forstwirtschaft, kommen heute neue Nachfrager hinzu: neben der Bioenergie ist dies die chemische Industrie, die im Zuge des Wandels zur Bioökonomie neue  Verfahren, Chemikalien und Produkte entwickelt. Diese benötigen neue Rohstoffsegmente und Bereitstellungsketten. Ein Beispiel hierfür ist die derzeit intensiv erforschte Herstellung von Klebstoffen, Epoxidharzen und Polyurethanen aus Lignin, das wiederum aus Laubholz gewonnen wird.

Gleichzeitig werden derzeit vielerorts Wälder zu artenreichen und standortgerechten Mischwäldern umgebaut, um sie u.a. besser an den Klimawandel anzupassen und mehr Biodiversität zu ermöglichen. Insgesamt gesehen befinden sich Wald- und Forstwirtschaft damit sowohl angebots- als auch nachfrageseitig im Wandel. Dies stellt die rund 2 Millionen Waldbesitzer in Deutschland vor neue Herausforderungen.

Gesucht: Nachhaltige Modellprojekte 

Um diese besser bewältigen zu können, werden Produktions- und Herstellungsprozese gebraucht, die besser aufeinander abgestimmt sind und künftig eine ausreichende und nachfrageorientierte Holzbereitstellung unter Beachtung der Schutz- und Erholungsfunktion zu gewährleisten. Im Rahmen der neuen Ausschreibung „Nachhaltige Waldwirtschaft“ des BMEL sind nun sowohl grundlagenorientierte als auch praxisbezogene Forschungs- und Entwicklungs- oder Modellprojekte förderfähig.

Inhaltlich kann dabei die gesamte Produktionskette abgedeckt werden: Von Ansätzen für Züchtung und Nutzungsplanung über neue Ernteverfahren und Logistikkonzepte bis hin zu Maßnahmen der Holzaufbereitung. Auch Fragen zum Nährstoffmanagement, zum Monitoring und zur Informationsvermittlung können in den Fokus gestellt werden. Der Aspekt der Nachhaltigkeit ist dabei jeweils zu integrieren, das heißt, jeder neue Ansatz sollte auch eine Verbesserung im Hinblick auf die Nachhaltigkeit darstellen.

Mit dem Ideenwettbewerb "Neue Produkte für die Bioökonomie" sucht das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) nach originellen Ideen für eine biobasierte Zukunft. Der Preis: Die Ausarbeitung der Idee und Studien zur Realisierbarkeit des Produkts werden vom Ministerium gefördert. Aus mehr als 200 Bewerbungen haben es nun 32 Projekte in die zweite Phase geschafft. Darunter: Technische Pflanzengewebe oder Mikromesskugeln für Reaktoren. Bei einem Auftakttreffen zur Sondierungsphase haben sich nun die zur Förderung ausgewählten Teilnehmer in Berlin getroffen. Höhepunkt war ein Science Slam am 21. August im Frannz Club im Bezirk Prenzlauer Berg. Hier präsentierten einige Teilnehmer ihre Projekte ganz in Slam-Manier spritzig und mit Witz. Am Folgetag erwartete die Erfinder ein Workshop-Programm.

Mit einem ganz neuen Förderformat will das BMBF kreative Köpfe dabei begleiten, ihre Visionen für nachhaltige Produkte in die Realität umzusetzen. Den Ideenwettbewerb „Neue Produkte für die Bioökonomie“ hat das Ministerium im Rahmen der „Nationalen Forschungsstrategie Bioökonomie 2030“ ins Rollen gebracht - im Ergebnis des „Strategieprozess Biotechnologie 2020+". Eine erste Ausschreibung wurde im vergangenen Jahr gestartet. Bewerber konnten bis Dezember 2013 Ideenskizzen für innovative Produktideen einreichen. Kurz und knapp müssen sie sein. Eine weitere Maßgabe: Augenmerk sollte nicht nur auf Wirtschaftlichkeit, sondern vielmehr auf dem gesellschaftlichem Nutzen liegen.  

Sondieren, Machbarkeit prüfen, machen

Von mehr als 200 Produktideen hat die Jury inzwischen 32 Projekte ausgewählt, die nun in einer neunmonatigen Sondierungsphase vertieft ausgearbeitet werden sollen. Ideenträger aus wissenschaftlichen Einrichtungen bekommen in dieser Phase bis zu 50.000 Euro, Unternehmen aus der Privatwirtschaft können davon maximal die Hälfte als Förderungerhalten. Der nächste Schritt für die erfolgreichsten Konzepte: Auf die Sondierungsphase folgt eine Machbarkeitsphase, in der Studien zur technischen Realisierbarkeit der Idee durchgeführt werden. Dabei sind die Wissenschaftler und Tüftler nicht alleine: Fehlt die nötige Markterfahrung können Wirtschaftsexperten in die Arbeitsplanung eingebunden werden. Für diese Phase stellt das BMBF bis zu 250.000 Euro Fördermittel zur Verfügung.

Science Slam im Herzen Berlins

Für die aktuell ausgewählten Projekte läutete ein Science Slam den Auftakt der Sondierungsphase ein. Im Frannz Club in der Berliner Kulturbrauerei wurden 7 der 32 zur Förderung ausgewählten Projekte präsentiert. In Science-Slam-Tradition wurde der Gewinner durch Publikumsabstimmung gekürt. Koch Johann alias Forstwirt Norbert Wagemann vom Steinbeis-Forschungszentrum in Tübingen überzeugte beispielsweise mit seiner „Freestyle-Performance“. Ohne Hilfsmittel und nur in Kochkluft traf er den kulinarischen Nerv der Zuschauer in Büttenreden-Manier. Seine ungewöhnliche Idee: Rar werdende Speisefische wie Felchen und den von invasiven Arten bedrohte Europäische Edelkrebs zusammen in einem geschlossenen System zu züchten. Klingt einfacher als es ist – Parameter wie Lebenszyklen, Aktivität, Nahrungsspektrum und viele weitere Eigenschaften beider WG-Bewohner müssen genauestens aufeinander abgestimmt werden

Mikrofluidreaktoren – die technischen Pflanzengewebe

Ebenfalls auf Zusammenarbeit, allerdings auf molekularer Ebene, fokussiert das Vorhaben des Pflanzenphysiologen Peter Nick vom Karlsruher Institut für Technologiey (KIT). Zu Beginn hielt er ein verschrumpeltes Würmchen in die Höhe. Der Wert: 500 Euro. Die Chinesische Raupe wurde durch einen extrem seltenen Pilz dahingerafft, der einen besonderen Wirkstoff produziert. Dieser verhindert das Abstoßen eines fremden Organs nach einer Herztransplantation. Der Nadelbaum Cephalotaxus hainanensis wiederum produziert ein Alkaloid mit krebsheilender Wirkung. Das Problem: Die Pflanze ist akut vom Aussterben bedroht.

„Genau diese Schätze wollen wir nutzbar machen“, sagte Nick. Hierzu entwickelt er mit seinem Team den Mikrofluid-Reaktor. „Es reicht nicht aus, einfach Zellen der Pflanze in der Kulturschale zu züchten. Pflanzenzellen sind Teamplayer“, so der Molekularbiologe. Die Wirkstoffproduktion funktioniert nur im Zellverbund mit verschiedensten Zelltypen im Blatt. Die Erfindung besteht im Prinzip aus einem Trägermedium mit einzelnen Kammern. Darin befinden sich verschiedene Zelltypen, welchen zuvor die Zellwände als natürliche Barriere entfernt wurden. Interagieren können die Kammern durch Mikrofluidik, also mittels Flüssigkeitsströmungen mikroskopischer Größenordnung. Diesen künstlichen Zellverbund nennt Nick „technisches Pflanzengewebe“. Enthalten diese Zellen nun die richtigen Gene von Cephalotaxus, soll – so die Idee – der krebsheilende Wirkstoff als Produkt der Zell-Teamarbeit geerntet werden können.

 

Viele Ideen sollen die Produktion verbessern

Auch die übrigen auf dem Science-Slam präsentierten Ideen waren vielseitig und beschäftigten sich damit, Produktionsverfahren nachhaltiger zu machen. Biochemiker Josef Sperl von der Technischen Universität München etwa will die Rohstoffproduktion für die Chemieindustrie nachhaltiger gestalten.  Indem Sperl in einem speziellen Reaktionssystem die Bildung von organischen Aminen auf nur drei enzymatische Produktionskaskaden herunterbricht, soll die Herstellung des Chemie-Rohstoffs schnell und biobasiert ablaufen können. Musikalischer Abschluss der Veranstaltung: Pflanzenökologe Michael Lakatos von der Universität Kaiserslautern hat das Publikum als Rhythmus-Orchester in seine Präsentation eingebunden. In einem neuen Bioreaktorkonzept will er bestimmte Zuckerketten als Biomaterial mit Hilfe von Cyanobakterien herstellen. Das besondere dabei: Erstmals verwendet Lakatos hierfür landlebende Bakterienstämme, die zahlreiche Vorteile gegenüber aquatischen Mikroben mit sich bringen. So sind sie beispielsweise stressresistenter, anspruchsloser und kommen mit weniger Licht aus.

Niedrige Eintrittsschwelle für originelle Ideen

Bei der Auswahl der Projekte lag der Fokus nicht in erster Linie auf Wirtschaftlichkeit oder dem Nutzen für Forschung und Entwicklung. „Die Frage war: Bringt es den Leuten wirklich was“, sagt Projektleiterin Ulrike Pogoda de la Vega vom Projektträger Jülich, der den Ideenwettbewerb im Auftrag des Bundesministeriums betreut und organisiert. Eine unkomplizierte Fördermöglichkeit mit einer niedrigen Eintrittsschwelle für originelle und neuartige Ideen solle geboten werden, so Pogoda de la Vega. Auch Produktvisionen, die in anderen kreativen Initiativen des BMBF entstanden sind, wie etwa im Rahmen der Innovationsakademie Biotechnologe, können sich hier bewerben und so weiterentwickelt werden. Ob und wie die 32 Visionen nun in der Realität ankommen, wird sich in den kommenden Monaten der Machbarkeitsphase zeigen.

