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Die steigende CO2-Konzentration in der Atmosphäre wirkt sich im Meer aus: Auch hier erhöht sich der CO2-Gehalt, was mehr Kohlensäure und damit einen niedrigeren pH-Wert bedeutet. Der Nährstoffgehalt ändert sich ebenso wie die Sauerstoffversorgung. Forscher des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel wollten wissen, wie sich diese Veränderungen auf eine der wichtigsten Meeresalgen, den Blasentang auswirken. Diese Braunalge ist eine Schlüsselart in Küstenökosystemen und hat großen Anteil an der Kohlenstoffbindung im Meer.

Bedeutet Säuretoleranz auch Wärmetoleranz?

„Eine der zentralen Fragen ist, ob die Reaktionen auf verschiedene Veränderungen positiv oder negativ miteinander in Verbindung stehen oder ob sie unabhängig voneinander ablaufen“, schildert GEOMAR-Meeresbiologe Martin Wahl das Forschungsziel. Dazu haben die Forscher unterschiedliche Familien des Blasentangs in zwölf Versuchskammern in der Kieler Innenförde wachsen lassen, in denen sich die CO2-Konzentrationen unterschieden.

Drei wichtige Faktoren hängen zusammen

Im Online-Fachjournal „Scientific Reports“ berichten die Forscher, dass die Reaktion auf bestimmte Umweltveränderungen tatsächlich genetisch aneinander gekoppelt sind. Algen, die niedrige pH-Werte vertragen, kommen demnach auch mit höheren Temperaturen und Nährstoffwerten zurecht. Umgekehrt hatten Pflanzen, denen bereits einer der Faktoren Schwierigkeiten bereitete, auch mit den anderen beiden Probleme.

Nicht alle Klimafolgen werden toleriert

Kritisch bewerten die Forscher jedoch, dass jene Blasentangfamilien, die mit den zuvor genannten Klimawandelfolgen gut klar kommen, anfällig sind bei Sauerstoffarmut, wie sie in Folge des Klimawandels im Herbst häufiger auftreten wird. „In der Natur könnte das bedeuten, dass eine Blasentang-Population, die sich an Überdüngung und sommerliche Hitze angepasst hat, im Herbst durch den Auftrieb von sauerstofffreiem Wasser aus der Tiefe besonders schwer geschädigt oder ganz vernichtet wird“, warnt Wahl.

Wichtig sei daher, auch für andere Meeresorganismen zu erforschen, in welcher Weise deren Reaktionen auf die einzelnen Klimawandelfolgen positiv oder negativ gekoppelt sind. Sonst ei es schwer, belastbare Aussagen über die zukünftige Entwicklung von Ökosystemen im Meer zu treffen, betont Wahl.

bl

Neue technologische Möglichkeiten werfen oft auch neue ethische Fragen auf. Das gilt aktuell für das sogenannte Genome Editing (deutsch: Genom-Editierung), den Präzisionseingriff ins Erbgut. Die Max-Planck-Gesellschaft hat sich als große Grundlagenforschungsorganisation nun in einem Diskussionspapier zu den neuen Möglichkeiten positioniert und bewertet die einzelnen Anwendungsfelder differenziert. Den Einsatz an menschlichen Keimbahnzellen lehnen die Forscher der Max-Planck-Gesellschaft dabei bis auf weiteres ab.

Vor allem richten sich die Autoren gegen Eingriffe in die menschliche Keimbahn, weil die Methode aufgrund ihrer Erblichkeit auch folgende Generationen betreffen würde und damit zunächst jahrzehntelang mögliche Nebenwirkungen der Eingriffe beobachtet werden müssten, bevor eine derartige Therapie als sicher erklärt werden könnte. Genom-Editierungen zu medizinischen Zwecken an anderen Zelltypen befürworten die Autoren Stefan Mundlos und Hans Schöler jedoch, weil sich damit beispielsweise Leukämie durch eine Veränderung der Blutzellen therapieren lassen könnte. Thomas Rauen und Hans Schöler beleuchten die große Bedeutung des Genome-Editing für die Stammzellforschung, etwa, um authentische Krankheitsmodelle im Labor zu entwickeln.

Nützlich in der Pflanzenzüchtung

Der Pflanzenforscher Detlef Weigel beleuchtet die Bedeutung der Genom-Editierung für die Pflanzenzüchtung. Ähnlich wie in der Biomedizin hätten alle großen Akteure in der Saatgutindustrie die CRISPR-Cas9-Technologie von akademischen Institutionen einlizenziert, was das Potenzial wiederspiegele, das die Industrie der Technologie beimesse. Per Genom-Editierung ausgelöste Punktmutationen sind sehr ähnlich zu spontanen Mutationen, die in überraschend hoher Rate im Pflanzen auftreten, schreibt Weigel. Daher sollte die Methode aus Sicht der Pflanzenforscher – entgegen der Einschätzung des Europäischen Gerichtshofes – nicht unter die EU-Gentechnikfreisetzungsrichtlinie fallen, wenn das Ergebnis von einer natürlichen Mutation nicht zu unterscheiden sei. Weigel rät dazu, die EU-Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG zu aktualisieren, um entweder genom-editierte Pflanzen von den Vorschriften der Richtlinie auszunehmen, oder zumindest eine im Vergleich zu konventionellen GVO niedrigere Schwelle für die Freisetzung genom-editierter Pflanzen einzuführen.

