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Biogas ist eine der Komponenten, die bei der Energiewende fossile Rohstoffe ersetzen sollen. Es entsteht, indem mikrobielle Gemeinschaften Biomasse vergären. Im Grundsatz sind die daran beteiligten Prozesse gut verstanden, doch wie sich die mikrobiellen Gemeinschaften zusammensetzen, war bislang nur in Teilen erforscht. Ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus - Senftenberg (BTU) hat sich dieser Aufgabe angenommen – und eine wichtige Entdeckung gemacht.
Auffällige, noch nicht beschriebene Bakteriengruppe entdeckt
Innerhalb des von der EU finanzierten Projekts Micro4Biogas haben die Beteiligten für 45 Biogasanlagen die technischen und biochemischen Parameter erfasst. Außerdem nahmen sie 80 Proben und analysierten die darin lebenden Mikroorganismen. Dazu sequenzierte das Team die DNA der jeweiligen Proben und identifizierte die darin vorkommenden Mikroben, indem es das sogenannte 16s-rRNA-Gen mit Referenzdatenbanken abglich. Dieses Gen kommt in allen Mikroorganismen vor, variiert jedoch leicht zwischen den unterschiedlichen Stämmen und kann daher zur Identifikation genutzt werden. Dabei fiel eine häufig vorkommende Gruppe von Bakterien auf, deren 16s-rRNA zwar schon in anderen Studien erwähnt wurde, die aber noch nicht im Labor gezüchtet und untersucht worden war.
Bei der anschließenden vollständigen Sequenzierung der Metagenome von 30 Proben – der Gesamtheit der DNA aller Mikroben darin – ließ sich das Bakterium jedoch nicht nachweisen. Offensichtlich gab es in den Datenbanken noch keine vollständige Sequenz zum Vergleich. Mühsam isolierte das Team daher die spezifische DNA des unbekannten Bakteriums aus der Masse und stellte fest, dass es zu einer bis dahin unbekannten Ordnung gehört. Die Forschenden tauften sie Darwinibacteriales.
Wahrscheinliche Interaktion mit methanogenen Archaeen
„Interessanterweise waren Mitglieder der Darwinibacteriales in allen 80 Proben vorhanden, trotz der Unterschiede und der Entfernung zwischen diesen Anlagen“, erklärt Christian Abendroth von der BTU. Die Forschenden vermuten, dass bestimmte Mitglieder dieser Ordnung mit methanogenen Archaeen wechselwirken. Wenn sich das bestätigt, haben die nun beschriebenen Bakterien eine zentrale Bedeutung für die Biogaserzeugung. Dieses Wissen wiederum könnte ein Ansatzpunkt sein, die Biogasproduktion zu optimieren.
„Dies ist ein schönes Beispiel für etwas, das uns vor der Nase lag, das für die Biogaserzeugung wesentlich ist, uns aber lange verborgen blieb“, resümiert Manuel Porcar, Micro4Biogas-Koordinator von der spanischen Universität Valencia. Die bisherige Arbeit mündete bereits in zwei Publikationen auf bioRxiv, die sich als Preprints noch in der Begutachtung befinden – eine speziell zu den Darwinibacteriales sowie eine über die gesamte Analyse der 80 Proben. Doch die Auswertung der 80 Proben ist noch lange nicht abgeschlossen – und könnte weitere Überraschungen zutage fördern.
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Biogas is one of the components that are to replace fossil raw materials in the energy transition. It is produced by microbial communities fermenting biomass. In principle, the processes involved are well understood, but how the microbial communities are composed has only been partially researched so far. An international research team with the participation of the Brandenburg University of Technology Cottbus - Senftenberg (BTU) has taken on this task – and made an important discovery.
Striking, as yet undescribed group of bacteria discovered
Within the EU-funded Micro4Biogas project, the participants recorded the technical and biochemical parameters for 45 biogas plants. They also took 80 samples and analysed the microorganisms living in them. To do this, the team sequenced the DNA of the respective samples and identified the microbes present in them by comparing the so-called 16s-rRNA gene with reference databases. This gene is found in all microorganisms, but varies slightly between the different strains and can therefore be used for identification. This revealed a common group of bacteria whose 16s-rRNA had already been mentioned in other studies, but which had not yet been cultivated and studied in the laboratory.