Die „Innovationsakademie Biotechnologie“ ist ein exklusiver, zweitägiger Workshop in ungewöhnlichem Ambiente, der jedes Jahr während der „Gründerwoche Deutschland“ im Herbst stattfindet. Am Ende der Veranstaltung winken 50.000 Euro Förderung für die Ausarbeitung eines Businessplans in den Life Sciences. Am 17. und 18. November 2014 findet auf Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) die fünfte Veranstaltung dieser Art in Berlin statt. Hierfür werden Teilnehmer gesucht.

Im Mittelpunkt der „Innovationsakademie Biotechnologie“ steht die ungewöhnliche Ideensuche: Wo wird etwas gebraucht, was noch nicht da ist? Wo gibt es ein Problem, aber keine Lösung? Was könnte ein Kundenwunsch sein, der bisher noch nicht adressiert wird? Die besten Ideen erhalten die Chance, im Team ausgearbeitet zu werden. Am Ende winkt eine Förderung in Höhe von 50.000 Euro für eine neunmonatige Sondierunsphase der Geschäftsidee.

Exklusive Veranstaltung für Gründungswillige

Die Innovationsakademie Biotechnologie ist eine exklusive Veranstaltung, für die man sich bewerben muss. Die ca. 50 Teilnehmer werden gezielt ausgewählt, so dass ein guter Mix aus Wissenschaft und Wirtschaft, aus kreativen Tüftlern und kaufmännischen Experten, aus Gründungswilligen und Gründungserfahrenen zusammenkommt. Gefragt sind Mut, Neugierde und Aufgeschlossenheit.

Gesucht werden Menschen mit Lust auf Selbständigkeit und Unternehmertum. Bewerben können sich alle, die sich die Gründung einer Firma in den Life Sciences vorstellen können: Naturwissenschaftler, Ingenieure, Mediziner, aber auch Entrepreneure, Investoren, BWLer, Zukunftsforscher und Designer. Die Bewerbungsfrist für die aktuelle Veranstaltung läuft noch bis zum 15. September. In diesem Jahr wird das "nhow - Lifestyle und Music Hotel" Ort des Geschehens sein. Das passende Ambiente für die ein oder andere musikalische Einlage. Vergangenes Jahr wurde das Finale der Innovationsakademie als Science Slam in der Klturbrauerei veranstaltet. Im Jahr davor mussten die Teams das Für und Wider ihrer Geschäftsideen als "Love-and-hate-battle-Rap" präsentieren.

Zellen sind lebende Fabriken, aufgeteilt in zahlreiche Reaktionsräume. Der Chemiker Stefan Schiller will in Zellen künstliche Hohlräume schaffen und diese so ausstatten, dass darin künftig nützliche Substanzen hergestellt werden können. Mit solchen „Designer-Organellen“ könnte der Freiburger Forscher die Basis für einen universellen, aus Modulen aufgebauten Produktionsorganismus legen. Ein Vorhaben, für das der 43-Jährige nun den Forschungspreis „Nächste Generation biotechnologischer Verfahren“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) erhält. Mit der Millionenförderung kann er an der Universität Freiburg in den kommenden fünf Jahren ein Team mit sechs Mitarbeitern finanzieren. Beim Heiligenstädter Kolloquium stellte Schiller sein Vorhaben aus der synthetischen Biologie am 24. September erstmals einem Fachpublikum vor.

Auch wenn die synthetische Biologie ein neues Forschungsgebiet ist, hat sie bereits bewiesen, dass sie einen Beitrag zur Lösung der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts leisten kann, denn si. Mit den Methoden der Synthetischen Biologie wird es nach Ansicht vieler Forscher erstmals möglich sein, hochkomplexe, kontrollierbare  Biosysteme zu entwickeln, deren Komplexität über das hinausgeht, was mit vorhandenen gentechnischen Methoden erreichbar ist. 

Stefan Schiller verfolgt einen ganz eigenen Ansatz.  „Wir wollen in der Zelle neue künstliche Reaktionsräume schaffen und diese passend möblieren“, erläutert Schiller.

Der Chemiker hat an der Albert-Ludwigs-Universität seit 2008 eine eigene Forschergruppe am Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS) aufgebaut, die sich mit biohybriden Nanomaterialien beschäftigt. Als Bausteine für die künstlichen Zellbläschen verwendet das Team um Schiller neuartige Proteinmoleküle. Deren molekularer Bauplan wird in die Labormikrobe E. coli eingeschleust. „Unsere Bakterienzellen produzieren amphiphile Proteinmoleküle, die sich in der Zelle spontan zu Hohlstrukturen zusammenlagern“, so Schiller. „Wir wollen nun testen, ob sich unsere de novo-Organellen als Reaktionsräume für bestimmte biotechnologische Prozesse eignen.“ Das große Ziel ist der "Universell modulare Produktionsorganismus", so der Titel des nun vom BMBF ausgezeichneteten Vorhabens (Stefan Schiller im Porträt:

Der universelle Produktionsorganismus

Mit seinen künstlichen Designer-Organellen und deren Potenzial für eine spätere biotechnische Anwendung hat Schiller in diesem Jahr die Jury des BMBF-Forschungspreis „Nächste Generation biotechnologischer Verfahren“ überzeugt.

Insgesamt hatten sich 21 Bewerber für den nun zum zweiten Mal als Teil der Initiative „Nächste Generation biotechnologischer Verfahren - Biotechnologie 2020+“ vergebenen Forschungspreises beworben. Mit der Auszeichnung sollen herausragende Forschungsresultate anerkannt werden, die in Hochschulen, Forschungseinrichtungen oder auch in Unternehmen erzielt wurden und die das Potenzial für wissenschaftliche Durchbrüche für die biobasierte Produktion der Zukunft bergen. Um das aufgebaute Know-how zu sichern und auszubauen, wird den Preisträgern eine Forschungsgruppe über bis zu fünf Jahre finanziert. Die Erkenntnisse sollen dann in die Entwicklung einer nächsten Generation von biotechnischen Produktionsverfahren münden. In der ersten Ausschreibungsrunde 2012 waren Udo Kragl von der Universität Rostock und Falk Harnisch vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig als Forschungspreisträger gekürt worden. Kragl beschäftigt sich mit dem Einsatz von Enzymen in Ionischen Flüssigkeiten, Harnisch erforscht das Feld der mikrobiellen Bioelektrotechnologie.

Frisch gegründete deutsche Biotech-Unternehmen nehmen Kurs auf den Markt: Das Münchner Unternehmen „Imevax“ und das Hannoveraner „Zellkraftwerk“ dürfen sich jeweils über eine weitere Millionenförderung im Rahmen der Gründungsoffensive GO-Bio freuen. Sie zählten 2011 zu den Siegern des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) initiierten Wettbewerbs. Nachdem nun die Unternehmen gegründet sind, starten die Teams nun die Phase der Kommerzialisierung. Ein weiteres GO-Bio-Siegerteam  aus Bonn, das mittlerweile als Rigontec GmbH firmiert, hat unterdessen mit einer Finanzierungsrunde 9,5 Millionen Euro eingenommen. Zu den Investoren zählen der High-Tech-Gründerfonds und der Boehringer Ingelheim Venture Fund.

Als Ausgründung der Technischen Universität München hat die Imevax GmbH im September ihre Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in eigenen Räumen in München aufgenommen. Das Team um  nun über eine weitere Förderung im Rahmen von GO-Bio freuen – das BMBF steuert dazu 5,9 Millionen Euro bei. Imevax entwickelt hochspezifische Impfstoffe gegen Erreger chronischer Infektionskrankheiten und gegen gefährliche Krankenhauskeime. Die Basis der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten bildet eine Technologie-Plattform. Sie umfasst eine Palette von Assays, mit denen Proteine bakterieller Erreger auf ihre immunmodulatorische Wirkung untersucht und neue Impfstoffkandidaten identifiziert werden können.

Impfstoff gegen häufigen Magenkeim

Das Hauptprodukt ist IMX 101, ein Impfstoff gegen das Bakterium Helicobacter pylori. Chronische Infektionen des Magens mit H. pylori sind die häufigste bakterielle Infektionskrankheit weltweit. Jeder zweite Mensch trägt den Keim schätzungsweise in sich. H. pylori führt beim Menschen zu Gastritis, Magengeschwüren und Magenkarzinomen. Die derzeitige Therapie von H. pylori -Infektionen erfolgt in der Regel mit verschiedenen Antibiotika. Bislang gibt es jedoch keinen Impfstoff gegen den Magenkeim. ImevaX wird diesen Impfstoff zunächst in eigener Verantwortung bis zur Klinik entwickeln und danach einen geeigneten Partner suchen. Gründer Markus Gerhard, nun Imevax-Forschungschef, freut sich auf die kommenden Jahre: „Der bisherige Erfolg des IMX 101 Projektes basiert in erster Linie auf den Leistungen des ganzen Teams, der Unterstützung durch das Institut für Medizinische Mikrobiologie der TUM und dem Vertrauen des BMBF, das wesentlich zur Finanzierung beigetragen hat."

