Aktuelle Veranstaltungen

Eine Wertschöpfungskette in der Bioökonomie umfasst zum Beispiel den Landwirt, der den nachwachsenden Rohstoff erzeugt, ein Unternehmen, das diesen Rohstoff verarbeitet und ein Produkt erzeugt, und einen Käufer, der von der Ware überzeugt sein muss. Um eine biobasierte Wirtschaft als festen Bestandteil einer nachhaltigen Industriegesellschaft zu etablieren, ist ein umfassender gesellschaftlicher Wandel notwendig. „Bislang wurden etliche bioökonomische Wertschöpfungsketten grundlegend analysiert, dennoch ist viel mehr möglich, als bislang gemacht wird“, sagt Simon Glöser-Chahoud vom Karlsruher Institut für Technologie.

Wo liegen Risiken und Hemmnisse?

Daher untersucht der Wirtschaftsingenieur im Forschungsprojekt CoBiVal die Möglichkeiten, neue biobasierte Wertschöpfungsketten zu entwickeln und bereits bestehende Wertschöpfungsketten zu optimieren. Mit welchen Maßnahmen, Konzepten und Geschäftsmodellen lassen sich die Akteurinnen und Akteure zur Partizipation an Wertschöpfungsketten motivieren? Dabei richtet er, anders als bisher üblich, den Blick nicht nur auf eine Wertschöpfungskette als Ganzes, sondern auf die einzelnen Kettenglieder. Denn die Transformation der industriellen Produktion hin zu mehr Nachhaltigkeit könne nur funktionieren, wenn die Einzelnen gleichermaßen profitieren und Risiken wie auch Gewinne fair verteilt werden.

Was muss passieren, damit einzelne Akteure zusammenarbeiten? Glöser-Chaoud führt aus: „In den Wertschöpfungsketten sollen Akteure zusammenkommen, die bislang nicht viel miteinander zu tun hatten.“ Zum Beispiel arbeiten dann Landwirte, Forstwirte oder Kommunen Hand in Hand mit der verarbeitenden Industrie. Damit sind sie in der Rolle von Zulieferern etwa für die Automobil-, Textil- oder Chemieindustrie. „Wie können wir Kooperationen entlang von Wertschöpfungsketten entwickeln?“, lautet eine der zentralen Fragen des Projektes CoBiVal. Die Abkürzung steht für Cooperation and Competition in Bioeconomy Value Chains.

Interviews und Fragebögen liefern Daten

Das Bundesforschungsministerium fördert das Projekt unter dem Dach der Fördermaßnahme „Bioökonomie als gesellschaftlicher Wandel“. Über die Dauer von drei Jahren, bis Mitte 2022, stellt es eine Fördersumme von 333.000 Euro zur Verfügung.

Doktorand Raphael Heck, ebenfalls Wirtschaftsingenieur, will für das Projekt „ganz vorne beginnen, auf dem Acker, dann kommen die verarbeitenden Betriebe und hinten raus geht es bis zum Marketing“. Als ersten Schritt ermittelt er, welche Flächen zur Verfügung stehen könnten. Unter welchen Bedingungen würden Besitzerinnen und Besitzer Grünland, Wald oder etwa verbuschte Flächen für bioökonomische Nutzungskonzepte zur Verfügung stellen oder selbst bewirtschaften?

Antworten liefern systematische empirische Untersuchungen durch Datenerhebungen über Interviews und Fragebögen. Damit erfragt der Wissenschaftler Anreize und Hemmnisse und identifiziert regionale Besonderheiten. In Baden-Württemberg sind zum Beispiel aufgrund der alten Erbteilung viele Grundstücke, die kleiner als zwei Hektar sind, in Privatbesitz. In den östlichen Bundesländern sind dagegen die Anbauflächen meist sehr groß. Die regionalen Unterschiede stellen eine besondere Herausforderung für die Entwicklung neuer Kooperationen und Geschäftsmodelle dar, mit denen man innovative Verwertungspfade etablieren möchte.

Methoden zur Bewertung von Wertschöpfungsketten

In weiteren Schritten dienen die erhobenen Daten einer quantitativen Modellierung unterschiedlicher Wertschöpfungsketten. Schließlich möchte Glöser-Chahoud „als Wirtschaftsingenieur Methoden zur Bewertung von Prozessketten entwickeln“. Dies ist das ambitionierte, übergeordnete Ziel des Projektes CoBiVal. Für den Leiter der Forschungsgruppe „Nachhaltige Wertschöpfungsketten“ am Karlsruher Institut für Technologie wäre eine allgemeine Methodik, wie man die Sicht einzelner Akteure einbinden kann, auch ein bedeutendes Instrument für die Kreislaufwirtschaft insgesamt. So soll etwa mit Hilfe computergestützter Simulationen die Wirkungsweise verschiedener Anreize und Rahmenbedingungen auf das Verhalten einzelner Akteure untersucht werden.

Die erste Wertschöpfungskette, die Doktorand Heck unter die Lupe nimmt, umfasst Miscanthus, das Chinaschilf. Das widerstandsfähige, schnellwüchsige Gewächs benötigt vergleichsweise wenig Dünger und liefert bei geringen Anbaukosten große Mengen Biomasse. Hier fragt das Projekt exemplarisch ab, was einen Landwirt von einem Anbau abhalten könnte. So weiß Glöser-Chahoud etwa, dass die Miscanthus-Ernte mit einem hohen Maschinenverschleiß einhergeht. Genossenschaften könnten hier Abhilfe schaffen, da sich Investitionskosten auf mehreren Schultern verteilen. In ihnen sieht der Wirtschaftsingenieur auch eine Möglichkeit, dass die einzelnen Zahnräder besser ineinandergreifen: „Genossenschaften genießen hohes Vertrauen." Sie könnten die Interessen von Akteursgruppen gebündelt vertreten, mit Industriepartnern verhandeln und dadurch ein weiteres Hemmnis beseitigen. Die Produzentinnen und Produzenten von nachwachsenden Rohstoffen fürchten unter anderem langfristige Abhängigkeiten von den Käufern der Ware.