However, in the subsequent complete sequencing of the metagenomes of 30 samples – the totality of the DNA of all microbes in them – the bacterium could not be detected. Obviously, there was not yet a complete sequence in the databases for comparison. The team therefore painstakingly isolated the specific DNA of the unknown bacterium from the mass and found that it belonged to a previously unknown order. The researchers called it Darwinibacteriales.
Probable interaction with methanogenic archaea
"Interestingly, members of the Darwinibacteriales were present in all 80 samples, despite the differences and distance between these plants," explains Christian Abendroth from the BTU. The researchers suspect that certain members of this order interact with methanogenic archaea. If this is confirmed, the bacteria now described have a central significance for biogas production. This knowledge, in turn, could be a starting point for optimising biogas production.
"This is a nice example of something that was right under our noses, essential for biogas production, but remained hidden from us for a long time," Manuel Porcar sums up, Micro4Biogas coordinator from the Spanish University of Valencia. The work so far has already resulted in two publications on bioRxiv, which are still being reviewed as preprints – one specifically on the Darwinibacteriales and one on the entire analysis of the 80 samples. But the evaluation of the 80 samples is far from complete – and could reveal further surprises.
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Die Prinzipien von Fast Fashion sind in der globalen Modeindustrie noch immer weit verbreitet – ebenso wie die negativen Auswirkungen. Mit den billigen Produktionen über das benötigte Maß hinaus, gehen Schäden an Menschen, Tieren, Klima und Umwelt einher. Die Bioökonomie hält für diese Herausforderungen nicht die eine große Lösung bereit. Forschende und Unternehmen zeigen jedoch, dass es bereits eine Vielzahl von Ansätzen gibt, nachhaltigere Kleidungsstücke und Accessoires zu produzieren.
So wird aus Blättern ein Lederersatz, Bakterien stellen Farbpigmente her, Chitosan legt sich als Schutzfilm auf Fasern und Stammzellen produzieren Pelz. Diese und 20 weitere spannende Beispiele biobasierter Modeinnovationen gibt es in der Multimedia-Story “Der Textilcampus” zu entdecken.
Die Produktion von Leder für die Textilindustrie ist im Vergleich zu vielen anderen Materialien nicht nur ressourcenaufwändig, sondern auch für hohe Treibhausgasemissionen verantwortlich, insbesondere von Methan. Grund dafür ist vor allem die Aufzucht von Rindern. Zudem kommen bei den notwendigen Gerbverfahren meist ätzende Chemikalien zum Einsatz. Mangelt es in den Manufakturen an Schutzstandards, können die Prozesse der Umwelt und den Mitarbeitenden in den Gerbereien schaden.
Die Bioökonomie-Forschung hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Lederalternativen entwickelt, bei denen diese Missstände vermieden und weniger Ressourcen eingesetzt werden. Einige dieser neuen Materialien stehen in Form von Blattleder-Handtaschen bereits in Boutique-Regalen, bei anderen Werkstoffen befindet man sich noch mitten in der Laborphase – wie zum Beispiel bei der Lederherstellung aus Stammzellen. Das Kapitel “An der Küste” bietet weiterführende Informationen sowohl zu diesen beiden als auch zu vier weiteren Lederalternativen.
Stroh, Lauch, Bioreaktoren – was diese drei Elemente mit Mode zu tun haben, erfährt man in dem Kapitel “Im Labor”. Dort dreht sich alles um innovative Materialien der Bioökonomie, die gerade für die Textilindustrie wichtig sind. Wichtig, weil große Teile dieses Industriesektors von den negativen Auswirkungen des Fast-Fashion-Trends betroffen sind. Die Herstellungsprozesse von Kleidung und Accessoires gehen mit einem hohen Energie-, Wasser- und Chemikalieneinsatz einher, Transporte von halbfertigen Stücken zur Weiterverarbeitung in andere Länder verursachen Emissionen. Und meist kommt synthetisches Garn zum Einsatz, das Mikroplastik absondert, die Erdölnachfrage ankurbelt und häufig als Müll in der Umwelt verbleibt.
Alternativ setzen Firmen zum Beispiel auf Baumwolle, deren Aufzucht ist jedoch besonders ressourcenintensiv. Forscherteams auf der ganzen Welt arbeiten an erneuerbaren Garnen und Stoffgemischen, die in Materialkreisläufe mit niedrigem Energie- und Ressourceneinsatz eingebunden werden können. Sechs davon kann man in diesem Kapitel entdecken.
