Aktuelle Veranstaltungen

Bereits seit 2012 ist Joachim von Braun Mitglied der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften. Nun ist der 66-Jährige vom Vatikan für die kommenden fünf Jahre zum Präsidenten des päpstlichen Beratergremiums ernannt worden. Der renommierte Bonner Agrarwissenschaftler löse damit den Schweizer Biologen und Nobelpreisträger Werner Arber ab, teilte der Vatikan mit. Neben seiner Tätigkeit als Direktor des Zentrums für Entwicklungsforschung (ZEF) an der Universität Bonn ist von Braun einer der Vorsitzenden des deutschen Bioökonomierates, ein Expertengremium, das die Bundesregierung auf dem Weg in eine biobasierte Wirtschaft berät.

Kampf gegen Armut und Umweltzerstörung 

„Ich freue mich über die Ernennung durch Papst Franziskus und auf die Zusammenarbeit mit den rund 80 hochkarätigen Wissenschaftlern aus aller Welt“, erklärt von Braun und erläutert, auf welche Themen er fokussieren wird. „Als besonders wichtige Themen zur Bearbeitung durch die Akademie sehe ich den Zusammenhang einerseits von Armut, Ungleichheit und Ungerechtigkeit in unserer Welt sowie auf der anderen Seite die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen. Dafür müssen wir neue Lösungen finden.“

A plethora of factors is involved in the maintenance of functioning ecosystems. The smallest change in numbers between predators and prey can upset the balance of the entire system. However, even leading researchers in the field of natural resource management cannot predict how natural ecosystems will develop in response to management measures that dynamically interact with natural factors. Therefore the researchers conducted complex and extended field experiments in order to provide insight and answers for a future adaptive environmental management. However, academic knowledge is of little use if it is not combined with applied knowledge with the people who are interacting with a given ecosystem on a regular basis. In a “one-of-a-kind” social-ecological experiment involving dozens of lakes, hundreds of anglers from Lower Saxony, and thousands of stocked fish, biology educationalists from Tübingen University, fisheries scientists from the Berlin Leibniz-Institute of Freshwater Ecology and Inland Fisheries (IGB), and the Humboldt-University Berlin (HU) examined the interaction between anglers, fish, and the ecosystem.

The transdisciplinary approach integrated applied science with a commitment to society. This was the first set-up to provide quantitative evidence that participatory research has a lasting educational effect regarding learned sustainable behaviour. The results of the study that took place across several years were published in the journal “Science Advances”.

Combining theory and practice

The ecological aspect of the experiment involved investigating whether stocked fish become established in their new environment, and to what extent they do so. There are opposing positions, whether this traditional management practice in fisheries may in fact be detrimental to the environment, while many anglers and fisheries managers believe that there is no alternative to fish stocking. This fish-stocking project (besatz-fisch.de) was financed by the German Federal Ministry of Education and Research within the programme on Social-ecological research, and was lead by Robert Arlinghaus at HU.

This long-term ecological experiment was combined with an environmental educational experiment regarding the learning success generated by collaborative research. This aspect was carried out by a small group of social scientists, who collaborated with anglers and fisheries resource managers to plan and evaluate ecological fish stocking experiments in the context of workshops. The measurement of environmental educational success was based on three experimental groups: a placebo group without further education, a group of anglers and fisheries managers trained in science-based knowledge of fish stocking in a lecture format, and a group that was directly involved in the field experiments after having also attended the 4.5-hour seminar on the theory of fish stocking. The training programmes for fisheries officers usually only include theoretical training.

Active participation achieves greater success

“Our study shows that active participation in nature experiments achieves greater educational success than passive listening”, says Christoph Randler at Tübingen University. In other words, theoretical training alone did affect the environmental knowledge of anglers and fisheries managers compared to the placebo group. However, the participatory group achieved the greatest environmental educational effect. Not only was this group able to remember more facts ten months after the programme had ended, there were also changes in their personal standards and basic environmental convictions. This is the first quantitative evidence that intensive cooperation among scientists and practitioners pays off and leaves an educational legacy beyond the realm of science. “It is essential to foster the interfaces between environmental practice and research, so that transdisciplinary research based on well-evaluated field experiments can be used on a large scale”, concluded Arlinghaus.

The results can most likely be transferred to other situations where humans use and shape nature, such as in agriculture or forestry.

jmr

Bakterien überraschen Forscher immer wieder mit neuen Talenten. Sie versorgen Pflanzenwurzel mit Sauerstoff, können Plastik zersetzen und den Menschen vor Krankheit schützen. Diese unsichtbaren Helfer sind daher als Untermieter bei Menschen als auch Pflanze und Tier beliebt. Nun haben Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie in Bremen mit Kollegen aus den USA auch in den Tiefen des Golfs von Mexiko solch bakterielle Symbiosepartner entdeckt, wie sie im Fachjournal "Nature“ berichten.

In 3000 Meter Tiefe, wo Öl und Asphalt aus dem Meeresboden sprudeln, stieß das Team um die Bremer Meeresbiologen Maxim Rubin-Blum und Nicole Dubilier (hier zu unserem Porträt) auf Muscheln und Schwämme, die sich mithilfe von Bakterien von Öl und Asphalt ernähren – konkret von den kurzkettigen Alkanen aus dem Öl. Bei den Lieferanten dieser ungewöhnlichen Energie- und Nahrungsquelle handelt es sich um ölfressende Bakterien, die der Gruppe der sogenannten Ringbrecher, der Cycloclasticus, angehören. Diese können, wie der Name andeutet, schwer abbaubare Ringstrukturen im Öl, so genannte PAHs (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe), knacken und verwerten.

Kurzkettige Alkane im Öl leichter zu knacken

Für diesen eigentlich mühsamen und energiezehrenden Prozess brauchen die Tiefseebakterien jedoch weniger Kraft als verwandte Arten, wie die Forscher herausfanden. Der Trick: Die symbiotischen Cycloclasticus konzentrieren sich auf leicht abbaubare Bestandteile des Öls, die kurzkettigen Alkane wie Butan, Ethan und Propan. „Die Ringe der PAHs können diese Mikroorganismen gar nicht mehr knacken. Sie haben die dazu notwendigen Gene verloren“, erklärt Rubin-Blum. Cycloclasticus-Bakterien, die rein auf kurzkettige Alkane stehen und keine PAH-Ringe knacken können, waren bisher nicht bekannt.

