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Durch die Erderwärmung haben Kulturpflanzen wie die Gerste nicht nur mit zunehmender Trockenheit, sondern auch mit dem Befall durch Pilze zu kämpfen, die sich bei Wärme besonders gut vermehren. Pflanzen besitzen jedoch eine Art Immunsystem aus vielen verschiedenen Wirkstoffen, um sich gegen solche Krankheitserreger zu wehren. Wie dieses Abwehrsystem bei der Gerste aussieht, und wo seine Grenzen liegen, haben Forschende des Leibniz-Instituts für Pflanzenbiochemie (IPB) in Halle (Saale) und der Universität Köln genauer untersucht.

Das Immunsystem der Pflanzen

Durch Studien an Kulturpflanzen weiß man: Pflanzen sind Krankheitserregern wie Pilzen nicht schutzlos ausgeliefert, sondern wehren sich gegen die Eindringlinge mit einem Cocktail aus verschiedenen Wirkstoffen, die den Wuchs und die Vermehrung der Erreger im Zaum halten. Die pflanzlichen Abwehrstoffe dieses Immunsystems werden als Phytoalexine bezeichnet, deren Zusammensetzung in jeder Pflanzenart einzigartig ist. Welche Stoffgruppen in den verschiedenen Kulturpflanzen eine Rolle spielen und was genau sie bei den Krankheitserregern bewirken, ist jedoch noch nicht umfassend geklärt. 

Das Forschungsteam fand nun in seiner Studie an Gerstenpflanzen (Hordeum vulgare) heraus, dass die Gerste in ihrer Wurzel eine Sorte von Phytoalexinen produziert, die gegen ein sehr breites Spektrum an Pilzen wirkt. Diese neu entdeckte Stoffgruppe tauften die Forschenden, abgeleitet vom lateinischen Namen der Gerste, Hordedane. Insgesamt 17 verschiedene Hordedane konnten sie in der Gerste nachweisen. Darüber hinaus gelang es ihnen, den Stoffwechselweg zu entschlüsseln, auf welchem diese entstehen. Die Ergebnisse ihrer Studie veröffentlichten die Forschenden kürzlich in Molecular Plant.

Kein hundertprozentiger Schutz 

In ihrer Studie waren die Forschenden jedoch überraschend auf eine Ausnahme gestoßen: Bipolaris sorokiniana, ein Erreger von Wurzelfäule. Der Pilz zeigte sich in seinem Wachstum nicht nur unbeeindruckt von den Hordedanen, sondern er wuchs sogar besser in Anwesenheit dieser ursprünglich zu seiner Vertreibung produzierten Phytoalexine. 

Bipolarisder vor allem in warmen Gebieten weit verbreitet ist, aber allmählich in Richtung Norden wandert, nutzt demnach die Hordedane zu seinem eigenen Vorteil. Der Studie zufolge verwandelt der Pilz die pflanzlichen Abwehrstoffe in pilzeigene Strukturen und bewirkt mit deren Hilfe, die vom Pilz befallenen Wurzelzellen der Gerste länger am Leben zu halten. So hat der Pilz mehr Zeit, zu wachsen und sich zu stärken, bevor er durch Sporenbildung weitere Pflanzen befällt. Wie genau Bipolaris diesen Trick bewerkstelligt, ist noch weitgehend unklar.

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As a result of global warming, crops such as barley not only have to contend with increasing drought, but also with infestation by fungi, which multiply particularly well in warm conditions. However, plants have a kind of immune system consisting of many different active substances to defend themselves against such pathogens. Researchers at the Leibniz Institute of Plant Biochemistry (IPB) in Halle (Saale) and the University of Cologne have investigated in detail what this defence system looks like in barley and where its limits lie.

The immune system of plants

We know from studies on cultivated plants that plants are not defenceless against pathogens such as fungi, but defend themselves against the intruders with a cocktail of different active substances that keep the growth and reproduction of the pathogens in check. The plant defences of this immune system are known as phytoalexins, the composition of which is unique to each plant species. However, it has not yet been fully clarified which groups of substances play a role in the various cultivated plants and what exactly they do to the pathogens.