Beim Färben von Kleidung kommt heutzutage viel Chemie zum Einsatz. Daraus resultiert ein großer Teil der weltweiten Wasserverschmutzung. Über unsachgemäße Abwassersysteme von Färbereien gelangen Substanzen über Flüsse in Seen und Meere und schädigen dort die Ökosysteme. Zudem können sie über Umwege in das Grundwasser gelangen und zu Verunreinigungen führen. Im Kapitel “Im Gewächshaus” findet man biobasierte Alternativen, wie zum Beispiel Farben aus Kräutern oder Algen, mit denen Fasern umweltfreundlicher koloriert werden können. Besonders Algen sind mit ihrer großen Artenvielfalt eine noch größtenteils unerschlossene Ressource für biobasiertes Färben und andere nachhaltige Innovationen.
Kleidung soll jedoch nicht nur gut aussehen, sie soll auch warmhalten. Für diesen Zweck kommen standardmäßig Daunen oder erdölbasierte Füllmaterialien zum Einsatz. Mit bioökonomischen Alternativen, die etwa aus Pflanzenresten bestehen, gelingt der Verzicht auf synthetische oder tierische Materialien. Wofür Reststoffe außerdem nützlich sind, kann man in diesem Kapitel erfahren.
Um die Fasern von Kleidung vor Abrieb, Schmutz, Nässe und UV-Strahlung zu schützen, wird ihre Oberfläche meistens mit einer Schicht aus chemischen Substanzen benetzt. Mit Blick auf die Langlebigkeit von Textilien erscheint dieser Vorgang sinnvoll und nachhaltig. Das Problem liegt nicht in der Funktion der eingesetzten Mittel, vielmehr an ihren Eigenschaften. Meist handelt es sich um per- und polyfluorierte Chemikalien, die beispielsweise auch für die Beschichtung von Pfannen genutzt werden. Gelangen die stabilen Kohlenstoff-Fluor-Verbindungen in die Umwelt, können sie sich in Gewässern, im Boden, an Wurzeln und in der Luft anreichern und dort die natürlichen Ökosysteme stören.
Diese chemischen Verbindungen durch umweltfreundliche Alternativen zu ersetzen, war bisher schwierig. Immer mehr Forscherteams widmen sich diesem Problem und erste Erfolge wurden bereits erzielt. Sechs Erfolgsgeschichten werden im Kapitel “In der Werkstatt” vorgestellt.
Einfache Sensoren und smarte Software anstelle von Hightech-Geräten – das ist das Ziel eines neuen Forschungsprojekts namens ResKIPP. Darin wollen Forschende der TU Chemnitz Methoden entwickeln, um die Qualitätssicherung in der Pflanzenproduktion kostengünstiger zu gestalten. Das sächsische Wissenschaftsministerium fördert das Vorhaben mit 590.000 Euro.
Nahrungserträge der Zukunft sicherstellen
Die Pflanzenproduktion spielt weltweit eine wachsende Rolle. Zum einen sind da Blumen und Ziergehölze, zum anderen aber vor allem die Nahrungspflanzen. Letztere sollen ihre heutige Produktivität bewahren oder sogar steigern. Dabei stehen große Umbrüche an, denn die Landwirte müssen künftig mit weniger Dünge- und Pflanzenschutzmitteln auskommen, um die ökologischen Probleme nicht weiter zu verschärfen. Gleichzeitig setzt die Klimakrise den etablierten Hochleistungssorten zu.
„Die Produktion von Pflanzen unter kontrollierten Bedingungen erhöht die Krisenfestigkeit, entkoppelt die Produktion von Jahreszeiten und Klima und verringert den Flächenbedarf“, wirbt Projektleiter Stefan Streif für den Anbau im Gewächshaus, insbesondere aber für Indoor-Lösungen der urbanen Landwirtschaft. „Aufgrund der hohen Technologisierung führt dies jedoch zu signifikanten Preissteigerungen für die dafür benötigte Technik und qualifiziertes Fachpersonal, wodurch dieser Ansatz in der Praxis bisher oft unwirtschaftlich ist“, erläutert der Forscher.
KI statt teurer Geräte und Fachpersonal
Diese teure hochtechnologisierte Anbaukontrolle wollen die Projektbeteiligten nun ersetzen, durch eine günstige und robuste Alternative. Der erste Ansatz besteht darin, Modelle der Anbauprozesse mit Messdaten einfacher Sensoren zu verknüpfen und mittels Künstlicher Intelligenz und regelungstechnischer Methoden die gleiche Qualität zu erzielen wie mit wesentlich teurerer Anlagentechnik.