Unkontrollierbarer Gene-Drive

Ebenfalls kritisch bewertet das Positionspapier die Gene-Drive-Methode. Dabei werden Insekten genetisch so verändert, dass sich eine bestimmte Eigenschaft in der Population ausbreitet. In der Praxis wurde das bereits genutzt, um Malariamücken unfruchtbar zu machen und die Krankheit einzudämmen – mit durchwachsenem Erfolg und Nebenwirkungen. Die Forscher bemängeln jedoch die fehlende Kontrolle über die Ausbreitung der Genveränderung und das meist fehlende Mitspracherecht der Menschen in der betroffenen Region.

Gesetze und Kontrollen fehlen

Die Autoren der einzelnen Kapitel arbeiten selbst mit Methoden der Genom-Editierung und sind daher mit den Techniken, Potenzialen und Risiken gut vertraut, wie das Positionspapier hervorhebt. Sie warnen abschließend, dass es bislang keine nationalen oder internationalen Gesetze gebe, die vor einem Missbrauch von Forschungsergebnissen zur Genom-Editierung schützen könnten.

bl/pg

New technological possibilities often raise new ethical questions. This currently applies to so-called genome editing, the precision intervention in the genome. The Max Planck Society has now made clear its position in a discussion paper on the new possibilities, which also separately evaluates the individual fields of application. The researchers of the Max Planck Society reject interventions in the human germline at this point.

The authors oppose interventions in the human germ line mainly because, due to its hereditary nature, the method would also affect future generations; thus, possible side effects of the interventions would have to be observed for decades before such a therapy could be declared safe. However, the authors Stefan Mundlos and Hans Schöler are in favour of genome editing for medical purposes on other cell types. It could be used, for example, to treat leukaemia by altering the blood cells. Thomas Rauen and Hans Schöler shed light on the great importance of genome editing for stem cell research, for example in order to develop authentic disease models in the laboratory.

Useful in plant breeding

Plant researcher Detlef Weigel highlights the importance of genome editing for plant breeding. As in biomedicine, all major players in the seed industry have licensed the CRISPR-Cas9 technology from academic institutions, reflecting the potential that the industry attaches to the technology. Point mutations triggered by genome editing are very similar to spontaneous mutations that occur at surprisingly high rates in plants, writes Weigel. Therefore, contrary to the assessment of the European Court of Justice, the plant researchers believe that the method should not fall under the EU genetic engineering release directive if the result cannot be distinguished from a natural mutation. Weigel recommends updating the EU Release Directive 2001/18/EC in order to either exempt genome-edited plants from the provisions of the Directive or at least introduce a lower threshold for the release of genome-edited plants compared to conventional GMOs.

Uncontrollable gene drive

The position paper also critically evaluates the gene-drive technology. Insects are genetically modified in such a way that a certain characteristic spreads in the population. In practice, this has already been used to make malaria mosquitoes infertile and to contain the disease - with mixed success and side effects. The researchers, however, criticize the lack of control over the spread of the gene alteration and the lack of a voice for the people in the affected region.

Lack of laws and controls

The authors of the individual chapters themselves work with methods of genome editing and are therefore well acquainted with the techniques, potentials and risks, as the position paper emphasizes. Finally, they warn that so far there are no national or international laws that could protect against the misuse of research results for genome editing.

bl/pg/um

Viele Köche kochen immer den passenden Brei: So könnte man das Prinzip zusammenfassen, nach dem bestimmte Tiefseemuscheln mit einer unerwartet großen Zahl an Bakterienstämmen Symbiosen eingehen. Was auf den ersten Blick bisherigen Annahmen der Evolutionsbiologie widerspricht, könnte tatsächlich ein verbreitetes Prinzip sein, vermuten Forscher des Max-Planck-Instituts für marine Mikrobiologie in Bremen und der Universität Wien.

Bakterien stellen Nährstoffe bereit

Auf mehreren Forschungsfahrten an Schwarzen Rauchern, heißen Quellen der Tiefsee, haben die Wissenschaftler Bathymodiolus-Muscheln gesammelt, die entfernte Verwandte der Miesmuscheln sind. Anschließend analysierten die Biologen, welche Bakterien in den Kiemen der Muscheln leben und sequenzierten deren Genome. Diese Mikroorganismen leben in einer Symbiose mit den Muscheln: Während die Bakterien beispielsweise Stoffe, die die Muscheln nicht nutzen können, in für diese wertvolle Nährstoffe umwandeln, bieten die Muscheln den Bakterien einen sicheren Lebensraum innerhalb der nährstoffreichen heißen Quellen.

Immer optimal versorgt

Gerechnet hatten die Forscher damit, ein oder zwei symbiontische Stämme in den Kiemen zu finden. Im Fachjournal „Nature Microbiology“ berichten sie jedoch, dass bis zu 16 symbiontische Bakterienstämme in den Kiemen jeder Muschel leben. Diese Bakterien haben zudem sehr unterschiedliche Stoffwechsel. Je nach Umweltbedingungen dominiert mal der eine, mal der andere Stamm. Die Muschel ist dadurch immer optimal versorgt – ob sich nun die Bedingungen im Schwarzen Raucher ändern oder die Muschel ihren Standort wechselt.

Besondere Form der Symbiose

Die Vielzahl der Symbionten überraschte die Forscher vor allem deshalb, weil symbiontische Bakterienstämme in der Regel in Konkurrenz um die vom Partner gelieferten Nährstoffe stehen. Da die Muscheln offenbar aber lediglich den Lebensraum bereitstellen und die Bakterien sich vom nährstoffreichen Umgebungswasser ernähren, können die unterschiedlichen Stämme nebeneinander existieren, selbst wenn die Bedingungen für einzelne Stämme gerade ungünstiger sind.