In their study on barley plants (Hordeum vulgare), the research team has now discovered that barley produces a type of phytoalexin in its roots that is effective against a very broad spectrum of fungi. The researchers named this newly discovered group of substances Hordedane, derived from the Latin name of barley. They were able to identify a total of 17 different hordedanes in barley. They also succeeded in deciphering the metabolic pathway by which they are produced. The researchers recently published the results of their study in Molecular Plant.

No one hundred per cent protection

In their study, however, the researchers were surprised to discover an exception: Bipolaris sorokiniana, a root rot pathogen. Not only was the fungus unimpressed by the hordedans, but it even grew better in the presence of these phytoalexins, which were originally produced to repel it.

Bipolaris, which is particularly widespread in warm regions but is gradually migrating northwards, therefore uses theHordedans to its own advantage. According to the study, the fungus transforms the plant defence substances into fungal structures and uses them to keep the root cells of the barley infected by the fungus alive for longer. This gives the fungus more time to grow and strengthen itself before it attacks other plants by forming spores. How exactly Bipolaris manages this trick is still largely unclear.

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Jubel in Paris: Beim wichtigsten weltweiten Wettbewerb für Schul- und Hochschulteams im Bereich der Synthetischen Biologie, iGEM, haben die deutschen Teams aus Marburg und Heidelberg den Abschluss der Saison 2024 mit dem Gesamtsieg gekrönt. Die insgesamt 15 Hochschulteams aus Deutschland sind zudem mit etlichen Spezialpreisen und Medaillen im Gepäck aus Frankreich heimgekehrt.  

Von 23. bis 26. Oktober hatten rund 400 Teams aus mehr als 50 Ländern an der 21. Auflage des Wettbewerbs international genetically engineered machine (iGEM) teilgenommen. An dem jährlichen Wettbewerb für Schülerinnen und Schüler sowie Studierende, die innerhalb eines Jahres ein eigenes Forschungsprojekt der Synthetischen Biologie konzipieren und umsetzen, kamen rund 5.000 Teilnehmende zum Grand Jamboree auf dem Messegelände „Paris Expo Porte de Versailles“ zusammen. Die Projekte der Teams wurden in diesem Jahr in 14 sogenannten „Villages“ gegliedert, sie stehen für Anwendungsbereiche, die sich auf die Themenfelder „Environment“, „Healthcare“ und „Advancements“ verteilen.  

Marburger Team punktet mit Löwenzahnlatex-Projekt

Das iGEM-Team der Philipps-Universität Marburg holte mit seinem Projekt „Tarakate“ den Gesamtsieg in der Kategorie „Overgraduate“ sowie vier Spezialpreise in den Kategorien Bestes Landwirtschafts-Projekt, Beste Sammlung genetischer Bausteine, Bestes Projekt pflanzlicher Synthetischer Biologie und Beste Projektdokumentation.  

Das Marburger iGEM-Team hat mit seinem Wettbewerbsbeitrag entscheidende Grundvoraussetzungen für die Weiterentwicklung einer Latex produzierenden Löwenzahnart als zukünftiger Alternative zum Kautschukbaum bei der Rohstoffgewinnung für die Gummiproduktion geschaffen. Damit kommt die Siegermannschaft des iGEM-Wettbewerbs nach 2018 und 2021 nun zum dritten Mal aus Marburg. Nach Angaben des Teams hat in der Geschichte des iGEM-Wettbewerbs keine andere Universität häufiger den Gesamtsieg erringen können.

Bei der Herstellung von Käse und Quark aus Milch entsteht Molke. Ein Großteil der grünlich-gelben Flüssigkeit wird bereits als Milchserum für Getränke oder als Molkepulver für Suppen und Backwaren weiterverarbeitet. Im Projekt "multiPS“ wollen Forschende der Hochschule Anhalt nun zeigen, dass dieser Reststoff noch anderweitig sinnvoll genutzt werden kann. Das Vorhaben wird von der Investitionsbank Sachsen-Anhalt mit Unterstützung der Europäischen Union mit rund 857.000 Euro gefördert.

