Aktuelle Veranstaltungen

Wissenschaftliche Entdeckungen sind mitunter umstritten. Jüngstes Beispiel: die Designernuklease CRISPR-Cas9. Mithilfe des genchirurgischen Präzisionsinstruments hatten chinesische Forscher erstmals menschliches Erbgut von Embryonen bearbeitet. Für viele Molekularbiologen weltweit war damit eine ethische Grenze  überschritten. "Darf die Wissenschaft, was sie kann?" – ist daher eine Frage, worüber Nobelpreisträger und Nachwuchswissenschaftler  aus aller der Welt noch bis zu 3. Juli bei der Nobelpreisträgertagung in Lindau diskutieren. Neben der Humangenetik steht auch das Thema Nachhaltigkeit im Fokus der Traditionsveranstaltung.

Einmal im Jahr wird das beschauliche Städtchen Lindau am Bodensee zu einem Mekka der klügsten Kopfe der Welt. Nobelpreisträger und herausragende Nachwuchsforscher aus aller Welt treffen sich hier seit 1951, um über bedeutsame globale Themen der Wissenschaft zu diskutieren, Erfahrungen auszutauschen und Kontakte zuknüpften. Zum 65. Jubiläum glänzen die „Tagungen der Nobelpreisträger“ mit einer Rekordbeteiligung. Insgesamt 65 preisgekrönte Forscher, darunter Max-Planck-Forscher Stefan Hell, der im vergangenen Jahr den Chemie-Nobelpreis für Mikroskopie erhielt und Krebsforscher Harald zur Hausen, sind zum Bodensee gekommen, um mit 650 Nachwuchsforschern aus 88 Ländern zu debattieren. „Kernanliegen der Tagung ist die Inspiration und Motivation junger Wissenschaftler und Forscher“, sagte die Präsidentin des Kuratoriums der Nobelpreisträgertagungen, Bettina Gräfin Bernadotte in ihrer Eröffnungsrede.

Anders als in den Vorjahren stehen wieder  alle drei naturwissenschaftlichen Nobelpreiskategorien – Chemie, Physik, Physiologie/Medizin – gleichberechtigt im Mittelpunkt der Lindauer Veranstaltung. Das Programm geht unter anderem der Frage nach, inwieweit vom Zusammenspiel unterschiedlicher Forschungszweige künftig Durchbrüche in Schlüsselbereichen zu erwarten sind. Ein Schwerpunktthema bildet dabei die Humangenetik und die ethische Frage: Darf die Wissenschaft, was sie kann? Das sogenannte Embryonen-Experiment chinesischer Forscher hat erst kürzlich die Debatte um die ethischen Grenzen der Forschung neu entflammt. Mit Hilfe eines neuen genetischen Werkzeuges, der Designernuklease CRISPR-Cas9, hatten die Forscher erstmals menschliches Erbgut in Embryonen bearbeitet. Weltweit distanzierten sich Wissenschaftler von dem Eingriff in die Keimbahn und .

Ktitischen Blick bei gentechnischen Fragen behalten

Bundespräsident Joachim Gauck mahnte in seiner Eröffnungsrede, dass gerade in Fragen der Gentechnologie die „schleichende Veränderung unserer gesellschaftlichen Leitbilder“ kritisch beobachtet werden müsse. Die schwierige Debatte über „die Grenze zwischen Machbarkeit und Wünschbarkeit“ dürfe nicht nur in Ethikkommissionen und Parlamenten geführt werden, sagte Gauck.

Mit Bakterien Bioplastik herstellen

Auch die Bioökonomie hat beim Treffen der klügsten Köpfe der Welt einen festen Platz im Programm. So wird auch in diesem Jahr das Thema Nachhaltigkeit Vorträge und die Diskussionsrunden der Lindauer Tagungen bestimmen. Auf Einladung der Landesregierung Baden-Württemberg wird Hartmut Grammel von der Hochschule Biberach über die Entwicklung von Photosynthesebakterien als neuartige Produktionsorganismen für die Biotechnologie referieren.

Im Rahmen des Forschungsprojektes der BMBF-Förderinitiative Biotechnologie 2020+  experimentieren Gammel und Magdeburger Forscher mit Bakterien, um CO2 zu verbrauchen und so das Klimagas aus der Atmosphäre zu entfernen. Darüber sucht der Forscher nach Lösungen, mikrobielle Stämme für industrielle Anwendungen wie die Produktion von Bioplastik durch den systematischen Einsatz natürlicher Evolutionsmechanismen zu verbessern.