„Als nächstes wollen wir erforschen, ob diese Vielfalt auch in anderen Tiefseesymbiosen wie Schwämmen oder anderen Muscheln existiert und ob unsere Beobachtungen typisch für Symbiosen sind oder auch in nah verwandten frei lebenden Bakterien vorkommen“, erklärt Max-Planck-Forscherin Rebecca Ansorge.

bl

Many cooks spoil the broth? Deep-sea mussels follow a different principle. They form symbioses with an unexpectedly large number of bacterial strains. Researchers at the Max Planck Institute for Marine Microbiology in Bremen and the University of Vienna suspect that what at first glance seems to contradict previous assumptions in evolutionary biology could actually be a widespread principle.

Bacteria provide nutrients

On several research trips to black smokers, hydrothermal vents of the deep sea, the scientists have collected Bathymodiolus mussels, which are distant relatives of the blue mussels. The biologists then analyzed which bacteria live in the gills of the mussels and sequenced their genomes. These microorganisms live in symbiosis with the mussels: While the bacteria, for example, convert substances that the mussels cannot use into valuable nutrients for them, the mussels offer the bacteria a safe habitat within the nutrient-rich hot springs.

Pre­pared for all even­tu­al­it­ies

The researchers had expected to find one or two symbiotic strains in the gills. In the journal "Nature Microbiology", however, they reported that up to 16 symbiotic bacterial strains live in the gills of each mussel. They ful­fill dif­fer­ent func­tions, help with dif­fer­ent meta­bolic con­ver­sions and have dif­fer­ent abil­it­ies. “Dif­fer­ent sym­bionts can, for ex­ample, use dif­fer­ent sub­stances and en­ergy sources from the sur­round­ing wa­ter to feed the mus­sel,” ex­plains Max Planck researcher Rebecca An­sorge. Oth­ers are par­tic­u­larly res­ist­ant to vir­uses or para­sites. Depending on the environmental conditions, one strain can dominate the other. The mussel can therefore adapt quickly, even if the conditions in the black smoker change or the mussel changes its location.

Special form of symbiosis

The large number of symbionts surprised the researchers above all because symbiotic bacterial strains usually compete for the nutrients supplied by the partner. However, since the mussels apparently only provide the habitat and the bacteria feed on the nutrient-rich surrounding water, the different strains can coexist, even if the conditions for individual strains are less favorable.

"Next, we want to in­vest­ig­ate whether this di­versity also ex­ists in other deep-sea sym­bi­oses, for ex­ample in sponges or clams," explains Ansorge. "We also want to ex­am­ine if our ob­ser­va­tions are typ­ical for sym­bi­oses or if they also oc­cur in closely re­lated free-liv­ing bac­teria, which are very com­mon in the oceans."

bl/um

Das Bundesforschungsministerium und die Initiative „Wissenschaft im Dialog“ beleuchten mit dem Wissenschaftsjahr ein Forschungsthema. 2020 ist das Wissenschaftsjahr der Bioökonomie gewidmet, der nachhaltigen Nutzung biologischer Ressourcen. Dazu passend hat „Wissenschaft im Dialog“ nun wie schon im Vorjahr einen Wettbewerb für Studierende und junge Forschende ausgeschrieben: Die 15 besten Vorschläge, wie die eigene Forschungsarbeit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann, prämiert die Initiative mit jeweils 10.000 Euro und einem Workshop zur Wissenschaftskommunikation. Das Geld soll dazu dienen, die jeweilige Idee in die Tat umzusetzen, und wird an die Preisträgerhochschule ausgezahlt. Die jeweiligen Fachbereiche müssen für die Projekte die Preisgelder verwalten.

Gesellschaftliche Relevanz hervorheben

Während Produkte der Bioökonomie wie Biokraftstoffe und kompostierbare Kunststoffe inzwischen vielen Menschen bekannt sind, gilt das für den Begriff "Bioökonomie" und viele ihrer Teilfelder nur eingeschränkt. Ebenso wie das Wissenschaftsjahr selbst soll daher der Hochschulwettbewerb dazu beitragen, die gesellschaftliche Relevanz des Themas und seiner Inhalte hervorzuheben und die Perspektive einer nachhaltigen kreislaufbasierten Wirtschaft aufzuzeigen.

Es gibt ein großes Thema, das in diesem Jahr die Fachmesse der Kunststoffindustrie, die „K 2019“, in Düsseldorf dominierte: die Vermeidung von Kunststoffabfällen. Jedes Jahr landen rund 200 Millionen Tonnen Kunststoffabfall auf Deponien, und geschätzte acht Millionen Tonnen enden in den Weltmeeren. Der Schweizer Spezialchemiekonzern Clariant hat die Messe daher zum Anlass genommen, mehrere Initiativen zur Zusammenarbeit vorzustellen, die das Recycling erleichtern und letztlich die Branche in Richtung einer Kreislaufwirtschaft entwickeln sollen.

Langfristziel ist die Kreislaufwirtschaft

Hans Bohnen, Vorstandsmitglied von Clariant, erläutert: „Gemeinsame Anstrengungen von Akteuren entlang der Wertschöpfungsketten der Kunststoff- und Recyclingindustrie werden sicherstellen, dass Kunststoffe nicht mehr verschwendet, sondern erhalten, zurückgewonnen und wiederverwertet werden, ohne die Umwelt zu belasten. Langfristiges Ziel muss sein, eine Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe zu etablieren.“ Mit Produkten und Technologien, die die Abhängigkeit von fossilen Materialien reduzieren, sowie mit erweiterten Möglichkeiten für Wiederverwendung und Recycling, priorisiere Clariant dies in allen Geschäftsbereichen.