Der zweite Ansatz soll die Personalkosten senken: „So soll beispielsweise durch die Automatisierung eines Sensorsystems, etwa durch eine automatische Sensorkalibrierung und eine Rekonfiguration bei Sensorausfällen, der Bedarf an Fachpersonal bei der Pflanzenproduktion verringert werden“, schildert Streif die Pläne. Ergebnisse will das Team bis Ende 2025 präsentieren.
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Vegane Lebensmittel liegen im Trend. Tierische Proteine aus Fleisch oder Fisch werden dabei durch pflanzliche Eiweiße beispielsweise aus Erbsen, Soja oder Weizen ersetzt. Im Vergleich zu Fleischersatzprodukten ist das Angebot zu pflanzlichen Fischalternativen eher gering. Auch mit Blick auf gesunde Inhaltsstoffe wie die so wichtigen Omega-3-Fettsäuren kann der Fischersatz mit dem tierischen Vorbild ohne Zusätze noch nicht mithalten. Forschende der Universität Hohenheim in Stuttgart und des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB wollen das ändern. Das Team arbeitet derzeit an einer Fischalternative aus Mikroalgen.
Mikroalge mit hohem Anteil an Omega-3-Fettsäuren
Dabei konzentriert sich die Forschungsgruppe auf den Einzeller Phaeodactylum tricornutum. „Die getrockneten Mikroalgen weisen neben einem Proteinanteil von fast 50 % in der Trockenmasse auch nennenswerte Mengen der langkettigen Omega-3-Fettsäure Eicosapentaensäure, kurz EPA, auf. Zudem enthalten sie auch wasserlösliche Ballaststoffe, die wichtig für die Darmgesundheit sind, sowie Vitamin E und Carotinoide“, sagt Lena Kopp, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Ernährungsmedizin der Universität Hohenheim.
Die Kultivierung der Mikroalge erfolgt in großen Photo-Bioreaktoren am Fraunhofer IGB. Hier können die Forschenden die Wachstumsbedingungen regulieren und damit die Produktion der Inhaltsstoffe entsprechend beeinflussen. „So produzieren die Mikroalgen viel EPA, wenn ihnen genügend Nährstoffe zur Verfügung stehen. Müssen sie jedoch hungern, bilden sie mehr Ballaststoffe“, erklärt Kopp. Damit Mikroalgen als Lebensmittel wie Fischersatz zugelassen werden, müssen die Forschenden noch einige Hürden meistern. Ein Problem: Mikroalgen schmecken und riechen nach altem Fisch. Verantwortlich dafür sind verschiedene Inhaltsstoffe wie etwa Trimethylamin, das auch entsteht, wenn Fisch länger gelagert wird.
Fermentation der Mikroalgen mit Hilfe von Pilzen
Um den Geschmack der Mikroalgen zu verbessern, verfolgt die Forschungsgruppe daher einen neuen Ansatz: Sie setzt auf die Fermentation mit Hilfe von Pilzen, um Mikroalgen herzustellen. „Dies ist eine uralte Zubereitungsart für Lebensmittel, die in Asien weit verbreitet, aber in Europa nahezu unbekannt ist“, sagt Yanyan Zhang von Fachgebiet Aromachemie der Universität Hohenheim. „Zwar kennen die Menschen hierzulande die Fermentation von Lebensmitteln, wie beispielsweise bei Joghurt und Sauerkraut, aber dafür werden Bakterien genutzt, keine Pilze.“
Speisepilze bauen unerwünschte Substanzen ab
Den Forschenden zufolge kommen bei der Fermentation der Mikroalgen daher bestimmte Speisepilze zum Einsatz. Erste Versuche sind vielversprechend. „Nach ersten Ergebnissen bauen diese Pilze tatsächlich die unerwünschten Substanzen ab“, berichtet Marina Rigling. „Allerdings leider auch zu einem kleinen Teil die erwünschten Inhaltsstoffe.“ Hier gibt es Rigling zufolge noch erheblichen Forschungsbedarf.