BMBF unterstützt Nobelpreisträgertreffen

Das traditionelle Nobelpreisträgertreffen wird vom Bundesforschungsministerium mit jährlich einer Million Euro unterstützt. Im Rahmen des Treffens lud Bundesforschungsministerin Johanna Wanka alle Akteure zum Sommerfest. „Diese Perle müssen wir in Deutschland halten“, hatte Wanka bereits  im Vorfeld der Tagung in einem Interview mit der Schwäbischen Zeitung erklärt. Bei der Podiumsdiskussion zum Thema „Science Education“ am Freitag auf der Insel Mainau wird Forschungsstaatssekretär Georg Schütte sprechen.

Mikroorganismen tummeln sich zuhauf im Erdboden und machen mit 70 Prozent den größten Teil der Biomasse aus.  In Land- und Forstwirtschaft  übernehmen sie wichtige Funktionen im Stoffkreislauf. Doch welchen Einfluss hat die intensive Landnutzung auf die Mikroben und wie wirken sich die veränderten Lebensbedingungen auf die mikrobielle Vielfalt aus? Diesen Fragen gehen Forscher der Universität Hohenheim im Rahmen eines Schwerpunktprogramms zur Biodiversitätsforschung nach. Das Teilprojekt zu den „mikrobiellen Besiedlungsstrategien in Grünlandböden“ wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit knapp einer halben Million Euro gefördert.

Sie sind mit dem bloßem Augen nicht zu sehen und uns Menschen doch zahlenmäßig überlegen: Mikroorganismen. Bakterien, Pilze, Algen und Einzeller sind auch in Böden präsent und hier nützliche Helfer: sie machen den Acker fruchtbar, zersetzen organische Schadstoffe und verbessern die Bodenstruktur. Doch der Mensch setzt den Winzlingen mit Dünger, Rodung oder Bebauung mitunter ganz schon zu. Wie sich das Zusammenspiel der Mikroorganismen in Grünlandböden unter veränderten Lebensbedingungen verhält, wird von Wissenschaftlern der Universität Hohenheim seit einiger Zeit erforscht.

Biologische Vielfalt im Ökosystem

Im Projekt „Mikrobielle Besiedlungsstrategien und Ressourcennutzung in Grünlandböden mit unterschiedlicher Landnutzungsintensität“ untersucht das Team von Ellen Kandeler und Sven Marhan die Besiedlung von neuen Lebensräumen des Bodens. Das Projekt  ist  Teil eines Großvorhabens zur Biodiversitätsforschung und wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) über drei Jahre mit rund einer halben Million Euro unterstützt. Die Wissenschaftler untersuchen darin unter anderem die Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Bodenorganismen sowie den Einfluss der Biodiversität auf das Ökosystem.

Denn Mikroorganismen haben einen großen Einfluss auf das Klima, da sie CO2, Lachgas oder Methan freisetzen oder binden. Häufiges Mähen, übermäßiges Düngen oder die Beweidung mit Tieren verändert jedoch die Lebensbedingungen der Winzlinge. Diese Veränderungen wollen die Forscher aus Hohenheim genau analysieren. „Dazu gehen wir der Frage nach, wie neue Bodenoberflächen unter dem Einfluss von unterschiedlicher Grünlandnutzung durch Mikroorganismen besiedelt werden. Dafür vergraben wir bestimmte Mineralien und Wurzeln in kleinen Beuteln in unterschiedlich genutzten Grünlandböden“, erläutert Ellen Kandeler,  Leiterin des Instituts für Bodenbiologie an der Universität Hohenheim und Leiterin des DFG-Forschungsprojektes.

Tipps für Landwirte

Nach der Entnahme der Beutel untersuchen die Forscher dann, welche Mikroben und in welcher Menge sich auf den Oberflächen wie Tonminerale oder Streu niedergelassen haben. Darüber hinaus werden auch Bodenproben zu unterschiedlichen Zeiten in den ausgewählten Projektregionen Brandenburg, Thüringen und Baden-Württemberg entnommen. Darüber hoffen die Forscher zu erfahren, ob die Intensität der Grünlandnutzung die Funktionen der Mikroben generell und wie beeinflusst. „Unser Ziel ist es, allgemeingültige Aussagen zu treffen und daraus Empfehlungen, beispielsweise für Landwirte, ableiten zu können“, erklärt Kandeler.