Zellchips für die Biomarkeranalyse

Über eine Zusage für die zweite GO-Bio-Förderphase freut sich auch das Hannoveraner Team um Christian Hennig. Sein Projekt zur . Dank GO-Bio sei mittlerweile viel passiert, sagt Hennig. Im vergangenen Jahr wurde das Unternehmen „Zellkraftwerk" gegründet, zunächst als GbR, seit 2014 firmiert das Unternehmen als GmbH. Und es gibt bereits Produkte, etwa bestimmte Zellscanner-Systeme, oder einen Roboter, der Zellchips industriell herstellt und mit einem eigenen Softwarepaket arbeitet. „Wir sind aber in der ersten Linie als Dienstleister im Auftrag für die Pharmaindustrie aktiv", so Hennig im Gespräch mit biotechnologie.de. Zum Kundenkreis zählen laut dem Zellkraftwerk-Gründer schon jetzt 80 Prozent der großen Pharmaunternehmen weltweit, an den Tests für zwei klinische Studien sei man mittlerweile beteiligt. „Sie schätzen, dass unsere Biomarker-Messungen in oder auf Zellen sehr standardisiert ablaufen", sagt Hennig. Das Unternehmen mit derzeit acht Mitarbeitern hat sich bei den Analysen auf Biomarker auf Blutzellen, Immunzellen und Krebszellen besondere Expertise erworben.

Bonner Immuntherapie-Unternehmen

Ein : Wie das Bonner Team um Gunther Hartmann und Veit Hornung am 14. Oktober meldete, hat die 2014 gegründete Rigontec GmbH nun eine erste Finanzierungsrunde abgeschlossen und dabei 9,45 Millionen Euro eingesammelt. Rigontec hat sich auf die Entwicklung von Immuntherapeutika spezialisiert, die auf dem Erbmolekül RNA basieren. Die wichtigste Wirkstoffkandidat namens ImOI100 aktiviert das angeborene Immunsystem und versetzt es in die Lage, gezielt Krebszellen zu attackieren. Die Finanzierungsrunde wurde von Wellington Partners und dem Boehringer Ingelheim Venture Fund als Investoren angeführt, zu den weiteren zählen der High-Tech Gründerfonds (HTGF) und die NRW.Bank. Hartmann: „ Wir freuen uns, dass unsere Technologie nach acht Jahren im Labor so ausgereift ist, dass sie nun in die klinische Entwicklung übergehen kann.“ Das neue an dem Wirkstoff sei, dass durch die Behandlung im Grunde Tumorgewebe zu einem therapeutischen Tumorimpfstoff werde. Nach Ansicht von Hartmann birgt dieses Konzept das Potenzial, es mit anderen potenten Waffen wie Immun-Checkpoint-Inhibitoren zu kombinieren.

Drei Teams sind für den Deutschen Zukunftspreis 2014 des Bundespräsidenten für Technik und Innovation nominiert – gleich zwei davon haben diesmal Produkte mithilfe biobasierter Technologien entwickelt. Die Firma Nanion hat ein automatisiertes Mess-System für Ionenkanäle entwickelt, die das Aufspüren neuer Wirkstoffe erleichtert und stark beschleunigt. Das Protein aus der Süßlupine für den Einsatz in Lebensmitteln erschlossen haben Freisinger Fraunhofer-Forscher und Lebensmitteltechnologen der Prolupin GmbH. Beide nominierte Teams wurden bei ihren Forschung- und Entwicklungsaktivitäten vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt. Am 19. November verleiht Bundespräsident Joachim Gauck den mit 250.000 Euro dotierten Preis in Berlin. Das ZDF überträgt (22.15 Uhr).

Gleich zwei Teams mit biobasierten Innovationen dürfen sich also Hoffnung auf den Deutschen Zukunftspreis 2014 machen. Für die Leser von biotechnologie.de sind es keine Unbekannten, mehrfach haben wir über die außergewöhnlichen Produkte der beiden Teams berichtet. Die Nominierten im Kurzprofil:

Ionenkanäle im Hochdurchsatz vermessen

Das Team der Nanion Technologies GmbH um , Andrea Brüggemann und Michael George steht für das Projekt „Ionenkanalmessungen im Hochdurchsatz – vom Uni-Labor zum Global Player“. Die drei nominierten Forscher haben die sogenannte zellbiologische „Patch-Clamp-Technik“ so weiterentwickelt, dass sie nun auf einem Chip für Messungen im Hochdurchsatz angewandt werden kann. Mit dem System lassen sich medizinische Wirkstoffe einfach und automatisiert aufspüren und testen: Die Roboterplattform „SyncroPatch“ ermöglicht es, viele Wirkstoff-Kandidaten parallel an Hunderten Zellen zu testen. Bislang dauert die Entwicklung eines neuen Arzneistoffs bis zu zwölf Jahre und kostet im Schnitt rund 800 Millionen Euro. Ein Grund ist die aufwendige und zeitraubende Untersuchung von Millionen potenziellen Wirkstoffen. Das neue System beschleunigt die Analysen und senkt die Kosten deutlich.

Veganes Eis und Wurst mit Lupinenprotein

Für das Projekt „Lebensmittelzutaten aus Lupinen – Beitrag zu ausgewogener Ernährung und verbesserter Proteinversorgung“ wurden Stephanie Mittermaier, Peter Eisner  vom und Katrin Petersen nominiert. Sie arbeiten am Freisinger Fraunhofer-IVV oder dessen norddeutschen Ausgründung, der Prolupin GmbH.Sie entwickelten ein Verfahren, um aus Lupinen Lebensmittel auf Pflanzenbasis herzustellen, die sich im Geschmack und im Mundgefühl beim Essen kaum von tierischen Produkten unterscheiden. Der Verzehr von pflanzlichen Produkten hat den Vorteil, dass dafür viel weniger Ackerfläche benötigt wird, als für die Erzeugung tierischer Lebensmittel. Bislang dominieren als Fleischersatz Sojabohnen. Doch sie sind in Verruf geraten, weil für Sojaplantagen Regenwäldern gerodet werden und viele Sojaprodukte gentechnisch veränderte Bestandteile enthalten. Auch die geschmackliche Qualität ist nicht überzeugend: Proteine aus Soja riechen und schmecken teils bitter, bohnig oder grasig.  Lupinen dagegen, die in Deutschland als Zwischenfrucht angebaut werden, sind nicht gentechnisch modifiziert. Und sie stehen nicht in Konkurrenz zu Weizen, Mais oder Raps. Dass sie jetzt in vielen Lebensmitteln tierische Rohstoffe ersetzen können, ist das Verdienst der drei Nominierten.

Schmackhafte Proteine aus Lupinensamen als Basis für Eiscreme und Wurst: Mit dieser biobasierten Innovation haben Lebensmitteltechnologen der Fraunhofer-Gesellschaft beim diesjährigen Deutschen Zukunftspreis gepunktet. Der mit 250.000 Euro dotierte Preis des Bundespräsidenten gilt als höchste deutsche Auszeichnung für Technik und Innovation. Das Team um Stephanie Mittermaier und Peter Eisner vom Fraunhofer-Institut IVV in Freising und Katrin Petersen von der norddeutschen Prolupin GmbH nahm den Preis gestern bei einer Festveranstaltung in Berlin von Bundespräsident Joachim Gauck entgegen. Erste Lupinen-Produkte gibt es bereits im Supermarkt – wie das vegane Speiseeis Lupinesse. Das Lupinenprotein-Projekt wurde auch vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Damit geht der Zukunftspreis bereits zum sechste Mal an ein Forscherteam der Fraunhofer-Gesellschaft, zum ersten Mal jedoch an Lebensmitteltechnologen. Zu den Nominierten 2014 zählten die Münchner Firma Nanion Technologies, die Roboter für die Ionenkanalforschung in der Pharmaindustrie entwickelt hat, und ein Team von Ingenieuren, die ein ressourcenschonendes Stahlbandguss-Verfahren entwickelt haben.

Lupine als Star des Abends

Zum Star der von ZDF-Polittalkerin Maybrit Illner moderierten Preisverleihung aber wurde die Süßlupine. Die Hülsenfrucht ist nicht nur ein beliebter Bodenverbesserer, sondern gilt als reichhaltige pflanzliche Proteinquelle. Das Problem: Von Natur aus schmeckt das aus der Lupine gewonnene Protein nicht besonders. Hier setzt die Technologie der Fraunhofer-Forscher an. Der entscheidende Durchbruch:Sie identifizierten die chemischen Verbindungen, die für die bitteren und bohnigen Aromen bei der Lupine verantwortlich sind. „Darauf aufbauend konnten wir Verfahren entwickeln, mit denen sich diese Störaromen aus den Produkten entfernen lassen“, sagt Stephanie Mittermaier, Lebensmitteltechnologin am Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV in Freising. Die Entwicklung der Forscher ist ein Paradebeispiel für Bioökonomie, also eine wissensbasierte Innovation für ein Wirtschaften auf der Basis nachwachsender Ressourcen.

Bitterstoffe werden herausgelöst

Zunächst werden die Kerne geschält und zu hauchdünnen Flocken verarbeitet. Beim anschließenden Entölen behandelt man diese mit überkritischem CO2, das bei einem Druck von über 74 Bar und Temperaturen höher als 31 Grad Celsius flüssigkeitsähnliche Eigenschaften hat. Darin löst sich ein Großteil der Öle und deren Begleitstoffe. In mehreren wässrigen Extraktionsschritten werden dann auch wasserlösliche Bitterstoffe oder weitere unerwünschte Aromen entfernt. Erst dann isolieren die Experten die Eiweiße. „Anderen Lebensmitteln beigemischt, können die Proteine und Ballaststoffe der Lupine diese fettärmer und ballaststoffreicher machen und so dazu beitragen, den Cholesterinspiegel im Blut der Konsumenten zu senken“, sagt IVV-Forscher Peter Eisner, einer der Pioniere auf diesem Gebiet. Aus den hochreinen Proteinen lassen sich nicht nur Milch, Käse, Speiseeis und Pudding herstellen. Sie eignen sich auch als Grundlage für Kuchen, Mayonnaise, Wurstwaren, Cremes und Schäume. „Werden Lupinen-Proteine als Alternative zu Milcheiweißen eingesetzt, kann man gut schmeckende Pflanzenmilch, pflanzlichen Joghurt und Frischkäse mit ähnlichem Geschmack und Mundgefühl wie bei herkömmlichen Milchprodukten herstellen“, sagt Eisner. Das Verfahren hat inzwischen Industriereife erlangt. Ein Team um Katrin Petersen, Geschäftsführerin der Prolupin GmbH in Grimmen, stellt Lebensmittelzutaten aus Lupinensamen her und vertreibt sie, wie etwa das Speiseeis „Lupinesse“.