Bioplastik aus Chinaschilf

Chinaschilf kann Energie liefern, aber auch Rohstoff für weitere Industrieprodukte sein. Ein spannendes Forschungsfeld und wichtiges Element einer bioökonomischen Wertschöpfungskette sind Bioraffinerien, mit deren Hilfe die möglichst vollständige stoffliche Verwertung von Biomasse angestrebt wird. Chinaschilf enthält vor allem Lignocellulose, deren Nutzung derzeit die nahegelegene Universität Hohenheim intensiv erforscht. Dort entstand ein Bioraffinerie-Technikum, das erstmals in einem kontinuierlichen Prozess aus Chinaschilf ein Ausgangsprodukt für Biokunststoffe herstellen wird.

Neben Chinaschilf sind für den Doktoranden Heck „viele weitere Anbau-Szenarien denkbar“. Das Projekt CoBiVal erforscht dafür, welche Wertschöpfungsketten Potenzial bieten. Sein Wunsch ist, dass im Sinne der Artenvielfalt eine „standortspezifische, mosaikartige Bewirtschaftung entsteht, die kleinteilig Wälder, Äcker oder verbuschtes Land einschließt“.

Für den Projektleiter Glöser-Chahoud ist die Übertragbarkeit der Ergebnisse und eine übergreifende Methodik der Schlüssel, um Maßnahmen, Konzepte und Geschäftsmodelle zu identifizieren und zu bewerten, mit denen man Akteure zur Partizipation motivieren kann. So bekommt der Technologietransfer weiteren Anschub und mehr biobasierte Produkte, Prozesse und Wertschöpfungsketten finden ihren Weg in die Praxis.

Autorin: Ulrike Roll

Ob Lebensmittelreste oder Grünschnitt: In Städten fallen täglich tausende Tonnen biogener Reststoffe an, die zum großen Teil im Abfall landen. Die Entwicklung innovativer Konzepte zur Produktion, Nutzung und Verwertung biogener Roh- und Reststoffe im städtischen Raum stand im Fokus des Ideenwettbewerbs beim nunmehr 9. Deutschen Nachhaltigkeitspreis Forschung, der vom Bundesforschungsministerium ausgelobt wird. Nach einem "Makeathon" im Juni in Berlin wählte eine Jury die besten drei Ideen aus. Mit Waste-to-Resource-Unit, loopsai und Urban Pergola stehen die Finalisten des Ideenwettbewerbs nun fest. Ab sofort kann der Gewinner online gewählt werden.

Eine mobile Bio-Raffinerie für Lebensmittelreste

Das fünfköpfige Team von Waste-to-Resource-Unit überzeugte die Jury mit der Idee einer modularen Bio-Raffinerie, die die Umwandlung von Lebensmittelabfällen in hochwertige Ressourcen ermöglichen soll. Lebensmittelabfälle wie Obst- und Gemüseschalen oder tierische Produkte werden hier direkt vor Ort in Kantinen oder anderen Einrichtungen hygienisch aufgearbeitet und in ihre Bestandteile wie Stickstoff- und Kohlenstoffverbindungen zerlegt. Diese werden dann im Bio-Reaktor zur Kultivierung von Mikroalgen genutzt, aus denen wiederum Lebensmittel hergestellt werden können.

Aufgrund ihrer Container-Bauweise kann die Bio-Raffinerie modular zusammengesetzt werden und ist somit flexibel einsetzbar sowie mobil. „Die Waste-to-Resource-Unit könnte erfolgreich den Kreislauf zwischen Lebensmittelabfällen, wie sie in großen Mengen im städtischen Umfeld vorkommen, und der Lebensmittelproduktion, die zumeist fernab der Städte stattfindet, schließen“, urteilte die Jury. Sie ermögliche eine hochwertige Verwertung von Nahrungsmittelresten und reduziere Transportwege auf ein Minimum.

Mit KI Stoffkreisläufe optimieren

Mit einer Software will das Projektteam von loopsai Stoffkreisläufe schließen. Mit Hilfe künstlicher Intelligenz sollen Stoffströme einzelner Unternehmen wirtschaftlich sinnvoll und maximal ressourceneffizient miteinander vernetzt werden. Sie stellt Fragen wie, wer kauft welche Mengen von welchem Rohstoff ein, ist dies überhaupt nötig oder ließen sich auch Abfallprodukte anderer Unternehmen stattdessen verwenden, und zeigt ein digitales Ebenbild, einen so genannten digitalen Zwilling des Unternehmens, und seine Bedürfnisse. Getestet werden soll die Software in einer Pilzfarm, in der Speisepilze auf Kaffeesatz angebaut werden. „loopsai erscheint als vielversprechende Lösung, um hochkomplexe Stoffströme nicht nur zu erfassen und besser zu verstehen; sie bietet auch die Gelegenheit sie so miteinander zu vernetzen, dass am Ende ein geschlossener Kreislauf entsteht. So könnten nicht nur Angebot und Nachfrage besser bedient, sondern auch wertvolle Ressourcen eingespart und Transportwege verkürzt werden“, so die Begründung der Jury.

Die Entdeckung des revolutionären Werkzeugs der Molekularbiologie - der Genschere CRISPR-Cas9 - wurde mit dem Nobelpreis für Chemie 2020 ausgezeichnet. Für die Entdeckerinnen ist es die Krönung einer Serie hochkarätiger Wissenschaftspreise: die in Berlin forschende Mikrobiologin Emmanuelle Charpentier und die US-Molekularbiolgin Jennifer Doudna sind längst zu Stars der Wissenschaft avanciert.

