Aktuelle Veranstaltungen

Verblüffende wie verwirrende Vielfalt an den Hochschulen: Derzeit gibt es in Deutschland 1011 biowissenschaftliche Studiengänge. So viele hat zumindest der Biologen-Verband VBIO zum Beginn des Wintersemesters 2014/2015 in seinen Online-Studienführern aufgelistet. Demnach gibt es hierzulande 387 Bachelor- und 624 Master-Studiengänge. Die imposanten Zahlen dokumentieren die gestiegene Relevanz der Biowissenschaften. Allerdings warnt der VBIO davor, sich zu früh zu spezialisieren: Spezialkenntnisse müssten auf einer breiten biowissenschaftlichen Grundbildung aufbauen. Die Vielfalt dürfe nicht zu Lasten der Qualität gehen.

Im Zuge des Bologna-Prozesses ist in Deutschland sowohl im Bachelor- als auch im Master-Bereich eine enorme Vielfalt von biowissenschaftlichen Studiengängen entstanden. Keine leichte Aufgabe für Studieninteressierte, hier den Überblick zu behalten. Als umfassenden Katalog hat der VBIO daher gemeinsam mit der Konferenz Biologischer Fachbereiche (KBF) den Online-Studienführer www.bachelor-bio.de entwickelt, in dem neben 387 Studiengängen in Deutschland weitere Studienangebote in deutschsprachigen Ländern verzeichnet sind. „Studieninteressierte können im Online-Bachelor-Studienführer das breite Angebot grundständiger Studiengänge inhaltlich vergleichen und dadurch eine gut begründete Vorauswahl treffen, bevor sie sich endgültig entscheiden“, sagt Carsten Roller, der beim VBIO für „Ausbildung und Karriere“ zuständig ist.

Fundiertes Grundlagenwissen unabdingbar

Bereits seit längerem liefert der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Online-Studienführer www.master-bio.de des VBIO eine systematisch-inhaltliche, ständig aktualisierte Übersicht über biowissenschaftliche Masterstudiengänge. Die derzeit 624 Studiengänge in Deutschland können über verschiedene Suchfunktionen komfortabel recherchiert werden. Die Vielfalt der Studiengänge ist für den VBIO auch ein Beleg für die gestiegene Bedeutung der Biowissenschaften, die ganz maßgeblich dazu beitragen, Zukunftsfragen im Bereich nachwachsender Rohstoffe, der Medizin und der Biodiversitätsforschung zu beantworten. Parallel dazu ist auch das Interesse an einem biowissenschaftlichen Studium ungebrochen. Kehrseite der Entwicklung ist eine unübersichtliche Vielfalt an Studiengängen. Dabei sind Biowissenschaften vielfältig und per se interdisziplinär. „Umfassendes Grundlagenwissen und tiefes Verständnis für die „Wissenschaft vom Lebendigen“ sind für alle Biowissenschaftler unabdingbar – völlig unabhängig davon, welchen Namen der jeweils absolvierte Studiengang trägt“, sagt VBIO-Präsident Wolfgang Nellen. Der Biologen-Verband warnt daher vor einer zu frühzeitigen Spezialisierung. Jenseits aller späteren Spezialisierungsanforderungen in weiterführenden Master-Studiengängen plädiert er für eine umfassende biowissenschaftliche Ausbildung in grundständigen Bachelor-Studiengängen.

Überein mit dem Fachkanon Biologie

Mit dieser Grundhaltung liegt der VBIO auf einer Linie mit dem von der Konferenz Biologischer Fachbereiche vorgelegten Fachkanon Biologie. Dieser soll sicherstellen, dass die Absolventen biowissenschaftlicher Bachelor-Studiengänge solide naturwissenschaftliche Grundlagen erwerben und darauf aufbauend in einem Master-Studiengang vertiefte biowissenschaftliche Kompetenzen erlangen können. Der Bachelor-Studienführer, der einen vergleichenden Überblick über die inhaltlichen Schwerpunkte der biowissenschaftlichen Studiengänge nach den Kriterien des Fachkanon Biologie gibt, soll „Licht in den Dschungel“ der biowissenschaftlichen Studiengänge bringen und transparent darstellen, inwieweit die jeweiligen Curricula den Anforderungen des Faches genügen.

Zum zehnjährigen iGEM-Jubiläum gibt es ein Treffen der Superlative: 245 Teams mit mehr als 2500 Studenten aus 32 Ländern werden in Boston zusammenkommen, um ihre diesjährigen Projektideen zur Synthetischen Biologie vorzustellen. Vom 30. Oktober bis zum 3. November wird das Hynes Convention Center in Boston damit zum Mekka der Biobastler. Der Andrang ist deswegen so gewaltig, weil die Organisatoren im Jubiläumsjahr auf die sonst üblichen Regionalentscheide verzichtet haben. Aus Deutschland sind diesmal 13 Teams dabei, soviel wie noch nie. Die Projekte im Kurzporträt.

Auch für die Juroren des iGEM-Wettbewerbs wird der Giant Jamboree eine Mega-Herausforderung: In wenigen Tagen müssen sie die 245 enthusiastischen Hochschulteams aus aller Welt und deren Projekte unter die Lupe nehmen, Poster und Online-Laborbücher prüfen und Präsentationen beurteilen, um dann die Sieger zu küren. Spannend wird es auch für die vielen deutschen Teams, die diesmal in Boston am Start sind: 13 Teams sind an die Ostküste gereist, um bei dem historischen Ereignis dabei zu sein. Auch dieses Jahr haben sich die Studenten wieder spannende Ideen überlegt und nach den Regeln des iGEM-Wettbewerbs umgesetzt.

Mikrobielle Spürnasen und Magneten

Das Team von der RWTH Aachen geht bei seinem iGEM-Debüt mit dem Projekt „Cellock Holmes“ ins Rennen. Die Bioingenieure haben einen diagnostischen Schnelltest für pathogene Keime entwickelt. Die Labormikrobe E.coli wurde in die Lage versetzt, die Präsenz eines Krankenhauskeims zu erspüren und anzuzeigen. Die Aachener haben zudem eine Software (WatsOn) entwickelt, mit der sich die Ergebnisse analysieren lassen.

Das Team von der Uni Bielefeld will mit dem Projekt „The Transformers“ punkten. Die Studenten haben ein Bakterium ersonnen, das überschüssigen Strom aus regenerativen Energien sowie Kohlenstoffdioxid nutzt, um den Biokraftstoff Biobutanol zu produzieren. Erstmals bei iGEM am Start: Die TU Berlin. Auch die Studenten aus der Hauptstadt arbeiten mit E.coli. Sie haben das Bakterium mit Eisenpartikeln ausgestattet – und damit magnetisierbar gemacht. Legen sie Magnetfelder an, lässt sich die Bewegung der Zellen nun fernsteuern.

Anti-Methan-Pille für Kühe

Mit der Anti-Methan-Pille für Kühe („E.cowli“) tritt das Team der Uni Braunschweig in Boston an. Die Idee: Die jungen Biotüftler haben Darmmikroben so umfunktioniert, dass sie fortan Methangase direkt da abbauen können, wo sie entstehen – im Pansen von Rindern. Per Kapsel sollen die klimaschonenden Helfer verabreicht werden.

Um regenerative Energiequellen dreht sich das Projekt von der TU Darmstadt: Das Team hat Bakterien zu Pigment-Fabriken verwandelt. Sie sollen damit die Basis für eine Farbstoff-Solarzelle liefern. Eine medizinische Anwendung hatte das Team Uni Göttingen dieses Jahr im Visier: Die Biotechnologen haben bestimmte Peptide entwickelt, mit denen sich pathogene Pilze markieren und aufspüren lassen. Das Hochschulteam aus Freiburg experimentierte in dieser iGEM-Saison wie in den vergangen Jahren bereits an raffinierten Hightech-Methoden aus der Molekularbiologie. Mit dem „AcCELLerator“ hat das Team per Licht steuerbare Virentaxis für den Gentransfer ausgetüftelt.

Pflanzen als Boden-Entgifter

Pflanzen für die Schwermetall-Entgiftung von Böden fit machen – dieses Konzept verfolgt das Team Hannover mit dem Projekt „Plant against“. Die Studenten haben Pflanzen mit einem Protein ausgestattet, das mehrere Schwermetalle gleichzeitig bindet und somit in der Bodensanierung eingesetzt werden könnte. Das iGEM-Team der Uni Heidelberg will beim Giant Jamboree mit dem „Ring of Fire“ die Juroren in den Bann ziehen. Die Heidelberger stellen Inteine als Neuzugang für die molekulare Werkzeugbox vor. Mit einem Trick lassen sich damit Proteine in Ringform herstellen – zum Beispiel hitzestabile Enzyme. Zu dem System hat das Team auch passende Software entwickelt. Um Bakterien-Geißeln dreht sich das Projekt „SURF“ von Team Marburg. Die Bausteine aus diesen Flagellen kombinieren die jungen Bioingenieure mit anderen Proteinen und statten sie mit interessanten Funktionen aus.

Bazillen als Keimkiller

Antibiotika-resistenten Keimen gezielt den Garaus machen – das steht im Fokus des Projekts „BaKillus“ vom Team der LMU München. Der Name ist Programm: Die Nachwuchsforscher haben Bacillus subtilis so umfunktioniert, dass die Mikrobe fortan bestimmte Pathogene spezifisch über deren Kommunikationssystem, das sogenannte Quorum-Sensing, detektieren und töten kann. Der Nacktmull „Rufus“ ist das Maskottchen vom Team Saarland, das erstmalig bei iGEM antritt. Neben seinem markanten äußeren besticht der Nager auch mit inneren Werten. So stellt das Tier eine Hyaluronsäure her, die ihn offenbar vor Krebserkrankungen schützt. Im Projekt haben die Saarländer Bakterien umprogrammiert, damit  sie die Substanz nun biotechnisch herstellen können. Mit einer raffinierten Idee will das Team Tübingen bei der Bioingenieurs-WM auftrumpfen: Dem Blutgruppenkonverter T-ECO.  Die Idee: Ein Enzym-Trio versieht die Oberfläche von Blutzellen der Blutgruppe A oder B mit Zuckerstrukturen und wandelt sie so in die in der Transfusionsmedizin begehrte Blutgruppe 0.

Das Erbmaterial DNA ist hart im Nehmen, wie ein Weltraumexperiment offenbart hat: DNA-Moleküle überlebten nicht nur eine 13-minütige Expedition ins All. Auch der Wiedereintritt in die Erdatmosphäre bei über 1 000 Grad Celsius konnte dem Erbgut offenbar nicht viel anhaben. Forscher aus Zürich stellten fest: Nach ihrer Rückkehr auf die Erde waren die molekularen Weltraumtouristen noch in der Lage, genetische Informationen weiterzugeben. Über diese erstaunlichen Ergebnisse berichtet ein schweizer-deutsches Team im Fachjournal PLOS One (2014, Online-Veröffentlichung).