Präbiotika aus Molkereireststoffen

„Unser Ziel ist es, diese Rohstoffe effizient zu nutzen und in wertvolle Präbiotika umzuwandeln“, sagt Christof Hamel vom Fachbereich Angewandte Biowissenschaften und Prozesstechnik der Hochschule Anhalt. Präbiotika sind Stoffe in Lebensmitteln, die die nützlichen Bakterien im Darm unterstützen. Das sogenannte Mikrobiom des Darms hilft wiederum, wichtige Inhaltsstoffe der Nahrung zu verwerten, und trägt damit zur Darmgesundheit bei.

Molke besteht zwar zum Großteil aus Wasser, enthält aber auch wertvolle Rohstoffe wie Milchzucker oder Eiweiße sowie Vitamin B, Kalium, Calcium und Phosphor. Im Fokus des Projektes steht das Präbiotikum Galactooligosaccharide – kurz GOS. Es besteht aus kleinen Zuckermolekülen und kann den Forschenden zufolge von den nützlichen Darmbakterien besonders gut verwertet werden. Gleichzeitig verhindert GOS, dass sich schädliche Keime an die Darmwand anheften können. Das Wachstum dieser guten Bakterien zu fördern, kann daher die Darmgesundheit deutlich verbessern.

Präbiotika mit Enzymen optimieren

Neben der besseren Nutzung der in Molkereien anfallenden Molke wollen die Forschenden im Projekt daher die GOS-Herstellung optimieren. Hierfür sollen vier verschiedene Enzyme kombiniert werden, sodass die Reinheit des Präbiotikums erhöht und die Ausbeute gesteigert wird. „Durch die verschiedenen Enzyme können wir Laktose und Glukose in wertvolle Produkte umwandeln, die in der Lebensmittel-, Kosmetik- und Pharmaindustrie verwendet werden“, erläutert Hamels Kollegin Christin Fischer.

Leitfaden für Molkereien 

Im Rahmen des Projektes, das im Januar 2024 gestartet ist und bis Ende 2027 läuft, will das Team auch einen Leitfaden für Molkereien erarbeiten. Damit sollen die Unternehmen in die Lage versetzt werden, „ausgehend vom Rohstoff und der gewünschten Produktreinheit, die benötigten Enzyme und Prozessparameter ablesen“ und so „ungenutzte Nebenströme aus der Käseherstellung noch besser verwerten“ zu können – etwa Zwischenprodukt weiterverkaufen oder ihr Portfolio um präbiotische Produkte erweitern.

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Viele Fischarten wie Lachs und Forelle werde heute in Aquakulturanlagen gezüchtet, um die steigende Nachfrage zu bedienen. In der Regel sind diese Fischfarmen in Küstennähe angesiedelt, wo die Aufzucht durch Schifffahrt, Tourismus oder Bauwerke beeinträchtigt wird. Ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung von Forschenden der Technischen Universität Braunschweig will nun die Aquakultur ins offene Meer verlagern.

Landwirtschaftliches Potenzial der offenen See erschließen

Im Fokus des Vorhabens, das 2021 gestartet ist und bis 2026 läuft, steht die Entwicklung einer neuartigen Seetangfarm, die als Prototyp vor der Küste Neuseelands installiert werden soll. „Damit könnte also das landwirtschaftliche Potenzial der offenen See erschlossen werden“, sagt Nils Goseberg, Leiter des Leichtweiß-Instituts für Wasserbau der TU Braunschweig.

Der Bau von Algenfarmen auf hoher See ist jedoch mit deutlich höheren Herausforderungen verbunden als vergleichbare Farmen im küstennahen Bereich. Sie befinden sich nicht nur in tieferen Gewässern, sondern sind auch höheren Wellen und stärkeren Strömungen ausgesetzt.

Offshore-Bedingungen im Wellenbecken

Zu den Aufgaben der Braunschweiger Forschenden gehörte es, jene Kräfte präzise zu bestimmen, die auf die Offshoreanlage wirken. Um das Verhalten von Seetang und Farmstruktur unter realen Bedingungen zu analysieren, wurden mehrere Versuchsreihen am Leichtweiß-Institut durchgeführt.