Muscheln machen bakterielle Untermieter stark 

Diese leicht zu knackenden Alkane sind allerdings als Nahrungsquelle hart umkämpft. Dass sich die ölfressenden Bakterien beim Kampf um die Nahrungsquelle durchsetzen, könnte daran liegen, dass sie sich bei Muscheln und Schwämmen als Symbionten eingemietet haben, vermutet Meeresbiologin Nicole Dubilier. „Ihre Wirte filtern das umliegende Meerwasser und liefern ihnen dadurch kontinuierlich kurzkettige Alkane. So leben sie konkurrenzfrei an einem geschützten Standort und müssen nicht mit freilebenden Bakterien konkurrieren“, erklärt die Direktorin des Bremer Max-Planck-Instituts für marine Mikrobiologie. Mit der aktuellen Studie erweitern die Forscher somit das Spektrum der bekannten Stoffe, die chemosynthetische Symbiosen antreiben.

Cycloclasticus-Arten als Hauptakteure beim Ölabbau

Darüber hinaus verglichen sie das Genom der symbiotischen Bakterien im Golf von Mexiko mit den dort freilebenden, nahe verwandten Cycloclasticus-Arten, die nach der Deepwater Horizon-Ölkatastrophe in großen Zahlen auftraten. Hier machten die Forscher eine erstaunliche Entdeckung: „Offensichtlich handelt es sich bei Cycloclasticus um eine Schlüsselfigur im marinen Ölabbau“, sagt Rubin-Blum. Zum Erstaunen der Forscher hatte auch die freilebende Art das Talent, die kurzkettigen Alkane im Öl abbauen. Diese treten vor allem unmittelbar nach einem Ölaustritt wie der Explosion der Ölplattform auf und werden schnell und von vielen Organismen abgebaut. Als nächstes wollen die Bremer Forscher daher sowohl symbiotische als auch freilebende Arten auf ihre Fähigkeit untersuchen, Kohlenwasserstoffe im Meer abzubauen.

bb

„Die Chemie muss nachhaltiger werden“, forderte Kurt Wagemann, Geschäftsführer der Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie (Dechema) in seinem Impulsvortrag. Aber wie? Woher kommen die neuen Ideen? Wie können sie umgesetzt werden? Rund 200 Interessierte lockte das Thema am 20. Juni zum Rohstoffgipfel mit dem Titel „Weg vom Erdöl – die Chemie braucht neue Rohstoffe“. Initiiert von der Technischen Universität Berlin, von der Dechema sowie der Covestro AG – einer auf Materialien fokussierten Tochterfirma des Bayer-Konzerns – wurde hier mit Wissenschaftlern, Unternehmern und Gründern über Wege zu einer nachhaltigen Chemie diskutiert.

Warum die Industrie von Start-ups profitiert

„Kohlenstoff bleibt auch in Zukunft ein wichtiger Rohstoff“, betonte Wagemann, der die Veranstaltung mit einem Überblick zu den aktuellen Herausforderungen in der chemischen Industrie eröffnete. Nach Ansicht des Professors müsste der Rohstoff jedoch aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden. „CO2 wird zu einem echten Rohstoff mit einer echten Mangelsituation werden“, prognostizierte er.

Später diskutierten Start-up-Gründer, Industrievertreter und Politiker gemeinsam darüber, wie neue Wege in der Chemie-Branche eingeschlagen werden können. Dass kleinen innovativen Unternehmen hier eine besondere Rolle zukommt, darin waren sich die Podiumsteilnehmer einig. „Wir brauchen Start-ups“, sagte Markus Steilemann, Vorstandsmitglied für Innovation, Marketing und Vertrieb bei der Covestro AG. „Kein Unternehmen hat heute das Potential alles alleine zu lösen. Das schaffen wir nur gemeinsam.“ Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund habe man gemeinsam mit der Dechema den Rohstoffgipfel an der TU-Berlin mitinitiiert. Zuletzt hatte Covestro mit einem biobasierten Ansatz für die Herstellung der Grundchemikalie Anilin Schlagzeilen gemacht.

Welchen Input junge Unternehmer für große Konzerne liefern können, berichtete Sonja Jost, selbst Gründerin und Geschäftsführerin der Firma DexLeChem GmbH in Berlin. Das Start-up setzt auf ressourcenschonende Verfahren für die Herstellung von Arzneimitteln und will mit seinem Angebot eine Lücke zwischen Forschung und Markt schließen. „Es gibt viele großartige Erfindungen in der Wissenschaft, aber oft gelangen sie nicht zur Anwendung. In meinem Fall wollte ich mich selbst darum kümmern, um diese Lücke zu schließen“, sagte Jost.

Voraussetzungen müssen verbessert werden

Steffen Krach, Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung des Berliner Senats, verwies darauf, dass sich 60% aller deutschen Chemie-Start-ups in Berlin befänden – aus seiner Sicht ein Beweis für die Attraktivität des Wissenschaftsstandorts Berlin mit seinem Exzellenzcluster UniCat an der TU Berlin und der hier versammelten interdisziplinären Expertise. Robert Schlögel, Direktor des Fritz-Haber-Instituts, verwies jedoch darauf, dass dies allein noch nicht für einen Wandel in der Chemie ausreiche:. „Der Spirit muss noch mehr in andere Teile der Republik getragen werden.“ Dechema-Geschäftsführer Wagemann unterstrich jedoch, dass auch die Industrie den Bedarf an Innovationen mehr und mehr erkennt: „Mittlerweile sucht das Geld Ideen und nicht umgekehrt.“ Doch ganz so einfach sei es nicht, widersprach Gründerin Jost. Sie und Schlögl bedauerten, dass oft tolle Ideen nicht weiterentwickelt und umgesetzt würden, weil es an den nötigen Rahmenbedingungen wie Räumlichkeiten fehle oder die Finanzierung nicht immer einfach sei. Staatssekretär Krach versicherte, dass man in Berlin auch zukünftig die Start-up-Szene fördern wolle. Laut Berliner Morgenpost will die Landesregierung dazu aus dem Nachhaltigkeitsfonds Siwana sieben Millionen Euro beizusteuern. Um die Rahmenbedingungen zu verbessern, sei es wichtig die gesellschaftliche Akzeptanz zu verbessern, ergänzte Steilemann von Covestro. „Die Chemie-Branche ist Teil der Lösung.“