Die Forschenden sind überzeugt, dass sich Mikroalgen als Fischalternative besonders eignen – nicht zuletzt wegen ihres von Natur aus fischigen Geschmacks. Tests mit Probanden haben bereits gezeigt, dass Mikroalgen den täglichen Bedarf an Omega-3-Fettsäuren decken können. Nach einem zweiwöchigen Versuch mit einem Algen-Smoothie fanden sich im Blut der Probanden ähnlich hohe Mengen an Omega-3-Fettsäuren wie nach der Einnahme von Fischölkapseln.
Interesse an Vermarkung der Mikroalgen-Produkte
Im Test mit verschiedenen Lebensmitteln auf Mikroalgenbasis darunter Flammkuchen und Algen im Blätterteig sowie Tortelloni mit verschiedenen Füllungen kam letztlich eine mit Bärlauch-Pesto gefüllte Teigtasche bei den Testpersonen am besten an. Bei der Produktentwicklung arbeiten die Forschenden mit einem Bio-Unternehmen aus Hayingen auf der Schwäbischen Alb zusammen, das auch an einer Vermarktung der Mikroalgen-Produkte interessiert ist.
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Erdöl, Erdgas und Kohle müssen innerhalb von maximal zwei Jahrzehnten durch klimaneutrale Alternativen ersetzt werden. Das gilt nicht nur für die energetische Nutzung, die derzeit besonders viel Aufmerksamkeit erhält, sondern auch für die stoffliche Verwendung. Denn die meisten Chemikalien werden heute aus Erdöl oder Erdgas erzeugt. Immer mehr Basischemikalien können jedoch schon jetzt aus biobasierten Rohstoffen und damit nahezu klimaneutral gewonnen werden. Einem Forschungsteam des Leibniz-Instituts für Katalyse (LIKAT) um Kathrin Junge ist es nun gelungen, die Plattformchemikalie Furfural zu Aminen umzusetzen.
Amine aus biogenen Reststoffen
Amine sind stickstoffhaltige Verbindungen, die vielen Chemikalien ihre Funktion verleihen, darunter Medikamente, Agrochemikalien, aber auch Verbindungen für die Energietechnik und die Materialwissenschaften. Der Markt für Amine wächst derzeit um rund acht Prozent pro Jahr, doch die Synthese dieser Verbindungen beruht noch immer überwiegend auf fossilen Rohstoffen.
Der am LIKAT arbeitende Humboldt-Stipendiat Haifeng Qi hat nun ein Verfahren entwickelt, das auf der Plattformchemikalie Furfural aufsetzt. Furfural kann vollständig aus biogenen Reststoffen hergestellt werden. Zusammen mit Ammoniak und Wasserstoff lässt sich aus Furfural Piperidin herstellen, ein Amin, das zu Arzneimitteln, Pflanzenschutzmitteln oder Lösungsmitteln weiterverarbeitet wird. Auch andere Amine können ausgehend von Furfural produziert werden: „Wenn man zum Beispiel das Produkt Piperidin weiter erhitzt und gleichzeitig die Zufuhr von Wasserstoff und Ammoniak abschaltet, entsteht ein weiteres Amin namens Pyridin“, berichtet Qi.
Ein Reaktionsschritt, 97 % Ausbeute
Das Besondere an Qis Verfahren ist jedoch der Katalysator, der es ermöglicht, die Reaktion zum Amin in nur einem Schritt durchzuführen, wo bislang fünf oder sechs Reaktionsschritte erforderlich waren. In umfangreichen Analysen gelang es, diese Besonderheit des Katalysators zu erklären: „Gruppen von Kobalt-Atomen fanden sich in Nanopartikeln zusammen, an deren Oberfläche sich das Ruthenium lagerte, und zwar in Form einzelner Atome“, berichtet Junge. Qi ergänzt: „Genau diese einatomige Struktur, wie wir sie nennen, machte den Effekt. Und sie ist ziemlich stabil.“
Doch der Katalysator verkürzt nicht nur den Herstellungsprozess, er hat auch eine enorm hohe Selektivität, die Ausbeuten von bis zu 97 % ermöglicht. Dadurch kann die sonst erforderliche Aufreinigung der Amine entfallen.
Mögliche Basis für Bioraffinerien
„Ein solcher Stoffkreislauf der Amin-Produktion auf der Basis von Biomasse ist kaum bekannt“, betont LIKAT-Direktor Matthias Beller, der von deutscher Seite die Arbeit Qis betreute. Das könne die Basis einer „Bioraffinerie der Zukunft“ sein. Details zum Katalysator und den Amin-Reaktionen haben die Forschenden unlängst im Fachjournal Nature Communications veröffentlicht.