Das Weltraumexperiment war eher eine spontane Idee, die Schweizer Wissenschaftlern bei der Untersuchung zur Rolle der Schwerkraft bei der Regulation der Genexpression in menschlichen Zellen kam. Während der Vorbereitung dieser Weltraummission kam die Frage auf, ob sich die Außenstruktur der Rakete auch für Stabilitätstests von so genannten Biosignaturen eignet – also Molekülen, die die Existenz von aktuellen oder früheren Lebensvorgängen belegen können.  Die Forscher einigten sich auf ein Zusatzexperiment als Vortest, um die Stabilität von Biomarkern bei Raumflug und Wiedereintritt in die Atmosphäre zu prüfen.

Vor dem Start der Forschungsrakete TEXUS-49 plazierte das Team um den  Weltraumbiotechnologen Oliver Ullrich vom Anatomischen Institut der Universität Zürich kleine doppelsträngige DNA-Moleküle an verschiedene Stellen der Außenhülle des Nutzlast-Bereichs der Rakete. Im März 2011 hob die Rakete mit den unsichtbaren Weltalltouristen von der nordschwedischen Basis in Kiruna ab und kehrte kurz darauf wieder zur Erde zurück.

DNA besteht Feuerprobe

Die so genannte Plasmid-DNA wurde nach Start, Raumflug, Wiedereintritt in die Erdatmosphäre und Landung an allen zuvor aufgetragenen Stellen auf der Rakete wiedergefunden. Außerdem war sie zum grossen Teil sogar noch in der Lage, genetische Information in Bakterienzellen und Bindegewebszellen zu übertragen. „Diese Studie belegt experimentell, dass die genetische Information der DNA grundsätzlich die extremen Bedingungen des Weltraumes und des Eintritts in die dichte Atmosphäre der Erde überstehen kann“, sagt Studienleiter Oliver Ullrich vom Anatomischen Institut der Universität Zürich.

Experten warnen vor irdischer DNA als blinder Passagier

Mit so einem Ergebnis hatten das Team um Ullrich, zu dem auch Forscher der Otto-von Guericke Universität Magdeburg sowie der Universität Münster und der Bremer Airbus DS gehören, nicht gerechnet. Die Studie stützt damit die Ansicht vieler Wissenschaftler, wonach DNA auch aus dem All zur Erde gelangen kann, etwa in extraterrestrischem Material aus Staub und Meteoriten, das in rund 100 Tonnen täglich auf die Erde trifft. Die Wissenschaftler sind überzeugt: Die extreme Stabilität von DNA  unter Weltraumbedingungen muss bei der Suche nach Leben außerhalb der Erde in der Interpretation von Resultaten berücksichtigt werden. „Das Ergebnis zeigt, dass es gar nicht unwahrscheinlich ist, dass trotz aller Vorsichtsmaßnahmen Raumfahrzeuge auch DNA irdischen Ursprunges an ihre Landestelle mitbringen können. Das muss man im Griff haben, wenn man nach Leben außerhalb der Erde sucht“, gibt Ullrich zu bedenken.

Zum Wachsen brauchen Algen vor allem eines:  Sonnenlicht. Für die Algenzüchtung im Labor ist das allerdings gar nicht so einfach nachzuahmen. Wissenschaftler der Technischen Universität München haben nun zusammen mit dem Berliner LED-Hersteller FUTURELED eine Methodik entwickelt, mit der sie verschiedenste Lichtsituationen simulieren können.


50.000 Algen- und Cyanobakterienarten gibt es, so schätzen Wissenschaftler. Rund 5000 davon sind bisher bekannt. Doch nur zehn Arten haben es bisher bis zu einer kommerziellen Nutzung gebracht. Aber weil sie so anspruchslos sind und selbst in Salzwasser in Becken auf unfruchtbaren Böden gedeihen, könnten sie die Probleme lösen helfen, die die energetischen Nutzung von Nahrungspflanzen aufwirft.

„Algen wachsen sehr viel schneller als Soja oder Mais. Sie brauchen keine fruchtbaren Böden, keine Pestizide und könnten pro Hektar und Jahr einen zehn Mal höheren Ertrag bringen“, sagt Thomas Brück, Leiter des Fachgebiets Industrielle Biokatalyse der TU München.



Die produktivsten Kandidaten finden

Bei der genaueren Untersuchung einzelner Algenarten entdeckten die Wissenschaftler bereits eine Vielzahl interessanter Produkte. Viele Algen können chemische Zwischenprodukte herstellen, Proteinmasse oder Fette aufbauen. Proteinmasse könnte als Viehfutter eingesetzt werden, aus den Fetten ließen sich Treibstoffe herstellen.
Doch schon innerhalb einer Art sind die Fähigkeiten bestimmte Produkte herzustellen höchst unterschiedlich. „Bei unseren Untersuchungen sehen wir immer wieder große Produktivitätsunterschiede“, sagt Brück. „Wir müssen also nicht nur die richtigen Arten finden sondern auch die Kandidaten mit der höchsten Produktivität heran züchten“.



Mit LEDs das Sonnenlichtspektrum simulieren

Für diese Arbeit haben die Forscher nun zusammen mit der Berliner Firma FUTURELED GmbH einen weltweit einmaligen Kombination von Licht- und Klimasimulation zur Optimierung der Algenzucht entwickelt, bei dem sie mit lichtfarbenabgestimmten LEDs das Sonnenlichtspektrum simulieren können.
Niemand kann voraussagen, ob eine Alge aus der Südsee unter den Lichtbedingungen in Deutschland genauso produktiv ist wie in ihrer Heimat“, so Brück. „Genauso wenig weiß man, ob hier erfolgreiche Kandidaten unter den Lichtbedingungen der Sahara noch genauso erfolgreich wären. All dies können wir jetzt in unserem Labor testen“.

Die hocheffizienten LEDs liefern Licht im Wellenlängenbereich zwischen 400 und 800 Nanometern mit einer Strahlungsleistung von bis zu 1000 Watt pro Quadratmeter und einer dem Sonnenlicht sehr nahekommenden Intensitätsverteilung. Da die verschiedenen LED-Typen einzeln ansteuerbar sind, können die Wissenschaftler individuelle Spektren einstellen.


Licht auf die Pflanzen abgestimmt

Weder mit Glühlampen noch mit Leuchtstoffröhren wäre eine solche Anlage realisierbar gewesen. Glühlampen produzieren zu viel Wärme, und mit Leuchtstoffröhren ließe sich nicht das gesamte Spektrum des Sonnenlichts in der gewünschten Intensität erzeugen. Bei beiden Varianten wäre eine Ansteuerung einzelner Wellenlängen unmöglich.
Die spektrale Bandbreite der LEDs wurde darüber hinaus speziell auf molekulare Schalter von Algen abgestimmt, die für die Steuerung des Pflanzenwachstums wesentlich sind. Werden diese Anteile des Spektrums nicht korrekt reproduziert, kann dies die Ergebnisse erheblich verfälschen.
Eingebettet ist das Projekt in die Aktivitäten des Fachgebiets für Industrielle Biokatalyse im Rahmen des Forschungsprojekts Algenflugkraft. Weitere Partner des Projekts sind die Lehrstühle für Technische Chemie II und für Bioverfahrenstechnik der TU München, die Clariant AG und die conys GmbH. Derzeit entsteht südlich von München, auf dem Ludwig Bölkow Campus (LBC) in Ottobrunn, ein Technikum zur Erforschung der Algenkultur in großem Maßstab. Der Freistaat Bayern und die Airbus Group fördern das Projekt mit 12 Millionen Euro. 


Kaffee und Schokolade gehören zu einem gemütlichen Weihnachtsfest genauso dazu wie Baum und Kerzenlicht. In diesem Jahr haben Forscher einen detaillierten Blick auf die molekularen Ursachen hinter den unvergleichlichen Aromen der beiden Genussmittel gerichtet. Für die Kaffeesorte „Robusta“ hat ein internationales Team dazu das Erbgut der Pflanze komplett entziffert. Bei der Genomanalyse sind die Forscher auf einige wichtige Komponenten des Aromas gestoßen. Biotechnologen aus dem Saarland wiederum haben entdeckt, dass bei der Kakaoherstellung ein bestimmter Mix und ein fein aufeinander abgestimmtes Team von Mikroben nötig ist, damit sich das volle Aroma in der Schokolade entfalten kann.
Mit feinsten bioanalytischen und molekularen Methoden dem feinen Geschmack auf der Spur: Lebensmitteltechnologen kommen den Ursachen der Entstehung edler Kaffee- und Schokolade-Aromen immer näher.

Kaffee: Mehr Flavonoidgene als Trauben

Forscher um Philippe Lashermes vom Institut de Recherche pour le Developpement in Montpellier haben das Genom der Kaffeepflanze Coffea canephora untersucht, was der wissenschaftliche Name für die weltweit wirtschaftlich bedeutende Sorte „Robusta“ ist. Wie sie im Fachjournal Science  (2014, Bd. 345, S.1181) berichteten, identifizierten sie 25.574 Gene, darunter auch Gene für spezielle Enzyme, die N-Methyltransferasen, die in die Koffeinproduktion involviert sind. Sie sind anderen Genen der Kaffeepflanze ähnlicher als die entsprechenden, für die Koffeinproduktion verantwortlichen Genen im Tee und im Kakao. Die Forscher schließen daraus, dass der Kaffee in der Evolution einen unabhängigen Pfad eingeschlagen hat. Zudem konnten Gene der Kaffeepflanze identifiziert werden, die für die Produktion von Alkaloid- und Flavonoidverbindungen verantwortlich sind, die das Aroma des Kaffees mitbestimmen, und sie entdeckten Erbgutsequenzen, die der Pflanze helfen, sich gegen Schädlinge zu verteidigen. Insbesondere, was die Alkaloid- und Flavonoidverbindungen angeht, weist der Kaffee eine größere Vielfalt an Genen auf als andere Pflanzen wie etwa Trauben oder Tomaten.

Schokoladenaroma: Mikrobielles Teamwork

Das Genom des Kakaobaums wurde bereits entschlüsselt . Doch die Erbinformation des Gewächses kann nur teilweise erklären, wie die begehrten Geschmacksnoten von Schokolade entstehen. Denn bis sich der zarte Schmelz und das volle Aroma der Kakaobohnen auf unserer Zunge entfalten, ist es ein langer Weg mit vielen Verarbeitungsschritten. Was dabei genau passiert, haben Biotechnologen um Christoph Wittmann . Ein wichtiger Schritt passiert direkt nach der Ernte: Die Landwirte decken die in den Früchten enthaltenen Kakaobohnen und das anhaftende Fruchtfleisch mit Bananenblättern ab. So fermentiert das Gemisch mehrere Tage in der Sonne. Dabei setzen natürliche Mikroorganismen die Nährstoffe aus dem Kakao so um, dass daraus Vorstufen des Schokoladenaromas entstehen. Gemeinsam mit Forschern des Nestlé Research Centers in Lausanne haben die Biotechnologen die gesamte mikrobielle Gemeinschaft untersucht, die unter den Bananenblättern beim Fermentieren am Werk ist. Beteiligt sind demnach Hefen, Milch- und Essigsäurebakterien. Der neue Fund: Die Mikroben arbeiten äußerst fein abgestimmt zusammen, und beliefern sich gegenseitig mit Nährstoffen, um schließlich Acetat, das Salz der Essigsäure zu bilden. Es ist die Schlüsselsubstanz für die spätere Aromaentwicklung. Für die Produktion der Schokolade bedeutet dies, dass eine ausgewogene Zusammensetzung der richtigen Mikroorganismen nötig ist. „Durch den Einsatz von natürlichen Starterkulturen, die die richtige Kombination der Mikroorganismen enthalten, könnten Kakaobauern den Ertrag von Kakao-Fermentationen verbessern“, sagt Wittmann.