Emmanuelle Charpentier hat mit dem CRISPR-Cas-System einen einzigartigen Mechanismus entdeckt und damit die Grundlagen für ein revolutionäres Werkzeug der molekularbiologischen Forschung geschaffen. Schon früh hielten Experten das Werkzeug für einen Meilenstein der Biotechnologie (zum Erklärvideo EXPRESS: hier klicken). Auf der ganzen Welt wird mittlerweile daran gearbeitet, wie sich die Genschere sinnvoll nutzen lässt – in der Medizin, aber auch in der Züchtung neuer Pflanzen. 

Charpentier hatte CRISPR-Cas als Teil des Virenabwehrsystems der Bakterien entdeckt. Die Mikroben wehren Attacken ihrer Feinde ab, indem sie deren Erbgut zerschneiden. Nach Stationen in den USA und Österreich wechselte sie 2009 an die Universität in Umeå. 2012 veröffentlichte die Wissenschaftlerin eine komplette Anleitung für den Schneidemechanismus im Fachmagazin Science. Seitdem nutzen Wissenschaftler rund um den Globus das neue Genome-Editing-System.

Der Nobelpreis ist auch ein großer Erfolg für den Forschungsstandort Deutschland: Seit Anfang 2013 ist Charpentier in Deutschland und arbeitete hier zunächst als Humboldt-Professorin am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig. Seit 2015 wirkt die Französin in Berlin: Zunächst als Direktorin am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin, wo sie die Abteilung für "Regulation in der Infektionsbiologie" leitete. Seit 2017 leitet sie nun die Max-Planck-Forschungsstelle für die Wissenschaft der Pathogene

Reaktionen aus der Politik 

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek gratulierte Frau Charpentier herzlich zum Nobelpreis für Chemie – und freute sich nach dem Physik-Nobelpreis für Reinhard Genzel vom Vortag über die Doppelehrung für Forschende in Deutschland. „Beide Entscheidungen des Stockholmer Preis-Komitees zeigen, dass der Wissenschaftsstandort Deutschland exzellent und wettbewerbsfähig ist.“ Die Bundesministerin wies auf das Anwendungspotenzial der Genschere CRISPR-Cas9 hin: „Hierdurch ergeben sich umfangreiche Anwendungsmöglichkeiten in vielen Bereichen der Molekulargenetik, zum Beispiel in der Pflanzenzüchtung oder auch in der Medizin. Mit dieser neuen Methode stehen in beiden Disziplinen völlig neue Wege offen. Nutzen und Risiken müssen mit und in der Gesellschaft sorgfältig diskutiert werden.“

Auch Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner betonte das Potenzial der neuen molekularen Werkzeuge: „Die Entscheidung des Nobelpreiskomitees bringt zum Ausdruck, wie fundamental die Entwicklung der Genschere ist, welche Bedeutung ihr zugeschrieben wird – gerade auch für die Landwirtschaft und die weltweite Ernährungssicherung.“ Klöckner sagte weiter: „Die klassische Pflanzenzucht hat schon immer das Erbgut von Nutzpflanzen angepasst. Mit der Genschere kann aber zielgenauer, schneller geforscht werden. Deshalb setze ich Hoffnungen in solche neuen Züchtungsmethoden.“ Diese seien natürlich kein Allheilmittel. „Doch wenn wir Pflanzen wollen und brauchen, die resistent sind gegen Wetterkapriolen und Klimawandel, die weniger Pflanzenschutzmittel benötigen, dann sollten wir verantwortungsvoll über eine differenzierte Zulassung solcher Verfahren für die Pflanzenzucht diskutieren.“

pg

 

The discovery of the revolutionary tool of molecular biology - the CRISPR-Cas9 gene scissors - was awarded the Nobel Prize for Chemistry 2020. For the discoverers it is the crowning glory of a series of top-class science prizes: microbiologist Emmanuelle Charpentier, who conducts research in Berlin, and US molecular biologist Jennifer Doudna have long become stars of science.

With the CRISPR-Cas system, Emmanuelle Charpentier has detected a unique mechanism and thus laid the foundation for a revolutionary tool in molecular biological research. Early on, experts considered the tool to be a milestone in biotechnology. All over the world, people are now working on how the genetic scissors can be used sensibly - in medicine, but also in the breeding of new plants.

Charpentier had discovered CRISPR-Cas as part of the bacteria's viral defense system. The microbes fend off attacks by their enemies by cutting up their genetic material. After working in the US and Austria, she moved to the University of Umeå in 2009. In 2012, the scientist published a complete manual for the cutting mechanism in the journal Science. Since then, scientists around the world have been using the new genome editing system.

The Nobel Prize is also a great success for Germany as a research location: Charpentier has been in Germany since the beginning of 2013, initially as Humboldt Professor at the Helmholtz Centre for Infection Research in Braunschweig. Since 2015, the Frenchwoman is working in Berlin: first as Director at the Max Planck Institute for Infection Biology in Berlin, where she headed the Department of "Regulation in Infection Biology". Since 2017, she is now head of the Max Planck Unit for the Science of Pathogens.

Reactions from politics

Federal Research Minister Anja Karliczek congratulated Ms. Charpentier warmly on winning the Nobel Prize in Chemistry and - after the Nobel Prize in Physics for Reinhard Genzel the previous day - was delighted about the double honor of researchers in Germany. "Both decisions of the Stockholm Prize Committee show that Germany is an excellent and competitive location for science". The Federal Minister pointed out the application potential of the CRISPR-Cas9 gene scissors: "This opens up extensive application possibilities in many areas of molecular genetics, for example in plant breeding or even in medicine. This new method opens up completely new paths in both disciplines. Benefits and risks must be carefully discussed with and within society".

