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CRISPR-Cas9 hat die Molekularbiologie revolutioniert. Das enzymatische System funktioniert wie eine Schere, die DNA an einer definierten Stelle schneiden kann, um Gene zu deaktivieren oder neue Gensequenzen einzufügen. Damit CRISPR-Cas9 die richtige Stelle zum Schneiden findet, wird es mit einer zielabhängigen sogenannten guide-RNA kombiniert. Doch selbst die irrt zu einem gewissen Prozentsatz bei der Zielfindung. Wissenschaftler der Max-Planck-Forschungsstelle für die Wissenschaft der Pathogene in Berlin und der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg haben das System nun optimiert und eine höhere Spezifität erzielt.

Struktur von Cas9 analysiert

„Ein unbeabsichtigter Schnitt an der falschen Stelle im menschlichen Genom kann tiefgreifende Folgen haben. Deshalb brauchen wir ein spezifischeres System", erläutert Michael Böttcher, Juniorprofessor an der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität. Rund um den Globus suchen Wissenschaftler daher nach Möglichkeiten, wie das CRISPR-Cas-System weniger Fehler macht. Das deutsche Team hat dazu die Struktur und Funktionsweise des Cas9-Enzyms analysiert und variiert. Über die Ergebnisse berichten die Forscher im Fachjournal „Nature Chemical Biology“.

Aminosäuren der Brückenhelix entscheidend

Ein bestimmter Bereich von Cas9 wird als Brückenhelix bezeichnet. Wie sich herausstellte, ist die Brückenhelix daran beteiligt, wie Cas9 mit der guide-RNA und der Zielsequenz der DNA interagiert. Maßgeblich ist dafür eine bestimmte Aminosäurenabfolge von Cas9, die in Verbindung mit der guide-RNA eine Schleifenform an der Ziel-DNA erzeugt. Erst dadurch wird der Doppelstrang der DNA geöffnet und das CRISPR-Cas9-System kann die Genom-Editierung beginnen.

Erfolg auch an menschlichen Zellen

Die Forscher haben in einem zweiten Schritt neue Varianten des Cas9-Enzyms erzeugt, bei denen die entscheidende Aminosäurenfolge variiert wurde. Einige dieser Varianten erwiesen sich als verlässlicher als das normale Cas9-Enzym: Sie schnitten die DNA deutlich seltener an unbeabsichtigten Stellen. Eines dieser modifizierte Enzyme bewährte sich auch in menschlichen Zellen. „Unsere Ergebnisse bieten eine neue Grundlage für die weitere Optimierung von CRISPR-Cas9“, resümiert Emmanuelle Charpentier, Direktorin der Max-Planck-Forschungsstelle für die Wissenschaft der Pathogene. Darüber hinaus müsse jedoch noch mehr über die Biochemie der CRISPR-Cas-Systeme gelernt werden, um sie weiter verbessern zu können.

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CRISPR-Cas9 has revolutionized molecular biology. The enzymatic system works like scissors that can cut DNA at a defined location to deactivate genes or insert new gene sequences. To make sure that CRISPR-Cas9 finds the right place to cut, it is combined with a target-specific so-called guide RNA. However, even this guide RNA makes a certain percentage of mistakes in finding the target. Scientists from the Max Planck Research Unit for the Science of Pathogens in Berlin and the Medical Faculty of the Martin Luther University Halle-Wittenberg have now optimized the system and achieved a higher specificity.

Structure of Cas9 analyzed

"An unintended cut at the wrong place in the human genome can have profound consequences. That is why we need a more specific system," explains Michael Böttcher, junior professor at the Medical Faculty of Martin Luther University. Scientists around the globe are therefore looking for ways to make the CRISPR-Cas system less prone to error. The German team has analyzed and varied the structure and function of the Cas9 enzyme. The researchers report on their results in the journal "Nature Chemical Biology".

Amino acids of the bridge helix are critical

A certain area of Cas9 is called the bridge helix. As it turned out, the bridge helix plays a crucial role in how Cas9 interacts with the guide RNA and the target sequence of the DNA. This is mainly due to a specific amino acid sequence of Cas9, which, in combination with the guide RNA, forms a stable loop on the target DNA. In such a loop, the Cas9-bound guide RNA pairs with the complementary strand of the DNA target sequence while displacing the second DNA strand, thereby enabling Cas9 to cut both DNA strands.

Success also on human cells

In a second step, the researchers created new variants of the Cas9 enzyme in which the crucial amino acid sequence was varied. Some of these variants proved to be more reliable than the normal Cas9 enzyme: they cut the DNA much less frequently at unintended sites. One of these modified enzymes also proved its worth in human cells. "Our results provide a new basis for further optimization of CRISPR-Cas9," summarizes Emmanuelle Charpentier, Director of the Max Planck Research Unit for the Science of Pathogens. However, she adds that more needs to be learned about the biochemistry of CRISPR-Cas systems in order to further improve them.

bl/um

Das Zoologische Forschungsmuseum Alexander Koenig – Leibniz-Institut für Biodiversität (ZFMK) der Tiere und das Centrum für Naturkunde der Universität Hamburg (CeNak), haben die nächste Stufe im Aufbau eines Leibniz-Instituts für die Analyse des Biodiversitätswandel (LIB) mit Standorten in Bonn und Hamburg genommen. In einer öffentlichen Stellungnahme hat sich der Wissenschaftsrat positiv zu diesem Konzept geäußert und empfiehlt dessen Umsetzung. Die endgültige Entscheidung über die Einrichtung eines LIB wird im Frühjahr 2020 in der gemeinsamen Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern (GWK) getroffen.