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Ob Dübel, Eierlöffel oder Armarturenbrett: Kunststoffe sind allgegenwärtig. Denn die zumeist erdölbasierten Werkstoffe sind leicht, langlebig und in der Industrie vielseitig einsetzbar. Gleichzeitig werden bei der Herstellung aus fossilen Rohstoffen oft große Mengen des klimaschädlichen Treibhausgases CO2 freigesetzt. Im Einsatz von biobasierten Kunststoffen im Leichtbau sehen Fachleute daher ein großes Potenzial, den CO2-Ausstoß in der Industrie zu reduzieren. Im Projekt COOPERATE wollen Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer LBF gemeinsam mit Partnern nun Leichtbaukomponenten aus erdölbasierten Kunststoffen durch biobasierte Alternativen ersetzen. Gleichzeitig arbeitet das Team an materialsparenden Methoden, um Ökobilanz und Nachhaltigkeit der Produktion zu verbessern.
CO2-Anteil im Fahrzeugbau reduzieren
Ziel ist es, den CO2-Anteil bei der Herstellung von Kunststoffteilen im Fahrzeugbau um bis zu 50 % zu reduzieren. „Wir konzentrieren uns auf das Matrixmaterial im Komposit und halbieren dort die Emissionen gegenüber konventionellem Kunststoff mit 9 Kilogramm CO2 pro Kilogramm auf 4,5 Kilogramm CO2 pro Kilogramm Produktgewicht“, sagt Georg Stoll, Projektleiter und Wissenschaftler am Fraunhofer LBF in Darmstadt. „Durch die Gewichteinsparung im Fahrzeugbereich lässt sich außerdem der Verbrauch an Antriebsenergie senken, was wiederum den CO2-Fußabdruck mindert.“
Langlebige Leichtbauteile aus Biopolymeren
Das Projektteam verfolgt zwei Ansätze: Zum einen sollen konventionelle Kunststoffe durch biobasierte Kunststoffe beziehungsweise faserverstärkte Biopolymere ersetzt werden, die aus landwirtschaftlichen Reststoffen gewonnen werden. Hier wollen die Forschenden ein aus Leinöl gewonnenes Biopolyamid für langlebige, schwingungsbelastete Leichtbauteile optimieren.
Entwicklung materialsparender Verfahren
Zum anderen sollen materialsparende Verfahren zur Herstellung und Auslegung von Bauteilen entwickelt werden, um bereits in dieser Phase den Materialeinsatz und damit die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Angestrebt wird eine Materialeinsparung von 20 bis 30 % unter Berücksichtigung der Beanspruchbarkeit des Werkstoffs. „Wir simulieren sowohl den Herstellungsprozess als auch das Bauteilverhalten. Dadurch erkennen wir bereits im virtuellen Entwurfs- und Entwicklungsprozess, wie das Bauteil optimalerweise konstruiert werden muss, um weniger Material zu verbrauchen“, so der Projektleiter.
Beteiligt sind neben dem Fraunhofer LBF die BOGE Elastmetall GmbH, ein Hersteller von Schwingungssystemen und Kunststoffkomponenten für die Automobilindustrie, die TECNARO GmbH, die Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen entwickelt, und der Lehrstuhl für Carbon Composites (LCC) der Technischen Universität München.
Die notwendigen Modelle zur Beschreibung des Materialverhaltens im fertigen Bauteil werden am Fraunhofer LBF und am LCC der TU München entwickelt. Aus dem Biokunststoff werden derzeit Probengeometrien im Spritzgussverfahren hergestellt und auf Prüfständen am Fraunhofer LBF charakterisiert. Auf diese Weise will das Team Erkenntnisse darüber gewinnen, welchen Einfluss bestimmte Parameter wie Temperatur oder Feuchtigkeit in der Bauteilgeometrie auf die Steifigkeit und Betriebsfestigkeit des Materials haben.