So wurde in einem zwei Meter langen Wellenkanal untersucht, wie sich die Kräfte und Bewegungen des Seetangs unter verschiedenen Wellenbedingungen verändern und wie sich die Kunststoffseile, an denen der Seetang wächst, gegenseitig beeinflussen. Dafür wurden Ersatzkörper gebaut, deren Form dem Seetang nachempfunden ist, sodass die Verformungen der Algen realistisch abgebildet werden. Mithilfe spezieller Sensorsysteme wurde dann das Strömungsfeld um die Algenstruktur erfasst, während sogenannte Kraftmessdosen jene Kräfte ermittelten, die gezielt auf die Pflanzen wirken. Diese Erkenntnisse flossen wiederum in Computermodelle ein, um die Lastenbestimmung für die gesamte Offshoreanlage überprüfen und weiter optimieren zu können.

Seetangfarm im Maßstab 1:20 nachgebaut

Für die nächste Versuchsreihe wurde im Wellenbecken eine Seetangfarm im Maßstab 1:20 nachgebaut. Hier ging es darum, zu ermitteln, ob das System unter realen Offshore-Bedingungen auch funktioniert. Dafür wurden unterschiedliche Materialien für die Kopfleinen getestet, die die Kultivierungsleinen miteinander verbinden und damit als Anschlusspunkte zwischen Anker und Farm dienen, sowie verschiedene Arten von Verankerungssystemen, um optimale Bedingungen für das Wachstum des Seetangs sicherzustellen. „Dabei sind vor allem Spannung und Stabilität der Leinen entscheidend, um gleichbleibende Wachstumsbedingungen hinsichtlich Licht und Nährstoffen zu gewährleisten“, erklärt Projektmitarbeiter Henrik Neufeldt vom Leichtweiß-Institut.

Verformungen und Bewegungen analysiert

Durch die Kombination von Kraftsensoren, Wellenpegeln, Geschwindigkeitssensoren und Motion-Tracking-Kameras konnte das Team eigenen Angaben zufolge die Verformungen und Bewegungen des Systems detailliert erfassen und analysieren.

Das Projekt mit dem Titel „Ngā Punga o te Moana“ wird vom Cawthron Institute in Neuseeland geleitet und von der neuseeländischen Regierung mit rund 11 Mio. Neuseeländische Dollar gefördert. Ziel der Forschenden ist es, die Offshore-Aquakultur nachhaltig und effizient zu gestalten, um den wachsenden Bedarf an marinen Ressourcen – nicht nur für die Nahrungsmittelproduktion – zu decken. Gleichzeitig soll die Entwicklung neuer Technologien dazu beitragen, das Ökosystem Meer zu schonen.

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Many fish species such as salmon and trout are now bred in aquaculture facilities to meet the increasing demand. As a rule, these fish farms are located near the coast, where breeding is impaired by shipping, tourism or buildings. An international research team involving researchers from the Technical University of Braunschweig now wants to move aquaculture to the open sea.

Tapping into the agricultural potential of the open sea

The project, which was launched in 2021 and will run until 2026, focuses on the development of a new type of seaweed farm, which is to be installed as a prototype off the coast of New Zealand. ‘This could be used to tap into the agricultural potential of the open sea,’ says Nils Goseberg, Head of the Leichtweiß Institute of Hydraulic Engineering at TU Braunschweig.

However, the construction of algae farms on the high seas is associated with significantly greater challenges than comparable farms in coastal areas. Not only are they located in deeper waters, but they are also exposed to higher waves and stronger currents.

Offshore conditions in the wave pool

One of the tasks of the Braunschweig researchers was to precisely determine the forces acting on the offshore installation. In order to analyse the behaviour of seaweed and farm structure under real conditions, several series of tests were carried out at the Leichtweiß Institute.

For example, a two-metre-long wave channel was used to investigate how the forces and movements of the seaweed change under different wave conditions and how the plastic ropes on which the seaweed grows influence each other. For this purpose, substitute bodies were built, mimicking the shape of the seaweed so that the deformations of the algae are realistically modelled. Specialised sensor systems were then used to record the flow field around the algae structure, while so-called load cells were used to determine the forces acting specifically on the plants. These findings were in turn fed into computer models in order to check and further optimise the load determination for the entire offshore plant.