Landkarte zu Bodenmikroben geplant

An dem Großprojekt zur Biodiversitätsforschung sind bundesweit mehr als 40 Projekte und rund 330 Wissenschaftler von verschiedenen Universitäten und Forschungseinrichtungen beteiligt. Alle Daten der beteiligten Projekte fließen in ein zentrale Datenbank und sollen im Ergebnis die Basis für eine Art Landkarte bilden, auf der die Verteilung der Bodenorganismen dargestellt wird.

Durch die Schlote der Stahlwerke dringen täglich große Mengen Abgase, die Kohlenmonoxid (CO) und Kohlendioxid (CO2) enthalten. Etwa 1,8 Tonnen Kohlendioxid entstehen etwa bei der Produktion nur einer Tonne Stahl. Das Gas entweicht in der Regel ungenutzt. Doch in den berüchtigten Klimagasen steckt durchaus mehr Potenzial: Fraunhofer-Forscher erforschen einen Weg, um die Kohlenstoffmengen zu verwerten - mithilfe von Biotechnologie. Gentechnisch veränderte Bakterien nutzen hierbei die Abgase für ihren Stoffwechsel und verwandeln sie in Kraftstoffe und Spezialchemikalien.

Mit dem im vergangenen Jahr von der Bundesregierung verabschiedeten Klimapaket sollen die Treibhausgase bis 2020 um 40 Prozent reduziert werden. Neben der Vermeidung von CO2 ist eine alternative Strategie, die Abgase durch intelligente Verfahren stofflich weiter zu nutzen. Fraunhofer-Wissenschaftler haben nun einen vielversprechenden Weg gefunden,  die Abgase von Stahlwerken besser zu nutzen. Dafür entwickelten sie ein biotechnologisches Fermentierungsverfahren, das die kohlenstoffreichen Abgase in interessante Chemikalien verwandelt. 

Bakterien verputzen Abgase

Die Forscher nutzen sogenanntes Synthesegas - ein Mix aus Kohlenmonoxid, Kohlendioxid und Wasserstoff - um damit Mikroben zu füttern. Der Stoffwechsel von Bakterienstämmen der Gattung Clostridium wurden mit Methoden der Synthetischen Biologie so umfunktioniert, dass sie das Abgasgemisch nun verwerten können. So fermentieren die Zellfabriken die Stahlwerkabgase zu Alkoholen wie Butanol oder Hexanol sowie Aceton. Die Produkte werden in weiteren chemisch-physikalischen Schritten noch weiter umgewandelt, bis ein Zwischenprodukt aus längerkettigen Alkoholen und Ketonen entsteht. Dieses Zwischenprodukt eignet sich, um daraus Kerosin und Spezialchemikalien herzustellen. „Allein die Mengen an Kohlenstoff, welche in Form von Kohlendioxid aus den Duisburger Stahlwerken rauchen, würden aus unserer Sicht ausreichen, um den kompletten Kerosinbedarf einer großen Airline zu decken“, so Stefan Jennewein vom Fraunhofer IME in Aachen, der das Projekt koordiniert.

Weitere Anwendung im Blick

Dass tatsächlich Flugzeuge damit angetrieben werden, davon sind die Wissenschaftler noch ein ganzes Stück entfernt. Noch funktioniert das Verfahren nur im Labor. Doch schon jetzt zeichnet sich ab, welche Möglichkeiten die neue Verwertungsmethode mit sich bringt. „Neben den Abgasen der Stahlherstellung können auch Synthesegas-ähnliche Gasgemische aus der Haus- und Industriemüll-Verbrennung für das entwickelte Verfahren genutzt werden“, so Jennewein weiter. An dem Projekt sind die neben dem Fraunhofer IME in Aachen auch die Frauenhofer-Institute für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT in Oberhausen und für Chemische Technologie ICT in Pfinztal beteiligt.