Biodiversitätswandel verstehen

Gerade angesichts des Klimawandels ist die Frage nach den Ursachen für den Biodiversitätswandel und der Entwicklung von Handlungsstrategien hochaktuell und von großer gesellschaftlicher Bedeutung. Mit ZFMK und CeNak könnten nach Ansicht des Wissenschaftsrats zwei forschungsstarke Partner zusammenkommen, deren wertvolle zoologische Sammlungen einander ideal ergänzen. Da in Deutschland und international an vielen Stellen zur Biodiversität geforscht wird, empfiehlt der Wissenschaftsrat den beiden Partnereinrichtungen, das Profil des geplanten gemeinsamen Instituts weiter zu schärfen und eng mit anderen Forschungseinrichtungen zusammen zu arbeiten.

Zwei starke Forschungspartner kommen zusammen

Im Juni 2018 hatte bereits der Senat der Leibniz-Gemeinschaft zu der großen gesellschaftlichen wie auch wissenschaftlichen Bedeutung der naturkundlichen Forschungsmuseen Stellung bezogen und deren Stärkung begrüßt. Durch die positive Stellungnahme des Wissenschaftsrates ist nun ein weiterer, wichtiger Meilenstein erreicht worden. „Sollte diese strategische Erweiterung gelingen, eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten der Erforschung des Biodiversitätswandels und des Wissenstransfers sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene“, erläutert Bernhard Misof, kommissarischer Direktor des ZFMK.

„Mit Spannung erwarten wir nun den letzten Meilenstein – die Entscheidung der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern“, freut sich Matthias Glaubrecht, der Wissenschaftliche Direktor des CeNaks, über den Fortschritt der Entwicklungen. „Das positive Votum bringt uns auch einen entscheidenden Schritt weiter auf dem Weg zu einem „Evolutioneum“, einem neuen naturkundlichen Forschungsmuseum für Hamburg.“

Hamburg plant Neubau für das Evolutioneum

Als Fenster der Wissenschaft soll das „Evolutioneum“ in der Metropole Hamburg und darüber hinaus die Rolle des Menschen als zunehmend wichtiger Einflussfaktor auf der Erde buchstäblich begreifbar machen. Für und das Evolutioneum und damit den Hamburger Standort des LIB hat die Hansestadt Hamburg einen Neubau in Aussicht gestellt.

Der Wissenschaftsrat begrüßt in seiner Stellungnahme das Hamburger Bauvorhaben ausdrücklich. Das Gremium hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die zoologischen Sammlungen Hamburgs völlig unzureichend untergebracht sind und dies zu schweren Schäden und Verlusten an den Sammlungsbeständen führen könne.

bl/pg

Mit der Nationalen Bioökonomiestrategie will die Bundesregierung den Wandel von einer auf fossilen Rohstoffen basierenden Wirtschaft hin zu einer biobasierten, nachhaltigen Wirtschaft forcieren. Biokunststoffe, Biokraftstoffe, biotechnologische Herstellungsprozesse – in vielen Bereichen hat der Wandel bereits eingesetzt. Aber welche Akteure beeinflussen diesen Wandel, wie sollte sich die Politik verhalten und wie sähe eine echte Bioökonomie aus? Darauf geben Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) Antworten in dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt „Transformation-Bio“.

Wichtige Wechselwirkungen zwischen den Teilbereichen

Die Forscher um Projektleiter Sven Wydra haben die vorhandenen wissenschaftlichen Publikationen analysiert, aber auch Stakeholder interviewt und Experten-Workshops organisiert. Herausgekommen sind vier Szenarien, wie sich die Bioökonomie bis zum Jahr 2040 entwickeln könnte – und wovon das jeweils abhängt. „Im Projekt zeigte sich, dass es den einen Weg hin zur Bioökonomie nicht gibt, sondern vielmehr ein großes Spektrum an Transformationsmustern, die auch auf Wechselwirkungen zwischen den unterschiedlichen Bioökonomie-Segmenten zurückzuführen sind“, erläutert Wydra. Diese Segmente seien eng miteinander verwoben, etwa durch technologische Synergien. Politische Entscheidungen, die auf ein Segment gerichtet sind, hätten somit erhebliche Auswirkungen auf die anderen Segmente und damit auf die Gesamtentwicklung der Bioökonomie.

Einfluss der Sektoren Energie und Mobilität

Zwei entscheidende Einflussfaktoren haben die Forscher identifiziert: Zum einen die großen wirtschaftlichen Akteure in den Sektoren Energie und Mobilität, aber auch Material- und Produktionswirtschaft. Ihre Schwerpunktsetzungen bestimmten den Bedarf an den jeweiligen bioökonomischen Produkten. Dabei wurde deutlich, dass in jedem Fall ein steigender Bedarf an Biomasse entstehen wird. Die Forscher empfehlen daher, deren nachhaltige Produktion auszubauen, aber auch die Nutzung effizienter zu gestalten und beispielsweise die Lebensmittelverschwendung zu minimieren.

