Aktuelle Veranstaltungen
Während der erste Tag des Global Bioeconomy Summit 2018 sich viel um Innovationen und Technologien drehte, setzte der zweite Kongresstag in Berlin einen deutlichen Akzent auf politischen und gesellschaftlichen Fragen rund um die Bioökonomie.
Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner betont Zukunftschancen
Den Auftakt machte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Bioökonomie sei eines der spannendsten Themen überhaupt, denn darin stecke viel Zukunft und neue Chancen – ob für den Alltag, Wirtschaft oder Technik. Gleichzeitig müsse klar sein, dass man dieses Konzept international denken und entwickeln müsse. Etwa, um die UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) zu erreichen. „Dazu haben wir uns verpflichtet“, sagte Klöckner. Sie verwies auf eine durch ihr Ministerium unterstützte Bioökonomie-Arbeitsgruppe der Welternährungsorganisation FAO („ISBWG“), in der Experten aus zahlreichen Ländern und Organisationen zusammenarbeiten, um Leitlinien für eine nachhaltige Bioökonomie zu formulieren.
„Im Zeitalter vernetzter internationaler Handelswege und der Digitalisierung werden wir alle zu Weltbürgern“, betonte Klöckner. Ihr Haus investiere nicht nur in die Forschung und Entwicklung zur Nutzung nachwachsender Rohstoffe, sondern auch in die Vermessung der Bioökonomie. „Wir brauchen ein Monitoring, damit klar wird, wo wir stehen und damit wir Vergleiche anstellen können“, sagte die Bundeslandwirtschaftsministerin. Sie erhoffe sich nachhaltige Impulse, die von dem Berliner Gipfel ausgingen.
Bioökonomie kann Zugang zu Nahrung verbessern
Auch Maria Helena Semedo, die stellvertretende Direktorin der Welternährungsorganisation FAO, nannte den Global Bioeconomy Summit eine exzellente internationale Plattform. „Bioökonomie ist ein komplexes Konzept, in dem alle ihre Rolle spielen müssen“, sagte sie. Ernährungssicherheit müsse Priorität haben. Biobasierte Technologien und innovative Anbauverfahren könnten helfen, den Zugang zu Lebensmitteln zu verbessern. Semedo gab sich programmatisch. Getreu der Maxime der SDGs sagte sie: „Lasst uns niemanden zurücklassen, sondern gemeinsam vorankommen.“
Die zwei Plenar-Sessions am zweiten Gipfeltag beschäftigten sich ebenfalls mit globalen politischen Rahmenbedingungen, die für die Bioökonomie relevant sind. Am Nachmittag stellten vier „Rapporteure“ den versammelten Teilnehmern hochkomprimiert die wichtigsten Ergebnisse und Diskussionspunkte aus den 14 Workshops des Summits vor.
Abschlusscommuniqué des Gipfels vorgestellt
Am Nachmittag wurde das Communiqué des 40-köpfigen Beratergremiums des Global Bioeconomy Summits ausgeteilt und diskutiert. Das Papier ist in monatelanger Vorarbeit entstanden und wurde erst am Vorabend des Summits finalisiert. Die Autoren fordern darin ein unabhängiges, globales Bioökonomie-Forum, das einen strukturierten Austausch zu globalen Bioökonomie-Themen im internationalen Dialog ermöglicht.
Evidenzbasierte Informationsplattform gefordert
Zudem setzt sich das Papier für die Schaffung einer evidenzbasierten Informationsplattform für Politik- und Regierungsvertreter ein, die von allen Beteiligten als glaubwürdig eingestuft wird.
Es brauche eine kompetente und wirksame politische Stimme, die im internationalen Politikbetrieb bei Fragen der Innovationspolitik, nachhaltigen Entwicklung und zum Pariser Abkommen eine breite Bioökonomie-Perspektive vertritt, welche auch die gegenseitigen Abhängigkeiten der internationalen Nachhaltigkeitsziele berücksichtige. Zudem regen die Autoren internationale Kooperationsprogramme in Forschung und Entwicklung an, die auf Basis gemeinsamer Ziele den weltweiten Wissens- und Kompetenzaufbau in der Bioökonomie vorantreiben können.
Zum Abschied und Abschluss des Gipfels stellte Bioökonomierats-Covorsitzende Joachim von Braun vor den mehr als 700 Teilnehmern eine nächste Ausgabe des „Global Bioeconomy Summit“ im Jahr 2020 in Aussicht.
pg
Wie kann man Bioökonomie begreifbar machen? Auf diese Frage will der Gemeinschaftsstand „Schaufenster Bioökonomie“ bei der diesjährigen weltgrößten Industriemesse in Hannover eine Antwort geben. In Halle 2 Stand C50 zeigten der Projektträger Jülich, die Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe (FNR) sowie die BIOPRO Baden-Württemberg, was die Bioökonomie schon heute zu bieten hat und wie groß das Potenzial für eine biobasierte Wirtschaft ist. Auch das Team von bioökonomie.de war in der Aussstellung präsent.
19 Forschungsprojekte vorgestellt
Das „Schaufenster Bioökonomie“ bot in diesem Jahr die Bühne für insgesamt 19 Forschungsprojekte, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und dem Land Baden-Württemberg gefördert werden. Die Palette der biobasierten Innovationen reicht von Bioplastik aus Kaffeesatz, über holzbasierte Chemikalien bis hin zu Dämmmaterialien aus Holz und neuen Faserverbundstoffen aus Cellulose für die Autoindustrie. Einer der Hingucker in der Bioökonomie-Ausstellung: Das Bioconcept-Car, ein Rennbolide, der zu großen Teilen aus biobasierten Werkstoffen besteht. Er ist Ergebnis eines zweieinhalbjährigen durch das BMEL geförderten Forschungsprojekts des IfBB zusammen mit dem Rennstall Four Motors, dem auch Smudo angehört, der Sänger der Hip-Hop-Gruppe „Die Fantastischen Vier“. In dem Rennwagen sind naturfaserverstärkten Verbundwerkstoffe, biobasierte Harzen und biobasierte Kunststoffe verbaut. Der Motor wird von Raps-Biodiesel angetrieben.