Kakaobohne molekular durchleuchtet

Die Kakaobohne und ihre Verarbeitung molekular durchleuchten – das ist auch Ziel eines Forschungsprojekts an der Jacobs University in Bremen, das vom weltweit größten Schokoladeproduzenten Barry Callebaut noch bis 2020 mit insgesamt 3,7 Millionen Euro unterstützt wird. Dabei werden Kakaobohnen unterschiedlichster Herkunft, Qualität und Fermentierungsverfahren erforscht. Um die rund 10.000 chemischen Inhaltsstoffe der Kakaobohne genau zu analysieren In einem ersten Schritt werden das sogenannte Metabolom (alle Stoffwechselprodukte), alle Enzyme und Peptide sowie die Gesamtheit der Fette des Rohmaterials bestimmt. Das Ziel ist eine einzigartige Datenbank und die Entwicklung neuer Schnelltests zur Kakaoklassifizierung und Verarbeitung.

„Synthetische Biologie – ?“: Rund 82 Prozent der Befragten in einer repräsentativen Umfrage können mit diesem Begriff wenig bis gar nichts anfangen. Vielmehr löst die Wortkombination bei den Meisten spontan Abneigung aus. Das ändert sich, sobald es durch alltagsnahe Anwendungsbeispiele anschaulich wird. Hier liegt ein Schlüssel für eine verbesserte Kommunikation neuer Forschungsgebiete und Technologien. Dieses Fazit zieht zumindest die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina und das Institut für Demoskopie Allensbach nach einer Befragung von mehr als 2000 Bürgern, Wissenschaftlern und Journalisten zur Synthetischen Biologie. Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Studie wurde am 28. Januar in Berlin vorgestellt.
Die Synthetische Biologie ist ein junger Wissenschaftszweig, in dem Forscher wie Ingenieure daran gehen, um biologische Systeme oder Organismen zu verändern und sie mit Eigenschaften auszustatten, . Für die einen ist es eine Weiterentwicklung der Gentechnologie, für die anderen eine ganz neue Herangehensweise. Der Begriff „Synthetische Biologie“ hat sich dabei erst in den vergangenen Jahren etabliert, und er hat bereits mehrfach für Schlagzeilen gesorgt.

Erstmals empirische Zahlen

Wie wird die neue Technologie in der Bevölkerung, bei Wissenschaftlern selber und bei Journalisten wahrgenommen?  Zwar hätten die wissenschaftlichen Akademien bereits 2009 ein zum Meinungsbild hätten aber bisher nur sehr wenige empirische Daten vorgelegen,  so  der Präsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, Jörg Hacker, in Berlin. Diese Lücke wollten Leopoldina und Allensbach nun mit einer im Jahr 2013 durchgeführten repräsentativen Umfrage schließen. Die Ergebnisse der Erhebung stützen sich auf 23 Interviews mit Wissenschaftlern, eine quantitative Befragung von 106 Wissenschaftlern und 103 Journalisten und eine Bevölkerungsumfrage mit rund 2350 Interviews mit einem repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung ab 16 Jahre.

Kein guter Klang

„Neue Technologiefelder wie die Synthetische Biologie eignen sich deshalb besonders für Umfragen, weil sich relativ rasch dazu Meinungen in der Gesellschaft festigen“, sagte Renate Köcher, Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach. Obwohl 82 Prozent der Befragten wenig bis gar nichts von Synthetischer Biologie bisher gehört haben, hat der abstrakte Begriff in den Ohren der Befragten offenbar keinen guten Klang. „In Wortsympathietests reagierten 60 Prozent der Befragten mit Abneigung auf ‚Synthetische Biologie’ “, so Köcher. Nur „Gentechnologie“ schnitt hier noch schlechter ab (für 77 Prozent unsympathisch). 87 Prozent der Bevölkerung assoziieren mit Synthetischer Biologie den Eingriff in die Natur. „Der Begriff birgt einen Widerspruch in sich – Biologie wird mit Natur gleichgesetzt, synthetisch jedoch mit künstlich“, führte Köcher aus.

Konkrete Alltagsbeispiele ändern Haltung

Das abstrakte Etikett „Synthetische Biologie“ stieß denn auch bei 56 Prozent der Befragten auf Desinteresse. Diese Haltung änderte sich spürbar, wenn konkrete Anwendungsgebiete abgefragt wurden, etwa die Schaffung von künstlichen Zellen für die Bekämpfung von Krankheiten, die Herstellung Arzneimitteln oder Treibstoffen. „Der Interessenspegel ist hier deutlich verschoben, die Aufgeschlossenheit steigt umso stärker, je klarer man das Forschungsgebiet in Nutzanwendungen übersetzt“, sagte Köcher. Anwendungsbeispiele lösten auch eine veränderte Grundhaltung aus: Die Sorgen, die bei einer abstrakten Beschreibung dominieren, schlagen insbesondere bei der Nennung medizinischer oder industrieller Anwendungen in eine positive Bewertung um (59 Prozent verbinden Hoffnung zur Bekämpfung von Krankheiten). Als Paradebeispiel nannten die Experten auf dem Podium das mittlerweile von . Diese Ergebnisse liefern die Basis für die zentrale Schlussfolgerung der Leopoldina-Allensbach-Studie: Die Alltagsnähe bei Forschungsgebieten herzustellen ist ein bedeutender Schlüssel, um das Bürger-Interesse zu steigern und die Grundlage für eine informierte Debatte zu ermöglichen.

Wissenschaftskommunikation mit besonderer Rolle

Was bedeutet das für die Wissenschaftskommunikation und die öffentliche Diskussion? Teil der Erhebung war eine Umfrage unter Wissenschaftlern und über Wissenschaftsthemen berichtende Journalisten. Beide Gruppen mahnten mehrheitlich ein stärkeres Engagement von Forschern bei der Vermittlung wissenschaftlicher Inhalte an. Eine Mehrheit (Wissenschaftler: 89 Prozent, Journalisten: 68 Prozent) vermutet einen großen beziehungsweise sehr großen Einfluss der öffentlichen Meinung auf die Rahmenbedingungen für Forschung. Die meisten Befragten (86 Prozent) sehen in der Kommunikation ein wichtiges Mittel, Offenheit für die unterschiedlichen Forschungsthemen zu erreichen. Dabei hat die Studie übrigens eine bemerkenswerte Diskrepanz in der Selbstwahrnehmung zutage gefördert: Wissenschaftler sehen sich selbst als gute Kommunikatoren, die Darstellung ihrer Arbeit fällt ihnen mehrheitlich (86 Prozent) leicht. Journalisten sahen das ganz anders: 82 Prozent gaben an, Wissenschaftlern falle es schwer, ihre Forschung einem Laienpublikum zu vermitteln. „Die Umfrage hat gezeigt, wie wichtig eine neutrale Information, die auch Unsicherheiten mit einbezieht, für die Vertrauensbildung ist“, so Köcher. Transparent und ergebnisoffen informieren, die Kommunikation zielgruppengerecht gestalten und die Rolle der Medien als prägendes Element von Technologie-Debatten berücksichtigen, das sind drei weitere Schlussfolgerungen, die die Leopoldina aus der Allensbach-Umfrage abgeleitet hat.

Plastik wird zunehmend zum Umweltproblem.  Zwar gibt es kaum verlässliche Zahlen zur Müllflut, aber mindestens 270.000 Tonnen Plastikmüll treiben schon heute in den Ozeanen und bedecken deren Grund, schätzt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Für viele Meerestiere werden die fein zerriebenen Mikroplastikteilchen zur lebensgefährlichen Bedrohung. Deutschland hat nun gemeinsam mit neun weiteren EU-Ländern die Initiative „Mikroplastik in marinen Systemen“ angestoßen. Darin sollen Forscher  die Menge, Verbreitung und gesundheitlichen Folgen der Mikropartikel auf Mensch, Tier und Meeresflora ergründen. 7,5 Millionen Euro stehen dafür zur Verfügung.

Rund ein Drittel der jährlich produzierten knapp 300 Millionen Tonnen Kunststoffe werden für Verpackungen eingesetzt. Hauptsächlich wird dabei Polyethylen eingesetzt. Aber auch andere für Verpackungszwecke eingesetzte Kunststoffe überdauern Schätzungen zufolge für mindestens 500 Jahre in der Umwelt. Der größte Teil der Plastikflut wird unsachgemäßem Umgang mit Plastikmüll zugeschrieben. In vielen Schwellen- und Entwicklungsländern gibt es zum Beispiel weder Plastikrecycling noch -verbrennung. Schätzungen zufolge sinken rund 70 Prozent des im Laufe der Zeit immer feiner verriebenen Plastiks auf den Meeresgrund. Nur 15 Prozent treiben an der Wasseroberfläche oder werden an Strände gespült.

Ökologische Selbstreinigung überfordert

„Die Grenzen der ökologischen Selbstreinigung sind längst überschritten“, mahnte Bundesforschungsministerin Johann Wanka bei der Vorstellung des europaweiten Forschungsprogrammes Ende Februar in Berlin. „An Stränden wie in Sylt sieht man nicht mehr soviel Plastik, denn dort wird der Müll aufgesammelt“, ergänzte die Bremer Geomikrobiologin Antje Boetius. „Dafür finden wir immer mehr auf dem Meeresgrund.“ Ein besonderes Problem dabei ist das sogenannte Mikroplastik. Egal ob die winzigen Kunststoffpartikel von Kunstfaser-Texitilien während des Waschens abschilfern oder als Bestandteil von Zahncremes durch den Abguss ins Abwasser gelangen – sie lassen sich nicht filtern und erst recht nicht nachträglich aus dem Meer entfernen.

Mikroplastik in 690 Meerestierarten

Mikroplastik entsteht auch durch den Zerfall größerer, unachtsam entsorgter oder unsachgemäß deponierter Plastikmüllteile, die fortgeweht und unter dem Einfluss von Meereswasser und UV-Strahlung immer feiner zermahlen werden. Zuletzt landen sie in den Mägen von Meerestieren. „Bisher sind solche Partikel in 690 Spezies gefunden worden“, erklärte die Tiefsee-Expertin Melanie Bergmann vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Berlin.