Eine Million Bananenschalen, 62 Tonnen Kaffeesatz, 40 Tonnen Grünschnitt und 2.200 Tonnen Lebensmittelabfälle fallen Tag für Tag allein in Berlin an. Darin steckt noch viel Potenzial für eine Verwertung: So können beispielweise aus Kaffeesatz Tische, Kaffeetassen oder auch hochwertige Outdoor-Textilien hergestellt werden.

Die urbane Bioökonomie verfolgt die Vision einer Stadt, in der biologische Roh- und Reststoffe intelligent geleitet und hochwertig genutzt werden. Hier werden die Nahrungsmittel etwa mit innovativen Urban-Farming-Methoden selbst produziert und dabei effiziente Kreislaufsysteme genutzt. Außerdem wird nichts vergeudet, sondern mit den Reststoffen sogar noch Geld verdient. Eine Win-Win-Situation für Umwelt und Wirtschaft.

Makeathon als kreatives Innovationslabor

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) lobt im aktuellen Wissenschaftsjahr den 9. Deutschen Nachhaltigkeitspreis Forschung zum Thema „Urbane Bioökonomie“ aus. Diesmal wird der Preis im Rahmen eines Ideenwettbewerbs ermittelt: Kluge Köpfe aus allen wissenschaftlichen Fachrichtungen sind aufgerufen, sich ab sofort bis zum 30. April für die Teilnahme an einem Makeathon zu bewerben: Infrage kommen Studierende, Forschende, Promovierende, Mitarbeitende aus Unternehmen und kommunalen Einrichtungen, kreative Praktiker oder Querdenker. Jeder, der sich bewirbt, sollte seine Motivation, Kompetenzen und ein konkretes Problem, das er adressieren möchte, kurz und kompakt aufschreiben.

Folgende Aspekte sollen im Fokus des Makeathons stehen:

  • Die Produktion, Nutzung und Verwertung von biologischen Reststoffen in der Stadt, wie z.B. Grünschnitt oder Lebensmittelreste
  • Innovativer Umgang mit allem, was bisher als biologischer Rohstoff in die Stadt hineinkommt oder als Abfall die Stadt verlässt

Ob zu Hause, unterwegs oder im Büro: Kaffee ist für viele ein Genussmittel und aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Was nach dem Aufbrühen übrig bleibt, landet jedoch für gewöhnlich im Abfalleinmer. Unmengen Kaffeesatz werden so täglich entsorgt. Ansätze den Reststoff zu nutzen, gibt es durchaus. Das Berliner Start-up Kafform verwendet beispielsweise den Abfall zur Herstellung von Kaffee- und Espressotassen. Im Projekt „InKa – Intermediate aus industriellem Kaffeesatz“ wollen Forscher vom Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT mit Partnern aus der Wirtschaft nun weitere Verwertungsoptionen prüfen. Das Vorhaben wird im Rahmen der Fördermaßname „Nationale Forschungsstrategie BioÖkonomie 2030“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in den kommenden drei Jahren gefördert.

Neue Produkte mit besseren Eigenschaften

Im Fokus des Projektes steht die Entwicklung neuer Zwischenprodukte als Rohstoffe für biobasierte Artikel. Aber nicht nur das. Die aus dem Kaffeesatz gewonnenen Komponenten sollen den Forschern zufolge zu „bisher nicht erreichbaren Eigenschaftsverbesserungen verschiedener Endprodukte führen, oder sogar als alternative Rohstoffquelle bei ernsthaften Rohstoffengpässen fungieren“.

Hoch innovatives Verfahren

Dafür will das Team den Kaffeesatz in wichtige Komponenten auftrennen, diese in Gruppen zusammenfassen und aufreinigen und so eine hochwertige Nutzung der daraus erzeugten Zwischenprodukte ermöglichen. „Das angestrebte Verfahren als Ganzes ist hoch innovativ und beinhaltet wichtige Beiträge zu aktuellen internationalen Forschungsfeldern wie In-situ-Umesterung im Kaffeesatz, chemische Modifizierung der isolierten Intermediate oder Entwicklung migrationsarmer Schlagzähigkeitsmodifikatoren“, sagt Inna Bretz, Projektleiterin beim Fraunhofer UMSICHT. „Dabei entwickeln wir den technischen Prozess vom Labor bis zum industriellen Scale-up.“

Kaffeeöl zur Papier-und Kartonherstellung

Kaffeeöl ist beispielsweise eine Komponente, die mittels Umesterung zu solch einem wertvollen Zwischenprodukt umgewandelt und zur Herstellung von Papier und Kartons genutzt werden könnte. „Der entölte Kaffee kann für spezielle Papier- und Kartonsorten eine gute Rohstoffergänzung sein. Er enthält Cellulose – ähnlich wie der Faserstoff, aus dem Papier entsteht. Der Kaffeesatz könnte aber auch als Prozesshilfsmittel interessant sein. Wir sind sehr neugierig, welche Potenziale sich mit diesem neuen Werkstoff heben lassen“, sagt Geschäftsführer Jürgen Belle vom Projektpartner BellePapier GmbH.

Transparente Stoffstromanalyse geplant

Im Rahmen des InKa-Projektes sollen aus dem Kaffeesatz aber auch andere organische Verbindungen wie Glycerin, Fettsäuren, Polysaccharide oder Aromastoffe gewonnen und für eine Verwertung bereitgestellt werden. Die Forscher hoffen, dass die Nutzung von Kaffeesatz als Rohstoffquelle die Rohstoffversorgung beeinflusst. Ob das tatsächlich der Fall sein kann, will das Team anhand einer Stoffstromanalyse am Ende des Projektes offenlegen.