Investitionen in Forschung und Entwicklung sind ein Grundpfeiler auf dem Weg hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft. Innovationen in der Bioökonomie und Landwirtschaft werden bisher aber europaweit vorwiegend von kleinen und mittleren Unternehmen gestemmt. Mit einem maßgeschneiderten Darlehenspaket will die Europäische Investitionsbank (EIB) nun private Investoren motivieren, Innovationen in Bioökonomie und Landwirtschaft europaweit stärker zu unterstützen. 400 Mio. Euro werden im Rahmen der neuen Finanzierungsinitiative in den nächsten vier Jahren für privatwirtschaftliche Genossenschaften und Unternehmen als Direktdarlehen bereitgestellt. Die Initiative ist durch den Europäischen Fonds für Strategische Investitionen (EFSI) abgesichert, der Teil des sogenannten Juncker-Plans ist.
Mit Programmdarlehen Wettbewerb ankurbeln
Mit der von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker initiierten "Investitionsoffensive für Europa" soll das Wirtschaftswachstum innerhalb der Europäischen Union vorangetrieben werden. „Die Wertschöpfungsketten der Landwirtschaft und der Bioökonomie sind wichtige Motoren für die europäische Wirtschaft. Ich bin überzeugt, dass das maßgeschneiderte Programmdarlehen den Wettbewerb ankurbeln wird und in überwiegend ländlichen Gebieten und Kleinstädten in ganz Europa Arbeitsplätze mit Zukunftsaussicht schaffen wird“, sagt EIB-Präsident Werner Hoyer.
Direktdarlehen für private Investoren
Bei dem Darlehen handelt es sich um ein erstes EIB-Pilotprojekt, das die Vergabe von Direktdarlehen an Privatinvestoren ermöglicht. Im Einzelnen können somit Darlehen zwischen 7,5 Mio. Euro und 50 Mio. Euro vergeben werden. Die Bank hofft mit diesen höheren Darlehen, die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen in der Landwirtschaft und Bioökonomie zu verbessern, weil so langfristig investiert und innovative Produkte und Dienstleistungen entwickelt und vermarktet werden können.
Privat-Investitionen in Milliardenhöhe erwartet
Im Gegenzug erwartet die EIB Investitionen von fast einer Mrd. Euro seitens privater Geldgeber auszulösen. „Mit unserem Programmdarlehen von 400 Mio. Euro können wir in ganz Europa Investitionen von mehr als 850 Mio. Euro unterstützen. Die Förderung von Wertschöpfungsketten der Bioökonomie, beispielsweise in der Lebensmittelindustrie und der Holz- und Forstwirtschaft, ist entscheidend, um die Ziele der EU und die UN-Ziele für eine nachhaltige Entwicklung in den Bereichen Umwelt und CO2-arme Wirtschaft zu erreichen“, sagt EIB-Vizepräsident, Andrew McDowell.
Projektförderung bis 2022
Der "Juncker-Plan" wurde Anfang des Jahres von der EU-Kommission speziell auf die Bereiche nachhaltige Landwirtschaft und Bioökonomie erweitert. Über das Programmdarlehen will die EIB nun bis 2022 Projekte finanzieren, die den effizienten und nachhaltigen Umgang mit Rohstoffen, die Verwertung von Nebenprodukten und die Entwicklung geistigen Eigentums durch privatwirtschaftliche Forschung, Entwicklung und Innovation fokusieren.
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The European Investment Bank (EIB) announced the launch of a new financing initiative that aims to unlock close to €1 billion of investment in the agriculture and bioeconomy sector. This large EIB lending programme for agriculture and bioeconomy outlines the Bank’s broader support for funding this sector. The operation will be guaranteed by the EU budget under the European Fund for Strategic Investments (EFSI), which forms a central part of the “Investment Plan for Europe” of the European Commission under the Juncker administration.
Enhance competitiveness of bioeconomy sector
“The agriculture and bioeconomy value chains are key drivers of Europe’s economy,” said EIB President Werner Hoyer. “With this new initiative, the EIB is seeking to strengthen its support for the sector. I believe that this dedicated programme loan will enhance competitiveness and that it has the potential to create future-oriented jobs in predominantly rural areas and smaller towns all over the continent.”
In spite of its size and importance in the overall European economy, the agriculture and bio-economy sector is mainly made up of companies and cooperatives with relatively small investments, which are difficult to target with direct lending. The EIB is already active with Multi Beneficiary Intermediated Loans to support the implementation of smaller projects by farmers and small and medium-sized enterprises active in bioeconomy value chains through commercial banks across Europe.
Improving investment in innovation
The lending programme constitute an initial, replicable EIB pilot that will enable direct lending for private sector investments (from €15 million to €200 million) with a loan amount ranging from €7.5 million to €50 million. The programme loan is expected to further increase the Bank’s impact within this sector. This will improve their long-term ability to invest in innovation and therefore to develop and market higher added-value products and services.
“This programme loan will address the market weaknesses that currently constrain many of the companies active in the agriculture and bioeconomy sector by accelerating and further mobilising private investments. It will enable the EU bank to expand and diversify its financing offer and reach out to new project promoters. With this single programme loan of €400 million we can expect to support more than €850 million worth of investments in the sector across Europe. The promotion of bio-economy value chains, for example in food and forestry-based industries, is key to achieving EU and Sustainable Development Goal (SDG) objectives.“, added the EIB Vice-President responsible for bioeconomy, Andrew McDowell.