Ersatz für Erdöl

Die IME-Forscher haben die molekularbiologische Seite des Verfahrens entwickelt und ihre Synthesegas-Fermentationsanlage ausgebaut. Am Oberhauserer UMSICHT wurde die noch restwasserhaltigen Fermentationsprodukte zu dem Zwischenprodukt umgewandelt. Daraus konnten die Forscher der Abteilung Umweltengineering am ICT schließlich Spezialchemikalien gewinnen. „Die von uns künstlich hergestellten Produkte können sowohl als Kraftstoffe als auch für Spezialchemikalien eingesetzt werden. Genau wie das bislang mit Erdöl als Rohstoffquelle funktioniert“, erklärt Jennewein. Nach dem Erfolg im Labor will das Fraunhofer-Trio zeigen, dass ihre neue Technologie auch für größere Mengen geeignet ist. „Unser Ziel ist es, die Kraftstoffe für Zertifizierungsprozesse anzumelden. Dort wird ihre Praxistauglichkeit von offizieller Seite bestätigt. Das dauert für Fahrzeugdiesel etwa ein und für Kerosin etwa drei Jahre", sagt Jennewein.

Produkte aus dem Biokunststoff Polymilchsäure (PLA) haben in der Verpackungsindustrie und bei Herstellern von Kinderspielzeug schon länger ihren Platz gefunden. Wegen der leichten Verformbarkeit  ist der Einsatz des biologisch abbaubaren Materials jedoch begrenzt. Das könnte sich aber bald ändern. Fraunhofer-Forscher aus Potsdam haben gemeinsam mit Partnern aus der Kunststoffbranche zwei neue Typen von PLA entwickelt, die hitzebeständiger und äußert stabil sind. Im Chemieunterricht könnten Molekül-Modelle aus dem neuen Biokunststoff als innovatives Anschauungsmaterial dienen.

Folien, Dosen, Jogurtbecher, Flaschen oder Bauklötzchen für Kinder werden schon länger aus Polymilchsäure hergestellt. Doch das biologisch abbaubare Material hat einen Nachteil: schon ab 60 °C verändert Polylactat (PLA) seine ursprüngliche Form. Der Grund für die relativ geringe Wärmebeständigkeit liegt in der Zusammensetzung von rechts- und linksdrehenden Milchsäureeinheiten. PLA besteht danach bis zu 98 Prozent aus rechtsdrehenden Milchsäuremolekülen, wie sie auch in Jogurt zu finden sind. Der Rest sind linksdrehende Einheiten, die zufällig über die Ketten verteilt sind.

Milchsäureeinheiten neu verknüpft

Gemeinsam mit drei Unternehmen aus der Kunststoffbranche haben Forscher vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP) in Potsdam-Golm das Problem gelöst. In einem vom Land Brandenburg und der EU geförderten Projekt entwickelten die Wissenschaftler mit der Uhde Inventa-Fischer aus Berlin zwei völlig neue PLA-Typen des Biokunststoffes.  „Wir haben Milchsäureeinheiten auf neuartige Weise miteinander verknüpft“, erklärt Polymerforscherin Antje Lieske. Abhängig von der jeweiligen Zusammensetzung entstanden so die Typen c-PLA  und sb-PLA. C-PLA besteht danach zu 100 Prozent aus rechtsdrehenden Milchsäureeinheiten, während sb-PLA aus zwei Sorten Perlenschnüren besteht, die entweder 100 Perlen rechts- oder 100 Perlen linksdrehender Milchsäureeinheiten umfassen. „Die beiden Schnüre sind immer abwechselnd miteinander verbunden“, sagt Lieske.

Molekül-Baustein als Testobjekt

In einem weiteren Schritt wurden die zwei neuen Polymilchsäure-Kandidaten in Forst bei der Firma Linotech durch spezielle Zusätze schlagzäh gemacht, also abgehärtet. »Dieser Schritt ist sehr wichtig, damit das PLA-Produkt auch sehr hohen mechanischen Belastungen standhalten kann“, erklärt Geschäftsführer Cord Grashorn. Bei der Hesco GmbH in Luckenwalde wurde schließlich aus beiden neuen PLA-Typen ein erstes Objekt hergestellt: ein Schwefelmolekül für einen Chemiebaukasten. Der abschließende Test ergab: beide Typen sind bis 75°C bzw. 90°C formstabil und kristallisieren schneller als herkömmliches PLA. Das sb-PLA lässt sich zudem fast genau so verarbeiten wie der herkömmliche erdölbasierte Kunststoff Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS). Trotz des Erfolgs - noch ist das neue PLA-Material in der Herstellung teuer. Als nächstes sollen daher das Spritzgießverfahren verbessert und die Produktion von sb-PLA stark vereinfacht werden.