Federal Minister of Agriculture Julia Klöckner also emphasized the potential of the new molecular tools: "The decision of the Nobel Prize Committee expresses how fundamental the development of the genetic scissors is, what significance is attributed to it - especially for agriculture and global food security". Klöckner went on to say: "Classical plant breeding has always adapted the genome of crops. But with the genetic scissors, research can be conducted more precisely and more quickly. That is why I have high hopes for such new breeding methods". These are of course not a panacea. "But if we want and need plants that are resistant to capricious weather conditions and climate change, that require less pesticides, then we should discuss responsibly about a differentiated approval of such methods for plant breeding."

pg

Auf dem Einkaufszettel der Tester standen Tintenfisch, Austern, Garnelen, Krabben und Sardinen. Wie die Forscher im Fachblatt "Environmental Science&Technology" berichten, sind sie in jeder einzelnen Probe fündig geworden.

Die höchste Gesamtkonzentration an Kunststoff mit 2,9 mg wurde bei den Sardinen gefunden, die niedrigste mit 0,04 mg beim Tintenfisch. Belastet waren alle Proben, keine einzige Probe war plastikfrei. Fünf verschiedene Kunststofftypen gleichzeitig konnten die Wissenschaftler erkennen und messen.

Rechnet man den Mikroplastikgehalt auf eine gängige Portion um, würde das bedeuten, dass beispielsweise eine Mahlzeit mit Sardinen bis zu 30 mg Plastik enthalten kann. Zum Vergleich: 30 mg sind das durchschnittliche Gewicht einen Reiskorns. Schätzungen zufolge nimmt jeder Europäer, der häufig Meeresfrüchte konsumiert, jährlich im Durchschnitt 11.000 Mikroplastikpartikel auf.

Ob und wie Mikroplastik den Meerestieren schadet, ist bisher kaum untersucht. Beobachtet wurden Schäden oder Veränderungen im Stoffwechsel der Tiere, die sich auf die Lebenserwartung und die Fortpflanzung auswirken, so die Studie. 

The testers' shopping list included squid, oysters, shrimps, crabs and sardines. As the researchers report in the journal "Environmental Science&Technology", they found what they were looking for in each individual sample.

The highest total concentration of plastic with 2.9 mg was found in sardines, the lowest with 0.04 mg in squid. All samples were contaminated, not a single sample was free of plastic. The scientists were able to identify and measure five different types of plastic simultaneously.

If one converts the microplastic content to a common portion, this would mean that a meal with sardines, for example, can contain up to 30 mg of plastic.  For comparison: 30 mg is the average weight of a grain of rice. It is estimated that each European who frequently consumes seafood consumes an average of 11,000 microplastic particles annually.

Whether and how microplastics harm marine animals has hardly been investigated so far. Damage or changes in the metabolism of the animals, which affect life expectancy and reproduction, have been observed, according to the study. 

Gerade in der Zeit des Corona-Lockdowns im Frühjahr haben viele Menschen die Welt der Spiele neu oder wieder für sich entdeckt – ob als Brettspiel oder in digitaler Form. Spiele machen nicht nur Spaß, sondern sind auch hervorragend geeignet, einen Zugang zu komplexen Themen wie der Bioökonomie zu erlangen.

Spielemacher und -designer haben inzwischen vielfach Themen wie die Landwirtschaft, grüne Wirtschaft oder Biodiversität für sich entdeckt. Damit machen sie die Bioökonomie auf eine ganz neue Weise erlebbar.

In diesem Dossier stellt Martin Reich aus dem Team von bioökonomie.de – selbst passionierter Spieler – eine Auswahl von Bioökonomie-Spielen vor. 

Ob fliegende Insekten oder Wildpflanzen: Die Artenvielfalt ist bedroht und nimmt immer mehr ab – nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit, wie der Weltbiodiversitätsrat in seinem ersten globalen Bericht 2019 resümiert. Sollte der Mensch seine Lebensweise nicht ändern, könnten den Experten zufolge etwa 1 Million der derzeit bekannten acht Millionen Tier- und Pflanzenarten im Laufe der nächsten Jahre aussterben. Vor allem die Landwirtschaft, die als Mitverursacher des Biodiversitätsverlustes seit langem in der Kritik steht, ist vom Artenrückganges stark betroffen. In einer aktuellen Stellungnahme nehmen daher die deutschen Wissenschaftsakademien die biologische Vielfalt in der Agrarlandschaft ins Visier. Daran beteiligt waren die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften sowie die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften.

Acht Vorschläge zur Förderung der Artenvielfalt

Das 80 Seiten umfassende Papier „Biodiversität und Management von Agrarlandschaften“ gibt einen Überblick über den aktuellen Stand des Wissens zum Biodiversitätsverlust sowie seinen Ursachen und Folgen. Die Autoren lassen keinen Zweifel daran, dass akuter Handlungsbedarf besteht. Der Artenrückgang werde zukünftig die Funktionsfähigkeit der Agrarökosysteme einschränken und spürbare Folgen für Mensch und Umwelt haben, heißt es. Der Zustand der Biodiversität in der Agrarlandschaft erfordere rasches Handeln von allen Beteiligten und insbesondere von der Politik mutige Entscheidungen, arumentieren die Forschenden.

Die Autoren stellen aber auch klar, dass sich der Wert der Biodiversität nicht nach „rein ökonomischen Kriterien" bemessen lässt, sondern durch ein „Zusammenspiel vieler Faktoren" wie intensivierte Landnutzung und biologisch-technische Innovationen zur Produktionssteigerung bestimmt wird. In ihrer Stellungnahme zeigen die deutschen Wissenschaftsakademien daher acht konkrete Maßnahmen auf, mit denen sich der Rückgang der biologischen Vielfalt in der Agrarlandschaft aufhalten oder sogar umkehren lassen würde.

Kurswechsel in der Agrarpolitik

Dazu gehört vor allem eine veränderte Agrarpolitik auf nationaler und Europäischer Ebene. Es müssten Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Landwirte aktiv unterstützen, biodiversitätsfreundlich zu wirtschaften, heißt es. Eine besondere Rolle spielen hier die Subventionszahlungen der Europäischen Union. Nach Ansicht der Forschenden sollten diese zukünftig stärker an „tatsächlich erbrachte und messbare Ökosystemleistungen geknüpft werden”.