Auf der Hannover Messe im Juli wird das Team das InKa-Projekt im „Schaufenster Bioökonomie" vorstellen.

bb

Ob bei der Entwicklung von Medikamenten, Materialien oder Verfahren: Pflanzen- und Tierwelt haben Wissenschaftler immer wieder zu Innovationen inspiriert. So nahmen sich Forscher beispielsweise den Schwimmfarn zum Vorbild, um mittels einer neuen Beschichtung den Reibungswiderstand bei Schiffen zu senken. Auch der Gecko als Klettertalent oder das filigrane, aber stabile Netz der Spinne standen bei Entwicklungen bereits Pate. Nun sind es die Füße der Heuschrecke, die ein interdisziplinäres Team der Christian-Albrechts-Universität (CAU) Kiel zu einem künstlichen Reibungssystem anregt.

Heuschreckenfüße als Vorbild für Reibungssystem

Der Clou: Das System ist so flexibel, dass es sich dem Untergrund anpasst, wie die Wissenschaftler im Fachjournal "Advanced Materials Interfaces" berichten. Das Team um Stanislav Gorb orientierte sich dabei an den kissenartigen Zusätzen an den Füßen der Heuschrecke. Sie sorgen für eine gute Kontaktfläche und eine stabile Kraftübertragung.

Beides verschafft dem Insekt den festen Halt. Es war jedoch nicht ganz unproblematisch, dieses Prinzip auf technische Anwendungen zu übertragen. „Um auf verschiedenen Oberflächen zu haften, müsste man – eigentlich ein Widerspruch – zwischen dem Verhalten von weichen und festen Materialien wechseln“, erklärt Gorb. Dieses Problem haben die Kieler Wissenschaftler nun gelöst.

Flexible Haftung durch Kaffeesatz in Silikonkissen

In früheren Forschungen konnte Gorb bereits zeigen, dass die Kissen an den Insektenfüßen mit einem gummiartigen Film umhüllt sind, der einen guten Kontakt zum Haftuntergrund bietet. Im Inneren sorgen dagegen besonders stabile Fasern für eine große Kraftübertragung. Einen ähnlichen Effekt konnte das Team nun mit Kaffeesatz erreichen. Diese getrocknete und körnige Masse wurde mit einer dehnbaren Silikonhülle ummantelt. Dahinter verbirgt sich das Prinzip der „Jamming Transition“.

„Man kann sich das vorstellen wie in einer Packung Kaffee: Das Kaffeepulver wird durch Druck fest zusammengepresst und bildet so eine dichte Masse, fest wie ein Stein. Wird die Packung geöffnet, fällt das Pulver locker und verhält sich somit ganz anders, fast wie eine Flüssigkeit,“ erläutert Physiker und Projektmitarbeiter Halvor Tramsen. Die Größe der Kaffeesatzpartikel und die raue Form sorgten den Forschern zufolge dafür, dass sich die Teilchen sehr leicht miteinander verhaken und damit der Wechsel zwischen weichem und festem Material funktioniert.

Kaffeesatz für industrielle Anwendung denkbar

Dieses einfache System hoffen die Forscher auch in die Praxis überführen zu können. Grundsätzlich sei es durchaus denkbar, so Gorb, getrockneten Kaffeesatz im Sinne des Recyclings auch für industrielle Anwendungen zu nutzen. Denn der Reststoff sei nicht nur leicht verfügbar, sondern auch frei von Schadstoffen und günstig.

bb

In the development of drugs, materials or processes, plant and animal life have time and again inspired scientists to innovate. For example, researchers used the swimming fern as a model to reduce the frictional resistance of ships by means of a new coating, and many have tried to duplicate the delicate but stable web of the spider. Now it is the grasshopper's feet that have inspired an interdisciplinary team at the Christian-Albrechts-Universität (CAU) Kiel to develop an adaptive frictional system.

Locust feet as a model for frictional system

The key to the system is that it is so flexible that it adapts to the surface, as the scientists report in the journal "Advanced Materials Interfaces". Stanislav Gorb's team modelled their approach on the small, cushion-like appendages on the feet of the grasshopper. They allow a good frictional and adhesive contact with the surface, while also transmitting a great deal of force.

Both provide the insect with a firm grip. However, it was not entirely unproblematic to transfer this principle to technical applications. ""In order to stick to different surfaces, we must switch between the behaviour of soft and hard materials, which is actually a contradiction in terms," explains Gorb. The Kiel scientists have now solved this problem.

Flexible adhesion with coffee grounds

In earlier research, Gorb was already able to show that the cushions on the insect feet are covered with a rubber-like film that provides good contact with the adhesive surface. On the inside, on the other hand, particularly stable fibres ensure a high power transmission. The team has now achieved a similar effect with coffee grounds. This dried and granular mass was coated with a stretchable silicone cover. Behind this is the principle of the "jamming transition".