Start-up-Wettbewerb am Centre for Entrepreneurship

Welche Innovationen schon heute von Start-ups entwickelt werden, wurde beim Wettbewerb „Mehr Gründerspirit muss her“ deutlich, den das Centre for Entrepreneurship der TU Berlin initiiert hat. Bis Anfang Juni konnten Bewerber ihre Ideen einreichen. Die fünf besten Kandidaten – darunter deutsche und ausländische Start-ups – stellten ihre Geschäftsmodelle beim Rohstoffgipfel vor. Unter den fünf Besten das Berliner Start-up Fairwindel. „Wir wollen Einwegwindeln aus 100% erneuerbaren Rohstoffen auf den Markt bringen“, so Firmengründer Dominic Franck (mehr dazu im Interview). Für ihre Idee erhielt die Firma kürzlich den dritten Platz beim Greentech Award 2017.

Prämierung von innovativen Start-ups

Ebenfalls im Wettbewerb dabei: Das Brandenburger Start-up LXP Group. Erst im April konnte sich die Firma eine Finanzierung in Höhe von 2,6 Mio. Euro durch die Münchener MIG Fonds sichern. Das Unternehmen um Katrin Streffer, hat hat das LX-Verfahren entwickelt, mit dem sich Zucker und hochwertiges Lignin aus bislang ungenutzter pflanzlicher Biomasse gewinnen lassen. „Die Produkte können dann für Biokraftstoffe oder in der Biochemie weiterverwendet werden.“, erklärte Streffer in Berlin. Mit dieser Idee konnten die Gründer auch die Fachjury überzeugen. Sie wurden bei der Veranstaltung mit dem mit 5.000 Euro dotierten ersten Preis ausgezeichnet. Die Siegprämie in Höhe von 3.000 Euro für den zweiten Preis nahm Nicholas Flanders für Opus12 entgegen, einem Start-up aus San Francisco, das mit elektrochemischem Verfahren CO2 recycelt. Carbon8 Systems aus Großbritannien wurde mit dem dritten Preis und 1.000 Euro prämiert. Das Unternehmen will gefährliche Industrieabfälle als Rohstoffquelle für Baustoffe nutzen.

bp

Zecken sind unscheinbare Spinnentiere, die zahlreiche Erreger mit sich tragen. Neben der Infektionskrankheit Borreliose ist vor allem die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) für den Menschen gefährlich. Denn das Virus kann die Hirnhaut und das zentrale Nervensystem angreifen. Bei der Suche nach Futter erweisen sich die Blutsauger nicht nur als äußerst geduldig. In den knapp drei Jahren ihrer Lebenszeit verbringen sie 90 Prozent der Zeit lauernd auf Gräsern, Kräutern und Sträuchern und halten Ausschau nach menschlichen oder tierischen Opfern. Auch überwinden sie beachtliche Stecken und Hindernisse, um an ihre Opfer heranzukommen.

Haftprotein auch in Zeckenfüßen

Wie Spinnentiere wie Zecken Hindernisse wie Pflanzen aber auch Haut und Haare überwinden und darauf Halt finden, haben Forscher der Technischen Universität Dresden (TUD) und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) am Gemeinen Holzbock (Ixodes ricinus) untersucht. Wie  das Team im Fachjournal „Journal of Experimental Biology“ berichtet, überraschte dabei insbesondere die Funktion der Zeckenfüße und die Erkenntnis, dass ihr Hafttrick nicht überall funktioniert. „Dass nicht nur das Haftkissen, sondern auch die transparenten Krallen fast vollständig mit dem elastischen Protein Resilin gefüllt sind, ist eine Überraschung. Vorab haben wir nie Resilin in den Krallen anderer Spinnentiere und Insekten beobachtet“, erklärt Dagmar Voigt vom Institut für Botanik der TUD.

Bekannt war, dass Zecken über gekrümmte, spitze Krallen und einem dazwischenliegenden Haftkissen verfügen. Mithilfe des Haftpads, das aus einer haftenden Flüssigkeit besteht und wie eine Ziehharmonika auf- und zugefaltet werden kann, können sie sich sehr gut auf ebenen Flächen wie Glas oder Haut halten. Die Krallen nutzen sie hingegen auf rauen Oberflächen und Haaren, um Halt zu finden. Auf dem Boden oder auf verunreinigten Oberflächen klappen die Zecken hingegen ihre Füße ein und laufen auf dem Fußgelenk. Klauen als auch Haftpads sind bei weiblichen Zecken jedoch größer. Mit einer Kraft, die mehr als das 500-fache des eigenen Körpergewichts beträgt, können sie so an glatten Flächen problemlos andocken. Das gibt den Weibchen vor allem beim Blutsaugen Sicherheit, wenn das Körpergewicht um das 135-fache zunehmen kann.

Weniger Halt auf Slikon und Kunstharz

In ihren Inversions-, Zentrifugal- und Zugkraftexperimenten konnten die Dresdner und Kieler Forscher jedoch auch nachweisen: Der Haftmechanismus der Zecke wirkt nicht auf allen Oberflächen. Auf Silikonabdrücken der Haut sowie auf mikrorauen Kunstharzoberflächen ist die Haftkraft der Studie zufolge deutlich geringer. Das gibt Hoffnung auf neue Materialien, die Zecken abwehren, bevor sich die Krankheitsüberträger beim Menschen festkrallen können. „Unsere Experimente zeigen ganz deutlich, wie eine zukünftige technische Oberfläche mit einer Antihaftwirkung für die Zecken aussehen kann“, resümiert Stanislav Gorb vom Zoologischen Institut der CAU.

bb

Enzyme sind die Multitalente der Bioindustrie: Mithilfe der Biokatalysatoren lassen sich beispielsweise Produktionsprozesse zur Herstellung von Feinchemikalien wie z.B. neue Wirkstoffe für Arzneimittel gezielt steuern. Das Verhalten der Enzyme vorherzusagen, ist jedoch schwierig und aufwendig. Unzählige Laborexperimente sind notwendig, um aus der Vielzahl der Enzyme jene zu finden, mit denen die gewünschte biochemische Reaktion gelingt.