Kooperationen entlang der Wertschöpfungskette

So bündelt die Initiative „EcoCircle“ Kooperationen entlang der gesamten Kunststoffwertschöpfungskette, die auf ein besseres Recycling abzielen. Partner sind unter anderem der finnische Ölraffinierer, der Fettreste und altes Speiseöl als Quelle für Kohlenwasserstoffe nutzt und ein Hersteller von Nahinfrarotscannern, die nun auch schwarze Kunststoffe sortieren können. Ziel der Initiative sei es, unternehmensweite Kompetenzen und Technologien von Clariant zusammenzuführen, die für mechanisches und chemisches Recyceln von Bedeutung sind, um Produkte mit herausragenden Kreislaufvorteilen zu identifizieren und zu entwickeln.

Produktbezeichnungen kommunizieren Nachhaltigkeit

Neu bei Clariant sind außerdem vier sogenannte Nachhaltigkeitsdesignatoren, die nun in der Geschäftseinheit Additives eingeführt werden. Sie bringen definierte Nachhaltigkeitskriterien auf den Punkt: „Aqua“ steht für Produkte, die in ihrer Anwendung den Wasserverbrauch um mindestens 20% senken. „Circle“ signalisiert Produkte, die den Rohstoffverbrauch durch Wiederverwendung und Recycling reduzieren. „Terra“ verweist auf Produkte aus erneuerbaren Rohstoffen mit einem Renewable Carbon Index (RCI) – dem Kohlenstoffanteil aus erneuerbaren biologischen Quellen – von mindestens 50 Prozent. Und bei „Vita“ handelt es sich um Produkte natürlicher Herkunft mit einem echten RCI von mindestens 98%.

bl

Ein Team von Forschenden aus Potsdam, Berlin und Grenoble konnte mit ultraschneller 3D-Neutronenbildgebung den Transport von Wasser im Boden und die anschließende Aufnahme durch die Wurzeln von Lupinen visualisieren. Die ultrakurze Neutronentomographie, die am Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB) entwickelt wurde, erzeugt alle 1,5 Sekunden eine vollständige 3D-Aufnahme und ist damit siebenmal so schnell wie zuvor. Das Forscherteam berichtet im Fachjournal „Optics Express“ über das neue Verfahren. Die Erkenntnisse sind hilfreich, um die Wasser- und Nährstoffaufnahme von Nutzpflanzen besser zu verstehen. Die Messungen fanden an der Neutronenquelle des Instituts Laue Langevin in Grenoble, Frankreich statt. Die Methode ist auch für die Analyse von Transportprozessen in anderen Materialien interessant.

Wasserflüsse in Boden und Wurzel festhalten

Bei der Aufnahme von Wasser und Nährstoffen durch die Wurzeln der Pflanzen kommt es zu komplexen Wechselwirkungen mit dem umgebenden Boden. „Die tomographische Methode ermöglicht es, die Wasserflüsse im Boden und in den Wurzeln im Zeitverlauf festzuhalten", sagt Christian Tötzke, der das Forschungsteam der Universität Potsdam leitet. „Diese Einsichten können dabei helfen, Strategien zum effizienteren und nachhaltigeren Einsatz von Wasser und Dünger beim Anbau von Nutzpflanzen zu entwickeln".

Neutronen reagieren empfindlich auf leichte Elemente wie Wasserstoff, der im Wasser enthalten ist. Mit Neutronentomographie lässt sich daher der Wassergehalt präzise kartieren, sowohl in den Wurzeln als auch im umgebenden Boden. Denn wie Pflanzen sich mit Wasser und Nährstoffen versorgen können, hängt maßgeblich von Eigenschaften der Rhizosphäre ab, einer wenige Millimeter dicken Bodenschicht, welche die Wurzeln umgibt. Dieser Bereich umfasst nicht nur die mineralischen und organischen Bestandteile des Bodens, sondern wird durch Ausscheidungen der Wurzeln und durch die Aktivität von Mikroorganismen beeinflusst.

Neuer Tomograph in Grenoble

Bisher dauerten 3D-Aufnahmen mit zeitaufgelöster Neutronenbildgebung mindestens zehn Sekunden pro Aufnahme. Damit war es schwierig, schnelle Prozesse wie die Infiltrierung des Wurzelraumes mit Wasser im Detail zu dokumentieren. Um mehr Aufnahmen in kürzerer Zeit zu ermöglichen, optimierte ein Team um den HZB-Experten Nikolay Kardjilov die Methode am kürzlich eröffneten Tomographieinstrument NeXT-Grenoble des Instituts Laue-Langevin (ILL), das durch einen 60 Megawatt starken Forschungsreaktor mit kalten Neutronen versorgt wird.

Unter Ausnutzung des sehr viel intensiveren Neutronenstrahls ist es gelungen, die Aufnahmezeit pro Tomogramm auf nahezu eine Sekunde zu reduzieren. „Das Ergebnis übertraf sogar unsere Erwartungen“, erklärt Tötzke: „So war die Erfassungsrate höher als erwartet. Gleichzeitig konnten aber auch das Signal-Rausch-Verhältnis und die räumliche Bildauflösung verbessert werden.“

Methode wird in Grenoble otpimiert

Nachdem damit die technische Machbarkeit der ultraschnellen Neutronentomographie nachgewiesen ist, arbeitet das Team um Kardjilov daran, die Methode weiter zu verbessern und in anderen Gebieten einzusetzen. Da die Berliner Neutronenquelle des HZB im Dezember den Betrieb einstellt, wird der schnelle Bildaufbau in das NeXT-Instrument in Grenoble integriert, um zukünftig auch in anderen Materialsystemen schnelle Transportprozesse untersuchen zu können.