"You know that from vacuum-packed coffee: the coffee powder is compressed and forms a dense mass, as hard as a rock. When the packet is opened for the first time, the powder becomes loose, and thus behaves quite differently, like a fluid," explains physicist and project collaborator Halvor Tramsen. When the package is opened, the powder falls loosely and thus behaves in a completely different way, almost like a liquid," explains physicist and project collaborator Halvor Tramsen. According to the researchers, the size of the coffee grounds particles and their rough shape ensure that the particles get very easily entangled with each other, making the change between soft and solid material work.

Suitable for industrial application

The researchers hope to be able to transfer this simple system to practical applications. According to Gorb, it is also feasible to use dried coffee grounds for industrial applications - with recycling benefits. The coffee residue is not only easily available, but also free of pollutants and inexpensive.

bb/um

Kohlendioxid aus Industrieabgasen als Wertstoff in der chemischen Industrie nutzen – das ist eines der großen Forschungsthemen der Branche. Mit dem Verbundprojekt „CO₂SimO – Photoelektrochemische CO₂-Reduktion bei simultaner oxidativer Wertstoffgewinnung“ kommt eine weitere Initiative hinzu. Der Schwerpunkt des Vorhabens liegt darauf, einen Prozess zu entwickeln, um aus Wasser und Kohlendioxid Methan und Wasserstoffperoxid herzustellen.

Energieträger und Synthesegrundstoffe

Methan ist ein wichtiger Energieträger, der als Heizmittel oder Treibstoff genutzt wird. Das Gas ist aber auch ein bedeutender Rohstoff für chemische Synthesen, unter anderem bei der Herstellung von Ammoniak und Methanol. Wasserstoffperoxid hat vor allem zwei Verwendungszwecke: Es wird als Bleich- und Desinfektionsmittel genutzt. Möglicherweise könnte es sich aber auch als Energieträger eignen, mit dem Brennstoffzellen betrieben werden – das soll das Projekt CO₂SimO ebenfalls eruieren.

Nachhaltigkeit des Konzeptes im Blick

Die Hoffnung ist, einen günstigen Prozess zu entwickeln, denn bislang ist die Herstellung von Wasserstoffperoxid kostenintensiv. Im neuen Verbundprojekt soll deshalb eine photoelektrochemische Zelle für die Reaktion geschaffen werden, die neben den Rohstoffen Wasser und CO2 Sonnenlicht als Energiequelle nutzt. Neben dieser Zelle wollen die Forscher auch die für die Reaktion notwendigen Katalysatoren entwickeln. Im Blick behalten wollen die Partner dabei, ob ihre Lösung wirklich sinnvoll ist, wie der am Projekt beteiligte Professor für Physikalische Chemie an der Universität Bayreuth, Roland Marschall, erläutert: „Eine Besonderheit unseres Projekts besteht darin, dass eine wissenschaftliche Begleitstudie die Nachhaltigkeit des zugrundeliegenden Konzepts durch eine Umwelt- und Kostenanalyse ständig überprüfen wird.“

BMBF fördert Forschung zu CO2-Nutzung

Das Verbundprojekt wird von der H.C. Starck Tantalum and Niobium GmbH in Goslar koordiniert. Weitere Partner sind das DECHEMA-Forschungsinstitut in Frankfurt am Main, die Leibniz-Universität Hannover, die neoxid GmbH in Neuss sowie das Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse am Karlsruher Institut für Technologie. Das Vorhaben wird unter der BMBF-Förderrichtlinie „CO₂ als nachhaltige Kohlenstoffquelle – Wege zur industriellen Nutzung (CO₂-WIN)“ über drei Jahre mit 1,5 Mio. Euro gefördert.

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Jede Zelle einer Pflanze besitzt den gleichen genetische Bauplan – doch einige Zelltypen machen davon unterschiedlich Gebrauch. Dadurch kann mit der gleichen DNA mal eine Wurzel und mal eine Blüte entstehen. Entscheidend ist, welche Gene in welchem Umfang aktiviert werden. Die Produkte dieser Gene sind meist Proteine. Diese Eiweißmoleküle bilden die Strukturen der Zellen und agieren in Form von Enzymen als Katalysatoren der biochemischen Reaktionen. Ein internationales Forscherteam unter Federführung der Technischen Universität München (TUM) hat nun für die Modellpflanze Arabidopsis thaliana, die Ackerschmalwand, für verschiedenen Gewebetypen einen Katalog alle hier vorhandenen Proteine ermittelt.

Neue Einblicke in die Biologie von Pflanzen

„Für das Proteinmuster ist nicht nur bedeutend, welche Proteine in einem Gewebe vorkommen, sondern vor allem in welchen Mengen“, erklärt Bernhard Küster, Professor für Proteomik und Bioanalytik an der TUM. Als Beispiel nennt er Proteine der Photosynthese-Maschinerie, die vor allem in Blättern vorkommen, aber – wenngleich in tausendfach geringerer Menge – auch in Blüten und Samen. „Erstmalig haben wir das Proteom, also alle Gewebeproteine der Modellpflanze Arabidopsis, umfassend kartiert“, resümiert Küster die im Fachjournal „Nature“ veröffentlichte Studie. „Das lässt neue Einblicke in die komplexe Biologie von Pflanzen zu.“

18.000 der 27.000 Gene erzeugen Proteine

Zusammengefasst sind die Ergebnisse in der Online-Datenbank ProteomicsDB. Darin findet sich unter anderem die Information, dass von den 27.000 Genen der Ackerschmalwand etwa 18.000 auch in Proteine umgesetzt werden. Außerdem enthalten die Daten die Information, in welchen Geweben welche Proteine vorkommen und in welchen Mengen. Möglich wurden die Analysen durch eine Kombination aus biochemischen und analytischen Hochdurchsatzmethoden, darunter die Flüssigchromatographie-gekoppelte Tandem-Massenspektrometrie.