Enzym-Verhalten verstehen

Die Entwicklung computergestützter Modelle zur Vorhersage solcher Prozesse für die weiße und rote Biotechnologie stand daher im Fokus des Verbundprojektes „Bioscore“.  Hier arbeiteten Forscher der Universität Hamburg gemeinsam mit Bayer CropScience und dem Softwareentwickler BioSolveIT an der Entwicklung einer Methode zur energetischen Bewertung von Proteinstrukturen und -komplexen. „Es ist wichtig, Enzyme in ihrer Arbeitsweise so genau wie möglich zu verstehen, um sie für die Herstellung und den Abbau spezieller Produkte nutzen zu können“, erklärt der Hamburger Bioinformatiker Matthias Rarey. Das Forschungsprojekt wurde im Rahmen der Förderinitiative „Bioindustrie2021“ von 2012 bis 2015 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit insgesamt 575.000 Euro gefördert.

Biokatalyse am Computer vorhersagen

„In der Pharmaforschung sind Computermodelle etabliert. Bei der Biokatalyse hingegen sind die Einsatzmöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft“, erklärt Rarey. Ziel von „Bioscore“ war es daher, Computermethoden aus der pharmazeutischen Forschung so weiterzuentwickeln, dass damit auch Vorhersagen für die Biokatalyse möglich sind und so neue Anwendungen erschlossen werden.

Auf Bindungsenergie von Proteinen in Wasser fokussiert

Grundlage der Arbeit war die sogenannte Hyde-Technologie, die zuvor vom Projektpartner Bayer CropScience gemeinsam mit der BioSolveIT und Rareys Arbeitsgruppe in Hamburg entwickelt wurde. Bei Hyde handelt es sich um ein theoretisches Modell, das zur Vorhersage der Bindungsenergie von Protein-Ligand-Komplexen bezogen auf wässrige Lösungen eingesetzt wird.

Wie in allen anderen Wirtschaftsbranchen verändert die Digitalisierung auch die Landwirtschaft und die Agrarindustrie grundlegend. Informationstechnik ist aus dem Alltag der Bauern nicht mehr wegzudenken. Digitale Anwendungen helfen beim Pflanzenschutz, bei der Tierhaltung und der Wettervorhersage. Für die Präzisionslandwirtschaft sind Landmaschinen mit intelligenten Technologien bestückt und kommunizieren untereinander. Automatisierte Arbeitsprozesse sind auf dem Feld und im Hof angekommen. Die digitale Landwirtschaft birgt das Potenzial, Agrarbetriebe ressourcenschonender und effizienter zu gestalten.

The Bio-based Industries Consortium (BIC) is a non-profit organisation based in Brussels. It represents the private sector in a public-private partnership (PPP) with the EU on Bio-based Industries (BBI). €3.7 billion will be injected into the European economy between 2014 and 2024 - €975 million from the European Commission and €2.7 billion from the Bio-based Industries Consortium (BIC) - to develop an emerging bioeconomy sector. BIC is host to a unique mix of sectors that currently covers the areas of agriculture, agro-food, forestry, pulp and paper, chemicals, energy and other manufacturing sectors. With over 200 members from academia and industry, as well as technology platforms and associations spread across Europe, BIC brings together a multitude of cross sector and multi-disciplinary expertise in the field of bio-based industries.

Europe as world leading bioeconomy

This June BIC has announced its new Strategic and Research Agenda - SIRA (PDF-Download). SIRA identifies the activities needed to speed up the development of such sustainable and competitive bio-based industries in Europe and reflects BIC’s ambition to transform Europe into a world leading bioeconomy. The announcement came as somewhat of a surprise, since the European Commission only recently announced they would delay their review of the bioeconomy strategy until the end of 2017.

New feedstocks included

John Bell, Director for Bioeconomy, DG Research & Innovation, European Commission summarises the new plan: “The latest SIRA is designed to attract new industrial sectors and stimulate closer collaboration between different industries. It envisages the creation of novel value chains, making it easier for the Bio-Based Industries Joint Undertaking to fully support the development of a circular bioeconomy, while enabling Europe to achieve its climate goals and the objectives of the Juncker Plan – to boost investment, sustainable growth and job creation.” In fact, the new SIRA especially targets the ‘multi-value-chain’ approach and integrates new feedstocks such as aquatic-based sources, bio-waste and CO2. Furthermore, it also includes the aims of junior BIC members, as well as new technology and market developments since the first Agenda was adopted in 2013. Thus, the updated SIRA identifies the research and innovation actions needed to deliver tangible albeit increasingly ambitious environmental, social and economic benefits by 2020 and 2030.

jmr/pg

Hülsenfrüchte wie Linsen, Bohnen oder Soja gewinnen wegen ihres hohen Eiweißgehaltes als Nahrungs- und Futtermittel an Bedeutung. Aber nicht nur als Proteinquelle sind Leguminosen von hohem Wert. Ihr Talent, mithilfe von Bakterien über die Wurzeln Stickstoff aus der Luft zu binden, macht sie zu natürlichen Düngerexperten der Landwirtschaft und Kandidaten für eine nachhaltige Bewirtschaftung. Mit gerade 2% sind die Multitalente auf Europas Feldern aber eher eine Seltenheit. Die EU ist damit nicht nur auf Importe, sondern auch auf die Herstellung von anorganischen Stickstoffdüngern angewiesen. Das soll sich ändern.

Das Potenzial von Hülsenfrüchten sowie deren ökologischen und sozialen Vorteile stehen daher im Fokus des neuen EU-Projektes TRUE (TRansition paths to sUstainable legume-based systems in Europe), in dem Forscher der Universität Hohenheim mit Partnern aus 10 Ländern zusammenarbeiten. Das Vorhaben wird im Rahmen des Programms „Horizon 2020“ von der Europäischen Union mit insgesamt 5 Mio. Euro gefördert.