Haustiere haben in der Regel einen Namen. Dass die Namensgebung auch in der Nutztierhaltung funktioniert, haben Forscher vom Leibniz-Institut für Nutztierhaltung jetzt bei Schweinen bewiesen.  In der Experimentieranlage in Dummersdorf wurden Sauen mit jeweils eigenen Namen vertraut gemacht und marschierten erst nach namentlichem Aufruf zum Futtertrog. Diese Art der Fütterung vermeidet Stress und soll bald schon in bundesdeutschen Schweineställen Alltag sein. Die Weiterentwicklung des erfolgreich getesteten Aufrufsystems wird mit 253.000 Euro vom Bundeslandwirtschaftsministerium gefördert.

Massentierhaltung bedeutet in der Regel Stress für das Tier. Vor allem das Drängeln am Futtertrog sorgt buchstäblich für Chaos im Schweinestall. Aber es geht auch anders. Im  Experimentierstall der Nutztierbiologen vom Dummersdorfer Leibniz-Institut geht es durchaus geordnet und stressfrei zu. Der Grund: Ein Aufrufsystem managt das Leben im Schweinestall. Das heisst: jedes Tier hat einen Namen und hört auf ihn. Nach zwei bis drei Wochen Dressur trotteten die Säue Beate, Susi und Auguste gemächlich nach einander zum Trog, sobald ihr Name aufgerufen wurde. Nun soll das Projekt „Füttern nach Plan“ auch in anderen Ställen Schule machen. „Die bisherigen Ergebnisse zeigen eindrucksvoll, dass Technik einen erheblichen Beitrag zur Verbesserung des Tierwohls in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung leisten kann“, so Clemens Neumann vom Bundesminsterium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) bei der Übergabe des Förderbescheids. Mit 253.000 Euro wird die Weiterentwicklung des vielversprechenden  Aufrufsystems von der Deutschen Innovationspartnerschaft Agrar (DIP) gefördert.

Weniger Stress am Futtertrog

Zwölf Jahre forschten und testeten die Dummersdorfer Wissenschaftler das neue Verfahren. Sie sind überzeugt: Der namentliche Aufruf von Schweinen zur Fütterung kann erheblich dazu betragen, unerwünschte Stresssituationen am Futtertrog zu verhindern, Krankheiten frühzeitig zu erkennen und das Tierwohl insgesamt zu verbessern. Bei der Aufruffütterung handelt es sich um die Weiterentwicklung der elektronischen Futterstationen, die zur Versorgung von in Gruppen gehaltener trächtiger Sauen  zum Einsatz kommt. Hier werden bis zu 60 Tiere zentral nacheinander versorgt. Über Ohrmarkentransponder können sich die trächtigen Tiere Futteranteil „abholen“. 

Tiere auf Namen dressiert

„Unsere Weiterentwicklung setzt im Gegensatz dazu auf ein Futtermanagement per Aufruf, das heißt, die Sauen werden mit ihrem Namen zur Futteraufnahme aufgerufen. Das Verfahren der Aufruffütterung basiert auf einer automatisierten Konditionierung der trächtigen Sauen, also dem Training auf einen Namen, das ca. zwei bis drei Wochen dauert“, erläutert der Leiter des Instituts für Verhaltensphysiologie am FBN, Birger Puppe. Hier lernen die Tiere, auf ein individuelles Signal zu reagieren und sich der Futterstation zu nähern. „Der wesentliche Effekt des Aufrufverfahrens ist die Vermeidung von Futterkämpfen in der Sauengruppe sowie das Setzen von Beschäftigungsanreizen“, erklärt der FBN-Projektleiter Christian Manteuffel.

Erste Tests auch im Kuhstall

Vor allem vom Einsatz des  Verfahrens  bei der Haltung von großen Tierbeständen rechnen die Forscher mit einem echten Mehrwert für den Halter. „Bei der Aufruffütterung wird dieser Mehrwert durch die Möglichkeit geschaffen, mit gesünderen Tieren länger arbeiten zu können. Die Langlebigkeit der Sauen wird dadurch für die Halter zu einem Faktor von direktem wirtschaftlichem Interesse“, so Manteuffel.  Die  Rostocker pironex GmbH wird im Rahmen des Projektes das Aufrufsystem zu einem kostengünstigen Seriengerät fertigen. Das System wird auch bei der Haltung von Kühen erprobt.