Darüber hinaus empfehlen die Autoren die Weiterentwicklung der Umweltpolitik, eine Anpassung des Agrar- und Umweltrechts, die Entwicklung von planungsbasierten, regional differenzierten und gemeinschaftlichen Ansätzen bei der Landschaftsplanung sowie den Ausbau von Monitoring und Forschung. Auch Kommunen, Handel und Märkte sollten demnach stärker in die Pflicht genommen sowie das Bewusstsein in der Bevölkerung gestärkt werden, damit die Nachfrage nach biodiversitätsfreundlicher Produkten  steigt und der Fleischkonsum reduziert wird.

Gesamtgesellschaftlicher Wandel dringend nötig

Der Schutz der Artenvielfalt sei eine „dringende und komplexe Herausforderung”, schreiben die Autoren. Es bedürfe eines gesamtgesellschaftlichen Wandels hin zu einer nachhaltigen Landwirtschaft. Vor allem die ökonomischen, politischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in der Landwirtschaft müssten dabei berücksichtigt werden.

Die Wissenschaftsakademien verweisen auch auf Zielkonflikte, die die Nutzung der Agrarlandschaft mit sich bringt. Doch die Erhaltung der biologischen Vielfalt in Agrarlandschaften steht nicht per se im Widerspruch zu einer zukunftsgerichteten landwirtschaftlichen Produktion. Eine Förderung der biologischen Vielfalt wie etwa durch den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit nutze auch der Landwirtschaft, argumentieren die Autoren.

bb

Im Haushalt fallen täglich große Mengen Plastikmüll an. Auch wenn viele Verpackungen mittlerweile aus Biokunststoffen wie Polymilchsäure (PLA) bestehen: nicht alle Biokunststoffe sind auch biologisch abbaubar und müssen daher aufwendig recycelt werden. Mit dem Biopolymer Polyhydroxyalkanoat (PHA) nehmen Forschende nun einen Kandidaten ins Visier, der bisher wenig Beachtung fand, aber vielversprechend ist. Denn die Biosynthese erfolgt durch Mikroorganismen, die PHA verstoffwechseln. Forschende vom Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB und des Fraunhofer-Instituts für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV wollen nun gemeinsam mit der Universität Stuttgart und der LCS Life Cycle Simulation Verpackungen aus PHA für die Kosmetikindustrie entwickeln.

Bakterien mit Reststoffen füttern

„Im Prinzip geht es uns darum, möglichst neue Strukturvarianten herzustellen, damit dann geprüft werden kann, ob sich der jeweilige Kunststoff als Verpackungsmaterial eignet“, erklärt Susanne Zibek vom IGB in Stuttgart. Im Labor hat Zibek bereits verschiedene Bakterien mit Reststoffen wie Holzabfällen gefüttert, um zu sehen, wie die kohlenstoffbasierten Futterquellen die Bakterien zur PHA-Produktion anregen. Gemeinsam mit ihren Forschungspartnern will Zibek im Rahmen des Projektes SusPackaging neue biologisch abbaubare Plastikalternativen entwickeln und das in einer komplett grünen Wertstoffkette.

PHA-Extraktion ohne Lösungsmittel

Das PHA aus den Mikroorganismen wird gewöhnlich mit Lösemitteln wie Chloroform extrahiert. Dafür hat das IBG-Team eine nachhaltige Alternative parat. „Unser Ziel ist es, von diesen umweltbelastenden Lösemitteln wegzukommen“, erklärt Vásquez-Caicedo, Leiterin des Themenfelds Lebensmitteltechnologie am Fraunhofer IGB. Sie hat eine rein mechanisch-physikalische Methode zum Aufschluss der Zellen, die so genannte Druckwechseltechnik, entwickelt. Das Prinzip: Die Fermentationsbrühe, in der sich die Mikroorganismen befinden, wird zunächst mit einem Arbeitsgas versehen und unter Druck gesetzt, sodass das Gas bis in das Zytoplasma der Zellen eindringt. Wird der Druck in dem Gemisch anschließend abrupt wieder gesenkt, dehnt sich das Gas aus, die Zellen werden gesprengt und das PHA dadurch freigesetzt.

PHA für kleine Einwegverpackungen geeignet

In Form von weißem Pulver wird das extrahierte PHA anschließend am Fraunhofer IVV in Freising zu einem Granulat und dann zu Folien weiterverarbeitet. Auch wenn die dabei erzeugten Mengen noch sehr gering sind, die Ergebnisse geben Hoffnung. „Bei den mechanischen Eigenschaften zeigt sich, dass manche PHA-Typen derzeit noch etwas schwierig zu prozessieren sind. Da müssen wir noch ein wenig nachsteuern." Was die Barriereeigenschaften betrifft, sind die PHAs im Vergleich zu anderen Biopolymeren vielversprechend. Anhand der Ergebnisse des IVV konnte Susanne Zibek die Futterstrategie ihrer Bakterien verändern und so die Qualität von PHA verbessern. Energieeffizienz und Nachhaltigkeit des gesamten Prozesses werden abschließend beim Projektpartner LCS Life Cycle Simulation ermittelt. Doch schon jetzt steht fest: Das Potenzial dieses Biopolymers ist groß. Den Forschenden zufolge könnte es vor allem für kleine Einwegverpackungen eine Alternative zu fossilen Kunstoffen sein.

bb

Essen zum Mitnehmen liegt im Trend. Doch kaum ist die Speise vertilgt, landen Essensbox und Besteck im Abfall. Gerade Einwegprodukte aus Plastik sind bekanntermaßen zu einem Umweltproblem geworden und sollen daher künftig verboten werden. Das Heidelberger Start-up Frenvi hat eine Alternative parat: mit EATlery bieten sie ein Essbesteck an, das aus nachwachsenden Rohstoffen besteht und  – wie der Name andeutet -  gleich mitgegessen werden.