Aus dem Erfolg von Linsen und Soja lernen

Das Ziel des Projektes: Den Anbau von Hülsenfrüchten in der EU vorantreiben und Europas Agrarpolitikern Empfehlungen dafür geben. Die Fallstudien der Hohenheimer konzentrieren sich dabei auf die Erfolgsgeschichten von Linsen und Soja. Die im Projekt gewonnenen Erkenntnisse sollen helfen, besser zu verstehen, warum gerade diese beiden Leguminosen in Deutschland erfolgreich sind. „Das kann auch anderen Leguminosen den Weg bereiten. Die Kichererbse steht bereits in den Startlöchern“, erklärt Sabine Gruber, Pflanzenbau-Expertin an der Universität Hohenheim.

Insekten können lecker sein. Davon sind Christopher Zeppenfeld und sein SWARM-Team jedenfalls überzeugt. Mit dem ersten Fitnessriegel aus Grillen will der Gründer und Geschäftsführer des Start-ups "SWARM Protein" die noch vielfach bestehenden Vorbehalte gegenüber Insekten-Food abbauen. Mit Geld aus einer Crowdfunding-Kampagne will das Kölner Trio den ersten Sportriegel aus Insektenproteinen bald auf den Markt bringen. Das Ziel ist klar: Die Grillen sind dabei nur der Anfang. Weitere Lebensmittel aus Insekten sollen folgen.

Insects can be delicious. At least, this is the opinion of Christopher Zeppenfeld and his team at SWARM. With the first fitness bar with a main ingredient of crickets, the founder and managing director of the start-up SWARM Protein is aiming to break down longstanding reservations towards insect-based food. Supported by money from a crowdfunding campaign, the Cologne-based trio will soon be putting the first insect protein sports bar on the market. The goal is clear: crickets represent only the beginning. Indeed, other insect food products are set to follow.

Nie zuvor standen der mikrobiellen und metagenomischen Forschung so viele Bakterienstämme sequenziert zur Verfügung wie heute. Im Rahmen des GEBA-Projekt (Genomic Encyclopedia of Bacteria and Archaea) haben Biologen und Informatiker des Leibniz-Instituts DSMZ−Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen und des kalifornischen Joint Genome Institute (JGI) in den vergangenen fünf Jahren das komplette Erbgut von über 1.000 Bakterien und Archaeen entziffert. Außerdem konnten sie den genetischen Bauplan zahlreicher neue Enzymkomplexe entschlüsseln. Die Sequenzdaten stehen Wissenschaftlern ab sofort weltweit über die GEBA-Projektseite zur Verfügung und könnten die Forschung an neuen biotechnologischen oder medizinischen Anwendungen deutlich beflügeln. Das Ergebnis dieses Großprojektes stellen die Wissenschaftler im Fachjournal „Nature Biotechnology“ vor.

Genomsequenz deckt Stammbaum auf

Bei der Erstellung der Vergleichsdatenbank zum Erbgut von Bakterien waren die Forscher am DSMZ für die Anzucht von Mikroorganismen sowie die phylogenomische Auswertung, also die stammesgeschichtliche Entwicklung der Bakterien, verantwortlich. Hierbei konnten die Leibniz-Forscher auch aus schwierig zu kultivierenden Bakterienstämmen Zellmasse und DNA für die Genomsequenzierung gewinnen. Aber auch Stammbäume wurden hier bioinformatisch aus kompletten Genomsequenzen rekonstruiert.

Mehr als 13 000 Pflanzenarten sind weltweit fernab ihrer ursprünglichen Heimat ansässig, wie der Weltatlas für ausgewanderte Arten zeigt. So ist der europäische Stechginster längst auch in Afrika heimisch, und die australische Akazie Acacia longifolia auf Dünen in Portugal zu finden. Doch welchen Einfluss haben die Neuzugänge auf die heimischen Pflanzen und wie wird dadurch das Zusammenspiel der Pflanzen untereinander und damit das Ökosystem beeinflusst?
 
Um die Stärke und den räumlichen Einflussbereich solcher Interaktionen zu bestimmen, haben Forschen der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau mit Kollegen aus Münster und Hamburg ein neues Konzept entwickelt und dieses erstmals bei der in Portugal angesiedelten australischen Akazienart Acacia longifolia angewandt. Wie das Team um die Ökologinnen Christiane Werner und Christine Hellmann im Fachjournal „Scientific Reports“ berichtet, nutzten sie als Tracer schwere, nicht-radioaktive Formen von Elementen, sogenannte stabile Isotope, um die Auswirkungen der Besiedlung zu messen. Das Isotopenverhältnis kann hier Auskunft geben, wo und wie ein bestimmtes Material entstanden ist.

Stickstoff-Isotope machen Auswirkungen deutlich

Konkret wollten die Forscher zeigen, wie hoch der Anteil an Stickstoff ist, der von der Akazie in den Boden eingebracht wird und wo die eingewanderte Art das Wachstum anderer Arten entweder positiv oder negativ prägt, wie etwa als Wasserkonkurrent. Das Stickstoff-Isotopenverhältnis wird hier durch die Anzahl verschiedener Stickstoff-Isotope in Pflanzenblättern deutlich und zeigt, woher der Stickstoff stammt. Daneben wurden erstmals auch zusätzliche Daten in das Modell einbezogen. Um zu bestimmen, inwieweit das räumliche Umfeld der Dünen hierbei von Bedeutung ist, speisten die Forscher ihr Modell mit Angaben zu Bodentyp, Nährstoffangebot, Lichteinstrahlung, Wind und Bodenfeuchte. Bisher hatte man bei solchen Untersuchungen lediglich die Pflanzenarten und deren Nähe zu einander betrachtet.