Boost Europe’s rural economy
European Commissioner for Agriculture and Rural Development Phil Hogan said: “Facilitating access to finance to unlock investment in the agriculture sector is crucial to maintaining Europe's position as the global leader of high-quality, safe food products. I am delighted to welcome this initiative which will, with the support of the Juncker Plan, provide a €1 billion boost to jobs and growth in Europe's rural economy.”
In a new Regulation applicable from early 2018, the scope of EFSI was extended to include a specific sectorial focus on sustainable agriculture and the wider bio-economy. Projects allocated under the programme loan will be implemented in the period 2018-2022. Targeted investments will seek to promote the efficient and sustainable use of resources and the re-use of by-products, and to develop intellectual property through the support of private sector research, development and innovation.
jmr
Die Natur ist die größte Apotheke der Welt, so heißt es. Sie hält Wirkstoffe für Medikamente parat sowie Substanzen, die das Pflanzenwachstum fördern und Schädlinge bekämpfen. Eine dieser Wirkstoffquellen sind Pilze und deren antimikrobielle Substanzen. Doch die Vielfalt und das Potenzial der Pilze sind weltweit noch lange nicht entziffert. Zu den weniger erforschten Habitaten zählen die tropischen Länder. Unter der Leitung des Braunschweiger Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung hat ein internationales Forscherteam in den vergangenen Jahren im Regenwald Thailands die sogenannten Mykobiota auf neue mikrobielle Wirkstoffe untersucht und ist fündig geworden.
Pilzliche Vielfalt auf Wirkstoffe durchforsten
Die Arbeiten wurden im Rahmen des Projekt „GoMyTri- Golden Mycological Triangle“ von der Europäischen Union mit insgesamt 330.000 Euro über das Horizon2020-Programm gefördert. „Wir suchen neue Arten und Gattungen von Pilzen, die sich für die Anwendung als biologische Schädlingsbekämpfungsmittel oder als Produzenten von neuen Wirkstoffen eignen“, erklärt Projektleiter Marc Stadler.
Unbekannter tropischer Pilz entdeckt
Seit 2015 hat das Forscherteam aus Pilzproben im Labor die einzelnen Pilzstämme isoliert und über Sequenzierungen, dem sogenannten genetischen Barcoding, charakterisiert. Zeljka Rupcic und Clara Chepkirui, zwei Doktorandinnen in Stadlers Team, sortierten dabei Vertreter bekannter Gattungen aus. Gemeinsam mit Forschern aus Thailand und den Niederlanden analysierten sie die isolierten Stämme morphologisch als auch phylogenetisch. Dabei stießen sie auf eine neue Pilzgattung, deren lebende Kultur durch antagonistische Reaktionen aufgefallen war, wie die Wissenschaftler im Fachjournal „MycoKeys“ berichten. Aus dem neuen Pilz, dem die Forscher den Namen Pseudobambusicola thailandica gaben, konnten acht Naturstoffe mit antibiotischen und nematiziden Wirkungen extrahiert und identifiziert werden, darunter sechs bisher unbekannte Wirkstoffe.
Tropen-Pilz setzt Pflanzenschädlingen zu
Auf Grund ihrer sehr moderaten biologischen Aktivität sind die neuen Pilzwirkstoffe der Studie zufolge zwar für die Entwicklung von Arzneimittel ungeeignet. Wegen seiner Schlagkraft gegen Nematoden, die in der Landwirtschaft große Schäden anrichten, könnte der Pilz jedoch ein vielversprechender Kandidat für neue biologische Pflanzenschutzmittel sein. Ob sich dieser Pilz zur biologischen Bekämpfung von Fadenwürmern und Schadpilzen und Pilzen tatsächlich eignet, wird derzeit von den Forschern im Rahmen des EU-Projektes "GoMyTri" weiter untersucht. „Dieses Projekt macht nur einen kleinen Schritt in der Wirkstoffforschung an Pilzen aus. Wir haben noch rund 30 weitere Pilzstämme in der Analyse“, sagt Clara Chepkirui.
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„Technologieoffene Forschung und Entwicklung sind der Schlüssel, um Zusammenhänge der Bioökonomie zu verstehen und zu nutzen“, sagte Bundesforschungsministerin Anja Karliczek bei der Eröffnung des Global Bioeconomy Summit Mitte April in Berlin. Unter anderem gemeint hat sie damit biotechnologische Verfahren, wie die Erbgutsequenzierung, Genomchirurgie oder Fortschritte in der Synthetischen Biologie, die komplexe biologische Prozesse und Systeme besser verständlich machen und den Weg für neue innovativere und nachhaltigere Verfahren ebnen. Auf dieser Grundlage können biologische Produktionssysteme entwickelt werden, die sich durch ein neuartiges Substratspektrum, eine erhöhte Produktvielfalt oder eine hohe Produktionseffizienz auszeichnen. Biologische Ressourcen können so als biochemische "Fabriken" − idealerweise in Koppel- und Kaskadennutzung − für die Erzeugung maßgeschneiderter Inhaltsstoffe genutzt werden. Das adressiert die zweite Ausschreibungsrunde der Fördermaßnahme "Maßgeschneiderte biobasierte Inhaltsstoffe für eine wettbewerbsfähige Bioökonomie", die kürzlich gestartet ist.