Seaweed farm recreated on a scale of 1:20

For the next series of tests, a 1:20 scale seaweed farm was recreated in the wave pool. The aim here was to determine whether the system would work under real offshore conditions. Different materials were tested for the head lines, which connect the cultivation lines to each other and thus serve as connection points between the anchor and the farm, as well as different types of anchoring systems to ensure optimal conditions for seaweed growth. ‘The tension and stability of the lines are particularly important to ensure consistent growth conditions in terms of light and nutrients,’ explains project team member Henrik Neufeldt from the Leichtweiß Institute.

Deformations and movements analysed

By combining force sensors, wave levels, speed sensors and motion tracking cameras, the team was able to record and analyse the deformations and movements of the system in detail.

The project, titled ‘Ngā Punga o te Moana’, is led by the Cawthron Institute in New Zealand and funded by the New Zealand government with around 11 million New Zealand dollars. The aim of the researchers is to make offshore aquaculture sustainable and efficient in order to meet the growing demand for marine resources - not just for food production. At the same time, the development of new technologies should help to protect the marine ecosystem.

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Moore sind nicht nur einzigartige Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Sie binden große Mengen des klimaschädlichen CO₂ und leisten damit einen wichtigen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz. Doch der Anteil intakter Moore in Deutschland ist mit knapp 5 % eher gering. Vielerorts gibt es daher Bestrebungen, einst trockenlegte Moore wiederzubeleben. Anhand des Küstenmoores „Polder Drammendorf“ auf der Insel Rügen in Mecklenburg-Vorpommern zeigen Forschende der Universität Rostock, wie sich die Umwelt durch die Wiedervernässung in diesem Gebiet verändert hat.

Im Rahmen der Studie hatte ein Team um Prof. Dr. Ulf Karsten die Mikroalgen-Gemeinschaften vor und nach der Wiedervernässung untersucht. Im Fokus standen dabei das sogenannte Mikrophytobenthos. Dabei handelt es sich um Mikroalgen, die auf dem Grund von Gewässern leben. Sie leisten bis zu 30 % der Photosynthese in Küstenökosystemen und tragen damit maßgeblich zur ökologischen Stabilität von Sedimenten bei.

Kieselalgen als Bioindikatoren

Zu dieser Mikrobengemeinschaft zählen auch Kieselalgen, die bei der Bewertung des Ökosystems „eine zentrale Rolle spielen“, wie die Studie der Rostocker Forschenden zeigt. Der Grund: Kieselalgen reagieren empfindlich auf Umweltveränderungen. Wie das Team in der Fachzeitschrift Science of the Total Environment schreibt, dienen die Mikroalgen mit ihrer glasartigen, mineralisierten Zellwand damit „als Bioindikatoren, die Veränderungen im Lebensraum dokumentieren und interpretierbar machen“.

„Durch ihre Anpassungsfähigkeit und ihre Rolle als Bioindikatoren leisten Kieselalgen einen wichtigen Beitrag zur Identifizierung der wichtigsten sich ändernden Umweltfaktoren, zum Küstenschutz und letztendlich zum Verständnis dieser empfindlichen und einzigartigen Ökosysteme“, betont Karsten.

Mikroalge reagiert auf Wiedervernässung der Moore

Auskunft über die neuen Umweltbedingungen im wiedervernässten Moor gaben demnach die sogenannten Glasschalen der Kieselalgen, die nach der Wiedervernässung des Küstenmoores Polder Drammendorf gesammelt und analysiert wurden. Die Studie zeigt, wie flexibel und anpassungsfähig diese Mikroorganismen „auf Überflutungen reagieren und wie gut sie Umweltveränderungen in dynamischen Küstensystemen abbilden können“.