Standort prägt auch Interaktion der Pflanzen

Das Ergebnis der Forscher: Das Zusammenspiel der Akazie mit einheimischen Pflanzen hängt nicht nur von den Arten ab, sondern auch vom Standort. Das neue Modell, dass auch bei anderen Pflanzen und in anderen Gegenden zum Einsatz kommen kann, soll dazu beizutragen, die vielschichtigen Zusammenhänge und Dynamiken in natürlichen Ökosystemen besser zu beschreiben, aufklären und verstehen zu können.

bb

Arsen ist ein fester Bestandteil der Erdkruste und somit in geringen Mengen in Böden und damit im Grundwasser enthalten. Doch das Halbmetall kann ab einer bestimmten Dosis toxisch und somit gesundheitsschädigend sein. Bei der Herstellung von Lebensmitteln müssen daher Grenzwerte eingehalten werden. Reis, eines der Grundnahrungsmittel in vielen Ländern, könnte jedoch wesentlich größere Mengen Arsens beinhalten, wie eine Studie der Universität Bayreuth andeutet. Untersuchungen an der Modellpflanze Ackerschmalwand weisen auf eine Arsenverbindung hin, die giftig für Pflanzen ist, bei der Abschätzung etwaiger Gesundheitsrisiken für den Menschen aber bisher nicht berücksichtigt wurde.

Arsen in Reis nachgewiesen

Wie das Team um Umweltgeochemikerin Britta Planer-Friedrich im Fachjournal „Environmental Science and Technology“ berichtet, handelt es sich um Arsen-Schwefel-Verbindungen, sogenannte Thioarsenate, die sich im Reis besonders stark anreichern. Der Grund: Thioarsenate entstehen im Oberflächen-, Boden- und Grundwasser, falls das Wasser einen hohen Sulfid-Anteil aufweist. Das Fluten der Reisfelder begünstigt diesen Prozess. Das Arsen wird über die Wurzeln aufgenommen, wenn das Feld unter Wasser steht, wie Britta Planer-Friedrich erklärt. „Wegen des daraus resultierenden Sauerstoffmangels im Boden kann Sulfat zu Sulfid reduziert werden. Wir konnten erstmals nachweisen, dass ein nicht unerheblicher Teil des Arsens in Reisfeldern – nämlich 20 bis 30 Prozent – in Form von Thioarsenaten gebunden ist“.

Pflanzenwachstum deutlich beeinträchtigt

Im Rahmen der Studie konnten die Bayreuther Wissenschaftler am Beispiel der Ackerschmalwand  zeigen, wie giftig diese bisher vernachlässigte Arsenverbindung für die Ackerschmalwand ist. Dafür wurden verschiedene Mutanten der Modellpflanze im Labor darauf getestet, wie sie auf Thioarsenate in ihrer Nährflüssigkeit reagieren. Das Ergebnis ist besorgniserregend: Die Pflanzen nehmen die Arsen-Schwefel-Verbindungen auf und werden in ihrem Wachstum sichtbar beeinträchtigt. Je mehr Arsen in ihren Organismus gelangte, um so mehr verkümmerten die Wurzeln.

Forschung zu Arsenwirkung auf Reis geht weiter

Nun wollen die Bayreuther Forscher gezielt die Wirkungen von Thioarsenaten auf verschiedene Reissorten untersuchen und klären, ob die giftigen Stoffe auch bis in die Reiskörner gelangen. Bereits die aktuelle Studie sollte Länder wie Asien und Afrika, wo der jährliche Reiskonsum weit über 100 Kilogramm pro Kopf liegt, alarmieren. „Spuren von Arsen sind auch im Trinkwasser und in weiteren Lebensmitteln enthalten. Sie können sich schnell zu einer täglichen Dosis summieren, die ein nicht zu unterschätzendes Gesundheitsrisiko darstellt“, so Planer-Friedrich.

bb

Die Lindauer Nobelpreisträger-Tagung ist eine sehr traditionsreiche Veranstaltung, bei der sich talentierte Nachwuchswissenschaftler – allesamt jünger als 35 Jahre – mit den Preisträgern über die neuesten Entwicklungen auf ihrem Forschungsgebiet austauschen können. Diesmal sind 420 Nachwuchswissenschaftler und 28 Nobelpreisträger in der Stadt am Bodensee zusammengekommen. Das Treffen findet seit seiner Gündung 1951 jedes Jahr Ende Juni statt. Der Themenfokus wechselt jährlich zwischen Chemie, Physik oder Medizin/Physiologie – dieses Jahr ist die Chemie dran. Als Themenschwerpunkte innerhalb der Chemie wurden drei Gebiete beleuchtet: Zum einen der Umgang mit riesigen Datensätzen für die Reaktionseigenschaften bestimmter Molekülstrukturen (Big Data). Zum anderen der Klimawandel und wie chemische Grundlagenforschung die globale Erwärmung abfedern kann (Stichwort: Grüne Chemie); und zudem machen sich die Forscher in Lindau Gedanken darüber, wie die wissenschaftliche Integrität in einem postfaktischen Zeitalter erhalten bleiben kann.

Wanka: Mit der Forschung Brücken bauen

Die Lindauer Tagungswoche wird gemeinsam vom Kuratorium und der Stiftung der Lindauer Nobelpreisträgertagungen organisiert, mit zahlreicher Unterstützung aus Wissenschaft, Industrie und Politik. Bundesforschungsministerin Johanna Wanka war die Gastgeberin für das Sommerfest der Wissenschaft in Lindau am Vorabend der Konferenz, und warb während ihred Rede zur feierlichen Eröffnung am vergangenen Sonntag für die Forschung: „Die Wissenschaft kann bessere Brücken bauen als jegliche Diplomatie.“

Die teilnehmenden Nachwuchswissenschaftler sind aus 78 Ländern für diese besondere Veranstaltung angereist. Sie werden in einem strengen Auswahlverfahren von einem wissenschaftlichen Komitee ausgewählt. Etwa 45 Prozent der Nachwuchswissenschaftler sind weiblich – eine sehr hohe Anzahl in der Chemie, sagt Wolfgang Lubitz, Direktor am Max- Planck-Institut für chemische Energiekonversion. Er ist Vize-Präsident des Kuratoriums der Lindauer Nobelpreistagung und Teil des wissenschaftlichen Vorstands des diesjährigen Treffens.