Das alarmiert auch die Vereinten Nationen: Bereits auf der Rio+20-Konferenz vor drei Jahren wurde die Vermüllung der Meere durch biologisch nicht-abbaubare Kunststoffe wie Polyethylen, Polypropylen, PVC, Polystyrol, PET und Polyurethan als Top-Priorität erkannt, „die die Welt bekämpfen müsse“. Vor diese Hintergrund betonte Wanka die Bedeutung neuer Forschungsinitiativen, um schädliche Effekte von Mikroplastik zu erkennen, zu lokalisieren und zu beziffern. Darauf aufbauend könnte dann gezielt und effektiv gegengesteuert werden.

7,5 Millionen Euro für JPI Oceans

Helfen dabei soll die mit 7,5 Millionen Euro Fördergeld ausgestattete, dreijährige EU-Forschungsinitiative „Joint Programming Initiative on Healthy and Productive Seas and Oceans“ – kurz JPI Oceans. Beteiligt sind insgesamt zehn EU-Länder: Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweden und Spanien. Die erste Ausschreibung (mehr Informationen: hier klicken) soll vor allem Forschungsarbeiten in drei Bereichen anstoßen:

  • Forscher sollen Verfahren entwickeln, um Mikroplastik vollständig aus dem Meeresboden, aus Meeresorganismen und dem Meereswasser zu extrahieren. Ziel ist es, die Menge, Verteilung von der Oberfläche bis zum Meeresboden und Aufnahme durch Meeresorganismen zu erfassen. Insbesondere sollen mikroskopische Verfahren verbessert werden, um auch Schätzungen aussagekräftiger zu machen.
  • In Laborvergleichsstudien, sogenannten Ringversuchen, soll die Menge an Mikroplastik im Meeressediment bestimmt werden, denn laut AWI-Expertin Bergmann gebe es bisher „keine standardisierte und damit keine vergleichbare Methodik.“
  • In einem dritten Schwerpunkt geht es darum zu erfassen, wie giftig Mikroplastik tatsächlich für Tier und Mensch ist – und wie dessen Anreicherung in der Nahrungskette gemessen und für die Risikobewertung genutzt werden kann. Besonders unter der Lupe: die toxikologischen Wirkungen von Mikroplastik auf die Meeresorganismen. 

Wanka betonte, dass die in JPI Oceans erzielten Ergebnisse in einen Aktionsplan der G7-Wissenschaftsministerkonferenz zu Forschung und Innovation gegen Meeresvermüllung einfließen sollen. In diesem Jahr hat Deutschland den Vorsitz der G7-Länder, im Herbst ist ein Treffen der Forschungsminister geplant. „Mikroplastik im Meer ist ein grenzüberschreitendes Problem, das ein international abgestimmtes Vorgehen erfordert“, so Wanka.

Kartoffelkäfer sind äußerst gefräßige und robuste Schädlinge. Sie haben kaum natürliche Feinde, und werden deshalb mit Pestiziden bekämpft. Doch die Insekten haben Resistenzen gegen nahezu alle Wirkstoffe entwickelt. Max-Planck-Forscher aus Potsdam-Golm und Jena haben nun Kartoffelpflanzen entwickelt, die mittels RNA-Interferenz (RNAi) vor den Käfern geschützt werden können. Dazu statten sie die Pflanzen mit einem molekularen Trick so aus, dass diese doppelsträngige RNA-Moleküle (dsRNAs) in ihren Chloroplasten herstellen können. Die RNA-Moleküle sind gegen lebenswichtige Gene des Kartoffelkäfers gerichtet und wirken wie ein präzises Insektizid. Die Forscher berichten im Fachjournal Science (2015, Bd. 347, S. 991).

Kartoffelkäfer sind bei Gemüsebauern gefürchtet: Die Insekten wurden Ende des 19. Jahrhundert von Amerika nach Europa eingeschleppt und können große Schäden in der Landwirtschaft verursachen. Heute sind sie weltweit verbreitet. Neben Kartoffelblättern machen die Käfer und ihre Larven auch vor dem Grün anderer Nachtschattengewächse, wie zum Beispiel Tomate, Paprika oder Tabak nicht halt. Da natürliche Feinde Mangelware sind, haben Landwirte mit der chemischen Keule versucht, gegen die Schädlinge vorzugehen. Doch gegen sämtliche Pestizidklassen haben die Kartoffelkäfer mittlerweile Resistenzen entwickelt.

RNA-Moleküle als Waffe

Eine neuartige Präzisionswaffe haben Pflanzenbiotechnologen aus Potsdam entwickelt. Ihre Wirkung basiert auf dem molekularbiologischen Phänomen der  RNA-Interferenz (RNAi). In der Zelle spielt RNAi eine Rolle bei der Steuerung der Genaktivität. Pflanzen, Pilze und Insekten schützt die RNAi aber auch vor bestimmten Viren. Bei einer Infektion schleusen die Erreger ihre Erbsubstanz in Form von doppelsträngiger RNA (dsRNA) in die Zellen ihres Wirts ein, um sich dort zu vermehren. Bei der Vervielfältigung der viralen RNA in der Zelle wird diese durch das RNAi-System des befallenen Wirts erkannt und in kleinere Stücke zerlegt.

Wirkungsvolles Insektizid

Die entstehenden RNA-Schnipsel nutzt die Zelle für die Erkennung und Zerstörung der fremden RNA. Dieser Mechanismus lässt sich auch künstlich nutzen, indem man dsRNAs in eine Zelle einbringt, die genau zur Boten-RNA (mRNA) eines speziellen Gens passt. Wählt man als Ziel ein lebenswichtiges Gen eines Schädlings, so wird aus der dsRNA ein sehr präzises und wirkungsvolles Insektizid. Die dsRNAs gelangen über das Verdauungssystem in die Zellen des Insekts und können dort die Produktion des entsprechenden Proteins verringern oder sogar vollständig blockieren. „Pflanzen, die für Schädlinge giftige dsRNA produzieren, gibt es zwar schon. „Sie waren bislang aber nicht vollständig geschützt “, erklärt Ralph Bock vom MPI für Molekulare Pflanzenphysiologie. „Schuld daran ist das pflanzeneigene RNAi-System, das die Ansammlung größerer Mengen fremder dsRNA verhindert. Als mögliche Lösung dieses Problems erschien uns die Produktion von dsRNA in den Chloroplasten.“ Diese Zellorganellen stammen von ursprünglich frei lebenden Cyanobakterien ab, die kein RNAi-System besitzen. Die Forscher um Ralph Bock schleusten die dsRNA daher gezielt in die Chlorplasten ein. „Mit Hilfe der Chloroplastentransformation ist es uns gelungen Kartoffelpflanzen herzustellen, die große Mengen langer dsRNAs stabil in den Chloroplasten anreichern“, so Ralph Bock. Die RNA-Moleküle schalten in den Darmzellen des Kartoffelkäfers das Aktin-Gen aus, das für diese Insekten lebenswichtig ist.

Smarte, grüne Gentechnik

Für alle Käferlarven war diese Kost innerhalb von fünf Tagen zu 100 Prozent tödlich, berichten Forscher vom Max-Planck-Institut für Chemische Ökologie in Jena. Im Gegensatz dazu starben die Larven nur selten, wenn sie an Kartoffelpflanzen nagten, deren Erbgut auf herkömmliche Weise, also im Zellkern, gentechnisch verändert wurde. Die Larven wuchsen lediglich langsamer. Durch den Bypass über die Chloroplasten stellt die RNAi-Technologie nach Ansicht der Forscher eine zukunftsweisende Strategie in der Schädlingsbekämpfung dar. Die Methode ermögliche gezielten Schutz ohne Chemikalien und ohne die Produktion fremder Proteine in der Pflanze. Gleichwohl handelt es sich um Grüne Gentechnik – so dass ein Einsatz auf dem Kartoffelacker mit Blick auf die bestehenden Anbauverbote hierzulande fraglich ist.

Mikroorganismen sind wahre Überlebenskünstler. Noch an den unwirtlichsten Lebensräumen schöpfen sie aus Materialien Energie. Geomikrobiologen aus Tübingen haben nun herausgefunden, wie Eisenbakterien bestimmte magnetische Partikel im Boden nutzen können, um eine Art ausgelagerten Akku zu betreiben. Im Fachjournal Science (2015, Bd. 347; S. 1473) stellen die Wissenschaftler ihre Studie vor.

Bakterien können Eisen in bestimmten Formen verwerten. So dient ihnen das Mineral in seiner löslichen, zweifach positiven ionischen Form (Fe-II) als Elektronenquelle oder in Form von wenig kristallinen und dadurch gut zugänglichen Fe-III-Mineralen als Energiespeicher für die Energiegewinnung. Neu ist, dass Mikroorganismen auch die kristalline Form Magnetit als Energiespeicher nutzen können, wie Forscher vom Zentrum für Angewandte Geowissenschaften der Universität Tübingen entdeckten. Die winzigen magnetischen Partikel des sehr stabilen Minerals sind in der Natur in vielen Böden und Sedimenten zu finden.

Ihm Rahmen der Studie hatte das Tübinger Team um Andreas Kappler und James Byrne in Zusammenarbeit mit Carolyn Pearce von der britischen University of Manchester und Kevin Rosso vom Pacific Northwest National Laboratory in den USA, die Methode der Mikroben zur der Energiegewinnung im Labor genauer untersucht. Dabei setzten die Wissenschaftler die Eisen-oxidierenden Bakterien einem simulierten Tag- beziehungsweise Nachtzyklus aus und deponierten in der Umgebung Magnetit.

Mikroben nutzen Magnetit als Akku

Das Erstaunliche: Bei Tageslicht zapften die Eisen-oxidierenden Mikroben namens Rhodopseudomonas palustris TIE-1 das kristalline Eisen an, in dem sie dem Magnetit die Elektronen entzogen und entluden. Nachts hingegen wurden dann die Eisen reduzierenden Bakterien aktiv und gaben die überzähligen Elektronen aus dem Stoffwechsel an das Magnetit wieder zurück. „Die Batterie war bei den Bakterien also immer wieder in diesen Tag-und-Nacht-Zyklen im Einsatz“, erklärt Andreas Kappler. Der Prozess ist also vergleichbar mit den Lade- und Entladevorgang eines Akkus. Die Tübinger Forscher kommen daher zu dem Schluss, dass Eisenbakterien auch die kristalline und sehr stabile Form des Minerals wie ein Akku als Elektronenquelle und Elektronenspeicher nutzen können. „Wir gehen davon aus, dass auch viele andere Bakterientypen, die man in der Umwelt findet, wie zum Beispiel vergärende Bakterien, die normalerweise Eisen nicht zur Energiegewinnung verwenden, Magnetit als Batterie verwenden können.“

Die DNA ist nicht nur Erbmolekül, sondern auch ein faszinierendes Baumaterial. Das nutzen Biophysiker, die sich mit dem sogenannten DNA-Origami beschäftigen. Nach Ziegelsteinen, Zahnrädern und Bändern haben Münchner Forscher um Hendrik Dietz nun den DNA-Baukasten um neue dreidimensionale Nano-Objekte erweitert, die sich sogar bewegen lassen. Außerdem fanden sie eine Möglichkeit, dass sich die flexiblen 3D-Bausteine wie ein Puzzle ineinanderfügen. Die Ergebnisse der Studie sind im Fachjournal Science (2015, Bd. 347, S. 1446) erschienen.