Es ist ein typischer Montagmorgen, so manches Gesicht im Hörsaal der Technischen Hochschule Wildau wirkt noch etwas müde. Einer aber ist munter und erläutert geduldig die Zusammenhänge der Biochemie und Bioanalytik. „Es macht mir Spaß, etwas zu erklären – und auch, es noch mal zu erklären“, sagt Fred Lisdat. Der 54-Jährige ist an der Campushochschule südlich von Berlin Professor für Biosystemtechnik. Er liebt die Forschung, aber eben auch die Lehre. Letztere war einer der Gründe, weshalb Lisdat sich seinerzeit für eine akademische Karriere entschieden hat, einen Lebensweg, der noch zu Beginn seines Studiums keineswegs so geplant war.
Wahl zwischen Geschichte, Kunst und Chemie
„Zum Ende der Schulzeit waren meine Lieblingsfächer Geschichte, Kunst und Chemie“, erinnert sich Lisdat. Es war eine Zeit, in der man nicht so einfach wie heute das Studienfach oder gar den Beruf wechselte, also musste eine Entscheidung her. Ausschlaggebend seien die Chancen am Arbeitsmarkt gewesen: „Ich habe mich für Chemie entschieden, weil es damit viele Berufsfelder gibt.“ Gerne hätte er mal ein Jahr pausiert und Geschichte studiert, „aber dann hätte ich den Studienplatz aufgeben und mich wieder neu bewerben müssen“.
Das Studium der Chemie an der Humboldt-Universität in Berlin öffnet dem jungen Mann die Augen für die Reize der Forschung: „In Lehrbüchern wirkt alles immer so klar und übersichtlich. Aber dann gewinnt man eigene Eindrücke und erlebt die Faszination, was alles noch nicht klar ist.“ Man stellt fest, wie viel noch zu entdecken und zu verstehen ist. „Während der Doktorarbeit habe ich gemerkt, dass das für mich das Richtige ist, das mich interessiert und zu mir passt.“
Fremde Kulturen als persönliche Bereicherung
Als Postdoc an der Kyushu-Universität in Japan sammelt Lisdat 1993 zwei wichtige Erfahrungen: Zum einen arbeitet der Chemiker erstmals „in der Biowelt“. Er forscht daran, technische Systeme und biologische System für Sensoren zusammenzuführen – etwas, das ihn bis in die Gegenwart begleiten wird. Zum anderen schätzt er die kulturelle Erfahrung. „Ich ermutige alle meine Studenten, so etwas zu machen, weil man dabei fürs Leben lernt.“ Er selbst reist heute noch gern, um „Hintergründe für Kultur, Religion und Verhalten der Menschen in anderen Ländern zu erkunden und verstehen zu lernen“.
Zurück in Berlin arbeitet Lisdat zunächst am Institut für Technologie und Umweltschutz (INTUS e.V.), wechselt aber bald an die Universität Potsdam ins Institut für Biologie und Biochemie. „Das war ein Institut mit vielen angewandten Forschungsthemen“, erinnert sich der Wissenschaftler an seine Forschung im Bereich Analytische Biochemie. Dort trifft er auf Frieder Scheller, einen der Väter der deutschen Biosensorik und seinen späteren Mentor. Noch zu DDR-Zeiten entwickelte Scheller in Kooperation mit der Firma Eppendorf praktische Geräte zur Glukosemessung, die beispielsweise Diabetespatienten das Leben erleichtern sollten. „In diese Richtung wollte ich auch“, schildert Lisdat seine damalige Erkenntnis, „aber da hatte ich noch einiges dazuzulernen an bioelektrischen Zusammenhängen“. Scheller ermutigt ihn schließlich zur Habilitation – und Lisdat entscheidet sich endgültig für die akademische Karriere. 2004 wird er Professor.
„Von Frieder Scheller habe ich viel für meine eigene Entwicklung gelernt. Er war immer bereit zur Interaktion mit anderen und stark darin Netzwerke aufzubauen“, berichtet Lisdat. „Er hat auch den Kontakt mit Firmen nicht gescheut und hier in der Region viel erreicht.“ Eines der Ergebnisse ist das „DiagnosticNet Berlin-Brandenburg“, in dessen Beirat heute auch Lisdat wirkt.
Freiheit der akademischen Forschung
Trotzdem zieht es ihn selbst nicht in die Industrie: „In der akademischen Forschung gibt es ein paar Freiheiten mehr“, findet der Chemiker. „Es ist zwar immer schön, wenn man sieht, dass es für etwas eine Anwendung gibt – wenn man es hinbekommt.“ Für manche Mitarbeiter sei die Kommerzialisierbarkeit auch durchaus motivierend. „Aber ich stelle bei der Forschung immer wieder fest, dass es noch viele Grundlagenfragen gibt, die nicht verstanden sind.“ Die seien wichtig, um andere Forschungsaufgaben besser umsetzen zu können. „Es ist schön, wenn man gute Tools zur Hand hat. Solche Dinge zu entwickeln, reizt mich am meisten.“
Besonders schätzt Lisdat Fördermaßnahmen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). „Es ist zwar schön, durch eine Firma einen Mitarbeiter finanziert zu bekommen, aber für eine Forschungsgruppe ist es auch wichtig, Publikationen zu veröffentlichen und an Tagungen teilzunehmen.“ Das gelinge bei den BMBF-Programmen besser.
Chemie nach dem Vorbild Pflanze
Im Rahmen der Initiative „Biotechnologie 2020+“, in der es im die nächste Generation biotechnologischer Verfahren geht, hat sein Team gerade die erste Förderphase abgeschlossen: Im Tandemprojekt „Nutzung von Sonnenenergie für die Bioelektrokatalyse – Entwicklung von Photobioelektrodenstrukturen“ geht es darum, gemeinsam mit Partnern der HU Berlin auf einer Elektrode geeignete Proteinkomplexe zu verankern, die Licht einfangen, Elektronen transportieren und über diesen Weg Enzyme aktivieren.