Nächster Fokus auf Anpassung des Proteoms

Die Ackerschmalwand ist seit vielen Jahren Modellpflanze der Pflanzenforschung, weil sich zahlreiche Erkenntnisse über sie auf Nutzpflanzen übertragen lassen. „Der Atlas soll daher auch die Forschung an anderen Pflanzen befeuern“, zeigt sich Küster zuversichtlich. Die beteiligten Forscher selbst wollen nun untersuchen, wie sich das Proteom verändert, wenn die Pflanzen auf Umweltfaktoren wie Schädlingsbefall oder Folgen des Klimawandels reagieren.

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Rollatoren haben in der Gesellschaft oftmals den Ruf, ein Zeichen von Alter und Gebrechlichkeit zu sein. Die fahrbare Gehhilfe ist allerdings aus dem Alltag vieler Menschen nicht mehr wegzudenken und ermöglicht ein stückweit den Erhalt von Mobilität und Lebensqualität. Die meisten Modelle werden bisher aus einem Aluminium- oder Carbonrahmen, hergestellt. Ein Projekt der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) unternimmt mit dem Bambulator den Versuch, dem wachsenden Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeitsgedanken der Anwender nachzukommen und dabei den Ansprüchen der Bioökonomie gerecht zu werden.

Erfolgreich beim Ideenwettbewerb

Ideengeber für den Bambulator war Marcus Leonard, der Inhaber von mobilfreu.de. Bei seiner täglichen Arbeit mit Mobilitätshilfen fiel ihm auf, dass sich die meisten Modelle grundsätzlich ähneln. Beeindruckt von dem in 2015 an der HNEE abgeschlossenen Kooperationsprojekt zum Holz-E-Bike, stellte Leonard die Idee eines Rollators aus nachwachsenden Rohstoffen der dort ansässigen Arbeitsgruppe Chemie und Physik des Holzes um Alexander Pfriem vor. Die von der Arbeitsgruppe betriebene Forschung hat zum Ziel, die Einsatzgebiete von Holz zu erweitern, die Nutzungsdauer der Produkte zu verlängern und insgesamt weniger Ressourcen für dieselbe Anwendung zu verwenden.

Im Rahmen des Ideenwettbewerbs „Neue Produkte für die Bioökonomie“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) konnte das Vorhaben 2016 in eine einjährige Sondierungsphase gehen, der 2017 eine zweijährige Machbarkeitsphase folgte. In diesem Zeitraum wurde das Projektkonsortium, bestehend aus der HNEE-Projektgruppe sowie den Industriepartnern Rülke Holztechnik GmbH und Steinel Metall + Kunststoff Systeme GmbH, mit insgesamt rund 570.000 Euro durch das BMBF gefördert.

Pflanzenwurzeln sorgen in der Regel für einen festen Boden. Und je stärker der Bewuchs ist, desto geringer ist die Bodenerosion. Regen hingegen lockert den Boden auf und begünstigt die Erosion. Diese landläufige Meinung ist jedoch keinesfalls allgemeingültig, wie eine Untersuchung nun zeigt. In einer großangelegten Studie haben Geowissenschaftler der Universität Tübingen erstmals den komplexen Zusammenhang zwischen Vegetation, Niederschlag und Bodenerosion ins Visier genommen. Als Untersuchungsgebiet wählte das Team um Todd Ehlers den 3.500 Kilometer langen Westrand der Anden in Peru und Chile. Diese Region umfasst sechs Klimazonen und reicht von sehr trocken bis gemäßigt.

Gebirgsbildung in den Anden untersucht

Die Forscher wollten wissen, welchen Einfluss das Wechselspiel von Pflanzenwachstum und Klima auf die Gebirgsbildung in den Anden hat. „Man könnte annehmen, dass je dichter die Pflanzendecke ist, desto geringer die Erosion. Dieser einfache Zusammenhang stimmt für einige Andenregionen“, resümiert Ehlers. Kommt der Niederschlag hinzu, ändert sich jedoch das Bild. Denn Regen fördert zwar das Pflanzenwachstum, aber eben auch die Erosion.

Pflanzenwurzeln können Festgestein lockern

Wie die Forscher im Fachjournal Science nun berichten, ist der Einfluss von Pflanzenwuchs auf die Bodenerosion in den Klimazonen sehr verschieden. Demnach können Pflanzen die Erosion auch erhöhen, indem sie mit ihren Wurzeln Festgestein in Boden umwandeln, der dann abgetragen werden kann. So sorgte beispielsweise die spärliche Vegetation in der trockenen Atacama-Wüste für einen festen Boden. Im Gegensatz dazu stellten die Forscher fest, dass in gemäßigten feuchteren Gebieten mit einer dichteren Pflanzendecke die Erosionsrate sogar höher war. So konnte das Team beobachten, dass es in den klimatisch gemäßigten Andengebieten nur deswegen eine dichte Pflanzendecke gibt, weil dort auch viel Regen fällt. Dieser verstärke jedoch trotz der zahlreichen Pflanzen insgesamt die Bodenerosion. In anderen Regionen wiederum wurde die Erosion durch Pflanzen gemindert, so dass Hänge stabilisiert und steiler wurden.