Mit dem bloßen Auge sind sie die winzigen DNA-Bauteile nicht zu sehen. Erst unter dem  Transmissionselektronenmikroskop sind sie als Bälle oder Zahnräder erkennbar. Was wie eine technische Spielerei klingt, ist längst ein anerkanntes Herstellungsverfahren für Nanostrukturen. Ein Experte auf dem Gebiet der sogenannten DNA-Origami ist der Münchner Biophysiker Hendrik Dietz. Getreu seinem Motto „Was wir nicht bauen können, können wir nicht verstehen“ basteln Dietz und seine Mitarbeitern vom Labor für Biomolekulare Nanotechnologie der Technischen Universität in München. seit Jahren daran, die  und so für die Praxis anwendbar zu machen. Dafür wurde Dietz erst 

Beweglicher Nanoroboter in 3D

Vor allem für die Behandlung von Krankheiten wie Krebs und Alzheimer ist die Nanotechnologie ein Hoffnungsträger, um Wirkstoffe gezielt einzusetzen. Die Münchner Forscher haben nun einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung praktische Anwendungen getan. Wie sie in Science berichten, konnten sie den bestehenden Werkzeugkasten um vier neue bewegliche DNA-Bauteile in dreidimensionaler Form erweitern, darunter ein Roboter, der beide Arme bewegt und ein Buch, dass sich selbst öffnet und schließt. Neben den Nanoobjekten präsentierten sie einen neuartigen „Klebstoff“, der die dreidimensionalen Bauteile verbindet und konfiguriert. Um festzulegen, wie sich einzelne in Flüssigkeit aufgelöste DNA-Stränge und Baugruppen verknüpfen, nutzen sie die Methode der DNA-Basenpaarung. “Wenn man mit DNA-Basenpaaren baut, erhält man stabile Bindungen, die aber schwer wieder zu lösen sind", erklärt Hendrik Dietz. "Bisher musste man deshalb dynamische, also bewegliche Strukturen sehr einfach gestalten, um mit möglichst wenig Basenpaaren auszukommen. Diese Beschränkung fällt jetzt weg“. Dietz und sein Team hat damit einen Weg gefunden, die Selbstmontage von DNA-Bausteinen einfacher zu programmieren

Für ihre Studie ließen sich die Wissenschaftler von der Natur inspirieren. Sie nahmen sich jenen Mechanismus zum Vorbild, mit dem Nukleinsäuremoleküle sich mit schwächeren Wechselwirkungen als mit Basenpaaren aneinander binden. Die Moleküle werden hier – ähnlich einem andockenden Raumschiff – über ihre komplementären Formen nah genug zueinander geführt und zusammengeklickt. “Damit steht uns jetzt ein Portfolio von Wechselwirkungen mit klar abgestuften Bindungsstärken zur Verfügung, um mehrere Komponenten präzise in gewünschter Weise relativ zueinander zu positionieren,“ so Dietz weiter.

Temperatur beinflusst Zustand von DNA-Bauteilen

Die Arbeitsgruppe stellte eine Serie von DNA-Objekten her, um einerseits die Möglichkeiten der Technologie aufzuzeigen und andererseits ihre Grenzen auszuloten. Dabei stellten sie auch fest, dass DNA-Nanoobjekte zwischen verschiedenen strukturellen Zuständen besser umschalten können, wenn die Temperaturen angehoben oder abgesenkt werden. In früheren Generationen von Nanoobjekten mussten für dieses Umschalten ein Teil der DNA-Basenpaare gezielt durch Zugabe weiterer DNA Moleküle getrennt und wieder verbunden werden. „Das zyklische Aufheizen und Abkühlen wäre ein Weg, um Energie in das System zu bringen,“ ergänzt Dietz. Der Forscher ist zuversichtlich, dass der neue Ansatz die Weiterentwicklung von DNA-Origami in Richtung praktischer Anwendbarkeit deutlich vereinfacht . Es sei ein bisschen wie das Bauen mit Lego, meint Dietz: „Man gestaltet die Komponenten komplementär zueinander, und das ist eigentlich schon alles. Der ganze Aufwand, der mit Basenpaar-Sequenzen getrieben werden muss, um die Komponenten zu verbinden, entfällt.“

Es ist die bisher größte Forschungsinitiative zur Synthetischen Biologie in Deutschland: Das Max-Planck-Forschungsnetzwerk „MaxSynBio“ feierte am 16. April in Berlin offiziell seinen Auftakt. Forscher aus neun Max-Planck-Instituten wollen hier grundlegende Funktionselemente von Lebewesen erforschen und sie in Ingenieursmanier zusammensetzen. Das ultimative Ziel: Eine künstliche Zelle von Grund auf neu konstruieren, die sich als Biomaschine im Labor sogar replizieren kann. Neben den grundlegenden Erkenntnissen über die Entstehung einfacher Lebensformen geht es auch um mögliche Verbesserungen für die biotechnologische Produktion. Die Max-Planck-Gesellschaft sowie das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) investieren jeweils 13 Millionen Euro in das Forschungsprojekt, das auch von Erlanger Ethikern begleitet wird.

„Ich bin überzeugt, dass die große Investition, die hier vom Bundesforschungsministerium und der Max-Planck-Gesellschaft gemeinsam getätigt wird, neue grundlegende Erkenntnisse zum Phänomen des Lebens hervorbringen wird“, sagte Martin Stratmann, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft bei der offiziellen Eröffnungsfeier im Harnack-Haus in Berlin-Dahlem. „Auch wenn das Ziel einer synthetischen Zelle sehr weit weg und vielleicht sogar unerreichbar ist – wir starten hier ein unheimlich spannendes Projekt“, betonte der MPG-Präsident.

Module aus biomolekularen Bausteinen

An MaxSynBio beteiligt sind insgesamt neun Max-Planck-Institute, koordiniert wird das Forschungsnetzwerk von Kai Sundmacher, MPI für die Dynamik komplexer technischer Systeme, Magdeburg, und Petra Schwille, MPI für Biochemie, Martinsried. Oberstes Ziel sei es, „biologische Systeme nach ingenieurwissenschaftlichen Prinzipien aus kleineren biomolekularen Funktionseinheiten von Grund auf neu zu konstruieren.“ Der Ingenieursblick auf lebende Systeme ist typisch für den jungen Forschungszweig der Synthetischen Biologie. Das Ziel der Bioingenieure: biologische Systeme mit maßgeschneiderten Eigenschaften . Diesem Ziel nähern sie sich auf zwei Wegen. „Forschern des weitverbreiteten Top-down-Ansatzes geht es um das Re-Design natürlicher Zellen“, so Sundmacher.

Von Grund auf zum lebenden System

Die MaxSynBio-Forscher wollen sich hingegen daranmachen, eine einfache Zelle aus chemischen Grundbausteinen – also bottom-up – zusammenzubauen. Dazu gilt es zunächst, einzelne lebenswichtige biologische Prozesse, wie einen Basisstoffwechsel, die Energieerzeugung oder die Fähigkeit zur Zellteilung in künstlichen Modellen nachzustellen und – soweit erfolgreich – später in einem Membranbehälter, dem Mikrokompartiment, zusammenzuführen. Das MaxSynBio-Netzwerk ist aus deutscher Perspektive die bisher größte Forschungsinitiative zur Synthetischen Biologie. Die Max-Planck-Forscher betreiben dazu vor allem Grundlagenforschung, die der Entstehung und den elementaren Komponenten des Lebens auf der Spur ist. Gleichwohl sehen die Forscher langfristig großes Potenzial für Anwendungen in der Biotechnologie. „Die Hoffnung ist, dass man künstliche Designer-Zellen bauen kann, die nicht jene Nachteile natürlicher Zellen für die biotechnologische Produktion haben“, sagte Sundmacher. Die Idee zu MaxSynBio ist unter anderem im Rahmen der BMBF-Initiative "Nächste Generation biotechnologischer Verfahren - Biotechnologie 2020+" entstanden. Hieran beteiligen sich die vier großen , um Zukunftstechnologien für biobasierte Produktionsverfahren zu entwickeln. Insgesamt steuert das BMBF 13 Millionen Euro zu MaxSynBio bei.

Die weiteren 13 Millionen Euro stammen aus dem strategischen Innovationsfonds des MPG-Präsidenten.

Ethiker mit an Bord

Um von Beginn an den Dialog mit der Gesellschaft zu führen und ethische und rechtliche Aspekte der Forschung zu beleuchten, ist die Bioethik ein fester Bestandteil des Verbunds. Unter Federführung von Peter Dabrock, Mitglied des deutschen Ethikrates sowie Theologe an der Universität Erlangen-Nürnberg, soll das Netzwerk sozialwissenschaftlich begleitet werden. Damit soll unter anderem die öffentliche Diskussion über kontroverse Themen wie das Erschaffen neuen Lebens oder die Sicherheit künstlicher Zellen ermöglicht werden.  "Wir sehen unsere Rolle im Netzwerk nicht als Aufpasser, sondern eher als Mediatoren", sagte Dabrock. Es gehe darum, die Einstellungsmuster und existente Vorbehalte in der Gesellschaft ernst zu nehmen. Daher denken die Forscher über partizipative Verfahren nach, um einen offenen Dialog zu ermöglichen.

Der Konsumgüter-Konzern Henkel hat in Aachen den Innovationcampus HICAST gegründet. Gemeinsam mit Forschern der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) soll hier nach noch leistungsstärkeren und vor allem ressourcenschonenden Inhaltsstoffen für Wasch- und Reinigungsmittel geforscht werden. Der Henkel-Unternehmensbereich Laundry & Home Care unterstützt den Campus in den nächsten fünf Jahren mit bis zu fünf Millionen Euro.

"Innovationen sind ein wesentlicher Wachstumstreiber. Und wir wissen um das Talent und die Kreativität von Experten außerhalb des Unternehmens", begründet Bruno Piacenza vom Henkel-Unternehmensbereich Laundry & Home Care die neue Forschungsallianz. Schon seit einiger Zeit setzt der Hersteller von Waschmitteln wie Persil und Weißer Riese auf „Open Innovation“ und arbeitet unter anderem mit Universitäten und Forschungsinstituten eng zusammen. Der  „Henkel Innovation Campus for Advanced Sustainable Technologies“ (HICAST) ist nun ein weiteres Beispiel für eine solche Kooperation, insgesamt werden über fünf Jahre etwa fünf Millionen Euro investiert. Der Düsseldorfer Waschmittelhersteller will hier mit vier Wissenschaftlern aus dem Bereich Chemie und Biotechnologie der RWTH zusammenarbeiten. Ihr Ziel: ressourcenschonende Inhaltsstoffe für Waschmittel, Maschinengeschirrspülmitteln sowie Handgeschirrspülmitteln der Zukunft finden.