Nachhaltige Chemie

Die Debatte um den Klimawandel und die globale Erderwärmung ist derzeit nahezu omnipräsent, und so wurde es auch vielfach von den Nobelpreisträgern im Rahmen ihrer Vorträge thematisiert – so wie von Mario Molina, der 1995 zusammen mit Paul Crutzen den Nobelpreis für die Entdeckung und Beschreibung der Entstehung des Ozonlochs erhielt. Er arbeitete zuletzt unter anderem als wissenschaftlicher Berater für die Obama-Administration. Der neuen US-Klimapolitik steht er hingegen äußerst skeptisch gegenüber: „Die Wissenschaft ist weder gut noch böse, sie versorgt uns mit den notwendigen Fakten", sagte Molina in Lindau. Basierend auf diesen Fakten könnten dann konkrete Modelle wie im Fall der globalen Erwärmung berechnet werden. Sobald allerdings Wirtschaft und Politik involviert würden, müsse die Wissenschaft auch für ihre Daten einstehen.

Während sich viele Nobelpreisträger deutlich dafür aussprechen, sich politisch zu engagieren und aktiv der Skepsis gegenüber faktischen Wissen entgegenzustellen, fordern andere, sich wieder mehr auf die ursprünglichen Ziele der Grundlagenforschung zu besinnen und den Problemen praktische Lösungen entgegenzusetzen. Ada Yonath, die 2009 den Nobelpreis für die Entschlüsselung der Funktion von Ribosomen erhielt, forderte die Nachwuchswissenschaftler auf, wieder mehr abseits der ausgetrampelten Forschungspfade zu wandeln, um wirklich innovative Neuerungen entwickeln zu können. Sie ist der festen Überzeugung, dass die Wissenschaft alle Möglickeiten für eine umweltfreundliche und nachhaltige Zukunft bietet.

Die Zukunft erfinden

Ein praktisches Beispiel für solch neue Technologien stellte Bernhard Feringa während seiner Vorlesung vor. Feringa erhielt 2016 den Nobelpreis für die Entwicklung molekularer Maschinen – welche sich bald zu Nanorobotern weiter entwickeln lassen könnten. Seine molekularen Maschinen sind lichtsensitiv. Wenn Licht auf sie fällt, verändern die Moleküle ihre 3D-Struktur. Wird diese Konformationsänderung mehrfach hintereinander wiederholt, werden die Moleküle zu kleinen rotierenden Motoren, die ein enormes Anwendungspotenzial bieten. Die Möglichkeiten reichen von selbstreinigenden Fenstern, oder lichtgesteuerten chemotherapeutischen Mitteln bis hin zu Nanorobotern, die Verschmutzungen in Luft oder Wasser bereinigen könnten. Feringa forderte die Nachwuchswissenschaftler auf, die Entwicklungen weiter voran zu treiben: „Der beste Weg die Zukunft vorherzusagen ist sie selbst zu erfinden.“ 

Judith Reichel (zur Zeit in Lindau)

The Lindau Nobel Laureate Meeting is a prestigious melting pot for Nobel Laureates and talented young researchers. The renowned event has been held every year since its inception in 1951 and takes place during the last week of June at Lake Constance in the south of Germany. This year, 28 laureates have come together in Lindau. The overarching themes alternate between Chemistry, Physics, and Medicine & Physiology each year – this year the focus lies on Chemistry. There are three core topics at the heart of this year’s meeting: regulating and interpreting the growing amount of data regarding molecule structures and reaction properties (big data); climate change and how understanding molecular properties enables possibilities to counteract global warming (“green chemistry”); and defending scientific facts in a post-truth era.

Wanka aims to build bridges with Science

The meeting is organized by the Council of the Lindau Nobel Laureate Meeting and the Foundation of the Lindau Nobel Laureate Meeting with numerous supporters in academia, industry, and politics. The German Federal minister of research and education, Johanna Wanka, hosted the Summer Festival of Science at the eve of the meeting on Saturday, and held a welcoming address at the opening ceremony on Sunday, stating that “Science can build bridges even before diplomacy.” The participating 420 junior researchers who are all under the age of 35 stem from 78 countries worldwide, and were hand-picked by a strict committee that evaluated their applications on scientific merit. The proportion of women among the selected young scientists this year is 45 percent. “For the field of chemistry that is a substantial number”, says Wolfgang Lubitz, Director of the Max Planck Institute for Chemical Energy Conversion, Vice-President of the Council for the Lindau Nobel Laureate Meetings and scientific co-chairperson of this year’s meeting.

Green Chemistry in the post-truth era

The currently widely debated topic of global warming and climate change is a recurring theme during the meeting, with several Laureates addressing the issue directly during their lectures. Mario Molina for instance, who received his Nobel Prize in 1995 together with Paul Crutzen for the discovery and deciphering of the development of the hole in the ozone layer, and served as scientific adviser for the Obama administration, emphasized in his talk: “Science is neither good nor bad – it merely provides facts!” And based on these facts scientists were able to calculate accurate models of global warming, Molina continues, it is only when policy and industry get involved that it becomes a matter of scientific accuracy and integrity.

While many of the laureates openly speak up for pushing back against alternative facts, others focus on the basic research underlying new inventions that might help combat climate change. Ada Yonath, who received her Nobel Prize in 2009 for deciphering the function of Ribosomes as protein building machines in every cell, asked for more originality in basic research. “True innovation is built upon ‘thinking outside the box’ and not simply following in the footsteps of others”, Yonath said in an interview. She believes that science provides the tools for a greener and more sustainable, environmentally sound future.

Inventing the future

One such practical example was given by Bernhard Feringa during his lecture. He received the Nobel Prize only last year for the design and synthesis of molecular machines – for what could soon become nano-robots. His molecular machines are light sensitive and undergo a conformational change when illuminated. When this conformational change-motion is repeated several times, the molecular structures act as a rotary motor, which in turn offer an enormous potential of industrial applications: from self-cleaning windows, to photo-controlled chemotherapeutic agents, or nano-robots that clean polluted air and water. Feringa closes his lecture by motivating the young scientists: “The best way to predict the future is to invent it.”