Das Musik-Hotel „nhow“ an der Spree, direkt am Puls der Berliner Kreativwirtschaft, war in diesem Jahr Schauplatz der fünften „Innovationsakademie Biotechnologie“. Der exklusive Workshop – eine Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) – fand vom 17. bis 18. November im Rahmen der „Gründerwoche Deutschland“ statt. 50 findige Gründungswillige und Querdenker waren dabei, um im Team neue Ideen für biotechnologische Produkte oder Dienstleistungen zu suchen. Dabei war voller Einsatz gefragt: Die Konzepte mussten vor „Investoren“ verteidigt, beworben und sogar als Rap vertont werden im hoteleigenen Tonstudio. Ein Schimmelsensor, eine regenerative Arznei für Gelähmte und ein neuartiges Antibiotikum – am Ende konnten drei Teams besonders überzeugen. Sie erhalten 50.000 Euro, um ihre Ideen weiter auszuarbeiten.

Jede Menge Sichtbeton, freiliegende Rohre und Kabel: Der „Backstage“-Bereich des nhow wirkt wie ein Rohbau – und bot damit den idealen Rückzugsraum für zwei Tage intensive Werkstatt-Atmosphäre. Das 50-köpfige Teilnehmerfeld war auch bei der fünften Auflage der „Innovationsakademie Biotechnologie“ wieder bunt gemischt aus Naturwissenschaftern, Ingenieuren, Betriebswirtschaftlern und Designern. „Wir wollen ganz bewusst Leute mit verschiedene Kompetenzen mischen und die Teilnehmer im Team auch für ungewöhnliche Ideen begeistern“, sagt Matthias Kölbel, der im Referat Bioökonomie des BMBF die Innovationsakademie koordiniert. Diesmal war das Gros der Teilnehmer quasi per Empfehlung zu der exklusiven, von der BIOCOM AG organisierten Veranstaltung, gekommen – ehemalige Teilnehmer und ausgewählte Multiplikatoren hatten dazu sogenannte „Greencards“ verschickt. Prinzipiell kann sich jeder Interessierte bewerben. Weiteres Merkmal der Innovationsakademie: Den Ideenentwicklern stehen vor Ort Gründerpersönlichkeiten und Wirtschaftsexperten als Ratgeber zur Seite.

Durchgetaktetes Kreativprogramm

Konzipiert und moderiert wurde der zweitägige Workshop von der Innovationswerkstatt aus Amberg und den Münchner Innovationsexperten von Future Camp. Das Team um Harald Ostermann und Peter Schneider hatte ein hochgetaktetes Kreativ-Programm für alle Sinne geplant, das den Gründungswilligen nicht nur Gehirnakrobatik, sondern vollen Körpereinsatz abverlangte. Für das Teambuilding ging es zum Beispiel nach draußen Auf der Straße vor dem Hotel galt es, Rosen oder nostalgische Ostprodukte an Passanten zu verscherbeln. Danach aber ging es darum, unerhörte Ideen zutage zu fördern, sei es in Momenten der Stille unter Einsatz von Schlafbrillen und Ohrstöpseln, oder bei der Blitz-Präsentation im Plenum.

Lautstarker Einsatz bei Speakers’ Corner

Durchsetzungsvermögen war gleich am nächsten Morgen bei der Aktion „Speakers' Corner“ gefragt: Auf Getränkekisten mussten hier jeweils fünf Leute parallel mit ihren Konzepten um die Aufmerksamkeit des Publikums buhlen.  Zehn Produktideen zu den Feldern Gesundheit, Landwirtschaft und Umwelt kristallisierten sich so heraus, von Pflanzen als Bodenentgifter über die geruchslose Biotonne bis zur Zahnpasta in den Lieblingsvereinsfarben. Bei einer „Investorenkonferenz“ wurden die Konzepte bereits gründlich auf Chancen und Risiken abgeklopft. Schließlich geht es beim Unternehmertum stets auch darum, Ideen auf den Punkt zu bringen und Investoren sowie Kunden von der Notwendigkeit eines Produkts zu überzeugen.

Rappen im Tonstudio

Beim Akademie-Endspurt galt es für die Teams, noch einmal die letzten kreativen Reserven zu mobilisieren: Knapp eine Stunde hatten die Gruppen Zeit, einen halbminütigen Werbespot auf die Beine zu stellen. Und dann das große musikalische Finale: der „Love-and-hate-battle-Rap“: Pro und contra-Argumente für die eigene Geschäftsidee – im Sprechgesang vertont. Das ideale Setting für die Präsentation der neuen Texte auf die Beats von Dr. Dre, Sido und Fanta4 bot das voll eingerichtete Tonstudio in der achten Etage des nhow-Hotels.

Dreimal 50.000 Euro

Nach der Showeinlage wurde abgestimmt: Welches Team hatte am meisten überzeugt und damit die besten Chancen auf einen „Recall“ – verbunden mit 50.000 Euro? Mit dem „MYKO-Sensor“ Schimmelpilze aufspüren, mit dieser Produktidee wurde ein Fünfer-Team um Christoph Biermeier und Stefan Rasche Sieger der diesjährigen Innovationsakademie. Platz zwei ging an die Idee „Re-connect Nerves“, das Team um Fabian Hosp, Jörg Hampl, Jannis Hülsen und Jörg Wamser will ein regeneratives Medikament entwickeln, das gekappte Nervenverbindungen bei Gelähmten wieder verknüpfen hilft. Mit einer neuen Klasse antibiotischer Peptide will sich ein Dreier-Team um Einar Mäntylä beschäftigen. Die Gewinnerteams dürfen das Geld nun in den kommenden neun Monaten dafür einsetzen, ihre Idee weiterzuentwickeln. „Reisen Sie, reden Sie mit den Stakeholdern, veranlassen Sie Patentrecherchen, selbst Vorversuche sind möglich“, so Matthias Kölbel. In sechs Monaten werden die Gewinnerteams noch einmal vom zuständigen Projektträger Jülich zu einem „Vorsingen“ eingeladen – die ersten Sporen haben sie sich bei der Innovationsakademie im Musikhotel bereits wahrlich verdient.

Damit innovative Ideen auch tatsächlich einmal zu Produkten werden können, braucht es nicht nur Zeit, sondern auch Geld und Know-how. Mit der Gründungsoffensive Biotechnologie GO-Bio fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) seit 2005 junge Wissenschaftler und Kliniker, die ihre vielversprechenden Ideen im Zuge einer Unternehmensgründung zu marktreifen Produkten entwickeln wollen. Nun ist der Startschuss für die siebte Auswahlrunde des erfolgreichen Förderformats gefallen. Bis zum 30. Juni können Forscherteams aus den Lebenswissenschaften ihre Bewerbung beim Projektträger Jülich einreichen und sich damit für eine Millionenförderung in Stellung bringen.

Immer noch sind es nur wenige Wissenschaftler, die den Sprung vom Labor in die Wirtschaft wagen. Vor allem Forschungsprojekte aus dem Bereich der Lebenswissenschaften gelten auf Grund der langen Entwicklungszeit und des hohen Finanzbedarfs als risikoreich. Vor zehn Jahren hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) daher den GO-Bio-Wettbewerb ins Leben gerufen und so für Aufschwung in der Biotechnologie-Szene gesorgt.

Aus den sechs bisherigen Wettbewerbsrunden werden oder wurden bisher 45 Projekte gefördert. Bisher sind 22 Firmen gegründet worden oder sie wurden in der Zeit der GO-Bio-Förderung operativ tätig.

Zusatzförderung für Ausbau des Technologietransfers

Die GO-Bio-Förderung erfolgt in zwei Phasen über eine Dauer von jeweils maximal drei Jahren. In der ersten Förderphase soll von der Arbeitsgruppe das Anwendungspotenzial der Entwicklung herausgearbeitet und bewertet werden. Begleitend sollen konkrete Kommerzialisierungsstrategien für die weitere Umsetzung der Ergebnisse entwickelt werden.

In der zweiten Förderphase, über die nach einer Zwischenevaluation entschieden wird, erfolgt die Überführung dieser Strategien in die wirtschaftliche Verwertung. Spätestens ab der zweiten Förderphase müssen die Projektleiter möglichst eine privatwirtschaftlich aufgebrachte Co-Finanzierung für die Durchführung des GO-Bio-Vorhabens aufbieten. Für jede Förderrunde stellt das BMBF zwischen 20 und 30 Millionen Euro zur Verfügung. Im Schnitt wird jedes Förderprojekt mit etwa 2 Millionen Euro unterstützt. Das BMBF stellt zusätzlich bis zu 250.000 Euro den Hochschulen und Forschungseinrichtungen der bewilligten GO-Bio-Projekte zur Verfügung, um den Technologietransfer zu stärken.

Erfolgreiche Entwicklungen

 wurden im April vergangenen Jahres auf den Biotechnologie-Tagen in Hamburg gekürt. Damals konnten sich sieben Teams über eine Anschubfinanzierung in Höhe von insgesamt 20 Millionen Euro freuen. GO-Bio-Projekte haben schon mehrfach für Schlagzeilen gesorgt. So wurde die iThera Medical GmbH kürzlich mit dem deutschen Innovationspreis in der Kategorie Start-ups ausgezeichnet. Die Firma ist aus einem GO-Bio-Projekt aus der 3. Auswahlrunde hervorgegangen.

Für die nun gestartete siebte Runde des GO-Bio-Wettbewerbs können ab sofort Projektskizzen abgegeben werden. Wissenschaftler aus Hochschulen, Fachhochschulen und außeruniversitären Einrichtungen sind aufgerufen, ihre Ideen bis zum 30. Juni 2015 beim Projektträger Jülich einzureichen. Ansprechpartner sind Dr. Jan Strey (j.strey@fz-juelich.de) und Dr. Ute Fink (u.fink@fz-juelich.de).