Bäume und Sträucher auf Ackerflächen oder Weideland sind charakteristisch für sogenannte Agroforstsysteme. Diese Art der mehrschichtigen Landnutzung ist zwar nicht neu. In Mitteleuropa gilt Frankreich als Vorreiter. Dagegen steckt Deutschland noch im Versuchsstadium fest. Ob diese Form der Landwirtschaft nachhaltig ist und welche Folgen diese auf den Boden haben, ist für Deutschland noch nicht systematisch untersucht. Diese Lücke wollen Göttinger Bodenforscher nun in einem neuen Projekt schließen. Drei Millionen Euro stellt das Bundesforschungsministerium dafür bereit.

Grüne Pappeln oder Sträucher durchziehen in mehreren Reihen das Getreidefeld. Während der Mähdrescher die goldenen Ähren jedes Jahr abmäht, bleiben Bäume und Hecken noch Jahre stehen. Die Kombination von Gehölzen mit landwirtschaftlicher Nutzung wird seit rund 30 Jahren in Ländern mit gemäßigtem Klima sowie am Mittelmeer praktiziert. Der Vorteil dieser multifunktionalen Landnutzung: Im Vergleich zu Monokulturen kann unter einer agroforstlichen Bewirtschaftung durch eine verbesserte Ausnutzung von Nährstoffen und Wasser ein Mehrertrag von bis zu 40 Prozent erzielt werden. Bäume und Sträucher dienen zudem als Windschutz und Schattenspender sowie als Wasser- und Erosionsschutz.

Basis für Agrofortstwirtschaft in Deutschland schaffen

In Deutschland ist die Agroforstwirtschaft jedoch noch nicht verbreitet, nicht zuletzt vor dem Hintergrund, weil der Nutzen für hiesige Verhältnisse noch nicht ausreichend untersucht ist. Mit dem neuen Verbundbprojekt „Sustainable intensification of agriculture through agroforestry (SIGNAL)“ unter Federführung der Universität Göttingen soll diese Lücke nun geschlossen werden.

Millionen für Verbundprojekt

In den nächsten drei Jahren werden neue, speziell an die Bedürfnisse mitteleuropäischer Regionen angepasste agroforstliche Anbausysteme untersucht, die der herkömmlichen Landwirtschaft sowohl ökonomisch als auch ökologisch überlegen sind. Das Projekt wird im Rahmen des Programms „BonaRes – Boden als nachhaltige Ressource für die Bioökonomie“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 2,7 Mio. Euro gefördert. Koordiniert wird das Vorhaben von Bodenforschern an der Universität Göttingen.

Kurzumtriebsplantagen auf den Grund gehen

Dafür werden die Wissenschaftler vier Acker- und drei Grünlandflächen im nord-ostdeutschen Raum ins Visier nehmen, auf denen so genannte Kurzumtriebsplantagen mit Pappeln und Weiden zur Gewinnung von Energieholz angebaut wurden. Bundesweit gibt es vier Agroforstflächen, die zu Versuchszwecken genutzt werden -  in der Thüringer Ackerebene, dem Rekultivierungsgebiet Lausitz und den Regionen Braunschweig und Göttingen. „Bislang fehlt es an einer systematisch vergleichbaren und längerfristigen Auswertung mit Blick auf die Ressource Boden. Deshalb bringen wir die Forscherteams, die an diesen Standorten bereits wertvolle Ergebnisse erarbeitet haben, erstmals in einem sorgfältig geplanten und abgestimmten Verbundprojekt mit einheitlichem experimentellem Design zusammen“, so Edzo Veldkamp von der Universität Göttingen, Sprecher des Verbundprojekts SIGNAL.