Mit Sonnenlicht als Energiequelle sollen so in biohybriden Systemen Spezialchemikalien synthetisiert werden – ganz nach dem Vorbild der natürlichen Photosynthese in Pflanzen. Dazu müssen die Forscher die molekularen Strukturen aufklären, es schaffen, die Moleküle in großer Menge aufzureinigen und deren Funktion zu verstehen und schließlich mit diesem Wissen die Moleküle auf Elektroden funktionell zu immobilisieren. Nicht zuletzt möchte der Chemiker mit Blick auf spätere Anwendungen wissen: „Kann man mit solchen Systemen einen interessanten Grad an Effektivität erreichen?“
Ein weiteres der vielen Themen, mit denen Lisdat sich beschäftigt, ist die Biobrennstoffzelle. „Nicht als Energiequelle der Zukunft, sondern um mit der körpereigenen Energie Sensoren anzutreiben“, beschreibt er das Potenzial unter anderem für die Diabetestherapie. „Die Knopfzelle ist heute bei Sensoren das schwerste Teil, und der Kontakt zum Körper ist eh nötig. Warum nicht direkt dessen Energie nutzen?“ Erst recht, wo der Strombedarf moderner Sensoren stark gesunken ist. „Man kann heute Dinge machen, die vor 20 Jahren nicht möglich waren“, sagt Lisdat. Inzwischen gebe es zwar mehr Konkurrenz in diesem Bereich, „aber durch Erfahrungsaustausch kann man voneinander für die eigenen Fragestellungen lernen“.
Freude an der Lehre
Und dann befasst sich der Professor natürlich weiter mit der Lehre in dem Studiengang, den er mit aufgebaut hat – Biosystemtechnik und Bioinformatik. „Es macht Spaß, vom Konzept bis zur Umsetzung – und bei der Nachjustierung – mit dabei zu sein“, freut sich der 54-Jährige. Manchmal sei es zwar schwierig, die Studenten durch einen komplexen Stoff hindurch zu motivieren. „Aber wenn Absolventen später zurückkehren und freudig erzählen, dann ist das schon eine Bestätigung.“
Autor: Björn Lohmann
Alles hat zwei Seiten, selbst Kohlendioxid. Auf der einen Seite zählt CO2 zu den sogenannten Treibhausgasen, denn die enorme Anreicherung in der Atmosphäre durch das Verbrennen fossiler Energieträger treibt die globale Erderwärmung an. Auf der anderen Seite ist CO2 für Pflanzen, Algen und einige Bakterien lebensnotwendig: Sie wandeln Kohlendioxid mithilfe der Photosynthese in Biomasse um, bei der aus CO2 und Wasser, Zucker und Sauerstoff entstehen. Doch dieser Prozess ist relativ langsam und ineffizient. Der zentrale Biokatalysator der Photosynthese, ein Enzym namens RuBisCo, wandelt im Schnitt nur fünf bis zehn CO2-Moleküle pro Sekunde um.
Preis für bahnbrechende Entdeckung
Tobias Erb, seit 2017 Direktor der Abteilung „Biochemie und synthetischer Metabolismus" am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg, war es gemeinsam mit seinem Team gelungen, ein bis dato unbekanntes Enzym aus Purpurbakterien zu isolieren, welches CO2 bis zu zehnmal schneller umwandelt als RuBisCo. Die Forscher konnten mithilfe dieser hocheffizienten Reaktion und anderen Enzymen aus insgesamt neun verschiedenen Mikroorganismen einen künstlichen Stoffwechselweg zur CO2-Umwandlung im Reagenzglas erschaffen und damit den Weg zur Künstlichen Photosynthese ebnen. Dieser künstliche Prozess könnte in Zukunft einen großen Beitrag zur Deckung des menschlichen Energie- und Nahrungsbedarf leisten und gleichzeitig die Menge an CO2 in der Atmosphäre verringern. Für diese bahnbrechende Entdeckung und Entwicklung wurde Tobias Erb nun mit dem mit 75.000 Euro dotierten „Otto-Bayer-Preis 2018" vom Kuratorium und Stiftungsrat der Bayer Science & Education Foundation ausgezeichnet.
Auf der Spur von künstlichen Stoffwechselprozessen
Ernst-Ludwig Winnacker, Vorsitzender des Stiftungskuratoriums, erklärt: „Die Photosynthese ist der bekannteste Prozess zur Kohlendioxid Umwandlung. Tobias Erb ist mit seiner Forschung an bisher unbekannten CO2-umwandelnden Mechanismen in Mikroorganismen auf der Spur von neuen, künstlichen Stoffwechselprozessen, die zukünftig eingesetzt werden könnten, um CO2 als nachhaltigen Rohstoff zu verwenden."
Der Otto-Bayer-Preis gilt als eine der angesehensten Ehrungen für Naturwissenschaftler im deutschsprachigen Raum. Mit ihm werden Wissenschaftler für wegweisende Forschungsbeiträge auf den Gebieten der Biochemie und Chemie geehrt. Die Auszeichnung wird seit 1984 im Andenken an den Preisstifter und Erfinder der Polyurethan-Chemie, Otto Bayer, verliehen und von der „Bayer Science & Education Foundation" vergeben. Die Stiftung versteht sich als Förderer von Innovation und Pioniergeist an der Schnittstelle von Industrie, Akademie und Zivilgesellschaft.
jmr
There are two sides to everything – even carbon dioxide (CO2): on the one hand the rapid increase in atmospheric CO2 concentration due to the burning of fossil fuels causes intensification of the greenhouse effect, which in turn fuels global warming. On the other hand, CO2 is essential to keep plants, algae and some bacteria alive: they convert the greenhouse gas into biomass in a process known as photosynthesis, in which CO2 and water are used to produce sugars and oxygen. This three-billion-year-old process is relatively slow and inefficient, however. The key biocatalyst of photosynthesis, an enzyme called RuBisCO, converts only five to ten CO2 molecules per second on average.