So könnte die Hochgeschwindigkeits-Neutronentomographie zum Beispiel neue Erkenntnisse über die hydraulische Frakturierung poröser Gesteinsformationen liefern oder zur Untersuchung des Ionen-Transfers während schneller Auf- und Entladungen von Lithium-Akkus eingesetzt werden, um die Sicherheit, Kapazität und Haltbarkeit solcher Energiespeicher zu erhöhen.

pg

Der sogenannte horizontale Gentransfer – der Austausch von Genen ohne Vererbung – ist ein wesentlicher Grund dafür, dass sich Bakterien so schnell an veränderte Umweltbedingungen anpassen können. Das funktioniert auch, wenn die beteiligten Bakterien nur eine geringe evolutionäre Verwandtschaft aufweisen. Selbst mehrere Gene, sogenannte Cluster, die gemeinsam dafür verantwortlich sind, dass ein Organismus ein komplexes Stoffwechselprodukt erzeugen kann, tauschen Bakterien auf diese Weise aus. Ein neues gentechnisches Verfahren soll nun diese Gencluster für Forschung und Biotechnologie erschließen.

Gezielter Transfer von Genclustern

Viele der sogenannten Sekundärmetabolite – Substanzen, die ein Organismus nicht zwingend zum Überleben benötigt, die ihm aber Vorteile verschaffen – sind genetisch komplex reguliert und dementsprechend unvollständig sind die Zusammenhänge bisher verstanden. Zudem lässt sich der Austausch dieser Gencluster zwischen unterschiedlichen Stämmen im Labor nur schwer erzwingen und erforschen. Mit „CRAGE“ (Chassis-unabhängige rekombinase-gestütztes Genom-Engineering) haben Forscher aus den USA, Deutschland und Japan nun im Fachjournal „Nature Microbiology“ eine Methode vorgestellt, die den zielgerichteten Austausch solcher Gencluster ermöglicht.

Sekundärmetabolite biotechnologisch herstellen

„Metabolite sind wie eine Sprache, mit der Mikroben mit ihrer Umwelt und all den darin lebenden Organismen interagieren. Da wir diese Umgebung aber meist nicht im Detail kennen, verstehen wir auch die Funktion dieser Metabolite nicht“, erläutert der Leitautor der Studie Yasuo Yoshikuni, Wissenschaftler am Joint Genome Institute (JGI), die Motivation der Forscher. Co-Autor Helge Bode von der Goethe-Universität Frankfurt ergänzt: „CRAGE ermöglicht es uns, auf diese Verbindungen viel einfacher als bisher zuzugreifen.“ In mehreren Fällen sei es bereits gelungen, neue Verbindungen zum ersten Mal herzustellen und zu charakterisieren.

Neue Produkte und Organismen erschließen

Neben dem Erkenntnisgewinn über die jeweiligen Mikroorganismen und ihre Gene versprechen sich die Forscher davon auch neue Optionen für die Biotechnologie, da viele dieser Metabolite wirtschaftlich interessant sind. Weil der horizontale Gentransfer nicht nur die Gene in andere Arten übertragen kann, sondern diese Arten oftmals auch in der Lage sind, diese Gene dann zu nutzen, könnten so neue Arten als Produktionsorganismen interessant werden, neben den bislang biotechnologisch bereits etablierten. Co-Autor Jin Ke vom JGI resümiert: „Mit CRAGE können Mikroben für die Produktion von Proteinen, RNAs und anderen Molekülen mit einem riesigen Anwendungsspektrum entwickelt werden.“

Unterstützt wurde die Entwicklung der lizenzpflichtigen Methode vom US-amerikanischen Department of Energy Office of Science, der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik in Frankfurt am Main.

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Die Chemiebranche forscht intensiv daran, den Rohstoff Erdöl durch regenerative Alternativen zu ersetzen. Besonders interessant ist dabei der Ansatz, das Treibhausgas Kohlendioxid zu verwenden, das in vielen Prozessen als Abgas anfällt. So könnten gleichzeitig das Klima geschont und der Kohlenstoff einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft zugeführt werden. Das neu gestartete Projekt „ElkaSyn“ untersucht jetzt zwei Ansätze, um derartige Prozesse effizienter und damit wirtschaftlicher zu gestalten.

Verfahren auf einen Schritt reduzieren

In der Regel wird Wasserstoff benötigt, um mit dem Kohlenstoffdioxid zu höherwertigen Verbindungen zu reagieren. Die Herstellung des Wasserstoffs erfolgt durch eine Elektrolyse, die idealerweise mit Strom aus regenerativen Quellen betrieben wird. Erst in einem zweiten Schritt erfolgt die Katalyse zu Ausgangsstoffen beispielsweise für die Kunststoffherstellung. Dieses zweistufige Verfahren erfordert nicht nur die Zwischenlagerung des Wasserstoffs, sondern bringt auch Energieverluste mit sich. Mehrere deutsche Forschungseinrichtungen und Technologiekonzerne wollen nun gemeinsam ein einstufiges Verfahren entwickeln und so etwa ein Fünftel der bislang nötigen Energie einsparen. Gefördert wird das Projekt bis 2022 vom Bundeswirtschaftsministerium.

Zwei Ansätze in der Entwicklung

Die Forscher untersuchen dabei zwei mögliche Konzepte für ein Hochdruck- sowie für ein Normaldruckverfahren. Zu den dafür entwickelten Reaktorkomponenten gehören Eisen-Nickel-Sulfide, kupferbasierte Verbindungen auf oxidischen Trägern und Kohlenstoffträgern sowie poröse Gasdiffusionselektroden, in denen Gase mit einem Elektronen leitenden Festkörper und einer Elektrolyselösung in Kontakt stehen und umgesetzt werden.