Erfolg für den Bioökonomie-Standort Nordrhein-Westfalen: Als Teil des trinationalen Netzwerks BIG-C hat sich der Cluster für industrielle Biotechnologie CLIB2021 4 Millionen Euro Fördergelder vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gesichert. Damit sollen Projekte zur Verwertung von Biomasse und Stoffströmen aus Industrieabgasen vorangetrieben werden. Zum Mega-Cluster BIG-C gehören Partner aus Belgien und den Niederlanden.

Den Nordrhein-Westfalen haben sich Partner aus der belgischen Region Flandern und den Niederlanden im Verbund BIG-C (Bioinnovation growth mega-cluster) angeschlossen. Es geht in dem Netzwerk um biobasierte Industrien und Innovationen. „Wir haben bei BIG-C bislang viel in Vorleistung aus dem Budget des Vereines getragen. Die Förderung eröffnet nun neue Möglichkeiten“, freut sich CLIB2021-Kommunikationschef Uwe Wäckers. Die 4 Mio. Euro fließen im Rahmen der BMBF-Fördermaßnahme „Internationalisierung von Spitzenclustern, Zukunftsprojekten und vergleichbaren Netzwerken“. Mit Hinblick auf diese Fördermaßnahme hatte CLIB2021, ein in Düsseldorf verankertes Kompetenznetzwerk für die industrielle Biotechnologie, BIG-C initiiert. Die Gründung des Clusters wurde von CLIB2021 und den Partnern BE-Basic (Niederlande) und FISCH (Flandern) vor genau einem Jahr gefeiert.

Förderung bring Schwung für das Netzwerk

Die Bundesförderung stärkt die Stellung Nordrhein-Westfalens innerhalb des Verbunds und setzt laut Wäckers Flandern und die Niederlande unter Zugzwang, sich noch stärker einzubringen. Thematisch steht die Optimierung von Stoffströmen im Vordergrund. So sollen Projekte gefördert werden, die Biomasse und Industrieabgase als Ausgangsstoffe für die Herstellung neuer Materialien nutzen. Der operative Schwerpunkt von BIG-C liegt in den Bereichen Ausbildung, Technologieentwicklung und Technologietransfer.

Zwei weitere Cluster-Inititativen gefördert

Die Internationalisierung von Clustern und Netzwerken ist Bestandteil der neuen Hightech-Strategie der Bundesregierung. Insgesamt werden 11 Initiativen mit einer Förderung bedacht. Mit dem BioRN-Projekt „Erweiterung der Health Axis Europe um weitere Spitzenstandorte der Biomedizin in Europa und Israel und Entwicklung einer Kooperationsplattform für KMU” und dem Projekt „Aufbau eines internationalen Innovationssystems der Medizintechnik und Gesundheitswirtschaft” des Medical Valley EMN sind unter den Initiativen noch zwei weitere mit einem Bezug zu den Lebenswissenschaften.

Sollten sich die Erwartungen der Manager erfüllen, steht der Biotech-Industrie wohl ein außergewöhnlich gutes Jahr bevor. Die aktuelle Geschäftslage wird von ihnen so positiv wahrgenommen wie seit vielen Jahren nicht mehr. Auch in der Einschätzung des aktuellen und zukünftigen politischen Klimas in Deutschland hat es eine klare Trendwende zum Positiven gegeben.  Das hat eine Umfrage des Branchenverbandes BIO Deutschland, in Kooperation mit dem Life Sciences-Magazin |transkript, ergeben. Die Ergebnisse wurden am 14. Januar in Berlin vorgestellt. Erfreulich: Im vergangenen Jahr sind die Kapitalinvestitionen in Biotechnologie-Firmen um 20 Prozent gestiegen und liegen somit wieder über dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre.

„Viel Licht und ein wenig Schatten“, so beschrieb Andreas Mietzsch, der Herausgeber von |transkript das Motto für die Jahresvorschau. Und tatsächlich gibt es viel Positives zu berichten: Bis auf eine Ausnahme zeigen alle in der Umfrage erhobenen Indikatoren nach oben: Die Biotech-Unternehmen wollen 2014 verstärkt Personal einstellen. Zum ersten Mal seit drei Jahren ist der entsprechende Indexwert wieder gestiegen: um 2,80 Punkte auf 95,32. Ein Grund für den möglichen Beschäftigungszuwachs dürfte die positive Beurteilung der aktuellen Geschäftslage sein. Mit 99,13 Punkten (+2,64) markiert der Wert einen sechsjährigen Höchststand. „Rund 95 Prozent der Unternehmen beurteilen ihre eigene Lage als gut oder befriedigend“, betont Viola Bronsema, Geschäftsführerin von BIO Deutschland.

Investitionen in Forschung und Entwicklung dürften sinken

Ähnlich verhält es sich mit der Einschätzung der zukünftigen Geschäftslage, die ebenfalls positiver ausfällt. Der Indexwert stieg um 1,13 Punkte auf 92,12. Lediglich die Bereitschaft der Firmen, in Forschung und Entwicklung zu investieren, ist der Umfrage zufolge zurückgegangen. Mit 93,05 Punkten liegt der Wert 3,05 Punkte unter dem Vorjahresergebnis. Drei mögliche Gründe für diesen seit 2010 bestehenden Trend hat die BIO Deutschland Geschäfstführerin Bronsema dafür ausgemacht: „Unternehmen priorisieren ihre Forschungsprojekte wegen Kapitalmangels.“ Zudem dürften gerade im Wahljahr einige Firmen mit einer Investitionsentscheidung gewartet haben, bis sich die politischen Rahmenbedingungen geklärt hatten. Außerdem sei der Rückgang aber auch das Zeichen für eine Reifung der Branche: Gerade erfolgreiche Unternehmen, die ein Produkt am Markt haben, müssten nicht mehr nur in Forschung und Entwicklung investieren, sondern aus dem Budget beispielsweise auch Marketing- und Vertrieb bezahlen.

Politische Rahmenbedingungen deutlich positiver beurteilt

Gerade bei der Einschätzung der aktuellen politischen Rahmenbedingungen gab es hingegen große Veränderungen. Offenbar startet die große Koalition mit einigen Vorschusslorbeeren: Die Einschätzung des aktuellen politischen Klimas hat einen langjährigen Trend durchbrochen und liegt mit 97,31 Punkten (+5,61) auf ähnlichem Niveau wie nach der Bundestagswahl 2009. Auch die zukünftige Entwicklung des politischen Klimas wird deutlich positiver eingeschätzt (88,65 Punkte, +4,00).

Finanzierungssituation bleibt angespannt

Trotz der guten Stimmung, ein Wermutstropfen bleibt: Die Finanzierungssituation vieler Unternehmen dürfte auch in diesem Jahr angespannt bleiben. Zwar summierten sich die Finanzinvestitionen 2013 auf rund 365 Millionen Euro  – und lagen damit sowohl rund 20 Prozent über dem Wert des Vorjahres (300 Millionen Euro), als auch über dem fünfjährigen Mittelwert von 344 Millionen Euro. Trotzdem sei die Branche auf den ausreichenden Zufluss von Wagniskapital angewiesen, so Peter Heinrich, der Vorstandsvorsitzende von BIO Deutschland: „Die mangelnde finanzielle Förderung innovativer kleinerer und mittlerer Unternehmen in Deutschland bleibt ein großes Problem." Auch beim Wagniskapital und bei Börsengängen fänden Unternehmen in anderen Ländern häufig bessere Bedingungen vor, was ja gerade in den USA im Moment zu einem Investitionsschub und einem regelrechten Biotech-Boom geführt habe. „Obwohl 2013 keine Börsengänge stattfanden, konnten sich zahlreiche Aktionäre an Biotech-Investments erfreuen. Unter den 12 unterschiedlichen Unternehmen im Prime IG Biotech der Deutschen Börse gab es lediglich zwei Kursverlierer; genauso viele Firmen konnten ihren Wert mehr als verdoppeln", konstatierte Heinrich.

Bedeutung der Biotechnologie wächst

Insgesamt lässt sich aus den Umfrageergebnissen herauslesen, dass die Unternehmen trotz knapper Kassen von ihren Geschäftsmodellen überzeugt sind. Dies liegt auch darin begründet, dass die Bedeutung der Biotechnologie wächst. Längst findet sie nicht nur in dem besonders von Kapital abhängigen Bereich der Medikamentenentwicklung ihren Einsatz. Stattdessen werden biotechnologische Verfahren immer häufiger in klassischen Industrien wie dem Automobilbau, der Chemie oder der Kosmetik eingesetzt. Die hier entwickelten biobasierten Produkte reduzierten die Abhängigkeit von fossilen Ressourcen wie Erdöl, Erdgas oder Kohle und schonten so Klima und Umwelt, hieß es in Berlin. Sowohl die Gesundheitswirtschaft als auch die Bioökonomie werden im Koalitionsvertrag mehrmals erwähnt. Entsprechend hoch seien die Erwartungen der Unternehmen an die Politik.

Vitamin-A-Mangel führt in Afrika, Asien und Lateinamerika zu echten Gesundheitsproblemen. Der Goldene Reis könnte Betroffene vor Erblindung und Tod schützen. In den Philippinen sollte die gentechnisch veränderte Pflanze eigentlich in diesem Jahr zugelassen werden. Doch daraus wird nichts. 2016 ist nun der neue Zieltermin. Unterdessen erhält das Projekt Unterstützung vom einstigen Greenpeace-Mitgründer Patrick Moore. Mit seiner Kampagne „AllowGoldenRiceNow“ will er die ideologische Macht von Greenpeace gegen den Goldenen Reis brechen. Nun ist die Europatournee gestartet.