Breiterer Einsatz biobasierter Kunststoff-Bauteile in der Industrie
Mit den neuen materialsparenden Verfahren und den verbesserten, leichtbaurelevanten Materialeigenschaften will das Projektteam den Weg für den Einsatz von biobasierten Kunststoffen in weiteren Technologie- und Anwendungsfeldern wie dem Maschinenbau ebnen. „Biobasierte Kunststoffe werden zunehmend leistungsfähiger und erreichen heutzutage fast vergleichbare Eigenschaften wie ihre über viele Jahrzehnte hoch optimierten, fossilen Pendants. Ein nachhaltiges Bauteil zu designen, das die gleichen Lasten bei weniger Gewicht tragen kann als ein Bauteil aus treibhausgasintensiven Werkstoffen, ist dennoch eine große Herausforderung“, so Stoll.
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Whether dowels, egg spoons or armature boards: plastics are omnipresent. Because the mostly petroleum-based materials are light, durable and versatile in industry. At the same time, their production from fossil raw materials often releases large quantities of the climate-damaging greenhouse gas CO2. Experts therefore see great potential in the use of bio-based plastics in lightweight construction to reduce CO2 emissions in industry. In the COOPERATE project, researchers from the Fraunhofer LBF, together with partners, now want to replace lightweight construction components made from petroleum-based plastics with bio-based alternatives. At the same time, the team is working on material-saving methods to improve the eco-balance and sustainability of production.
Reducing the CO2 share in vehicle construction
The goal is to reduce the CO2 content in the production of plastic parts in vehicle construction by up to 50%. "We focus on the matrix material in the composite and halve the emissions there compared to conventional plastic with 9 kilograms of CO2 per kilogram to 4.5 kilograms of CO2 per kilogram of product weight," says Georg Stoll, project manager and scientist at the Fraunhofer LBF in Darmstadt. "The weight savings in the vehicle area also allow the consumption of drive energy to be reduced, which in turn reduces the CO2 footprint."
Durable lightweight components made from biopolymers
The project team is pursuing two approaches: On the one hand, conventional plastics are to be replaced by bio-based plastics or fibre-reinforced biopolymers obtained from agricultural residues. Here, the researchers want to optimise a biopolyamide obtained from linseed oil for durable, vibration-loaded lightweight components.
Development of material-saving processes
On the other hand, material-saving processes for the production and design of components are to be developed in order to reduce material use and thus greenhouse gas emissions already in this phase. The aim is to achieve a material saving of 20 to 30%, taking into account the stressability of the material. "We simulate both the manufacturing process and the component behaviour. In this way, we can already see in the virtual design and development process how the component must be optimally designed in order to consume less material," says the project manager.
In addition to the Fraunhofer LBF, the partners involved are BOGE Elastmetall GmbH, a manufacturer of vibration systems and plastic components for the automotive industry, TECNARO GmbH, which develops bioplastics and biocomposites from renewable raw materials, and the Chair of Carbon Composites (LCC) at the Technical University of Munich.
The necessary models to describe the material behaviour in the finished component are being developed at the Fraunhofer LBF and at the LCC of the TU Munich. Sample geometries are currently being produced from the bioplastic by injection moulding and characterised on test benches at the Fraunhofer LBF. In this way, the team wants to gain knowledge about the influence of certain parameters such as temperature or humidity in the component geometry on the stiffness and operational strength of the material.
Wider use of bio-based plastic components in industry
With the new material-saving processes and the improved material properties relevant to lightweight construction, the project team wants to pave the way for the use of bio-based plastics in other fields of technology and application such as mechanical engineering. "Bio-based plastics are becoming increasingly efficient and nowadays achieve almost comparable properties to their fossil counterparts, which have been highly optimised over many decades. Designing a sustainable component that can bear the same loads with less weight than a component made of greenhouse gas-intensive materials is nevertheless a major challenge," says Stoll.
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„nakt – alles andere kannst du dir abschminken“, so war es auf dem Kapuzenpulli von Sebastian Seibert zu lesen, der gemeinsam mit Louisa Wenkemann am 23. Juni 2021 zufrieden lächelnd die Bühne der Sennebogen-Pyramide in Straubing betrat. Mit ihrem Jungunternehmen „nakt“ aus Darmstadt hatten die beiden soeben die vierte Auflage des Start-up-Wettbewerbs „PlanB – Biobasiert.Business.Bayern“ gewonnen. Ihr Produkt, das die Jury überzeugte, ist eine funktionalisierte Faser aus Grünabfällen. „nakt“ hat daraus als erste Anwendung ein Mehrweg-Abschminktuch hergestellt. Es verspricht eine porentiefe Reinigung allein mit Wasser, soll monatelang wiederverwendbar und maschinenwaschbar sein sowie zudem kompostier- sowie recycelbar. Als Preis erhält „nakt“ 6.000 Euro und für ein Jahr eine kostenlose Mieteinheit im Technologie- und Gründerzentrum Straubing.