Voll kompostierbar

Das essbare Besteck besteht aus einer Getreidemischung, die mit verschiedenen Aromen versetzt ist. Je nach Gebrauch - ob für Suppe oder Eis -  werden Löffel, Gabel oder Messer in verschiedenen Geschmacksrichtungen wie Vanille oder Curry angeboten. Wer das Keksbesteck zum Nachtisch nicht mag, kann es in der Biotonne entsorgen oder als Tierfutter nutzen. Im Kompost wird es innerhalb von 30 Tagen auf natürliche Weise abgebaut. So bleibt keinerlei Abfall zurück. Auch die Umweltbilanz bei der Herstellung des aromatischen Bestecks ist im Vergleich zu Alternativen aus Bioplastik oder Holz deutlich besser.

Marktreife

Frenvi hat seine EATlery-Palette  bereits erweitert. Neben Rührstäbchen für Kaffee und Piksern für Currywurst sind auch essbare Eisstile auf dem Markt. Becher, Schalen und Teller sollen folgen.

Pflanzen brauchen Nährstoffe wie Stickstoff zum Wachsen. Durch das unkontrollierte Ausbringen von Gülle landen jedoch oft mehr Nährstoffe im Boden als nötig. Forschende der Ruhr-Universität in Bochum haben nun einen Weg gefunden, Pflanzen gezielt mit Nährstoffen zu versorgen. Ein Team um Eckhard Weidner und Sulamith Frerich entwickelte dafür einen Biochip, der kontrolliert Dünger im Boden freisetzt.

Harnstoff in PLA-Schaum verkapselt

Bei dem biobasierten Chip handelt es sich um eine Biopolymer-Kapsel, die eine stickstoffhaltige Substanz beinhaltet. Die Düngekapsel wurde von Doktorandin Diana Keddi entwickelt. „Um das Freisetzungsverhalten steuern zu können, müssen wir gezielt eine Trägermatrix für den Dünger aufbauen“, erklärt Keddi. „Da der Boden nicht mit dem Kapselmaterial kontaminiert werden soll, ist es außerdem vorteilhaft, wenn das Material biologisch abbaubar ist.“

Die Forscherin entschied sich schließlich für einen Schaum aus Polymilchsäure (PLA), um den Nährstoff - konkret Harnstoff - zu verkapseln. PLA, das aus Mais oder Zuckerrohr gewonnen werden kann, ist unter bestimmten thermischen Bedingungen biologisch abbaubar. Die Herausforderung bestand darin, das Biopolymer so zu verarbeiten, dass der Harnstoff dabei nicht thermisch zersetzt wird. Die Versuche ergaben, dass je nach PLA-Typ ein Druck zwischen 200 und 350 bar in einer CO2-Atmosphäre nötig ist, um die PLA schon unter 130 Grad Celsius zum Schmelzen zu bringen, ohne den Harnstoff zu schädigen.

Kontrollierte Düngerfreisetzung

Im Ergebnis entstand eine Kapsel aus PLA und Harnstoff, die die stickstoffhaltige Substanz aus dem PLA-Schaum bei einer kontinuierlichen Durchspülung, wie es heißt, innerhalb von zwei Stunden freisetzt. Mittels der Kapsel konnten die Forschenden die Freisetzungsdauer um ein Vielfaches verlängern. „Ohne Verkapselung würde der gesamte Harnstoff in diesem Versuchsaufbau innerhalb von zwei Minuten freigesetzt werden“, so Keddi.

Bio-Kapsel wird im Boden vergraben

Die biobasierte Düngekapsel entstand im Rahmen von Forschungsarbeiten zu Biopolymeren, die nicht nur herkömmliche Kunststoffe ersetzen, sondern gleichzeitig durch ein zirkuläres Wirtschaften die Umwelt schonen sollen. Die mit Dünger beladenen Biopolymer-Chips könnten künftig einfach neben den Pflanzen im Boden vergraben werden, wo sie Schritt für Schritt die stickstoffhaltigen Substanzen abgeben und so den Boden kontrolliert düngen. Mit seiner Studie hat das Bochumer Team bewiesen, dass die Methode funktioniert. Bis zu einer industriellen Anwendung sind jedoch noch weitere Versuche nötig.

bb

Escherichia coli, Aspergillus niger oder auch Saccharomyces cerevisiae: Die meisten der heute bedeutsamen Plattformorganismen in der Biotechnologie sind eher zufällig zu solchen geworden. Sie waren die ersten mit einer bestimmten Eigenschaft, die entdeckt wurden, und haben sich etabliert. „Diese Organismen sind heute gut bekannt und bequem zu handhaben“, erzählt die Biotechnologin Denise Bachmann von der RWTH Aachen, „doch das heißt nicht, dass sie für den jeweiligen Prozess auch die Besten sind.“ Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat daher das Förderprogramm „Mikrobielle Biofabriken“ aufgelegt, um neue, industriell relevante Mikroorganismen zu identifizieren. Ein Projekt darin ist „ParaCoquette“, in dem sich Bachmann gemeinsam mit ihrer Kollegin Upasana Pal unter der Leitung von Lars Blank mit der Bakteriengattung Paracoccus befasst.

Viele Stämme mit breitem Stoffwechselspektrum

„Zu Paracoccus gehören viele unterschiedliche Stämme, die einen sehr breiten Stoffwechsel besitzen“, begründet Bachmann die Wahl. Vielleicht entstehen dabei Produkte, die das Bakterium besser herstellen kann als etablierte Mikroorganismen. Es gibt aber auch einige praktische Vorteile, die schon jetzt sicher sind: Während E. coli unter anaeroben Bedingungen beginnt, Säuren zu bilden, die den Prozess stören, produziert Paracoccus auch dann noch weiter, wenngleich in geringem Umfang. Zudem sind einige Paracoccus-Stämme leicht alkaliphil, wachsen also bei erhöhten pH-Werten. Weil das viele Mikroorganismen nicht können, senkt dies die Gefahr von Kontaminationen im Produktionsprozess.