Messungen der Nuklide vervollständigen Bild

Für die Bestimmung der Erosionsrate verwendeten die Forscher sogenannte kosmogene Nuklide, die durch Strahlung aus dem Kosmos auf der Erdoberfläche entstehen. Diese reichern sich aber nur in freiliegendem Boden an. Auf der Grundlage solcher Messungen konnten die Forscher errechnen, wie schnell Gebirge in den Anden abgetragen werden. „Unsere Untersuchung entlang dieses weiten Klimagradienten in den Anden hilft dabei, die Beobachtungen vieler anderer Studien zu kombinieren“, so  Ehlers. Doch erst der Überblick würde zeigen, wie Pflanzen und Klima mit der Topografie interagieren. „Unsere Studie ist ein Beispiel für eine neue Wissenschaftsgrenze, die an der Schnittstelle der Geo- und der Biowissenschaften liegt", sagt der Forscher. „Wir erfahren immer mehr darüber, wie stark die festen und lebendigen Teile der Erde miteinander wechselwirken, und wir können die Effekte dieser Interaktionen über lange Zeitskalen von Tausenden von Jahren beobachten."

bb

Für die Zeit ab 2020 hat sich eine große Zahl von Geberländern verpflichtet, den Klimaschutz in ärmeren Staaten mit jährlich 100 Milliarden Dollar zu unterstützen. Mit der Gestaltung solcher Transfers befasst sich eine Studie des Berliner Klimaforschungsinstituts MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change). Die Studie zeigt, wie man die Architektur der internationalen Klimafinanzierung, etwa im Rahmen des „Green Climate Fund“, verbessern und so die Treibhausgasemissionen wirksamer senken könnte.

Die Analyse erfolgt mit der wissenschaftlichen Methode der Spieltheorie: Ein mathematisches Modell bildet ab, wie stark sich unter bestimmten Bedingungen jeder einzelne Staat um Klimaschutz bemüht, wie er auf das Verhalten anderer Staaten reagiert und was am Ende insgesamt herauskommt. Laut der Studie wäre das Ergebnis besser, wenn Klimafinanzierung vom Budget her flexibel wäre und ihre Auszahlungen anders ausrichten würde.

Das Autorenteam belegt dies mit einer ausgeprägten Alternative. Demnach legt die Staatengemeinschaft nicht die Gesamtgröße des Geldtopfs fest, sondern nur, um wieviel jedes Land die Geldflüsse innerhalb des Fonds erhöht, wenn es teilnimmt. Erst danach entscheidet jedes Land eigenständig, ob es wirklich selbst mitmacht (wodurch sich dann das Budget flexibel bildet) und wieviel Klimaschutz es realisiert. Verteilt wird das Geld am Ende zwischen allen teilnehmenden Staaten – und zwar proportional zu den über oder unter dem Schnitt liegenden Kosten. „Dann bildet sich ein Gleichgewicht im sozialen Optimum“, berichtet MCC-Forscherin Kornek, Leiterin der MCC-Arbeitsgruppe Governance und Leitautorin. „Länder können dann erwarten, dass zusätzlicher Klimaschutz zum Großteil aus dem Geldtopf erstattet wird. Dagegen erscheint Trittbrettfahrer-Verhalten als unattraktiv: Nach einem Ausstieg ist absehbar, dass die verbleibenden Länder deutlich weniger tun und die allgemeinen Klimaschäden spürbar zunehmen.“

Veröffentlicht wurde die Studie in der Fachzeitschrift European Economic Review.

 

Bürgerforschung im Boden: Die Citizen-Science-Aktion „Expedition Erdreich“ ist das große Mitmach-Event des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) initiierten Wissenschaftsjahrs 2020 zum Thema Bioökonomie. Alle interessierten Bürgerinnen und Bürger sind im Rahmen dieser Aktion aufgerufen, den Boden unter anderem mit Teebeuteln zu untersuchen – und dadurch die Wissenschaft zu unterstützen.

Teebeutel werden ab Juni 2021 vergraben

Augrund der Corona-Pandemie wird der Start der Expedition Erdreich auf den Sommer 2021 verschoben. Trotzdem können kostenlose Aktions-Kits samt Begleitmaterialien für die bodenkundlichen Untersuchungen der Expedition Erdreich jetzt schon bundesweit vorbestellt werden. 

Bei der Expedition Erdreich sind Menschen bundesweit aufgerufen, mit wissenschaftlichen Methoden erstmals flächendeckend den Boden in Deutschland zu erkunden. Die Wissenschaft braucht eine ganze Menge Daten, um den allgemeinen Zustand unserer Böden und deren CO2-Freisetzung besser bewerten zu können. Dabei ist die Unterstützung möglichst vieler Bürgerinnen und Bürger wichtig.