Wirtschaftliche Alternative zum Erdöl schaffen

Erzeugt werden sollen auf diese Weise die Alkohole Methanol, Ethanol, Propanol und Butanol. Methanol ist eine wichtige Basischemikalie, die beispielsweise zu Formaldehyd, Essigsäure, Methyltertbutylether, Methylmethacrylat, Methylchlorid und Methylaminen weiterverarbeitet wird. Ethanol, Propanol und Butanol sind Ausgangsstoffe für Alkene und Diene, die beispielsweise für die Herstellung der Kunststoffe Polyethylen und Polypropylen sowie synthetischen Kautschuk benötigt werden. Derzeit werden diese Produkte vorrangig aus erdölbasierten Grundstoffen produziert, weil das bislang wirtschaftlicher ist.

bl

The chemical industry is intensively researching ways to replace crude oil with renewable alternatives. Of particular interest here is the approach of using the greenhouse gas carbon dioxide, which is produced as exhaust gas in many processes. In this way, the climate could be protected at the same time as carbon could be fed into a sustainable circular economy. The newly launched "ElkaSyn" project is now investigating two approaches to making such processes more efficient and thus more economical.

Reducing processes to one step

As a rule, hydrogen is required to react with carbon dioxide to form higher-value compounds. Hydrogen is produced by electrolysis, which is ideally powered by electricity from renewable sources. Only in a second step does the catalysis take place to produce starting materials, for example for the production of plastics. This two-stage process not only requires intermediate storage of the hydrogen, but also involves energy losses. Several German research institutions and technology groups now want to jointly develop a single-stage process and thus save about one fifth of the energy previously required. The project will be funded by the Federal Ministry of Economics until 2022.

Two approaches in development

The researchers are investigating two possible concepts for a high-pressure and a normal-pressure process. The reactor components developed for this purpose include iron-nickel sulfides, copper-based compounds on oxidic carriers and carbon carriers as well as porous gas diffusion electrodes in which gases are in contact and converted with an electron-conducting solid and an electrolysis solution.

Creating an economical alternative to crude oil

The result are the alcohols methanol, ethanol, propanol and butanol. Methanol is an important basic chemical which is processed into formaldehyde, acetic acid, methyl tert-butyl ether, methyl methacrylate, methyl chloride and methyl amines. Ethanol, propanol and butanol are the starting materials for alkenes and dienes, which are used, for example, in the production of polyethylene, polypropylene and synthetic rubber. At present, these products are primarily produced from petroleum-based raw materials, as this has previously been more economical.

bl/um

Der Weltmarktführer für Kollagenproteine, das deutsche Traditionsunternehmen Gelita, und der Pionier auf dem Markt für tierfreies Kollagen, das US-Biotech-Unternehmen Geltor, wollen gemeinsam veganes Kollagen für den Lebensmittel- und Getränkemarkt entwickeln. Das ist der Kern einer Absichtserklärung, die beide Unternehmen jetzt während einer Fachmesse bekannt gegeben haben.

Erfahrung mit biotechnologischen Kollagenproteinen

Kollagen bildet die Grundlage für Gelatine. Bislang wird das Kollagen dazu aus tierischen Reststoffen wie dem Bindegewebe von Schweinen und Rindern gewonnen. Seit 144 Jahren vermarktet Gelita Gelatine, inzwischen weltweit. Nun möchte das Unternehmen den veganen Markt erschließen. Geltor entwickelt bereits tierfreie Kollagenproteine für den Hautpflegemarkt, darunter Collum, ein Kollagen aus einem Meerestier, und HumaColl21, ein auf humaner Basis entwickeltes Kollagen.

Die Vereinbarung sieht vor, dass Geltor die geeigneten biotechnologischen Kollagenproteine erforscht, entwickelt und produziert. Der CEO und Mitbegründer von Geltor, Alexander Lorestani, erläutert: „Diese Vereinbarung bestätigt unsere Ansicht, dass wir eine neue Ära der Verwendung von Proteinen zur Verbesserung von Produkten eingeleitet haben, die Verbraucher auf der ganzen Welt täglich verwenden.“

Premiere auf dem Lebensmittelmarkt

Gelita will sich um die Zulassungsstudien und die anschließende Vermarktung der veganen Gelatine für den Lebensmittel- und Getränkemarkt kümmern. „Unsere Entscheidung, in Biotechnologie zu investieren, ist ein hervorragendes Beispiel für unser Innovations-Engagement und das Erkennen von Marktbedürfnissen“, begründet Hans-Ulrich Frech, der bei Gelita für Kollagenpeptide zuständig ist. Damit ergänze man das vorhandene Portfolio an bioaktiven Kollagenpeptiden und festige die Position als Marktführer.

Die Markteinführung ist für Ende 2020 geplant. Es wären die ersten verzehrbaren biotechnologisch hergestellten Kollagenproteine weltweit.

bl

The world market leader for collagen proteins, the German company Gelita, and the pioneer on the market for animal-free collagen, the US biotech company Geltor, intend to jointly develop vegan collagen for the food and beverage market. The two companies have announced their intention to develop vegan collagen for the food and beverage market at a trade fair.

Experience with biotechnological collagen proteins

Collagen forms the basis for gelatine. Until now, collagen has been obtained from animal residues such as the connective tissue of pigs and cattle. Gelita has been marketing gelatine for 144 years, by now all over the world. Now the company wants to enter the vegan market. Geltor is already developing animal-free collagen proteins for the skin care market, including marine collagen Collume and HumaColl21, a human collagen.

Under the terms of the agreement, Geltor will research, develop and produce suitable biotechnological collagen proteins. Geltor CEO and co-founder Alexander Lorestani said: "This pact further solidifies our view that we have entered a new era in how proteins are being utilized to improve products that consumers around the world use every day."