Biobasierte Ansätze für nachhaltiges Reinigungsmittel

Aktuell erwirtschaftet Henkel  45 Prozent des Umsatzes mit Wasch- und Reinigungsmitteln. Der Forschungsanteil in diesem Bereich ist hoch, die meisten Produkte sind nicht länger als drei Jahre auf dem Markt. Im Fokus der neuen Allianz stehen biobasierte Ansätze wie neuartige Enzyme. Diese Biokatalysatoren sind heutzutage Schlüsselkomponenten moderner Reinigungsmittel. Enzyme sorgen für den raschen Ablauf ganz bestimmter chemischer Reaktionen. So zerlegen die zur Klasse der Proteasen gehörenden Enzyme das mit der Nahrung aufgenommene Eiweiß in seine Grundbausteine, die Aminosäuren. Aus ihnen wird dann das spezifische körpereigene Eiweiß aufgebaut. Diese Fähigkeiten  werden auch beim Waschen und maschinellen Geschirrspülen gezielt genutzt: Jedes Enzym kann dabei auf besondere Fähigkeiten zurückgreifen. Proteasen bauen eiweißhaltige Verschmutzungen ab, Lipasen entfernen Fettflecken – und dies bereits bei niedrigen Temperaturen.

Enzyme im Fokus der Forschung

Vor diesem Hintergrund tragen Enzyme zu nachhaltigeren Reinigungsmitteln bein. Auf dem Lebensweg eines Waschmittels wie auch Maschinengeschirrspülmittels – von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung in der Kläranlage – wird die meiste Energie beim Wasch- bzw. Spülgang selbst verbraucht. Denn der Hauptenergiebedarf und damit die meisten Kohlendioxid-Emissionen entstehen durch die Benutzung der Wasch- bzw. der Spülmaschine, wie Lebenszyklusanalysen zeigen. Gleichzeitig ist der Energieverbrauch bei hohen Temperaturen erheblich größer als bei niedrigen. Es ist zu einem erheblichen Teil das Verdienst der Enzyme, dass moderne Waschmittel wie auch maschinelle Geschirrspülmittel heute schon bei niedrigen Temperaturen gute Ergebnisse liefern. An den Biokatalysatoren wird daher konstant geforscht und im Rahmen von HICAST will sich Henkel weiter Nachschub an neuen Ideen sichern.

Die Konkurrenz in diesem Umfeld ist groß, auch andere Forschungsprojekte arbeiten an neuen Enzymen. So setzt unter anderen auch die vom Biotech-Unternehmen Evocatal koordinierte und vom Bundesforschungsministerium finanzeirte strategische Allianz „Funktionalisierung von Polymeren (FuPol)“ auf

Forscher haben den Mikrokosmos der Ozeane so tiefgründig wie nie durchleuchtet: In fünf wissenschaftliche Studien berichten sie im Fachjournal Science über die gewaltige Artenvielfalt des Planktons. Grundlage sind Expeditionen mit dem französischen Forschungssegler TARA, die zwischen 2009 und 2013 stattfanden. Internationale Meeresforscher sammelten dabei rund 35.000 Meerwasser- und Planktonproben aus 210 Regionen. Wie Forscher vom EMBL in Heidelberg ebenfalls in Science (2015, Online-Veröffentlichung) berichten, haben sie die Erbinformation darin entziffert und einen Erbgutkatalog mit 40 Millionen Genen erstellt.

Ziel der TARA-Expedition war eine Bestandsaufnahme der im obersten, lichtdurchfluteten Ozeanstockwerk driftenden Organismen. Dieses Plankton, zu denen winzigste Viren, Einzeller, aber auch Fischlarven zählen, bildet nicht nur die Grundlage des ozeanischen Nahrungsnetzes; es produziert auch 50 Prozent des atmosphärischen Sauerstoffs. Zudem binden die im Meer treibenden Mikroorganismen Kohlenstoff und beeinflussen so den globalen Kohlenstoffkreislauf und damit das Klimageschehen. Laut den in Science publizierten Studien erbrachten die Analysen der während der TARA-Expeditionen gesammelten Organismen rund 40 Millionen Gene; die meisten davon waren der Wissenschaft vorher nicht bekannt. Den Erbgut-Katalog hat eine Forschergruppe um Shinichi Sunagawa und Peer Bork vom Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg aus den Daten der Expedition erstellt. Sie liefern Hinweise, dass die genetische Vielfalt des Planktons im Meer weitaus größer ist als bislang angenommen.

Planktonzellen mit Zellkern sequenziert

Im Fokus der Studie, an denen auch zwei Bremer MARUM-Wissenschaftler beteiligt waren, standen sogenannte Eukaryoten. Das sind einzellige Lebewesen, deren Zellen mit einem Zellkern ausgestattet sind. Dazu zählen zum Beispiel die meisten Mikroalgen. Die Untersuchungen lieferten erstmals einen Überblick zur Vielfalt dieser Organismen über das gesamte Artenspektrum. Insgesamt untersuchte das internationale Forscherteam mit Hilfe molekularbiologischer Methoden 334 Proben, die auf insgesamt 47 ozeanischen Messstationen gesammelt worden waren. Die Proben enthielten Mikroorganismen, die zwischen mehreren und weniger als einem Tausendstel Millimeter klein waren.

Mehr als 150.000 Arten

Anhand der Proben gewannen die Meeresforscher rund 766 Millionen DNA-Sequenzen. Diese molekularbiologischen Untersuchungen deuten darauf hin, dass in der obersten Ozeanschicht etwa 150.000 Arten vorkommen – zehnmal mehr als bislang in der Literatur beschrieben. Ein Drittel der Sequenzen konnten die Forscher keiner der bisher bekannten eukaryotischen Organismengruppen zuordnen. Den Untersuchungen zufolge erwiesen sich solche Organismengruppen als besonders vielfältig, in denen symbiotische Lebensformen vorherrschen; d.h. in denen sich unterschiedliche Arten zum gemeinsamen Vorteil vergesellschaften. Ein ähnliches Muster ergibt sich für eine andere Form des Zusammenlebens. Nach den jetzt in Science vorgestellten Erkenntnissen scheint auch Parasitismus in den Weltmeeren stark verbreitet zu sein. So gesehen zeigt sich, dass Wechselwirkungen zwischen Organismen für die Artenvielfalt im Meer bedeutsamer sind als bislang bekannt.

Fliegen werden häufig als lästige Plagegeister und Keimträger angesehen. Die Schwarze Waffenfliege hat jedoch anderes zu bieten. Das in tropischen und subtropischen Gefilden beheimatete Insekt ernährt sich von organischen Abfällen und produziert sehr eiweißhaltiges Tierfutter. Dresdner Wissenschaftler wollen nun das Verwertungstalent der Insektenlarven nutzen, um aus Pflanzenabfällen hochwertige Produkte zu erzeugen. Das Projekt wird durch das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) des Bundeswirtschaftsministeriums gefördert.

Es klingt zu schön um wahr zu sein. Dresdner Forscher wollen Pflanzenabfälle zu Geld machen, genauer gesagt zu hochwertiger Biomasse. Mittel zum Zweck eines durch das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) des Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projektes von Forschern der Technischen Universität Dresden und drei Unternehmen ist Hermetia illuces - die Schwarze Waffenfliege. „Durch eine Zucht der Larven in industriellem Maßstab können wir aus 300 Tonnen organischem Abfall rund 120 Tonnen hochwertige, eiweiß- und fettreiche Biomasse machen“, so Herwig Gutzeit von der TU Dresden.

Fliegenlarven als Proteinspender

Zwar sei die Futterverwertung der Nutztiere nicht besser als die von Schweinen oder Hühnern; dafür werde aber keine Fläche verbraucht und die Biomasse sei Fischmehl ebenbürtig, das in der Zierfisch- und Ziervogelzucht eingesetzt werden könne. Dafür gibt es Gutzeit zufolge einen breiten Markt in der Industrie. So eigne sich die Fliegenbiomasse als Protein- und Lipidquelle für die Futtermittel-, Kosmetik-, Pharma- und Energieindustrie.

Pro Jahr fallen in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamtes immerhin rund 15 Millionen bis 20 Millionen Tonnen organische Siedlungsabfälle an. Die neuentwickelte Technologie bringt die Erschließung des neuen Rohstoffpotentials entscheidend voran. Ein Container enthält die gesamte Anlage mit Zucht-, Aufzucht- und Flugbehälter. Für konstante Zuchttemperaturen von 28 °C bis 29 °C sorgt ein Wärmesystem, das die Abwärme eines Blockheizkraftwerkes einer Biogasanlage nutzt. Eine erste Pilotanlage arbeitet bereits bei der Bio.S Biogas GmbH in Grimma. An der Entwicklung waren auch die Fischer Elektronik-Bau GmbH in Radebeul und die Kaden & Döring OHG in Halsbrücke beteiligt. Im Rahmen eines weiteren ZIM-Kooperationsprojektes entsteht bis Mitte 2016 ein Verfahren, das die Feinstseparation von Larvenbestandteilen wie Proteinen, Lipiden und von Chitin ermöglicht – Wertstofffraktionen, die in der Industrie gefragt sind.

In Legehennen-Betrieben haben männliche Tiere keinen Platz – deshalb werden in Deutschland jährlich 45 Millionen Küken getötet, oftmals sogar lebend geschreddert. Das Bundeslandwirtschaftsministerium will dieser Praxis ein Ende setzen und fördert deshalb die Entwicklung einer optischen Technik zur Geschlechtsbestimmung im befruchteten Hühner-Ei. Hierdurch können das Ausbrüten und der Schlupf männlicher Küken verhindert werden. Ein Team von Forschern der Universität Leipzig erhält nun eine weitere Förderung von rund einer Million Euro, um das Verfahren zu automatisieren. Das ambitionierte Ziel: bis 2017 sollen Geräte-Prototypen reif für den Einsatz in Brütereien sein.

„Deutsche Technologie soll zum Trendsetter in Sachen Tierwohl werden“, sagte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt bei einer Pressekonferenz am 9. Juli. „Mein Ziel ist es, dass das Kükenschreddern 2017 aufhört“, betonte der Minister.Die Geschlechtsbestimmung am befruchteten Hühnerei habe nach derzeitigem Kenntnisstand das größte Potenzial, um künftig das Töten männlicher Küken zu vermeiden. Ein Verbot der gegenwärtigen Kükentötung würde das Problem lediglich ins Ausland verlagern. „Wir haben mit der In-Ovo-Geschlechtsbestimmung eine praktikable Alternative, die wir jetzt in die Marktanwendung bringen müssen“, so Schmidt. In der neuen Förderphase werde die Grundlage gelegt für eine serienmäßige und flächendeckende Anwendung in der Wirtschaft.