„So konnten wir die Auswirkungen der Überflutung im Küstenmoor und im angrenzenden Kubitzer Bodden aufzeigen und eine hohe Artenvielfalt dokumentieren, darunter auch einige bisher unbekannte Arten“, so Konrad Schulz, Erstautor der Studie. „Die Ergebnisse zeigen auch, dass die Flutung zu dauerhaften Veränderungen in der Zusammensetzung des Mikrophytobenthos im Moor und sogar zu vorübergehenden Veränderungen im Bodden geführt hat.“

Hilfe für künftige Renaturierungsprojekte 

Die Studie der Rostocker Forschenden liefert nicht nur wichtige Einblicke in die ökologischen Veränderungen von Küstenmooren nach der Wiedervernässung. Mit ihrer Hilfe könnten auch zukünftige Renaturierungsprojekte gezielter geplant werden, heißt es. 

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Moors are not only unique habitats for animals and plants. They bind large amounts of climate-damaging CO2 and therefore make an important contribution to climate and environmental protection. However, the proportion of intact moors in Germany is rather low at just under 5 %. Efforts are therefore being made in many places to revitalise moors that were once drained. Using the coastal moor ‘Polder Drammendorf’ on the island of Rügen in Mecklenburg-Western Pomerania as an example, researchers from the University of Rostock show how the environment has changed as a result of rewetting in this area.

As part of the study, a team led by Prof Dr Ulf Karsten investigated the microalgae communities before and after rewetting. The focus was on the so-called microphytobenthos. These are microalgae that live on the bottom of bodies of water. They perform up to 30 % of photosynthesis in coastal ecosystems and therefore make a significant contribution to the ecological stability of sediments.

Diatoms as bioindicators

This microbial community also includes diatoms, which ‘play a central role’ in the evaluation of the ecosystem, as the study by the Rostock researchers shows.The reason: diatoms react sensitively to environmental changes. As the team writes in the journal Science of the Total Environment, the microalgae with their glassy, mineralised cell wall thus serve ‘as bioindicators that document changes in the habitat and make them interpretable’.

‘Thanks to their adaptability and their role as bioindicators, diatoms make an important contribution to identifying the most important changing environmental factors, to coastal protection and ultimately to understanding these sensitive and unique ecosystems,’ emphasises Karsten.

Microalgae react to the rewetting of moors

Information about the new environmental conditions in the rewetted moor was provided by the so-called glass shells of the diatoms, which were collected and analysed after the rewetting of the coastal moor Polder Drammendorf. The study shows how flexibly and adaptably these microorganisms ‘react to flooding and how well they can map environmental changes in dynamic coastal systems’.

‘We were able to show the effects of flooding in the coastal marsh and the neighbouring Kubitzer Bodden and document a high diversity of species, including some previously unknown species,’ says Konrad Schulz, lead author of the study. ‘The results also show that the flooding has led to permanent changes in the composition of the microphytobenthos in the bog and even to temporary changes in the Bodden.’

Help for future renaturalisation projects

The study by the Rostock researchers not only provides important insights into the ecological changes in coastal bogs after rewetting. With their help, future renaturalisation projects could also be planned in a more targeted manner, they say.

bb

Obwohl sie nur etwa 3% der Erdoberfläche bedecken, spielen Moore eine entscheidende Rolle im Klimaschutz, da sie fast doppelt so viel Kohlenstoff binden wie alle Wälder der Erde zusammen. In Europa sind 70% der wertvollen Moorflächen bereits trockengelegt und werden vor allem landwirtschaftlich genutzt, wodurch große Mengen an CO₂-Emissionen freigesetzt werden.

Eine Studie des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in Münchenberg, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Ecosystem Health and Sustainability, zeigt den Fortschritt bei der Wiedervernässung von Moorlandschaften in Europa. Hierfür wurden Fachleute in acht europäischen Ländern zu den aktuellen und potenziellen Nutzungsmöglichkeiten von wiedervernässten Moorböden sowie den aktuellen Trends befragt. Anschließend fanden in Deutschland, den Niederlanden und Finnland Workshops statt, in denen nach Lösungen für eine künftige klimaneutrale Nutzung entwässerter Moorböden gesucht wurde. 