Allzu viel ist über Paracoccus noch nicht bekannt, deshalb bestanden die ersten Monate des Projekts, das das BMBF von Februar 2020 bis Januar 2023 mit 458.000 Euro fördert, auch zu großen Teilen aus Literaturrecherchen. Für die Art P. pantotrophus ist zwar das Genom annotiert, sind also manchen Genen Funktionen zugeordnet, und es ist auch untersucht, welche Kohlenstoff- und Stickstoffquellen dieser Typstamm nutzt. „Aber das wissen wir so genau eben nur über diesen einen Stamm“, sagt Bachmann. Und es sind mehr als 70 Arten von Paracoccus bekannt. Rund 100 Stämme und Unterstämme sollen im Projekt ParaCoquette untersucht werden. Einige wurden zwar schon als nützliche Mitglieder von Klärschlamm-Bakteriengemeinschaften identifiziert, aber gezielt industriell werden davon keine eingesetzt. Als Produzent von Chemikalien ist kein Paracoccus-Stamm etabliert.

 

Wurzeln versorgen Pflanzen mit wichtigen Nährstoffen und Wasser. Sie kommunizieren mit den Mikroorganismen im Boden und geben der Pflanze zudem Halt. Doch die Wurzellänge ist bei Pflanzen sehr unterschiedlich. Tiefwurzler wie Leguminosen können beispielsweise bei Trockenheit tiefer liegende Ressourcen anzapfen. Pflanzen mit kurzen Wurzeln wie Mais haben wiederum einen besseren Zugang zu Phosphat, der meistens in den oberen Bodenschichten lagert. Ein Team um Pflanzengenetikerin Caroline Gutjahr von der TUM School of Life Sciences in Weihenstephan hat nun den molekularen Mechanismus entschlüsselt, der das Wachstum der Pflanzenwurzeln beeinflusst.

Hormon bremst Wurzelwachstum

„Es hat sich gezeigt, dass das Protein SMAX1 die Produktion von Ethylen bremst“, sagt Gutjahr, deren Arbeit von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Emmy-Noether-Programms gefördert wurde. Das Pflanzenhormon Ethylen ist an zahlreichen Entwicklungsprozessen wie der Bildung von Blattspreite oder Blattkrümmung beteiligt. Es beeinflusst aber auch Alterungsprozesse wie die Fruchtreifung, die Blütenentwicklung oder den Blattabwurf und wirkt als Signalstoff bei Schädlingsbefall und Wundreaktionen.

Mechanismus des Karrikin-Signalweges geklärt

Wie das Forscherteam im Fachjournal PNAS berichtet, kann die Blockade durch die Hormonbremse SMAX1 jedoch aufgehoben werden. Dafür muss der sogenannte Karrikin-Signalweg eingeschaltet werden, der dann ein anderes Hormon aktiviert, das die Ethylen-Produktion wieder anschaltet, wodurch die Wurzeln kurz bleiben, aber die Wurzelhaare länger werden. Der Studie zufolge hängt die Länge der Wurzelhaare entscheidend davon ab, wie viel Ethylen die Pflanze erzeugt.

Die Untersuchungen offenbarten jedoch, dass der Einfluss dieses Signalweges bei den Pflanzen sehr unterschiedlich ist. „Überraschenderweise hat dieser Mechanismus einen enormen Einfluss auf die Wurzeln des Hülsenfrüchtlers Lotus japonicus, der Modellpflanze für Erbsen, Bohnen und Linsen, an der wir unsere Studie durchführten“, sagt Gutjahr. Bei der Modellpflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) sah das hingegen ganz anders aus: Hier war der Einfluss des Karrikin-Signalweges auf die Wurzeln deutlich geringer. „Das zeigt, dass die Diversität der Pflanzen sich nicht nur im Aussehen widerspiegelt, sondern auch in der Wirkung ihrer molekularen Schaltmechanismen auf das Wachstum“, schlussfolgert die Forscherin.

Wurzelwachstum den Umweltbedingungen anpassen

Mit ihrer Studie konnten die Münchner erstmals die molekularen Vorgänge des Karrikin-Signalweges nachvollziehen und zeigen, welche Mechanismen die Entwicklungsprozesse in Pflanzen regulieren.  „Wenn wir genauer verstehen, wie Wurzelwachstum auf molekularer Ebene und in Abstimmung mit Umweltreizen reguliert wird, können wir Pflanzen für die Landwirtschaft züchten, welche besser mit ungünstigen Umweltbedingungen zurechtkommen und damit auch unter diesen ungünstigen Bedingungen Ertrag bringen“, so Gutjahr.

bb

Der Kohleausstieg ist beschlossen. Bis spätestens Ende 2038 soll in Deutschland keine Braunkohle mehr verstromt werden. Nicht nur die Energiewende ist in diesem Zusammenhang eine große Herausforderung, sondern auch der Strukturwandel in den vom Kohleausstieg betroffenen Regionen. Dieser Wandel soll aktiv gestaltet und genutzt werden, um die Wirtschaft zukunftsfähig und nachhaltig auszurichten. Im Rheinischen Revier entsteht hierzu eine Modellregion für Bioökonomie. Die Innovationslabore sind dabei ein wichtiger Baustein. In Real-Laboren sollen Forschungsansätze erprobt werden, die sehr gute wirtschaftliche Umsetzungsmöglichkeiten versprechen. Landwirte und Vertreter aus der Industrie können die nachhaltigen Innovationen direkt vor Ort testen. Wir stellen die beiden Innovationslabore „E-HyBio“ und „UpRePP“ beispielhaft vor.