Funktionalisierbare Pflanzenkohle und grünes Erdgas
Die Fachjury war sich einig, dass die Top Fünf des Wettbewerbs noch nie so dicht beieinander lagen, wie in diesem Jahr. „Gefühlt sind heute alle Sieger“, sagte Wettbewerbssprecherin Mirja Wehner. Den zweiten Platz und ein Preisgeld von 4.000 Euro erhielt „Circular Carbon“ aus Würzburg. Aus Abfällen der Lebensmittelproduktion wie Schokobohnenschalen und Weintrester erzeugt das Start-up Prozessdampf und funktionalisierbare Pflanzenkohle, mit der landwirtschaftliche Böden verbessert werden können. Platz drei und 3.000 Euro gingen an „Microbify“ aus Regensburg. Die Hochschulausgründung verfolgt das Ziel, alte Erdgasspeicher zu nutzen, um mikrobiell grünes Erdgas zu produzieren.
Zellstoff, Nebel-Bewässerung und Lebensmittelverpackungen
„eco:fibr“ aus Bonn erzeugt aus Reststoffen der Ananasernte Zellstoff. Das reichte für den vierten Platz und den Publikumspreis. Fünfter im Finale wurde „Lite+Fog“ aus Berlin, das Technologien fürs Vertical Farming entwickelt, darunter eine Nebel-Bewässerung. Den Sonderpreis für die beste Entwicklungsleistung erhielt „Protegg“, das Eimembranen als Vorlage nutzen will, um Lebensmittel zu verpacken. Volker Sieber vom Campus Straubing der TU München, übergab diesen Preis und resümierte: „Wir glauben: Ohne Start-ups klappt die Bioökonomie nicht.“
Von der Idee zum marktfähigen Produkt
Der Gründerwettbewerb „PlanB – Biobasiert.Business.Bayern.“ wird veranstaltet von der BioCampus Straubing GmbH und gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie. Außerdem begleiten mehrere Firmen den Wettbewerb als Sponsoren und Unterstützer. PlanB wird seit 2014 alle zwei Jahre durchgeführt und soll biobasierte Geschäftsideen auf den Weg zum marktfähigen Produkt führen.
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On June 23, 2021, Sebastian Seibert and Louisa Wenkemann won the fourth edition of the start-up competition "PlanB - Biobased.Business.Bavaria" with their young company "nakt" from Darmstadt. They convinced the jury with a functionalized fiber made from green waste. "nakt" has produced a reusable makeup wipe from it as its first application. It promises deep pore cleansing with water alone, is said to be reusable and machine washable for months, and is also compostable as well as recyclable. As a prize, "nakt" will receive 6,000 euros and a free rental unit in the Straubing Technology and Start-up Center for one year.
Functionalizable vegetable carbon and green natural gas
The expert jury agreed that the top five in the competition have never been as close as this year. "It feels like everyone is a winner today," said competition spokeswoman Mirja Wehner. Second place and prize money of 4,000 euros went to "Circular Carbon" from Würzburg. From food production waste such as chocolate bean shells and wine pomace, the start-up generates process steam and functionalizable plant carbon that can be used to improve agricultural soils. Third place and 3,000 euros went to "Microbify" from Regensburg. The university spin-off aims to use old natural gas storage facilities to produce microbial green natural gas.
Pulp, mist irrigation and food packaging
"eco:fibr" from Bonn produces pulp from pineapple harvest residues, which was enough for fourth place and the audience award. Fifth in the final was "Lite+Fog" from Berlin, which develops technologies for vertical farming, including fog irrigation. The special prize for the best development achievement went to "Protegg," which wants to use egg membranes as a model to package food. Volker Sieber from the Straubing Campus of the Technical University of Munich, presented this award and summed up: "We believe: Without start-ups, the bioeconomy won't work."
From the idea to the marketable product
The start-up competition "PlanB - Biobased.Business.Bavaria." is organized by BioCampus Straubing GmbH and sponsored by the Bavarian Ministry of Economic Affairs, Regional Development and Energy. In addition, several companies accompany the competition as sponsors and supporters. PlanB has been held every two years since 2014 and aims to guide bio-based business ideas on the path to become marketable products.
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