Premiere in the food market

Gelita wants to take care of the registration studies and the subsequent marketing of the vegan gelatine for the food and beverage market. "Our decision to invest in biotechnology is an excellent example of our commitment to innovation and the recognition of market needs," says Hans-Ulrich Frech, who is responsible for collagen peptides at Gelita. The partnership will complements the existing portfolio of bioactive collagen peptides and strengthens Gelita's position as market leader, the company said.

The market launch is planned for the end of 2020. These would be the first consumable biotechnologically produced collagen proteins in the world.

bl/um

Im September hat das Futurium in Berlin seine Pforten geöffnet – und sich zum Publikumsmagneten entwickelt. Die Ausstellungsmacherinnen Rosalina Babourkova und Jasmin Minges erzählen im Doppelinterview, wo es in der Zukunftsschau um Bioökonomie und biobasierte Innovationen geht und welche Exponate zu ihren persönlichen Favoriten zählen.

Architekt wollte er werden, für Soziologie hat er sich eingeschrieben, und heute ist er Professor für Bodenkunde: Der Weg, der Thilo Streck auf seine Forscherkarriere geführt hat, war gewunden, doch das Wissen jenseits der Fachgrenzen kommt dem Biogeophysiker häufig gelegen. „Ich war gerne in Marburg“, erinnert sich der 59-Jährige an seine vier Studiensemester in Soziologie. Aber er habe schon sehr früh gewusst, dass er dieses Fach nicht zu Ende studieren werde: „Das war für mich mehr ein Studium generale. Ich wollte etwas Handfesteres machen.“

Vom Wasser zum Boden

Handfest, das war in Strecks Fall die Landwirtschaft. „Anfang der 1980er-Jahre gab es in diesem Studiengang drei Gruppen“, erzählt er, „Studenten vom Hof, solche, die in den Ökolandbau wollten, und welche, deren Ziel die Entwicklungshilfe war.“ Streck gehörte zu letzterer und legte seinen Schwerpunkt während des Studiums in Gießen und Göttingen auf den Bereich Wasser und Bewässerung. Die Promotion an der TU Braunschweig führte ihn schließlich zur Bodenphysik, wobei Streck von Anfang an die chemischen und biologischen Prozesse im Boden fast so wichtig waren wie die physikalischen. Die praktischen Erfahrungen bei Entwicklungshilfeprojekten im Ausland lehrten ihn jedoch: „Entwicklungshilfe funktioniert nicht, wie man sich das aus Zeitungsartikeln vorstellt. Da muss man viel dickere Bretter bohren.“

Die akademische Arbeit allerdings überzeugte den jungen Mann: „Nach der Promotion habe ich mich für eine wissenschaftliche Karriere entschieden“, schildert Streck. „Ich wusste: Wenn ich Professor werden will, muss ich Gas geben.“ Er erreichte sein Ziel: Nach einer Postdoc-Zeit an der University of California in Riverside habilitierte sich der Forscher 1999 in Braunschweig in Geoökologie und Bodenkunde. 2001 berief ihn die Universität Hohenheim zum Professor für Biogeophysik, wo Streck noch heute wirkt.

Verbindung aus Biologie und Physik

Die Verbindung aus Biologie und Physik reizt Streck an seinem Forschungsgebiet. „Die Pflanzen und Mikroben mit ihrer Vielfalt machen die Böden spannend“, findet er. Und ob er sich in Portugal mit einem Solartrockner für Trauben befasst oder mit der Verdunstung durch Pflanzen – die Physik ist immer mit im Spiel. Apropos Spiel: Neben der Forschung ist Strecks zweite Leidenschaft die Bewegung in der Natur und beim Fußball, sowohl in Stuttgart als auch in Berlin kickt der 59-Jährige noch heute gerne.

Strecks erste richtig große Forschungsvorhaben in Hohenheim waren Projekte in einem Sonderforschungsbereich, die sich mit Pflanzenschutz in tropischen Böden in Thailand und Vietnam befassten. „Wir haben untersucht, wie viel Pflanzenschutzmittel in die Flüsse gelangen und wie sich die Intensivierung der Landwirtschaft darauf auswirkt“, erläutert der Forscher. Wichtig ist ihm, dass ein Projekt lösungsorientiert ist, Messung und Modellierung gehören für ihn zusammen. „Wir haben simuliert: Was passiert, wenn man zum Beispiel eine Steuer auf Pflanzenschutzmittel erhebt? Wird dann weniger geerntet? Bauen die Bauern andere Früchte an?“

Raps ist eine der bedeutendsten Ölpflanzen weltweit. Die Pflanze beinhaltet hochwertige und gesunde Fette und ist reich an Vitaminen. Neben ihrem Einsatz in Lebens- und Futtermitteln wird Raps auch für energetische Zwecke wie zur Herstellung von Biosprit genutzt. Die Nachfrage nach noch ertragreicheren neuen Sorten ist daher hoch. Forscher des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben haben gemeinsam mit der Justus-Liebig Universität Gießen und zwei Pflanzenzuchtunternehmen nun die genetischen Mechanismen entschlüsselt, die das Wachstum der Rapspflanzen beeinflussen.

Um die Ausprägung gewisser Merkmale einer Pflanze wie die Blattfläche zu ermitteln, griffen die Wissenschaftler zum einen auf sogenannte genomweite Assoziationsstudien zurück. Bei der Genome-wide association study – kurz GWAS - handelt es sich um eine statistische Methode, bei der die Merkmalsausprägungen mit Erbgutinformationen verknüpft und so die genetische Basis komplexer Eigenschaften aufgedeckt werden kann, die für die Landwirtschaft wichtig sind – etwa der Samenertrag.