Weniger Abfallprodukte und Wasserverbrauch durch elektrohybride Trenntechnik

Das Akronym „E-HyBio“ steht für das Innovationslabor „Elektrohybride Trennverfahren für eine emissionsarme Bioökonomie“. Forschende an der RWTH Aachen arbeiten hier an einem Prototyp zur Aufarbeitung biotechnologisch hergestellter Carbonsäuren. Als Plattformchemikalien sind diese Grundlage unter anderem für Polymilchsäure, mit deren Hilfe beispielsweise Joghurtbecher hergestellt werden. Bei der biotechnologischen Erzeugung von Carbonsäuren können Mikroorganismen für die industrielle Bioökonomie genutzt werden.

Der Prototyp, an dem die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Lehrstuhls für Fluidverfahrenstechnik von Andreas Jupke arbeiten, verringert durch den Einsatz elektrochemischer Verfahren die Salz-Abfallströme und den daraus resultierenden Wasserverbrauch, welche aktuell bei der Produktion von Carbonsäuren entstehen. Perspektivisch ist dies für industrielle Anwendungen von großer Bedeutung. „Aktuell ist der Markt für biotechnologisch hergestellte Carbonsäure noch klein“, sagt Christian Kocks, Mitarbeiter von Jupke. Er zeigt aber auch die Notwendigkeit der Forschung auf: „Die Entsorgung von Neutralsalzen in Oberflächengewässern wie Flüssen oder Seen wird immer schwieriger. Die Salzkonzentration kann hier die zulässigen Grenzwerte überschreiten. In heißen Sommern wie 2018 drohen dann Betriebsstopps, um eine zu große Gewässerbelastung zu vermeiden. Das Feedback der Industrie ist daher sehr positiv. Besonders die Vermeidung von Salzemissionen ist ein aktuelles Thema.“ Somit hilft das elektrohybride Trennverfahren Unternehmen auch bei ihrer Risikoprävention.

Reststoffe als Grundlage neuer Geschäftsmodelle

Der Lehrstuhl für Fluidverfahrenstechnik der RWTH Aachen ist auch am Innovationslabor „Up-cycling regionaler Reststoffe zur Produktion von Plattformchemikalien“ (UpRePP) beteiligt. Zusammen mit den Lehrstühlen für Bioverfahrenstechnik und Systemverfahrenstechnik der RWTH Aachen sowie dem Institut für Bio- und Geowissenschaften des Forschungszentrums Jülich wird daran gearbeitet, Reststoffe aus der Lebensmittelindustrie in Bioraffinerien zu nutzen. Dadurch sollen neue Wertschöpfungsmöglichkeiten für Unternehmen im Rheinischen Revier entstehen.

Aus Reststoffen, die zum Beispiel bei der Herstellung von Zucker aus Zuckerrüben oder von fär-benden Lebensmitteln entstehen, lassen sich mithilfe der Biotechnologie Komponenten für Endprodukte der Medizin- und Pharmaindustrie wie etwa Hydrogele zum Einsatz in Wundverbänden erzeugen. Allerdings gelingt nur bei wenigen Prozessen der Transfer in die Industrie, die meisten Ver-fahren existieren derzeit nur im Labormaßstab. Das soll sich im Innovationslabor UpRePP ändern. Zum aktuellen Entwicklungsstand sagt die Wissenschaftlerin und Projektmitarbeiterin Katharina Saur: „Momentan führen wir die Versuche noch im Labormaßstab durch, das Scale-up in die Bioraffinerie ist für Ende des Jahres geplant. Dadurch können wir dann eine aussagekräftige technoökonomische Bewertung durchführen und einen beispielhaften Business Case für die Verwertung von Reststoffströmen schaffen.“

Gerade Insekten wie Bienen sind für den Fortbestand vieler Pflanzen und damit ganzer Ökosysteme unverzichtbar. 2017 wurde erstmals aufgezeigt, wie massiv der Rückgang der Insekten tatsächlich ist. Danach ist die Zahl der Fluginsekten in Deutschland von 1989 bis 2016 um 75% zurückgegangen. Auch die natürlichen Bestäuber sind davon betroffen. Ursache für den Insektenschwund ist neben dem Klimawandel auch die veränderte Landnutzung.

Pflanzenentwicklung in Hightech-Kammern simuliert

Forscher und Forscherinnen der Uni Jena und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig haben nun erstmals untersucht, inwiefern der Insektenrückgang die Biodiversität und das Blühverhalten der Pflanzen beeinflusst. Für die Versuche nutzte das Team um Christine Römermann und Nico Eisenhauer die Hightech-Kammern des iDiv-Ecotron. Hier können in künstlichen Ökosystemen klimatische Situationen simuliert und per Kamera beobachtet werden. Im Experiment wurde getestet, wie sich die Pflanzenzusammensetzung und die pflanzliche Entwicklung verändern, wenn die Zahl der Insekten um 75% schrumpft.

Blühverhalten verändert sich

Laut der Veröffentlichung im Fachjournal Frontiers in Plant Science, kommt es durch eine geringere Insektenzahl zu einer Artenverschiebung bei den Pflanzen, sodass dominierende Gewächse wie der Wiesenklee häufiger auftreten. Auch wurde ein verändertes Blühverhalten festgestellt. Die geringere Insektendichte führte dazu, dass manche Pflanzen früher blühten, andere erst später. „Durch diese Veränderungen kann es zu einer zeitlichen Diskrepanz zwischen Pflanzen- und Tierarten kommen. Daraus resultieren negative Folgen für das Ökosystem“, so Josephine Ulrich von der Arbeitsgruppe Biodiversität der Pflanzen der Universität Jena und Erstautorin der Studie.

Negative Folgen für Ökosysteme

Durch das veränderte Blühverhalten wird beispielsweise die Nahrungsmittelversorgung der Insekten, aber auch der Bestäubungserfolg gefährdet. Es wird befürchtet, dass diese Verschlechterung der Ökosystemfunktion zu einem weiteren Artenverlust bei Insekten und Pflanzen führen könnte und zudem Pflanzenschädlinge wie Läuse künftig leichtes Spiel haben, weil es an Insekten fehlt, die sich von ihnen ernähren.

bb