Award for ground-breaking discovery
Tobias Erb, Head of the Biochemistry and Synthetic Metabolism department at the Max Planck Institute for Terrestrial Microbiology in Marburg since 2017, and his team managed to isolate a previously unknown enzyme from purple bacteria that converts CO2 up to ten times faster than RuBisCO. In a pioneering experiment, they succeeded in establishing an artificial metabolic pathway for in vitro CO2 conversion based on this highly efficient reaction and other enzymes from nine different microorganisms in an initial step towards artificial photosynthesis. These experiments might in future serve as the basis for a relevant contribution towards meeting human energy and food requirements while at the same time reducing the amount of CO2 in the atmosphere. For this ground-breaking discovery Tobias Erb was now honoured with the 2018 Otto Bayer Award by the Board of Trustees of the Bayer Science & Education Foundation, which is worth €75,000.
Artificial metabolic processes for the future
Ernst-Ludwig Winnacker, Chairman of the Foundation’s Board of Trustees, explains, “Photosynthesis is the best-known process of carbon dioxide conversion. Tobias Erb’s research has led him to discover previously unknown CO2-converting mechanisms in microorganisms, and he is seeking new artificial metabolic processes, that could be used in the future so that CO2 can become a sustainable raw material.”
The Otto Bayer Award is one of the most prestigious honours for life scientists in German-speaking countries. It honours scientists who have conducted pioneering research in innovative areas of biochemistry and chemistry. It has been presented since 1984 in memory of its endower and the inventor of polyurethane chemistry, Professor Otto Bayer. The prize is awarded by the Bayer Science & Education Foundation. The foundation sees itself as a promoter of innovation and a pioneering spirit at the interface between industry, academia and civil society. Its primary objectives are the recognition of outstanding achievements in research, the promotion of science talents and support for innovative school projects in biology and chemistry.
jmr
Das Bundesforschungsministerium unterstützt im Rahmen der Fördermaßnahme „Bioökonomie als gesellschaftlicher Wandel“ bislang vier sogenannte Nachwuchsgruppen (www.bioecon-societal-change.de). Eine davon ist STRIVE, die Abkürzung steht für „Sustainable Trade and Innovation Transfer in the Bioeconomy“. Der Bonner Agrarökonom Jan Börner koordiniert die Nachwuchsgruppe, in der fünf Postdocs sowie mehrere Doktorandinnen und Doktoranden forschen.
Beton ist ein Hauptrohstoff der Bauwirtschaft, deren Herstellung allerdings sehr energieintensiv ist. Zudem werden bei der Produktion der Zementklinker, die dem Beton in Form von Zement als Bindemittel beigemischt werden, große Mengen des Treibhausgases CO2 freigesetzt. In Kooperation von Wissenschaftlern der Universität in Lagos aus Nigeria und der Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung (BAM) entstand ein Bio-Beton aus pflanzlichen Reststoffen. Bei der Entwicklung des nachhaltigen Baustoffes wurden Maniok-Schalen verwendet, die in Afrika bisher im Abfall landeten.
150.000 Euro als Projektförderung
Das deutsch-nigerianische Forschungsprojekt ist eines von insgesamt vier Kooperationen, die Anfang Mai vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Afrika-Strategie der Bundesregierung mit dem Deutsch-Afrikanischen Innovationspreis ausgezeichnet worden. Der mit jeweils 150.000 Euro dotierte Preis kommt den Projekten jeweils als Förderung zugute. Mit der Auszeichnung sollen lokale und regionale Innovationskapazitäten in den afrikanischen Partnerländern gestärkt werden. „Die Preisträger gehen mutig voran mit ihren gemeinsamen Projekten, die in Afrika für innovative Lösungen sorgen und den Menschen neue Perspektiven ermöglichen. Ihre wissenschaftliche Leistung wollen wir heute würdigen und damit die nachhaltige Entwicklung auf dem afrikanischen Kontinent fördern“, sagte Bundesforschungsministerin Anja Karliczek bei der Preisverleihung. Eine neue Ausschreibung für den Deutsch-Afrikanischen Innovationsförderpreis sei für den Sommer 2018 geplant.
Kooperation mit Forschern aus Lagos
Das Team um BAM-Ingenieur Wolfram Schmidt von der BAM forscht seit vielen Jahren an pflanzlichen Stoffen, die hierzulande als Rohstoffe für chemische oder mineralische Zusatzstoffe von Beton infrage kommen. Im Fokus stehen dabei vor allem Reststoffe aus der Landwirtschaft. Die Idee Maniok-Schalen als Rohstoff für Baustoffe zu verwenden, stammt von Kolawole Adisa Olonade von der Universität in Lagos. Maniok - auch Cassava genannt - ist in Afrika als Stärkelieferant ein wichtiges Grundnahrungsmittel. Nigeria ist der größte Cassava-Produzent. Doch die Cassava-Schalen landen tonnenweise auf Müllhalden, wo sie nur langsam verrotten. Dabei schlummert in ihnen ungeahntes Potenzial. "Die Asche aus Cassava-Schalen oder Reishülsen eignet sich hervorragend als Zementersatz für die Betonherstellung", erläuterte Schmidt gegenüber bioökonomie.de auf der Hannover Messe.