Positiver Trend bei Wiedervernässung der Moore

Die gute Nachricht: entwässerte Ackerflächen werden europaweit zunehmend in Grünland und Feuchtgebiete umgewandelt. Dieser positive Trend ist den Forschenden zufolge vor allem darauf zurückzuführen, dass sich immer mehr wirtschaftliche Optionen für die Nutzung dieser wiedervernässten Flächen ergeben. Dazu zählt neben der Nutzung als Weideland vor allem der Anbau von nachwachsenden Rohstoffen wie Schilf oder Torfmoose, die als Rohstoff zur Herstellung nachhaltiger Bau- oder Dämmstoffe sowie zur Energiegewinnung eingesetzt werden können. Darüber hinaus fördern wiedervernässte Moore die biologische Vielfalt, bieten Erholungsräume für die Bevölkerung und regulieren den Wasserhaushalt einer Region.

Politik muss Anreize setzen

Die ZALF-Studie zeigt aber auch, dass diese vielfältigen Nutzungsoptionen wirtschaftlich bisher „wenig attraktiv“ sind. Damit sich das ändert und CO₂-Emissionen in Mooren drastisch reduziert werden können, bedarf es einer breiten öffentlichen Unterstützung und wirtschaftlicher Anreize, heißt es. „Es ist wichtig, wirtschaftliche Anreize für die nachhaltige Umwandlung entwässerter Moore zu schaffen. Ohne die Unterstützung der Landwirtschaft und der Öffentlichkeit wird eine solche Umwandlung nur schwer zu erreichen sein“, so Cheng Chen, Erstautor der Studie.

Ausblick auf die Zukunft der Moorlandschaften

Nach Ansicht der Forschenden könnte ein Mix aus ökonomischen Anreizen und angepassten Landnutzungsmodellen den Übergang zu nachhaltigeren Praktiken wie den Anbau von Paludikultur unterstützen und damit Treibhausgasemissionen reduzieren. „Produkte aus Paludikultur etwa machen bisher nur einen sehr kleinen Anteil am Markt aus. Die Wertschöpfungsketten müssen deutlich ausgebaut werden. Dies erfordert Industriepartnerschaften für die Verarbeitung der Rohmaterialien und die Erweiterung des Verbraucherumfelds, um die Einführung und Nutzung des neuen Materials zu unterstützen“, ergänzt Cheng Chen.

am/bb

Although they only cover around 3% of the earth's surface, peatlands play a crucial role in climate protection, as they bind almost twice as much carbon as all of the world's forests combined. In Europe, 70% of valuable peatlands have already been drained and are mainly used for agriculture, releasing large amounts of CO2 emissions.

A study by the Leibniz Centre for Agricultural Landscape Research (ZALF) in Münchenberg, published in the journal Ecosystem Health and Sustainability, shows the progress made in rewetting peatland landscapes in Europe. To this end, experts in eight European countries were surveyed on the current and potential utilisation possibilities of rewetted peatlands and current trends. Workshops were then held in Germany, the Netherlands and Finland to find solutions for the future climate-neutral utilisation of drained peatlands.

Positive trend in peatland rewetting

The good news is that drained arable land is increasingly being converted into grassland and wetlands across Europe. According to the researchers, this positive trend is mainly due to the fact that more and more economic options are emerging for the utilisation of these rewetted areas. In addition to use as pastureland, this includes the cultivation of renewable raw materials such as reeds or peat moss, which can be used as a raw material for the production of sustainable building or insulation materials and for energy generation. In addition, rewetted peatlands promote biodiversity, offer recreational areas for the population and regulate the water supply of a region.

Politicians must set incentives

However, the ZALF study also shows that these diverse utilisation options have so far been ‘not very attractive’ from an economic point of view. In order to change this and drastically reduce CO₂ emissions in peatlands, broad public support and economic incentives are needed, it says. ‘It is important to create economic incentives for the sustainable conversion of drained peatlands. Without the support of agriculture and the public, such conversion will be difficult to achieve,’ says Cheng Chen, lead author of the study.