Von Natur aus enthalten Reiskörner keine Enzyme, die zur Herstellung des Provitamins A (Beta-Carotin) nötig sind. Um den Vitamin-A-Mangel zu bekämpfen, verteilen Hilfsorganisationen und staatliche Stellen in Entwicklungsländern seit einigen Jahren Vitaminpillen. Da sie nicht alle Menschen erreichen, soll zusätzlich der wegen seiner gelben Farbe „golden“ genannte Reis angeboten werden. Eine 50 Gramm-Portion deckt Studien zufolge immerhin 60 Prozent des Tagesbedarfs. Ursprünglich wurde die Reissorte vom deutsch-schweizerischen Forscherteam Ingo Potrykus und Peter Beyer seit 1992 entwickelt. Inzwischen ist sie in Zusammenarbeit mit zahlreichen humanitären Organisationen für den Einsatz in den Philippen weiter optimiert worden und hat hier alle erforderlichen Feldversuche durchlaufen. Sie enthält ein Gen aus Mais (Phytoensynthase) und eines aus dem Bakterium Pantotea ananatis (Desaturase crtI). Diese wurden auf gentechnischem Wege in den Reis eingebaut, sodass dessen Körner Beta-Carotin herstellen. Eine Zulassung dieser Sorte hatten Potrykus und Kollegen eigentlich bereits 2002 angepeilt. Ende November gab das Internationale Reisforschungs-Institut jedoch bekannt, dass der Zulassungstermin nicht länger im ersten Quartal 2014, sondern erst für 2016 erwartet wird. Vorangegangen waren Diskussionen mit der Regierung, die nun offenbar weitere Studien einfordert.

Moore: Aktionen von Greenpeace sind ein Verbrechen

Gegen weitere Verschleppungen der Marktzulassung gibt es nun Unterstützung von ungewöhnlicher Seite: Patrick Moore, im Jahr 1971 Mitgründer der Umweltorganisation Greenpeace, hat die Kampagne „AllowGoldenRiceNow“ gestartet und ist damit nun auf Tour in Europa. „Der Vitamin A-Mangel hat seit der Entwicklung des Goldenen Reis mehr Menschenleben gekostet als etwa Malaria“, so der studierte Ökologe bei seinem ersten Stopp Mitte Januar in Berlin. Diese Tragödie könne durch den Goldenen Reis beendet werden. Bislang jedoch haben Umweltorganisationen wie Greenpeace mit ihrem massiven Protest eine Zulassung verhindert und alle rechtlichen Register gegen den Versuchsanbau in den Phillippinen und im indischen Bangladesh gezogen. In dieser Zeit seien laut Moore acht Millionen Kinder durch Vitamin A-Mangel erblindet oder gestorben. „Die Aktionen von Greenpeace sind ein Verbrechen gegen die Menschheit und müssen gestoppt werden“, sagte Moore zur Begründung seiner Anti-Greenpeace-Kampagne in Berlin.

Im Fokus: Aufklärung statt Angst

Sein Kampf gleicht dem von David gegen Goliath. Greenpeace gibt einen beträchtlichen Teil der zum großen Teil in Deutschland akquirierten 300.000 US-Dollar Spendengelder für die Öffentlichkeitsarbeit gegen gentechnisch veränderte Pflanzen aus. Dabei wird vor allem damit argumentiert, der Goldene Reis sei ein trojanisches Pferd, um den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen generell zu erleichtern. Zudem wird auf unvorhersehbare Wirkungen der Pflanzen auf die Gesundheit verwiesen. Diese Sicht bezeichnet Moore mit Verweis auf diverse Studien als unwissenschaftlich. In Berlin zeigt er Fotos von Greenpeace-Aktivisten, die sich fälschlicherweise als Bauern ausgegeben haben. „Die Arbeit von Greenpeace hat nichts mehr mit den humanitären Zielen der Organisation zu tun, die einige Pioniere 1971 gegründet haben“, fasst Moore zusammen, der der Organisation in den achtziger Jahren den Rücken gekehrt hatte, weil sie sich für ein Verbot der Trinkwasserchlorierung stark gemacht hatte. „Um die Organisation öffentlichkeitwirksamer zu machen, wurde immer stärker mit Angst gearbeitet. Dabei ist das Ziel aus dem Auge geraten, Mensch und Umwelt zu schützen.“ Nun hält er mit seiner eigenen Kampagne dagegen, wenngleich auf weitaus geringerer Flamme. „Wir haben 6.000 Euro an Spendengeldern akquiriert“, sagt der Berner Forscher Klaus Amann, der die  Europatournee von Moore organisiert hat. Seine Mission, Greenpeace vom Protest gegen den Goldenen Reis abzubringen, führt den Kanadier über Berlin, Hamburg und die Greenpeace-Europazentrale in Amsterdam nach Brüssel, Rom und London. Ideele Unterstützung erhält Moore von wissenschaftsfreundlichen Organisationen wie dem Humboldt-Forum for Food and Agriculture (HFFA) und dem Forum Grüne Vernunft, Industrieunterstützung lehnt Moore ab.

Automobilhersteller Audi und das deutsch-französische Biotech-Unternehmen Global Bioenergies entwickeln in Leuna gemeinsam das nicht-fossile „e-Benzin“ . Audi wird den Bio-Isooktan-Treibstoff in seinen Fahrzeugen testen und unterstützt den Kooperationspartner bei der Ausweitung seiner Forschungsarbeiten. Grundlage für den Kraftstoff ist das in der Pilotanlage Leuna aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellte Bio-Isobutan. 

Ein biotechnisch hergestellter, erneuerbarer Kraftstoff soll es werden, mit einer guten CO2-Bilanz, außer Konkurrenz zu Nahrungsmittelproduktion und Anbauflächen. Wie der Ingolstädter Autobauer und das Biotech-Unternehmen mit Hauptsitz im nordfranzösischen Évry am 21. Januar vermeldeten, soll der Kraftstoff dazu noch äußerst effizient sein: Wegen seiner hohen Energiedichten erziele er hohe Reichweiten. 

Via Isobutan zum Isooktan

2,2,4-Trimethylpentan oder kurz: Isooktan nennt sich der Sprit. Die Basis für das e-Benzin, wie es Audi nennt, ist zu 100 Prozent biologisch hergestelltes Isobuten, das sich chemisch in Isooktan umwandeln lässt. „Das dafür benötigte, hochreine Isobuten werden wir in den biotechnologischen Anlagen unserer vorindustriellen Pilotphase am Fraunhofer CBP in Leuna herstellen“, erläutert Thomas Buhl, Leiter des Business Developments bei Global Bioenergies. In dem chemisch-biotechnologischen Prozesszentrum wandeln die Biotechnologen nachwachsende Rohstoffe in sogenannte leichte Olefine um. Olefine bezeichnen in der petrochemischen Industrie zyklische und azyklische Kohlenwasserstoffe und stellen Ausgangsstoffe für viele chemische Verbindungen dar. So sollen jährlich rund 100 Tonnen hochreines Isobuten bakteriell aus Zucker produziert werden können.

Klopffester Drop-In-Sprit

Isooktan ist das Referenzmolekül für die Oktanzahlen, ein Maß für die Klopffestigkeit eines Kraftstoffs. Es handelt sich um einen hundertprozentigen Drop-In-Treibstoff. Er kann in jedem Verhältnis mit allen Standardtreibstoffen für Benzinmotoren gemischt werden. Alkohol-basierte Biotreibstoffe wie Ethanol oder der Ausgangsstoff Isobutanol lassen sich nur begrenzt anderen Kraftstoffen beimischen. Durch das Mixen mit dem Referenz kann die Klopffestigkeit von Ottomotoren verbessert werden. Audi wird den Stoff in seinen Boliden testen und unterstütze das Biotech-Unternehmen dabei, „in größerem Umfang als bisher an der Verwendung nachhaltiger Ausgangsstoffe zu arbeiten“. Die Abmachung berechtigt den Autobauer auch dazu, Aktien der Franzosen im Wert von weniger als 2 Prozent des Firmenkapitals zu erwerben. 

Audis Anti-Emissions Offensive

Als Teil der Audi e-Fuels-Strategie gegen hohe Emissionen, entwickelt die Marke mit den vier Ringen verschiedene e-Treibstoffe. Die Ingolstädter haben gemeinsam mit der US-amerikanischen Biotech-Firma Joules in New Mexico bereits Anlagen zur Herstellung von sogenanntem e-Ethanol und e-Diesel gebaut. Im niedersächsischen Werlte ist neuerdings eine e-Gas-Anlage am Netz, in der synthetisch erzeugtes Gas zum Speichern elektrischer Überschuss-Energie verwendet wird. „Mit unseren Partnern von Global Bioenergies gehen wir einen weiteren Schritt Richtung CO2-neutrale Mobilität“, sagt Reiner Mangold, Leiter Nachhaltige Produktentwicklung bei Audi.

Zur Internationalen Grünen Woche präsentiert sich das Berliner Messegelände als Mekka der Agrarbranche. Vom 16. bis 26. Januar dreht sich die Messe aber nicht nur um den Konsum kulinarischer Köstlichkeiten und um Landwirtschaft. Auf der Fachschau „nature.tec“ kann man in Halle 5.2a besichtigen, wie sich aus Agrar- und Forstrohstoffen interessante Werk- und Treibstoffe fertigen lassen.

Die Sonderschau wird seit dem Jahr 2008 von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR), dem Deutschen Bauernverband und dem Bundesverband BioEnergie veranstaltet. In sechs Schwerpunktbereichen werden neueste Entwicklungen plastisch: Ob Biogas, Biokraftstoffe und Holzenergie sowie  Biowerkstoffe und Baumaterialien aus nachwachsenden Rohstoffen – es gibt jede Menge Gelegenheiten, Materialien anzufassen oder gar daran zu schnuppern.