Der Beton, den Schmidt in der mehrjährigen Kooperation mit Partnern aus Nigeria hergestellt hat, ist nicht nur technisch überzeugende Zementalternative. Cassavaschalen sind in mehrfacher Hinsicht als Baurohstoff geeignet: Zum einen lässt sich aus den Schalen die anhaftende Reststärke als Zusatzstoff für Beton verwenden. Zudem kann nach dem Verbrennen der Schalen, die Asche aufgrund ihres hohen Anteils an reaktivem Siliziumdioxid als nachhaltiger Zementersatz verwendet werden und so die Ökobilanz im Vergleich zu herkömmlichem Beton verbessern. Schließlich kann die bei der Ascheproduktion entstehende Verbrennungsenergie noch genutzt werden, um beispielsweise Ziegel herzustellen.
Pflanzliche Reststoffe als neue Einnahmequelle für Landwirte
Die Materialforscher der BAM sind zuversichtlich, ein heimisches Pendant zur Maniok-Pflanze zu finden, deren pflanzliche Komponenten zukünftig chemische Zusatzstoffe im Hochleistungsbeton ersetzen können. „Aus unserer Grundlagenforschung und den Erfahrungen, die wir bei der Zusammenarbeit mit unseren afrikanischen Partnern sammeln, werden wir einiges auf die Gegebenheiten in hochtechnisierten Ländern übertragen können“, sagt Wolfram Schmidt. Die Nutzung landwirtschaftlicher Reststoffe in der Bauwirtschaft würde nicht nur die Umwelt schonen. Für Landwirte würde sich damit auch zusätzliche Einkommensquelle auftun.
bb/pg
Wasser ist kostbar. Das gilt insbesondere für warme und subtropische Länder wie das west-afrikanische Burkina Faso. Dabei fehlt es der Landwirtschaft nicht nur an Wasser, sondern auch an Nährstoffen wie Phosphor für den Boden und die darauf angebauten Pflanzen. Phosphor ist ein essenzieller Bestandteil der Landwirtschaft, fördert das Wachstum vieler Pflanzen und kann nicht durch andere Stoffe ersetzt werden. Neue Kleinkläranlagen zur Phosphorrückgewinnung sollen das Abwasserproblem entschärfen und zugleich Dünger für die ausgelaugten Böden bereitstellen. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert das Vorhaben mit rund 121.000 Euro.
Phosphor-Kreislauf schließen
Diese neuartigen Kleinkläranlagen sollen den Menschen in Burkina Faso bald eine deutliche Verbesserung ihrer Lebenssituation bringen. Das Prinzip: Mithilfe von Pflanzenkohle wird lebensnotwendiger Phosphor aus dem Abwasser zurückgewonnen und kann als Bodendünger wiederverwendet werden. Entwickelt und umgesetzt hat das Konzept die Firma Ökoservice (Denkendorf) gemeinsam mit der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) sowie lokalen Partnern vor Ort wie ClimateSol. „Die Projektergebnisse zeigen eindrucksvoll, dass der Phosphor-Kreislauf mit cleverer Umwelttechnik geschlossen werden kann – in Deutschland und weltweit. Das muss auch ein zentrales Anliegen sein, um durch entsprechende Kooperationen unsere gemeinsame Lebensgrundlage zu erhalten“, so DBU-Generalsekretär Alexander Bonde.
Aus Abfall wird Dünger
Der Clou der neuen Kleinkläranlangen: Auf die Vorklärung kann verzichtet werden, so dass kein hochbelasteter Fäkalschlamm entsteht. Zudem ist die Anlage äußerst kompakt gebaut. Beides bringt deutliche Kostenvorteile und einen geringeren ökologischen Fußabdruck. „Das Besondere ist, dass wir dem Klärschlamm regionale Pflanzenkohle hinzugegeben haben. Die bleibt beim Kochen über, wird aus den Schalen des Wüstendattelbaums gewonnen und ist ein Abfallprodukt der Ölherstellung“, erklärt Projektleiter Jörg Fingas von der TUHH. Auf der Kohle lagert sich demnach der im Schmutzwasser enthaltene Phosphor und die Biomasse ab, so dass sie anschließend gezielt als Dünger eingesetzt werden und nährstoffarme Böden wieder fruchtbarer machen kann. Fingas zufolge ist das Wasser am Ende soweit gereinigt, dass damit Felder bewässert werden können.
Nächstes Ziel: Trinkwasserqualität
Ökologische und ökonomische Aspekte standen für die Projektpartner immer im Vordergrund: „Deshalb haben wir die Anlage so konzipiert, dass sie von lokalen Handwerkern gebaut werden kann und damit eine Wertschöpfung vor Ort stattfindet“, sagt Thomas Czoske von Ökoservice. Möglichst viele Bauteile sollen lokal beschafft werden können. Die getestete Anlage ist für einen Haushalt mit bis zu 12 Personen ausgelegt. Für die Zukunft sind jedoch Größenordnungen von bis zu 5.000 Menschen angedacht. Somit eignen sich die zukünftigen Kleinkläranlagen sowohl für einzelne Wohngebäude als auch für Hotels, Schulen oder Camps. Für die nächsten zwei Jahre ist zunächst einmal der Betrieb der Testanlage geplant. In dieser Zeit soll außerdem im Rahmen einer Doktorarbeit erforscht werden, ob mit der Kleinkläranlage sogar Trinkwasserqualität erreicht werden kann. „Mit dem Projekt stärken wir gleich mehrere Kreisläufe: neben dem des Phosphors auch den des Wassers und der lokalen Wertschöpfung“, fasst DBU-Experte Franz-Peter Heidenreich zusammen.
jmr
Biofilme können nicht nur Schiffsrümpfen zusetzen oder unsere Zähne angreifen. Sie können sogar gesundheitsgefährdend sein, wenn sich Mikroorganismen in die hartnäckigen und schleimigen Schichten einnisten oder diesen gar selbst produzieren und sich dadurch vor unserem Immunsystem oder Antibiotika schützen. So macht es auch das Bakterium Bacillus subtilis, das eine ganz eigene Methode entwickelt hat, die schützende Schleimschicht aufzubauen. Ein Berliner Forscherteam um Anne Diehl vom Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie (FMP) und Yvette Roske vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) berichtet im Fachjournal PNAS von der besonderen Schleimbildung.