Leipziger Durchleuchtungstechnik

Bereits seit 2008 wird der optische Geschlechtscheck im befruchteten Hühnerei entwickelt. Federführend in dem Projekt ist die Tiermedizinerin  Maria-Elisabeth Krautwald-Junghans von der Universität Leipzig. Zusammen mit vier Projektpartnern wurde die Raman-Spektroskopie im nahinfraroten Wellenlängenbereich als Durchleuchtungsmethode weiterentwickelt. Damit ist eine kontaktlose Untersuchung möglich. Die spektroskopische Geschlechtsbestimmung macht sich die unterschiedliche Größe der Geschlechtschromosomen von männlichen und weiblichen Hühnern zunutze. Bereits nach dreitägiger Bebrütung entwickeln sich kleine Blutgefäße, die sich für eine Geschlechtsdiagnose nutzen lassen. D

Guckloch in die Schale gefräst

Doch für den Blick ins Ei muss mithilfe eines Lasers zunächst ein kleines Loch in die Kalkschale gefräst werden. „Die Eierschale ist einfach eine perfekte Verpackung, die wir nur auf diese Weise öffnen können“, so Krautwald-Junghanns in Berlin. Ist das Guckloch geöffnet, kommt das Raman-Mikroskop zum Zug: Je nach Geschlecht wird das Licht an den Blutzellen anders gestreut. Nach der Analyse wird das Loch in der Kalkschale von Eiern mit weiblichen Embryonen wieder verschlossen. Die Eier mit männlichen Embryonen werden aussortiert. Sie sollen als proteinreiche Quelle in Tierfutter verarbeitet werden, etwa Fischfutter.

Geschlechtscheck dauert Sekunden

Eine Geschlechtsbestimmung dauert gegenwärtig etwa 15 bis 20 Sekunden pro Ei. Technische und datenanalytische Verbesserungen lassen aber in Zukunft Analysezeiten von deutlich unter 10 Sekunden realistisch erscheinen. „Das Verfahren ist hochzuverlässig“, so die Leipziger Forscherin. Jetzt gelte es, einen vollautomatischen Geräte-Prototyps zu entwickeln. Der Prototyp soll das Geschlecht im nur drei Tage bebrüteten Ei bestimmen und die Eier entsprechend automatisch sortieren. Parallel zu der Entwicklung des Geräteprototypen laufen derzeit bereits Praxisversuche mit der neuen Methode. „Unser Vorhaben ist ambitioniert, denn es ist schwierig, das Lebewesen Ei zu automatisieren“, so Krautwald-Junghanns. Gleichwohl wollen die Forscher bis 2017 ein Gerät präsentieren, das für den flächendeckenden Einsatz in den Brütereien geeignet ist

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Das Potenzial von Algen ist enorm. Die grünen Winzlinge produzieren nicht nur Inhaltsstoffe, die für die Pharma- und Kosmetikindustrie interessant sind. Aus den Lipiden im Algenöl lässt sich auch Kerosin gewinnen. Bisher werden jedoch nur zehn der 5000 bekannten Algenarten kommerziell genutzt. Mit dem weltweit ersten „Algentechnikum“ auf dem Ludwig Bölkow Campus der Technischen Universität München in Ottobrunn soll sich das nun ändern. In dem 10 Millionen Euro teuren Hightech-Gebäude können Klima- und Lichtbedingungen exakt simuliert werden. So sollen effiziente Verfahren zur Produktion von Biokerosin und chemischen Wertstoffen aus Algen erforscht werden. Der Neubau wurde im Rahmen des Projekts „AlgenFlugKraft“ jeweils zur Hälfte aus bayerischen Landesmitteln und der Airbus Group finanziert.

Sowohl für die Forscher wie auch deren Studienobjekte bietet das 1500 Quadratmeter große Algentechnikum paradiesische Bedingungen. Das Besondere: hier können die technischen und klimatischen Bedingungen für praktisch jeden Ort auf der Welt simuliert werden. Die Fassade besteht aus Spezialglas, das auch UV-Strahlung passieren lässt. Eine ausgefeilte Klimatechnik sorgt dafür, dass sowohl tropische als auch sehr trockene Klimabedingungen erzeugt werden können. In den beiden äußeren Hallen können dabei unterschiedliche Klimazonen simuliert werden.

LED-Beleuchtung lässt sich feinsteuern

Die mittlere Halle dient Anzucht- und Vorbereitungsexperimenten. Eine zusätzliche LED-Beleuchtung ermöglicht es, dass die Licht- und Klimabedingungen jedes Ortes auf der Welt erzeugt werden können. Die hoch effizienten LEDs liefern Licht im Wellenlängenbereich zwischen 300 und 800 Nanometern und einer dem Sonnenlicht sehr nahekommenden Intensitätsverteilung. Da die verschiedenen LED-Typen einzeln ansteuerbar sind, können die Wissenschaftler zusätzlich auch von der Sonne abweichende, individuelle Spektren einstellen.

Biokerosin aus Algen

Kerosin aus Algen gilt für die Luftfahrt als Flüssigtreibstoff der Zukunft. Als photosynthesetreibende Organismen wandeln Algen Licht und Kohlendioxid durch ihren Stoffwechsel in energiereiche Lipide um. Diese Verbindungen bilden den Rohstoff für biobasierte Treibstoffe. Wie produktiv bestimmte Algenarten tatsächlich sind, ist jedoch noch weitgehend unerforscht. Experten zufolge sind von den 150.000 Arten, die es auf der Welt gibt, gerademal 5.000 bekannt. Davon werden wiederum bisher nur zehn industriell genutzt. Die Erforschung neuer Algenarten zur Gewinnung von Biokerosin steht daher im Fokus der Arbeit von Brück und seinem Team. „Niemand kann voraussagen, ob eine Alge aus der Südsee unter den Lichtbedingungen in Deutschland genauso produktiv ist wie in ihrer Heimat. Genauso wenig weiß man, ob hier in Bayern erfolgreiche Kandidaten unter den Lichtbedingungen der Sahara noch genauso erfolgreich wären“, erklärt Brück. Genau diese unterschiedlichen klimatechnischen und lichttechnischen Bedingungen können am „Algentechnikum“ nun nachgestellt werden. Die Kultivierung ist dabei nicht auf einen Typ Photo-Bioreaktor beschränkt. In den Hallen können verschiedene offene und geschlossene Systeme parallel bei gleichen oder unterschiedlichen Klimabedingungen getestet werden. Dank der ausgefeilten Gebäudeautomation arbeitet das Algentechnikum höchst energieeffizient...

Ohne Photosynthese kein Leben: Ständig stellen Pflanzen Zucker für die eigene Versorgung her. Der für Mensch und Tier notwendige Sauerstoff ist eigentlich nur ein Nebenprodukt. Doch noch immer sind die komplexen Vorgänge in den Blättern nicht vollständig verstanden. Dabei könnten sie wertvolle Hinweise für saubere Energiequellen und nachhaltige Energiespeicher liefern. Ulmer Chemiker stellen nun ein „künstliches Blatt“ vor, mit dem sich die Umwandlung von Wasser zu Sauerstoff nachvollziehen und eventuell optimieren lässt. Sie berichten in der Fachzeitschrift Angewandte Chemie (2016, Online-Vorabveröffentlichung).

Angeregt durch Lichtenergie produzieren Pflanzen in ihren Chloroplasten aus Wasser und Kohlenstoffdioxid nicht nur Zucker, sondern auch Sauerstoff, den sie über Schließzellen an die Umwelt abgeben. Seit Millionen von Jahren ermöglicht dieser Prozess Leben auf der Erde. Nun haben Ulmer Forscher ein Modell entwickelt, mit dem sich ein wichtiger Teil der Photosynthese, nämlich die Umwandlung von Wasser zu molekularem Sauerstoff, an Modellsystemen nachvollziehen lässt. In der Natur findet diese Oxidation in einem komplexen Enzymsystem (Photosystem II) statt, Reaktionszentrum ist dabei eine kleine Mangan-Sauerstoffeinheit. Was dort genau passiert, ist noch nicht bis ins Detail bekannt.

Katalysator basiert auf Mangan-Vanadiumoxid

Der technische Nachbau der Forscher, basierend auf einem Gerüst aus molekularem Mangan-Vanadiumoxid, soll neue Einblicke ermöglichen. Herzstück ist ein Kubus, der die Wandlung von Wasser zu Sauerstoff katalysiert. Beim Bau dieses künstlichen Blattes konnten die Forscher die Natur sogar übertrumpfen: „Durch die Oxidation zerstört sich das Reaktionszentrum unter natürlichen Bedingungen selbst und es muss ständig repariert werden. Deshalb setzen wir Polyoxometallate zur Stabilisation des Katalysators ein, die weniger sauerstoffempfindlich sind“, erklärt Streb, dessen Vorarbeiten bis ins Jahr 2011 zurückreichen.  Dass das Modell aus dem Labor in Sachen Sauerstoffproduktion durchaus mit dem grünen Vorbild mithalten kann, bestätigten verschiedene Messungen sowie die elektrochemische Charakterisierung, durchgeführt am Institut für Elektrochemie (Professor Timo Jacob). Einen „Schönheitsfehler“ mussten die Wissenschaftler allerdings noch beheben: Das System wurde zunächst mit elektrischem Strom – und eben nicht mit Sonnenlicht – angetrieben. In diesem Fall schaffte ein Licht-absorbierendes Antennenmolekül die erwünschte Abhilfe.

Günstiger als bisherige Künstliche Blätter

Zusammenfassend haben die Forscher um den Erstautor Benjamin Schwarz, Doktorand am Institut für Anorganische Chemie I, den ersten lichtgetriebenen Wasseroxidationskatalysator entwickelt, der auf Mangan-Vanadiumoxid basiert. Bisherige Nachbauten beruhen oft auf Edelmetallen, die deutlich teurer sind. Das „künstliche Blatt“ kann als Photosynthese-Modell eingesetzt werden und gibt Hinweise auf die nachhaltige Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff – dies ist auch für künftige Energiespeicher interessant. In Zukunft soll mithilfe des Nachbaus der Elektronentransfer und die Sauerstoffentwicklung im Zuge der Reaktion untersucht werden.

Der Rohbau des Gebäudes steht, die Stahlkonstruktion ist aufgestellt: Auf dem Gelände des Gaterslebener Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) war am 12. September Richtfest für die neue Pflanzenkulturhalle. Das 5 Millionen Euro schwere Projekt wird jeweils zur Hälfte vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und vom Land Sachsen-Anhalt finanziert. Die Halle ist Teil des bundesweiten Deutschen Pflanzen-Phänotypisierungs-Netzwerks (DPPN). Auf einer Fläche von knapp 1.000 Quadratmetern sollen hier zukünftig unter hochkontrollierten Umweltbedingungen Pflanzen wachsen und dabei genau beobachtet werden.

Mit dem Neubau der hochmodernen Pflanzenkulturhalle in Gatersleben wird die Voraussetzung für eine neue Generation der Pflanzenzuchtforschung gelegt. „Das IPK leistet erneut echte Pionierforschung. Wer die Ernährung einer rasant wachsenden Weltbevölkerung sichern will, der muss verstehen, wodurch die Widerstandsfähigkeit und der Ertrag von Nutzpflanzen beeinflusst werden“, sagte Sachsen-Anhalts Staatssekretärin für Wissenschaft und Wirtschaft Tamara Zieschang beim Richtfest. Die Politikerin erhofft sich davon nicht nur neue Impulse für Wissenschaftler, sondern ebenso für Industriepartner und Pflanzenzüchter aus dem In- und Ausland.