Bauen mit biobasiertem Hightech

Speziell im Bausektor gibt es vielfältige Einsatzbereiche, die auf eine teilweise Jahrhunderte währende Tradition zurückblicken und die durch neue Produktentwicklungen hochmoderne Ansätze liefern. Die Infobox BAUnatour beleuchtet diese Entwicklungen. Hier sind biobasierte Farben, Dämmstoffe und Baustoffe ausgestellt. Viel Know-how für eine biobasierte Wirtschaft kommt auch in diesem Jahr wieder von der Fraunhofer-Gesellschaft: Sechs Institute präsentieren neueste Forschungsergebnisse gemeinsam mit dem Spitzencluster Bioeconomy aus Leuna.

Weichmacher basieren auf Bernsteinsäure

Ein Schwerpunkt dabei: Biobasierte Kunststoffe. Das Fraunhofer UMSICHT aus Oberhausen präsentiert biobasierte Weichmacher, die auf der Basis  biotechnologisch gewonnener Bernsteinsäure hergestellt wurden. Bei den vorgestellten Substanzen handelt es sich um sogenannte biobasierte Ester (Bernsteinsäuredialkanoate). Sie unterscheiden sich von anderen biobasierten Weichmachern durch einen ausgeprägten polaren Charakter: die Atomgruppen der Bernsteinsäuredialkanoate sind elektrisch geladen. Daher eignen sich insbesondere Kunststoffe wie  PVC, PHB oder PLA für den Einsatz der neuen Weichmacher. Auf Polymilchsäure (PLA) setzt die Verpackungsindustrie zunehmend, da Biopolymere umweltfreundliche Alternativen zu erdölbasiertem Kunststoff darstellen. Der Ausgangsstoff Milchsäure wird aus Maisstärke gewonnen. Dabei bestand ein Problem bisher darin, dass PLA bei etwa 60 Grad weich zu werden beginnt. Für die industrielle Produktion von Joghurt-Bechern ist das zu niedrig. Forscher vom Fraunhofer IAP in Potsdam ist es nun gelungen, wärmebeständigere PLA-Varianten zu entwickeln, die auch Temperaturen um 120 Grad aushalten können.

Biobasiert Autofahren

Natürlich geht es auch um Biotreibstoffe und schnelle Fahrzeuge: So präsentiert sich auf der nature.tec das Bioconcept Car, der Langstrecken-Rennwagen von Smudo und dem FourMotors-Team mit einer Karosserie, die zu großen Teilen aus biobasierten Werkstoffen besteht. „Reifen wechseln!“ heißt es am Schlusswochenende  der Grünen Woche am 25. und 26. Januar, wenn der Rennstall FourMotors gegen Besucher der Grünen Woche antritt, um das schnellste Reifenwechselteam zu ermitteln.

Weltgrößtes Treffen der Agrarminister

Auch jenseits der nature-tec wird auf der Internationale Grünen Woche an Lösungen der Zukunft gearbeitet. So ist die „IGW“ eine Plattform für das weltgrößte Treffen der Landwirtschaftsminister. „Krisen meistern, Ernährung sichern“ lautete der aktuelle Titel des GFFA – Global Forum for Food and Agriculture. Das fand bereits zum sechsten Mal statt und zog 1.400 Gäste an, darunter 80 Agrarminister aus der ganzen Welt. Auch die Teilnehmer der Konferenz „Kraftstoffe der Zukunft“, die vom Bundesverband Bioenergie veranstaltet wird, diskutierten über den Einsatz nachwachsender Rohstoffe zur energetischen Nutzung. Und auch hier argumentiert die Fachwelt die großen Themen wie Beimischungsquoten und indirekte Landnutzungsänderungen.

Im Jahr 2013 wurden mit Labor-Diagnostika in Deutschland rund 2,17 Milliarden Euro umgesetzt – und damit rund 0,7 Prozent weniger als noch ein Jahr zuvor. Dies hat der Verband der Diagnostica-Industrie (VDGH) ermittelt, der die Hersteller von Labordiagnostik und Patientenselbsttests vertritt. Europaweit erwirtschaftete die Diagnostika-Industrie im Jahr 2012 einen Umsatz von 10,7 Milliarden Euro. Deutschland ist mit einem Fünftel des Gesamtumsatzes der größte Markt in Europa. Auf dem Kontinent verläuft den Zahlen zufolge die Marktentwicklung aber sehr unterschiedlich.

Während lediglich die kleineren Märkte in den skandinavischen Ländern noch wachsen und Großbritannien, Frankreich sowie Deutschland stagnieren, gehen die Umsätze in Südeuropa teils deutlich zurück. Auch für das Jahr 2014 erwartet der VDGH ein weiteres Schrumpfen des Marktes.

Labordiagnostika-Markt koppelt sich von Medizintechnikmarkt ab

Von der Entwicklung des allgemeinen Medizintechnik-Marktes hat sich die Diagnostika-Industrie damit anscheinend abgekoppelt. Dort berichteten Branchenvertreter zuletzt von steigenden Umsätzen. Der Gesamtumsatz der produzierenden Medizintechnikunternehmen lag in Deutschland nach Angaben der offiziellen Wirtschaftsstatistik im Jahr 2012 bei 22,2 Milliarden Euro – Tendenz steigend. Allein 2013 wuchs der Medizintechnik-Markt insgesamt noch einmal um rund 2,6 Prozent schätzt der Branchenverband BVMed.

Diagnostik-Industrie bleibt optimistisch

Trotz der negativen Umsatzentwicklung hat sich die Stimmung unter den deutschen Herstellern für In-vitro-Diagnostik (IVD) dennoch etwas aufgehellt. „Die in Deutschland tätigen Unternehmen schauen mit vorsichtigem Optimismus in die Zukunft", sagte der VDGH-Vorstandsvorsitzende Matthias Borst bei der Vorstellung der Zahlen am 24. Januar in Berlin. So gingen mehr als 40 Prozent der IVD-Firmen von einer Verbesserung der Situation aus, etwa gleich viele rechnen zumindest mit einer unveränderten wirtschaftlichen Lage. Bei der Umsatzentwicklung erwarteten sogar zwei Drittel der Unternehmen einen Zuwachs. Aber: Der Anteil der Firmen, die für sich einen rückläufigen Inlandsumsatz prognostizieren, hat sich im Vergleich zum Vorjahr auf fast 25 Prozent verdoppelt.

Neue EU-Richtlinie verteuert Marktzugang

Kritisch sehen die Verbandsvertreter vor allem neue Regeln die sich aus der Überarbeitung der europäischen Medizinprodukte-Richtlinie ergeben könnten. Die EU-Kommission hatte im Herbst 2012 einen Vorschlag für eine neue Medizinprodukte- und IVD-Verordnung vorgelegt. Wesentliches Element der neuen Regeln ist eine neue risikoorientierte Produktklassifizierung und ein darauf basierendes System der Produktzulassung und Marktüberwachung. „Unter dem Strich wird der neue Rechtsrahmen bewirken, dass wesentlich mehr Labortests in höhere Risikoklassen eingestuft werden. Aufwändigere Zulassungsverfahren sind die Folge. Das wird nicht ohne Auswirkungen auf die IVD-Branche bleiben“, sagte Borst. Mehr als zwei Drittel der vom VDGH befragten Unternehmen rechnen mit steigendem Personalbedarf. Insgesamt bedeutet die Neuregelung eine geschätzte Mehrbelastung von durchschnittlich einer halben Milliarde Euro für die europäische IVD-Branche. „Dies ist eine enorme Last für unsere Mitgliedsunternehmen“, so Borst. Nach Ansicht des Branchenvertreters sollten großzügige Übergangsfristen – vorgeschlagen wird ein Zeitraum von fünf Jahren – dafür sorgen, dass die IVD-Unternehmen die Umstellung auch wirtschaftlich schultern können.

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Sprit aus Stroh auf der Straße: Gemeinsam mit dem Autohersteller Mercedes-Benz und dem Mineralölunternehmen Haltermann hat der Schweizer Spezialchemiekonzern Clariant nun einen ersten Flottentest gestartet. Dabei soll sich ein Gemisch aus 20 Prozent Bioethanol aus nachwachsenden Rohstoffen und 80 Prozent Superbenzin für den alltäglichen Einsatz in Serienfahrzeugen beweisen. Der Biosprit kommt aus der Bioraffinerie-Demonstrationsanlage, die Clariant seit 2012 in Straubing betreibt.

Man bringe nichts weniger als „den Kraftstoff der Zukunft auf die Straße“, haben die Projektpartner bei der Vorstellung der neuen Kooperation am 29. Januar versprochen. Die Schweizer Clariant stellt in ihrer Demonstrationsanlage im bayerischen Straubing aus Stroh Bioethanol her. Die Entwicklung des dafür genutzten Sunliquid-Verfahrens wurde auch vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Der grüne Alkohol wird anschließend von der Firma Haltermann im Werk Hamburg mit konventionellem Superbenzin und weiteren Additiven vermischt. Dieser Kraftstoff wird schließlich an das Mercedes-Werk in Stuttgart-Untertürckheim geliefert. An einer speziell dafür vorgesehenen werksinternen Tankstelle können die für den Test vorgesehenen Serienfahrzeuge dann mit dem neuen Kraftstoff betankt werden.

Bioethanol aus Stroh

In der im Juli 2012 eingeweihten Demonstrationsanlage kann Clariant jährlich rund 4.500 Tonnen Weizenstroh in 1.000 Tonnen . In dem 28 Millionen Euro teuren Ensemble entsteht aus lignocellulosehaltigem Weizenstroh und anderen Feldabfällen der Treibstoff Ethanol. Vom Strohschreddern über das enzymatische Aufschließen der Pflanzenfasern bis hin zur Vergärung von Zuckern bildet die Anlage den gesamten Umwandlungsprozess ab – und das nach Clariant-Angaben nahezu klimaneutral. „Cellulose-Ethanol ist ein wirklich nachhaltiger und fortschrittlicher Biokraftstoff neuester Generation, der in Deutschland aus Agrarreststoffen hergestellt wird“, betont Andre Koltermann, Leiter Group Biotechnology bei Clariant. So werde ein Konkurrenzkampf mit der Nahrungsmittelproduktion vermieden.