TasA ist ein dynamisches Protein
Um die Ausbildung von Biofilmen zu hemmen und die Wirksamkeit beispielsweise von Antibiotika zu garantieren, ist es notwendig, die Struktur des Biofilms zu kennen. Wie die Forscher jetzt herausfanden, wird der wichtigste Baustein des Biofilms, nämlich das Protein TasA, bereits im Zellinneren vorgeformt. Gelangt TasA dann nach außen, bildet es längere Ketten, sogenannte Fibrillen, die wie ein Grundgerüst oder „Mauern“ den Biofilm stabilisieren.
Das Ziel der Berliner Forscher war es, die molekulare Struktur von TasA zu entschlüsseln. Anne Diehl vom FMP wurde dabei von den Eigenschaften des Proteins überrascht: „Ich habe in den 32 Jahren meiner Berufstätigkeit auf dem Gebiet der Proteinstrukturforschung noch nie mit einem so dynamischen Protein gearbeitet. Bereits nach kurzer Zeit lagern sich die löslichen TasA-Proteine zusammen und erzeugen einen Gelee-artigen Zustand“, so Diehl im Rückblick.
Robuster Kern mit flexiblen Schlaufen
Einen möglichen Grund fand Yvette Roske vom MDC: Sie entschlüsselte die dreidimensionale Faltung des Proteins mittels hochenergetischer Röntgenstrahlung am BESSY in Berlin-Adlershof. „Es zeigte sich, dass die Struktur von TasA in weiten Bereichen hoch geordnet ist. Ein großer Anteil an ß-Faltblatt-Elementen verleiht dem Protein einen robusten Kern, der jedoch mit flexiblen Schlaufen dekoriert ist", erklärt Roske.
Hohe Stabilität trotz fehlender Aminosäure Arginin
Überrascht waren die Forscherinnen auch darüber, dass die Aminosäure Arginin nicht zu den Bestandteilen von TasA gehört. Denn Arginin ist einer der häufigsten Bausteine von Proteinen. „Dass ein Protein gänzlich auf diesen Grundbaustein verzichtet, muss einen Grund haben", betont Diehl. Arginin dient häufig als Ansatzpunkt für Proteasen - Enzyme, die andere Proteine zerschneiden. Die Abwesenheit von Arginin erklärt möglicherweise die außerordentliche Stabilität von TasA gegenüber Proteasen und macht dieses Protein damit zu einem äußerst robusten Stützpfeiler des schützenden Biofilms.
Neue Ansätze gegen Krankheitserreger
Die Erforschung der Biofilme geht nun in die nächste Phase. Die Teams vom FMP und MDC konnten bereits zeigen, dass sich zuvor ungeordnete flexible Teile von TasA neu ausrichten, wenn sich die Bausteine zu Fibrillen zusammenlagern. Weitere Untersuchungen der Fibrillen sollen dazu beitragen, die Stabilität der Biofilme besser zu verstehen und vielleicht sogar neue Ansätze im Kampf gegen Krankheitserreger zu finden.
jmr
Reststoffe nutzen und natürliche Ressourcen schonen - dies sind nur zwei Eckpfeiler auf dem Weg hin zu einer nachhaltigen und biobasierten Wirtschaft. Doch grüne Ideen in der Bioökonomie brauchen Anschub, um zu wachsen und auf dem Markt bestehen zu können. Hier setzt der Gründerwettbewerb „PlanB- Biobasiert.Business.Bayern“ an. Der Wettbewerb wird seit 2014 von der BioCampus Straubing GmbH organisiert und von einem breiten Partner- und Sponsoringnetzwerk unterstützt. Neben dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Energie und Technologie gehören Unternehmen wie Evonik, der Spezialchemie-Konzern Clariant, der Futtermittelhersteller DoFu und der High-Tech Gründerfonds zu den Unterstützern.
Ideen im Film darstellen
Am 7. Mai ist nunmehr die dritte Staffel von PlanB gestartet. Erneut werden vielversprechende Geschäftsideen von Start-ups und Innovatoren aus ganz Deutschland gesucht, die sich einer nachhaltigen und biobasierten Wirtschaft verschrieben haben und mit grünen Produkten, Technologien, Prozessen oder Dienstleistungen aktiv sind. Die Vorhaben können bis zum 14. August in Form von kurzen Skizzen, aber auch per Film online über die Webseite von PlanB eingereicht werden.
Using residual materials and conserving natural resources - these are just two of the cornerstones on the way to a sustainable and bio-based economy. However, novel green ideas in the bioeconomy need support to grow and succeed in the marketplace. This is where the start-up competition "PlanB- Biobased.Business.Bavaria" comes into play. The competition has been organized by BioCampus Straubing GmbH since 2014 and is supported by a broad partner and sponsoring network. In addition to the Bavarian State Ministry for Economic Affairs, Energy and Technology, companies such as Evonik, the specialty chemicals group Clariant, the feed producer DoFu and the High-Tech Gründerfonds are among the supporters.
Presenting ideas on film
On May 7th the third round of PlanB has started. Once again, the game is on for promising business ideas by start-ups and innovators from all over Germany, who are committed to a sustainable and bio-based economy and are involved with green products, technologies, processes or services. The projects can be submitted in the form of short sketches, but also by film, online via PlanB's website until August 14th.