Judith Reichel

Die Landwirtschaft ist mit Abstand der größte Wasserverbraucher. Knapp 70 Prozent der kostbaren Ressource werden weltweit für Ackerbau und Tierhaltung verbraucht. Doch nicht nur beim Anbau von Lebensmitteln wie Weizen oder Gemüse wird Wasser benötigt. Bis Brot, Eier oder Tomate auf dem Essenstisch landen, fließen weitere Wassermengen in das Produkt. Umweltschützer fordern seit Langem die Einführung eines sogenannten „Wasser-Fußabdrucks“ für jedes Produkt. Die Voraussetzungen dafür sollen jetzt geschaffen werden.

Neue Modelle für effiziente Wassernutzung

Im Verbundprojekt „VirtualWaterValues“ wollen Forscher der Ludwig-Maximilians-Universität München gemeinsam mit sieben weiteren Partnern Modelle entwickeln, die aufzeigen, wie effizient oder verschwenderisch die globale Landwirtschaft mit Wasser umgeht. Auch das sogenannte virtuelle bisher unsichtbare Wasser, dass in den Nahrungsmitteln steckt, soll damit sichtbar werden. „Wir werden präzisere Instrumente als bisher entwickeln, um die Effizienz der landwirtschaftlichen Wassernutzung weltweit zu beobachten und zu bestimmen“, sagt Wolfram Mauser, der das Projekt koordiniert. Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Förderprogramms „Forschung für Nachhaltige Entwicklung (FONA)” mit insgesamt 3,6 Mio. Euro für die nächsten drei Jahre gefördert.

Welthandelsströme einbeziehen

Um zu messen, wie viel Wasser tatsächlich in einem Produkt steckt, wollen die Forscher erstmals Daten von Umweltsatelliten mit weiteren Klimadaten verknüpfen und von einem Höchstleistungsrechner auswerten lassen. Mithilfe dieser Daten sollen dann die Regionen auf der Welt identifiziert werden, die das Wasser nicht nachhaltig nutzen. Erstmals sollen dafür auch die Welthandelsströme vom Erzeuger bis zum Verbraucher einer ökonomischen Analyse unterzogen und beim tatsächlichen Wasserverbrauch berücksichtigt werden. Auf Grundlage dieser Ergebnisse sollen schließlich Anreize entwickelt werden, um die Wassernutzung in der Landwirtschaft weltweit zu erhöhen.

bb

Seit 2014 ist die „Deutsche Brotkultur“ als immaterielles Kulturerbe von der UNESCO-Kommission anerkannt. In Deutschland gibt es über 300 Brotsorten und der Verbrauch lag im vergangenen Jahr bei über 80 Kilogramm Brot pro Person. Die Deutschen lieben ihr Brot. Gemeinhin wird angenommen, dass alte Getreidesorten das Brot besonders schmackhaft machen. Ob dem wirklich so ist, untersuchten Wissenschaftler gemeinsam mit Bäckern und Müllern.

Backen für die Wissenschaft

Forscher der Universität Hohenheim und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) stellten gemeinsam mit einem Bäcker- und einem Müllermeister 240 Brote im Akkord her. „Das Mehl für die Brote stammte von 40 Sorten Brotweizen, darunter Öko-Weizen, alte Weizensorten und Hochleistungsweizen“, informiert Hermann Gütler von der Stelzenmühle Bad Wurzach. Die 20 alten Weizensorten wurden vor 1999 zugelassen, die 20 modernen zwischen 2005 und 2014. Gewachsen ist der Weizen jeder Sorte an zwei unterschiedlichen Standorten: In Stuttgart-Hohenheim (Baden-Württemberg) und Gatersleben (Sachsen-Anhalt). Von jeder Mehl-Probe wurden drei Brote unter standardisierten Bedingungen in der Backstube BeckaBeck in Römerstein gebacken. Mit dabei war das SWR-Fernsehen.

Qualitätsprüfung von Teig und Broten

Noch während des Zubereitungsprozesses prüfte der routinierte Bäckermeister die Teigqualität mittels manueller Drehung auf einer Skala von 1 „schlechte Dehnbarkeit, Teig reißt schnell“ bis 9 „gute Dehnbarkeit“. Die Backqualität ergab sich aus dem Höhe/Breite-Verhältnis der Brote nach dem Backen. Und schließlich, ähnlich einer Weinprobe, beurteilten sechs Prüfer das Aromapotential der Brote. Dazu schätzten sie die Geschmacks- und Geruchsqualität auf einer neunstufigen Skala von „sehr fade“ bis „sehr aromatisch“ ein und nutzen das Wädenswiler Brot-Aromarad zur genaueren Beschreibung. Michael Kleinert, Aromaforscher an der ZHAW und Erfinder des Aromarads, stellte fest: „Interessanterweise schmeckten und rochen Brote aus manchen Weizensorten sehr nach Hefe und Gärung, während dies bei anderen nicht der Fall war, trotz gleicher Hefemengen.“ Dies galt für die alten genauso wie für die neuen Sorten. „Es gibt also in beiden Gruppen gleichermaßen fad und aromatisch schmeckende Sorten“, so Friedrich Longin von der Landessaatzuchtanstalt der Universität Hohenheim.

Brotgeschmack basiert auf Sorte und Wuchsort

Das Experiment zeigt, dass der Geschmack nicht davon abhängt, ob die Sorten alt oder neu sind. Die Wissenschaftler ermittelten hingegen, dass die Relevanz zu rund 40% von der Sorte und zu knapp 60% vom Wuchsort beinflusst wird. Nur wenige Sorten sind geschmacklich auffällig, sei es positiv oder negativ. Die meisten befinden sich im geschmacklichen Mittelfeld. Das ist typisch für Merkmale, die von sehr vielen Genen beeinflusst werden. „Im Gegensatz zum Geschmack, unterscheiden sich moderne und alte Sorten aber deutlich beim Ertrag“, sagt Longin. Moderne Sorten lieferten eine deutlich bessere Ausbeute und bessere Backeigenschaften. Longin und Kleinert sind sich einig, dass bei der Züchtung zukünftig das Augenmerk nicht nur auf Ertrag und Backeigenschaften, sondern auch auf das Geschmackspotenzial gerichtet werden sollte. Es gelte, einen Premiumsgeschmacksbereich zu finden und die Züchtung zusätzlich dahingehend auszurichten.

bp