Welche Faktoren beeinflussen das Pflanzenwachstum? Antworten auf diese Fragen liefern neben dem Blick ins Erbgut von Nutzpflanzen vor allem Untersuchungen ihrer Gestalt und ihrer unmittelbaren Umgebung. Pflanzen vor Ort auf dem Acker vermessen, das ist jedoch noch immer sehr aufwendig. Bald schon könnte diese zeitintensive Arbeit ein Hightech-Fahrzeug übernehmen, das jetzt seinen ersten Feldtest erfolgreich bestanden hat. Die im Rahmen des Projektes PredBreed von verschiedenen Partnern entwickelte selbstfahrende Messplattform beruht auf einem ausgeklügelten Sensorsystem, das Daten erfasst, kombiniert und auswertet und somit eine wissensbasierte Züchtung verschiedenster Kulturarten erleichtern soll. Die Phänotypisierungsplattform namens BreedVision soll zunächst zur Züchtung einer Getreideart als Energiepflanze eingesetzt werden. Das Projekt wurde vom  Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert.

Die hochgelegte Messstation ähnelt einem Traktor. Doch das vierrädrige Gefährt hat mehr als herkömmliche Agrarmaschinen zu bieten: Es ist ausgestattet mit hochsensibler und modernster Technik und kommt gänzlich ohne Fahrer aus. Bei „BreedVison“ handelt es sich eine Phänotypisierungsplattform, die bisher weltweit einmalig ist. Das Besondere: Mithilfe eines neuartigen Sensorsystems wird eine schnelle, nicht-invasive und präzise Phänotypisierung von Pflanzen im Feld möglich. Die Weltneuheit wurde im Rahmen des vom BMEL geförderten Projektes Predbreed seit 2012 von verschiedenen Partnern entwickelt. Daran beteiligt waren die Landessaatzuchtanstalt an der Universität Hohenheim, die Hochschule Osnabrück sowie die Unternehmen, Saatzucht Dr. Hege und HYBRO Saatzucht, Nordsaat Saatzucht und W. von Borries-Eckendorf der Saaten Union Gruppe. Koordinator des Forschungsprojektes war die Gemeinschaft zur Förderung von Pflanzeninnovation e. V. (GFPi)

Präzise Vorhersage mit sensorbasierten Messdaten

Im Zusammenhang mit der Zucht von Pflanzen zur Biomasseproduktion sind exakte Messdaten Voraussetzung, um das Verfahren wirtschaftlich zu machen. Mit Breedvision haben die Wissenschaftler nun eine Präzisionsphänotypisierungsplattform entwickelt, die den Phänotyp verschiedener Zuchtstämme im Feldversuch zerstörungsfrei erfassen kann. Dafür entwickelten sie einen Multifunktions-Geräteträger mit zahlreichen Sensoren, die sowohl morphologische als auch Daten zu den Inhaltsstoffen der Pflanzen erheben können.

Rückschlüsse zum Feuchte- und Trockengehalt der Pflanze

So erstellen Lichtgitter eine Art Schattenbild der Parzellen, aus denen sich indirekt die Pflanzenhöhe und -dichte bestimmen lässt, und mit einer Hyperspektralkamera kann man über den Feuchtegehalt der Pflanzen Rückschlüsse auf deren Trockenmassegehalt ziehen. Weitere verwendete Sensortypen sind u.a. Laserdistanzsensoren, Time-of-flight-Kameras und Multireflex-Ultraschallsensoren. Die Innovation liegt jedoch in der Bündelung der Sensordaten, die jeweils mit einem Zeit- und Positionsstempel versehen sind und so zur Vorhersage von Zielmerkmalen wie den Jahreeffekt genutzt werden.

Triticale als neue Energiepflanze nutzen

Das Projekt PredBreed wird darüberhinaus auch einen Beitrag zur Entwicklung eines Zuchtprogramms für die relativ neue Getreideart Triticale - eine Kreuzung aus Weizen und Roggen – als Energiepflanze leisten. Hierfür wollen die Wissenschaftler das Potenzial der genomischen Selektion zur Vorhersage der Biomasse erforschen und bis 2017 eine Trainings- und eine Validierungspopulation mit über 1.000 Bioenergie-Triticale-Zuchtstämmen aufbauen und diese mit genomweiten molekularen Markern genotypisieren. Kombiniert mit den mittels der Phänotypisierungsplattform erhobenen Daten können dann biometrische Modelle getestet werden, die es erlauben, den Zuchtwert der Triticale-Zuchtstämme zu schätzen, um diese zukünftig anhand der genotypischen Daten frühzeitig selektieren zu können.