Mit Tea-Bag-Index Deutschlands Böden ergründen

Bei der Expedition untersuchen die Teilnehmenden den Boden an zwei verschiedenen Standorten mit Teebeuteln. Was erst einmal ungewöhnlich klingt, ist eine anerkannte wissenschaftliche Methode, der sogenannte Tea-Bag-Index. Dabei werden genormte Beutel Grün- oder Roibostee vergraben, drei Monate lang durch im Boden lebende Mikroorganismen zersetzt und dann wieder ausgegraben. Der Gewichtsunterschied gibt Aufschluss über die Zersetzungsrate des Tees und damit auch die CO2-Freisetzung des jeweiligen Bodens. Weil die Zersetzung von vielen Faktoren abhängt, untersuchen die Teilnehmenden zusätzlich auch den pH-Wert, die Bodenart oder die Art der Landnutzung. Diese und andere Angaben werden nach Abschluss der Aktion in eine europäische Datenbank eingespeist und von Forschenden ausgewertet.

Geodaten wie die von Satelliten oder Drohnen können nützliche Helfer in der Landwirtschaft sein. Im Rahmen des Copernikus-Programms liefern ESA-Satelliten wie Sentinel-1 und Sentinel-2 bereits seit 2014 präzise Informationen zur Art der Landnutzung und Bodenbeschaffenheit, zu Pflanzenwachstum und Umweltbedingungen. In den riesigen Datenmengen schlummert ein Potenzial, das bisher unzureichend genutzt wird. Im Forschungsverbund AgriSens wollen Wissenschaftler nun die Datenflut in richtige Bahnen lenken und so für die Landwirtschaft besser nutzbar machen.

Nutzung von Satellitendaten erleichtern

„Aktuell ist die Hürde, diese Daten zu nutzen, für viele Landwirte leider viel zu hoch. Das betrifft vor allem den Zugang zu den Daten, die Nutzung in einer Fülle von Softwarelösungen und unübersichtlichen Angeboten des Marktes. Wir möchten hier niedrigschwellige Lösungen anbieten", erklärt Projektkoordinator Daniel Spengler.

Der Startschuss für das Forschungsprojekt „AgriSens DEMMIN 4.0 (Fernerkundungstechnologien für die Digitalisierung im Pflanzenbau)“ fiel im März. Das Vorhaben wird vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ Potsdam koordiniert und vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in den kommenden drei Jahren mit 3,7 Mio. Euro unterstützt. Am Projekt beteiligt sind neben dem GFZ das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR, das Julius-Kühn-Institut Braunschweig, der Deutsche Wetterdienst, die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, die Friedrich-Schiller-Universität Jena, die Hochschule Neubrandenburg und die Julius-Maximilians-Universität Würzburg, aber auch Landwirtschaftsbetriebe.

Einsatz für digitale Helfer definiert

Gemeinsam mit Landwirten haben die Wissenschaftler im Vorfeld des Projektes bereits Anwendungsfelder definiert, in denen digitale Technologien von Vorteil wären. Dazu zählen beispielsweise Informationen, die dem Landwirt helfen können, die Bewässerung der Felder oder die Erstellung von Ernteprognosen zu planen. Auch Drohnen könnten hier zum Einsatz kommen und mittels spezieller Sensoren erkennen, ob der Acker nach einem Regen mit schwerem Gerät noch befahrbar ist. In solch einem Fall könnten die anhand der Daten erstellten Karten dem Landwirt per Handy oder Laptop über die Bodenfeuchte des Ackers Auskunft geben.

Fernerkundungsdaten in Cloud speichern 

Um diese Visionen umzusetzen, wollen die Forscher Struktur und System in einen Prozess bringen, der von einer Fülle von Daten gespeist wird. Das Ziel: Die Informationsflut in die richtigen Bahnen lenken und mit Daten kombinieren, die am Boden erhoben werden. „Wir wollen eine Infrastruktur schaffen, mit der diese Daten möglichst schnell so prozessiert werden, dass sie für Landwirte nutzbar werden," so Christian Hüttich, der das Projekt am Lehrstuhl für Fernerkundung der JMU leitet. Dafür wollen die Würzburger Forscher erstmals Fernerkundungsdaten in eine Cloud bringen, die dann allen anderen Projektbeteiligten zur Verfügung stehen.

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Ob Lachs oder Forelle: Viele Fischarten werden heute in Aquakulturanlagen gezüchtet, um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden. Doch die Zucht ist aufwendig und verlangt eine ständige Überwachung. Das könnte künftig ein Programm übernehmen, an dem das 2019 gegründete Berliner Start-up Monitorfish arbeitet. Das Team um Mitgründer und Geschäftsführer Dominik Ewald setzt dabei auf Künstliche Intelligenz. Sensoren und Kameras, die im Becken eingelassen sind, liefern dem Züchter wichtige Daten zur Wasserqualität und zum Tierverhalten, um frühzeitig Veränderungen festzustellen und einschreiten zu können. Die Entwicklung des digitalen Frühwarnsystems wurde unter anderem vom Bundeswirtschaftsministerium im Rahmen des Existenzgründerprogramms EXIST gefördert.

Jörg Overmann ist Wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Instituts DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH und leitet damit das weltweit vielfältigste Archiv für biologische Ressourcen. An der Braunschweiger Forschungseinrichtung werden Mikroorganismen sowie Zellkulturen gesammelt, erforscht und archiviert. Mit dem Projekt DiASPora (Digital Approaches for the Synthesis of Poorly Accessible Biodiversity Information) war ein Team um Overmann beim Leibniz-Wettbewerb 2019 erfolgreich und wird mit 1 Mio. Euro gefördert. Mikrobiologie trifft hier auf Informatik, um die enorme Biodiversität der Bakterien besser zu erschließen.