Deutschen Pflanzen-Phänotypisierungs-Netzwerkes

Das  neue Forschungsgebäude in Sachsen-Anhalt ist Teil des Deutschen Pflanzen-Phänotypisierungs-Netzwerks (DPPN), dessen Aufbau vom Bund insgesamt . Im Großprojekt sollen Wissenschaftler mit Hilfe modernster Technik die Eigenschaften und Merkmale von Pflanzen, die sich im Verlauf des Wachstums durch die Ausprägung der Erbinformationen und die Einwirkung von Umwelteinflüssen herausbilden, erforschen. Gründungspartner des Netzwerkes sind neben dem IPK Gatersleben auch das Forschungszentrum Jülich sowie das Helmholtz-Zentrum München

Umweltbedingungen simuliert

In der neuen Pflanzenkulturhalle auf dem IPK Gelände sollen zukünftig unter kontrollierten Bedingungen nicht nur Pflanzen wachsen, sondern auch deren Eigenschaften automatisiert und genau erfasst werden. „Die Bedingungen, die im Feld vorliegen, können hier in kontrollierter Situation simuliert - und so natürlich jederzeit wiederholt - werden“, sagt Thomas Altmann, Abteilungsleiter für Molekulare Genetik am IPK. In den Hallen können dereinst Temperaturen von Null bis 45 Grad Celsius und sogar Wind nachgeahmt werden. Für Altmann und seine Kollegen bietet das die Möglichkeit, eine Vielzahl der in der Genbank des Instituts vorgehaltenen Kulturpflanzen auf deren Eigenschaften zu untersuchen und für eine Züchtung vorzubereiten. Von der Arbeit in den Zuchthallen versprechen sich die Gaterslebener Pflanzenforscher vor allem neue Erkenntnisse hinsichtlich der Beziehungen zwischen genetischen und phänotypischen Eigenschaften und deren Einfluss auf die Leistungsfähigkeit von Kulturpflanzen.

Neue biologische Systeme für nützliche Anwendungen konstruieren, das ist ein Ziel der Synthetischen Biologie. Der aufstrebende Forschungszweig erfordert noch sehr viel Forschung an der vordersten Front der Biotechnologie. Das europäische Netzwerk ERASynbio, an dem das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) beteiligt ist, hat nun seine neueste Förderausschreibung gestartet. Noch bis zum 3. Juli 2014 können sich Forscherverbünde mit ihren transnationalen Projektentwürfen bewerben. 

Auch wenn die Synthetische Biologie ein neues Forschungsgebiet ist, hat sie bereits bewiesen, dass sie einen Beitrag zur Lösung der großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts leisten kann, denn si. Mit den Methoden der Synthetischen Biologie wird es nach Ansicht vieler Forscher erstmals möglich sein, hochkomplexe, kontrollierbare  Biosysteme sowie neuartige Proteine und Nukleotide zu entwickeln, deren Komplexität über das hinausgeht, was mit vorhandenen gentechnischen Methoden erreichbar ist. Diese neuartigen Systeme könnten mittels synthetisierter Genome in konstruierte Gerüste (Chassis) oder auch einfache Protozellsysteme eingebaut werden. Als interdisziplinäre Wissenschaft wird die Synthetische Biologie voraussichtlich Anwendungen für verschiedene Bereiche wie die industrielle Biotechnologie, Bioenergie, Biomedizin, Biosensoren, biologische Altlastensanierung und die Landwirtschaft entwickeln und neue Instrumente für die wissenschaftliche Forschung schaffen. In naher Zukunft wird die Synthetische Biologie wirksamere Verarbeitungsverfahren und eine umweltfreundliche Herstellung von Feinchemikalien und Arzneimitteln sowie von Biokraftstoffen der nächsten Generation ermöglichen. 

Europäische Forschungslandschaft stärken

ERASynBio ist eine gemeinsame Maßnahme von 16 Forschungsförderern aus 14 EU-Mitgliedstaaten in der Synthetischen Biologie. Koordiniert wird das Netzwerk vom Projektträger Jülich. Die Aufgabe und Herausforderung von ERASynBio besteht darin, die Forschungslandschaft in der Synthetischen Biologie zu stärken und die weitere Entwicklung sozialverträglich und nachhaltig zu koordinieren. Nun wurde eine neue Ausschreibungsrunde gestartet mit dem Titel „Bildung von Kapazitäten in der Synthetischen Biologie durch transnationale Forschungsprojekte“. Wichtige Orientierung für die neue Ausschreibung bietet ein 2013 von ERASynBio erarbeitetes und kürzlich vorgelegtes Konzept, die Strategic Vision ERASynBio. Hierin wird die Synthetische Biologie nicht nur definiert, sondern es wurden auch für Europa eine Reihe von Empfehlungen für eine verantwortungsvolle, nachhaltige und effektive Entwicklung dieses Forschungsgebiets erarbeitet. Um Kreativität und Innovation in der Synthetischen Biologie von der Basis her zu fördern, sind Anträge im Sinne der ERASynBio-Definition von Synthetischer Biologie gefragt. Sie lautet:

"Die Synthetische Biologie beschäftigt sich mit der Planung und Konstruktion von neuen biologischen und auf biologischen Strukturen basierenden Systemen, um neue Funktionen für nützliche Anwendungen zu generieren. Dabei bedient sie sich der Konzepte aus den Ingenieurwissenschaften und der Biologie."

Abgrenzen von klassischer Gentechnik

Die Projekte zur Synthetischer Biologie sollen sich klar von klassischer Gentechnik und anderen verwandten Bereichen wie der Systembiologie abgrenzen. Die Synthetische Biologie unterscheidet sich stark von der traditionellen Gentechnik, vor allem im Hinblick auf das Streben nach Vorhersagbarkeit und Kontrolle von Systemverhalten. Üblicherweise bezieht sie sich auf das sinnvolle Design einer Neusynthese großer DNA-Fragmente und auf die Modifizierung oder das Refactoring von aus mehreren Genen zusammengesetzten Strukturen oder Systemen oder die Erzeugung sogenannter Protozellen, bei denen es sich um neu geschaffene zellähnliche Einheiten handelt.

Da es bei der Synthetischen Biologie um Konstruktion in der Biologie geht, sollten Projekte ingenieurtechnische Grundsätze wie Modularität, Abstraktion, Standardisierung berücksichtigen und Modellierungsansätze nutzen, um biologische oder biobasierte Einheiten zu optimieren oder zu verbessern. Im Gegensatz zu beschreibenden biologischen Disziplinen sollen die Projekte bewusst auf das Design und die Konstruktion von Elementen, Strukturen oder Systemen abzielen.

Neu sind diesmal auch sogenannte strategische Elemente, die in den Antrag für Projektförderung einfließen sollen. Das soll gewährleisten, das die verantwortungsvolle, vernetzte und transparente Forschung gemäß dem ERASynBio-Konzept betreiben. Die transnationalen Anträge müssen mindestens drei und dürfen höchstens sieben Projektpartner aufweisen, die aus mindestens drei Partnerländern stammen, die sich an dieser Förderbekanntmachung beteiligen. Bis zum 3. Juli 2014 können Projektskizzen beim Projektträger Jülich eingereicht werden (Ansprechpartnerin: Annette Kremser). 

In deutschen und französischen Bergbauhalden schlummern bislang ungenutzte Kupferschätze. Mithilfe von Bakterien lässt sich das Metall aus Erzen herauslösen. Diese Biobergbau-Strategie steht hinter dem deutsch-französischen Kooperationsprojekt Eco-Metals, das von beiden Ländern mit rund 5 Millionen Euro unterstützt wird. Für die beteiligten deutschen Partner steuert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) insgesamt 4,2 Millionen Euro bei.

Biotechnologische Verfahren gelten als energieeffizienter, umweltfreundlicher und preiswerter Weg, um wichtige Industriemetalle und strategische Hightech-Rohstoffe zu gewinnen. Unter Tage sind winzige Helfer am Werk: Bakterien, andere Mikroorganismen und Biomoleküle werden eingesetzt, um die begehrten Metalle aus dem Erz herauszulösen (Biolaugung) und selektiv abzutrennen. Bisher werden mikrobielle Verfahren vorwiegend im Kupferbergbau eingesetzt, jedoch ist die etwa in Südamerika übliche Biolaugung nicht einfach auf die europäischen Kupfervorkommen übertragbar. Deshalb kommen solche Verfahren derzeit in Europa nicht zum Einsatz, um Kupfer zu gewinnen. Dabei gibt es hier die weltweit zweitwichtigste Quelle für das Metall, den Kupferschiefer. Er wird derzeit in Polen durch das Bergbauunternehmen KGHM abgebaut. Hinzu kommen erhebliche Mengen an Restkupfer aus Bergbauhalden in Deutschland (zum Beispiel Mansfelder Land) und Frankreich.

Kupferschiefer und Haldenmaterial im Visier

Innovative Rohstofftechnologien mithilfe von Bakterien im Kupferbergbau voranzubringen - das ist das Ziel des bilateral finanzierten EcoMetals-Projekts. Im Fokus der Programmpartner steht die Aufarbeitung von Kupferschiefer in Polen sowie kupferreichen Haldenmaterialien aus deutschen wie auch aus französischen Bergbauaktivitäten.

Unterstützt werden die Projektpartner mit 4,2 Millionen Euro durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie mit einer Million Euro durch die Agence Nationale de la Recherche (ANR), einer französischen Forschungsfördereinrichtung. Das Projekt ist Teil einer gemeinsamen Initiative für eine stärkere Vernetzung der Forschung und Entwicklung für neue Rohstofftechnologien in Deutschland und Frankreich. Die deutsch-französische Zusammenarbeit auf diesem Gebiet soll, wie zum 50. Jahrestag des Élysée-Vertrages im Januar 2013 beschlossen, intensiviert werden.

Sieben Partner aus Deutschland

An dem auf drei Jahre angelegten Eco-Metals-Projekt ist unter anderem das deutsche Biotech-Unternehmen Brain AG beteiligt, das sein mikrobiologisches Bioarchiv mit mehr als 30.000 unterschiedlichen Stämmen zur Verfügung stellt. „Wir sind überzeugt davon, dass sich darunter eine Vielzahl geeigneter Kandidaten befindet, die auch unter unwirtlichen Bedingungen, wie zum Beispiel Hochsalz, hoher Anteil von organischen oder anorganischen Komponenten sowie extreme pH-Werte, in der Lage sind, Metalle aus so komplexen Mineralien zu lösen“, so Yvonne Tiffert, Mikrobiologin und Projektleiterin bei Brain. Von deutscher Seite sind zudem die G.E.O.S. mbH, die UVR-FIA GmbH sowie die Aurubis AG im Verbund vertreten. Hinzu kommen Forschungseinrichtungen wie das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR); die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und die TU Bergakademie Freiberg, außerdem weitere französische und polnische Partner. Mit dem nun angelaufenen Projekt weitet die Brain AG ihre Aktivitäten zum Biobergbau weiter aus. Erst im März hatte das Zwingenberger Unternehmen einen . Gemeinsam sollen auf biotechnologischem Wege Seltenerden-Metalle gewonnen und unter anderem eine Biomining-Pilotanlage aufgebaut werden.