Genetische Wachstumsmerkmale der Rapspflanze in hoher zeitlicher Auflösung

Zugleich kamen neueste technologische Entwicklungen in der Hochdurchsatz-Phänotypisierung zum Einsatz, um die Beziehung zwischen Erbmaterial und Merkmalsausprägung mit einer hohen zeitlichen Auflösung aufzuschlüsseln. Wie das Team im Fachjournal Plant Biotechnology Journal berichtet, wurden dafür die Pflanzenphänotypen über vier Wochen täglich fotografiert und zudem jeweils das Frisch- und Trockengewicht der Pflanzen am Ende des Experiments bestimmt. Gemeinsam mit den genetischen Markern haben die Forscher die von den Bildern gewonnenen phänotypischen Daten dann im Rahmen einer neuen genomweiten Assoziationsstudie analysiert.

Zeitliches Muster für genetischen Wachstumsmechanismus

Auf Grund der hohen zeitlichen Auflösung konnte das Forscherteam ein sogenanntes QTL-Muster (Quantitative Trait Loci) im Raps identifizieren und so ein dynamisches Pflanzenwachstum im Raps aufdecken. Dieses zeitliche Muster genetischer Mechanismen zeigt, dass die Eigenschaft „frühes Pflanzenwachstum” ein hochkomplexer Prozess ist, der gleich von mehreren genetischen Loci geregelt wird, welche jeweils in verschiedenen kurzen Phasen aktiv sind.

Die Forscher sind überzeugt, dass für die Aufklärung komplexer Einflüsse von Genen, welche in verschiedenen Entwicklungsphasen aktiv sind, die zeitliche Komponente eine entscheidende Rolle spielt. Zudem wurden mehrere Kandidatengene für Eigenschaften wie Vitalität, Form, Größe, Blattfläche und Biomasse identifiziert, die wiederum für die Züchtung neuer Rapssorten relevant sind.

bb

Dass Bakterien den vor allem für Plastikflaschen verwendeten Kunststoff PET abbauen können, weiß man schon seit einigen Jahren: Mikroorganismen wie Ideonella sakaiensis – 2016 auf einer halbverrotteten PET-Flasche in Japan entdeckt – geben hierzu ein Enzym ab, genannt PETase. Dieses ist in der Lage, die Kettenmoleküle des Kunststoffs in seine Bestandteile zu zerlegen. „Das ist vor allem für den Abbau von Kleinstpartikeln interessant, zum Beispiel von Mikroplastik“, erklärt Nachwuchsgruppenleiter Daniel Moog von der Philipps-Universität Marburg. Ideonella sei jedoch nicht gut an das Salzwasser der Meere angepasst. „Das Bakterium an sich eignet sich aus diesem Grund nicht für die biologische Sanierung der belasteten Ozeane.“

Bakterienenzym in Alge eingebaut

Die Forschungsgruppe um Moog setzt alternativ auf die Meeres-Kieselalge Phaeodactylum tricornutum. Wie das Team im Fachjournal Microbial Cell Factories berichtet, bauten sie in die Alge eine maßgeschneiderte Version des Bakteriengens ein, das die Anleitung für das Enzym enthält. Anschließend prüften die Wissenschaftler, ob das abgesonderte Enzym tatsächlich PET und einen verwandten Kunststoff abbaut. Sie kultivierten zu diesem Zweck die Algen in Gefäßen, die zerkleinertes Plastik enthielten. Die Gruppe stellte fest, dass das Material Furchen und Löcher aufweist, wenn es dem Enzym ausgesetzt ist, das die Algen absondern. Zurück bleiben harmlose Abbauprodukte. Noch ist das jedoch Grundlagenforschung.

PET klimafreundlich recyceln

„Die PETase-produzierenden Kieselalgen könnten zu einem klimafreundlichen Recycling von PET beitragen“, ist Moog überzeugt. Ihm schweben abgegrenzte, Klärwerk-ähnliche Anlagen vor, in denen die modifizierte Alge das Mikroplastik der Ozeane abbaut. „Unsere Ergebnisse im Labor zeigen, dass sich mit diesem Ansatz prinzipiell PET aus Meerwasser entfernen lässt." Es gelte nun, das biologische Plastikabbausystem weiter zu optimieren, um es für eine technische Umsetzung effizient nutzbar zu machen.

am/bb

It has been known for several years that bacteria can degrade PET, which is mainly used for plastic bottles: Microorganisms such as Ideonella sakaiensis - discovered in 2016 on a partially decayed PET bottle in Japan - release an enzyme called PETase. This enzyme is able to break down the chain molecules of the plastic into its components. "This is of particular interest when it comes to the degradation of microparticles, for example microplastics," explains Daniel Moog, head of the junior research group at the Philipps University in Marburg. However, Ideonella is not well adapted to the salt water of the oceans. "For this reason, the bacterium itself is not suitable for the bioremediation of polluted oceans."

Bacterial enzyme built into algae

Instead, the research group around Moog relies on the marine diatom Phaeodactylum tricornutum. As the team reports in the journal Microbial Cell Factories, they incorporated a tailor-made version of the bacterial gene containing the instructions for the enzyme into the diatom. The scientists then tested whether the enzyme actually degrades PET and a related plastic. For this purpose, they cultivated the algae in vessels containing crushed plastic. The group found that the material had furrows and holes when exposed to the enzyme secreted by the algae. Harmless degradation products are left behind. However, this is still basic research.

Climate-friendly PET recycling

"The diatoms producing PETase could contribute to a climate-friendly recycling of PET," Moog believes. He envisages delimited sewage treatment plants in which the modified algae degrades the microplastics of the oceans. "Our laboratory results show that PET can be removed from seawater with this approach." It is now necessary to further optimize the biological plastic degradation system in order to make it efficiently usable for technical implementation.

am/bb/um