Mixquote lässt sich nicht beliebig erhöhen

Der für den Flottentest genutzte Kraftstoff enthält rund 20 Prozent Bioethanol. Das bedeutet, bei gleicher Motorleistung werden knapp 20 Prozent weniger Treibhausgase ausgestoßen. Der neue Biosprit könnte nun im Praxistest beweisen, „dass er ohne Probleme in bestehenden Motoren und mit bestehender Infrastruktur verwendet werden kann,“ sagt Uwe Nickel, der Chef der zur Haltermann-Gruppe gehörenden HCS Group. Unbegrenzt kann der Bioethanol-Anteil am Kraftstoffmix aber wohl ohne weiteres nicht erhöht werden.

Bio-Isooktan als Alternative

Der Autohersteller Audi setzt bei seinen Biokraftstoffplänen daher auf eine andere Substanz. Erst kürzlich hatte das Unternehmen gemeinsam mit dem deutsch-französischen Biotech-Spezialisten Global Bioenergies das . Statt Bioethanol kommt dort Isooktan zum Einsatz, das aus 100 Prozent biologisch hergestelltem Isobuten synthetisiert wird. In einer Bioraffinerie-Pilotanlage in Leuna kann Global Bioenergies mit Hilfe spezieller Bakterien jährlich rund 100 Tonnen des Grundstoffs herstellen. Die Zukunft wird zeigen, welche der beiden Methoden sich am Markt durchsetzen wird.

bb

Mitten in den Zwist um die EU-Zulassung von Gentechnik-Mais 1507 platzen die Zahlen zur Grünen Gentechnik auf den Äckern weltweit, die die International Service for the Acquisition of Agri-Biotech-Applications (ISAAA): Mit einer weltweiten Fläche von 175 Millionen Hektar wurden 2013 mehr gentechnisch veränderte (gv) Pflanzen angebaut als in 2012. Allerdings stieg die Zahl langsamer als im Jahr zuvor. In Europa ist Gentechnik immer noch eine Ausnahmeerscheinung, in Deutschland gibt es nach wie vor keinen Anbau von gv-Pflanzen.

Jedes Jahr zieht der International Service for the Acquisition of Agri-Biotech-Applications (ISAAA), eine nicht-staatliche Organisation, Bilanz auf den Äckern der Welt. Die Zahlen kommen zu einem Zeitpunkt, in dem in Europa gerade über die Zulassung einer gv-Maissorte debattiert wird  Das Ergebnis des diesjährigen Berichts, der am 13. Februar veröffentlicht wurde: Der Einsatz an gv-Pflanzen steigt, jedoch langsamer als in den Jahren zuvor.

Die gesamte weltweite Anbaufläche  beläuft sich nun auf 175 Millionen Hektar. Im Vergleich zu 2012 sind 5 Millionen Hektar hinzukommen, im Jahr davor war es noch doppelt soviel. Hinzukommt, dass der Anteil von gv-Pflanzen innerhalb der wichtigsten Kultursarten leicht gesunken ist.

Wie in 2012 werden in elf von 27 Ländern mehr als eine Million Hektar mit gv-Pflanzen bewirtschaftet. An der Spitze steht weiterhin die USA (70,1 Millionen Hektar), gefolgt von Brasilien (40,3) und Argentinien (24,4). Neu auf Platz 4 steht Indien (11 Mio. Hektar), das dieses Jahr Kanada auf den fünften Platz verwies. Dort ging der Anbau von gv-Pflanzen leicht zurück.

Außerdem werden in China, Paraguay, Südafrika, Pakistan, Uruguay und Bolivien gv-Pflanzen auf über einer Million Hektar angebaut. Am deutlichsten zugelegt hat Brasilien: Hier wuchs die Anbaufläche um 3,7 Millionen Hektar an. Neue Länder sind in diesem Jahr nicht hinzugekommen.

Spanien bleibt Spitzenreiter in Europa

Europa spielt weiterhin eine untergeordnete Rolle: Spitzenreiter Spanien ist mit 150.000 Hektar zwar für 94 Prozent der europäischen Anbauflächen verantwortlich, liegt damit im internationalen Vergleich aber deutlich hinter anderen Nationen. Neben Spanien bauen in Europa nur Portugal,Tschechien, Rumänien und die Slovakei gv-Mais an. Europaweit wuchs die für gv-Pflanzen genutzte Anbaufläche um 15 Prozent. In Deutschland findet derzeit kein Anbau von gv-Pflanzen statt.

Wie schon im Jahr zuvor wurden in Schwellen- und Entwicklungsländern mehr gv-Pflanzen angebaut als in den Industrieländern.  „Biotech-Pflanzen zeigen ihren globalen Nutzen als Werkzeug für rohstoffarme Landwirte, die mit mangelnden Wasservorräten und hohem Druck durch Unkraut und Schädlinge konfrontiert sind,“ kommentiert Clive James, der Autor des Berichts und Gründer der ISAAA. Er prognostiziert: „Die Auswirkungen des Klimawandels werden den Bedarf an dieser Technologie nur noch verstärken.“

LandAnbau 2011Anbau 2012Anbau 2013Angebaute Pflanzen
USA69,069,570,1Mais, Soja, Baumwolle, Raps, Kürbis, Papaya, Alfalfa, Zuckerrübe
Brasilien30,336,640,3Mais, Soja, Baumwolle
Argentinien23,723,924,4Mais, Soja, Baumwolle
Indien10,610,811,0Baumwolle
Kanada10,411,610,8Mais, Soja, Raps, Zuckerrübe
China3,94,04,2Baumwolle, Pappeln, Tomaten, Petunien, Paprika, Papaya
EU-LänderAnbau 2011Anbau 2012Angebaute Pflanzen
Spanien0,10,10,1Mais

Portugal

< 0,1< 0,1< 0,1Mais
Tschechische Republik< 0,1< 0,1< 0,1Mais
Rumänien< 0,1< 0,1< 0,1Mais
Slowakei< 0,1< 0,1< 0,1Mais

Quelle: ISAAA-Report 2014

Die Brain AG hat ein Patentportfolio vom Chemiekonzern BASF komplett übernommen. In den vergangenen drei Jahren haben die Brain AG in Zwingenberg und die Ludwigshafener BASF gemeinsam an Substanzen geforscht, die bittere Geschmacksstoffe überdecken können. Das daraus entstandene Portfolio an Patenten und Gebrauchsmustern hat sich Brain nun gesichert. Ziel des Unternehmens mit Fokus auf industrielle Biotechnologie ist es, sogenannte Geschmacks-Modulatoren weiterzuentwickeln und zu vermarkten. Sie sollen eingesetzt werden, um Geschmäcker von Arzneien, Kosmetika und Lebensmitteln zu optimieren. 

Viele Getränke, Süßungsmittel, andere Genussmittel, aber auch Lippenstifte oder Medikamente, wie etwa Hustensaft, schmecken bitter. In einem breit angesetzten Screening-Programm haben sich die BASF und die Zwingenberger Brain AG Substanzen genauer angesehen, die bereits als Lebensmittelzusatzstoffe zugelassen sind. Abgesehen hatten es die Forscher auf solche Stoffe, die die jeweiligen Bittermacher in den Konsumgütern molekular „maskieren“ können.  

Zelltest für den guten Geschmack

Die biologisch aktiven Substanzen identifizierten die Brain-Mitarbeiter in einem selbst entwickelten zellulären Testsystem mit der Unterstützung durch das BMBF. Mit seiner Hilfe können Geschmackserlebnisse biologisch objektiviert werden. Hierfür erzeugten die Wissenschaftler eine Zelllinie aus Geschmackspapillen der menschlichen Zunge. So konnten sie die natürlichen Antworten von Geschmackszellen auf verschiedene Moleküle beobachten. Die Bitter-Rezeptoren auf den Zellen vermitteln den unangenehmen Beigeschmack.  

Bitter-Geschmacksmodulatoren

Einige bereits als Lebensmittelzusatzstoffe zugelassene Substanzen, wie etwa Azofarbstoffe und Fettsäureester können als Geschmacksmodulatoren wirken, indem sie an die Rezeptoren binden. In der richtigen Menge und mit der richtigen Verarbeitung dem Lebensmittel beigesetzt, verhindern sie, dass etwa ein Süßstoff im Softdrink einen bitteren Nachgeschmack erzeugt. Bei der Entwicklung zeigten die Brain-Technologen persönlichen Einsatz. Die Bitter-Rezeptoren, die zu den kultivierbaren Zelllinien weiterentwickelt wurden, stammen ursprünglich direkt von der Zunge von Brain-Mitarbeitern. 

Volles Patentpaket

Das zugehörige Patent- und Gebrauchsmusterportfolio, das die beiden Unternehmen erarbeitet haben, ist umfangreich. In sogenannten Gebrauchsmustern wird gewissermaßen die neuartige Methode rechtlich geschützt, durch die bereits existierende Erfindungen den neuen Effekt erzielen. Erste Schutzrechte wurden bereits erteilt, mehr als 40 internationale Patentanmeldungen sind noch auf dem Weg. Weit fortgeschritten ist die Weiterentwicklung zweier Substanzen, die bereits marktreif seien, so Michael Krohn, Leiter der Technologie-Einheit BioActives and Peformance Biologics des Unternehmens. „Wir konnten mittlerweile die beiden Azofarbstoffe E110 und E129 auch auf unseren patentierten Zelllinien als Wirkstoffe validieren“, erklärt Krohn. „Unsere Bittermodulatoren können effizient zur Lebensmitteloptimierung beitragen“, so Brain-Chef Holger Zinke. Finanzielle Details des Deals mit dem Chemieriesen BASF wurden nicht bekannt. Die nun geschlossene Vereinbarung passt zur bisherigen Strategie von Brain, sich mit biologisch aktiven Substanzen Endkundenmärkten zu nähern. Diesen Weg verfolgt Brain bereits im Kosmetikbereich.