Outlook for the future of peatlands

According to the researchers, a mix of economic incentives and adapted land use models could support the transition to more sustainable practices such as paludiculture and thus reduce greenhouse gas emissions. ‘Products from paludiculture, for example, currently only account for a very small share of the market. The value chains need to be significantly expanded. This requires industry partnerships for the processing of raw materials and the expansion of the consumer environment to support the introduction and utilisation of the new material,’ adds Cheng Chen.

am/bb

Seit seinem Debüt im Jahr 2015 hat sich der Global Bioeconomy Summit (GBS) zum wichtigsten internationalen Forum zum Thema Bioökonomie entwickelt. Der mehrtägige Kongress entstand auf Initiative des von 2012 bis 2019 amtierenden deutschen Bioökonomierates und wurde von der Bundesregierung gefördert. Nach drei Ausgaben 2015, 2018 und 2020 in Deutschland fand der GBS nun erstmals auf einem anderen Kontinent statt: Afrika.

Vom 23. bis 24. Oktober versammelten sich Bioökonomie-, Innovations- und Nachhaltigkeitsexperten aus 45 Ländern in Nairobi, Kenia. Zur Konferenz waren 500 Akteure aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft angereist, laut Konferenzwebsite hatten sich zudem 3000 Teilnehmende online zugeschaltet. Organisiert wurde die Veranstaltung vom International Advisory Council on Global Bioeconomy (IACGB), einem internationalen Thinktank von Bioökonomie-Fachleuten. Als Gastgeber fungierte das International Centre of Insect Physiology and Ecology (icipe), die East African Science and Technology Commission (EASTECO) und das Stockholm Environment Institute (SEI). 

Regionale Partner stark eingebunden

Der GBS 2024 war nicht nur eine Premiere hinsichtlich des Veranstaltungsortes, sondern punktete in diesem Jahr besonders durch die stärkere Einbindung regionaler Partner. Icipe-Generaldirektor Abdou Tenkouano sah den Schritt nach Afrika als „Zeichen, dass die Welt allmählich die Bioökonomie als einen Weg für nachhaltiges Wachstum“ wahrnimmt. Dabei erwähnte er, dass einige Länder wie Südafrika und Namibia bereits nationale Bioökonomiestrategien entwickelt haben und andere afrikanische Länder dabei sind, es ihnen gleichzutun.

Thema: Nachhaltige Lösungen für globale Herausforderungen

Unter dem Motto „Eine Welt – Nachhaltige Lösungen für die Bioökonomie für globale Herausforderungen“ lag der Schwerpunkt in diesem Jahr auf der internationalen und regionalen Zusammenarbeit. Über zwei Tage diskutierten die Teilnehmenden Wege zur Stärkung nachhaltiger Lebensmittelsysteme, zur Bekämpfung des Biodiversitätsverlusts und zur Schaffung von Arbeitsplätzen durch innovative biobasierte Technologien. Neben Podiumsdiskussionen boten interaktive Workshops und Ausstellungen Einblicke in erfolgreiche Bioökonomieprojekte weltweit​.

Wichtigstes Produkt des GBS ist traditionell das am Ende des Gipfels veröffentlichte Kommuniqué. Es betont in seiner Ausgabe 2024 die Bedeutung internationaler Kooperation, den Austausch von Wissen und die Förderung der Bioökonomie, insbesondere durch Partnerschaften zwischen der südlichen und nördlichen Hemisphäre.

Junge Generation mit eigenem Kommuniqué

Seit dem GBS im Jahr 2020 gibt es die „Bioeconomy Youth Champions“, eine Gruppe, in der sich junge Bioökonomie-Akteure aus aller Welt ehrenamtlich zum biobasierten Wirtschaften austauschen und vernetzen. Erstmals in der Geschichte des GBS haben die Youth Champions ein eigenes Kommuniqué veröffentlicht. „Darauf sind wir sehr stolz und sind sehr gespannt auf die Rezeption unseres Papiers“, sagt Johann Liebeton, der als deutscher Youth Champion in Nairobi vor Ort war. 

„Ein wichtiges Anliegen ist, junge Leute und Young Professionals stärker in Strategieprozesse zur Bioökonomie miteinzubeziehen“, so Liebeton. Zudem brauche es Investitionen in Bildung und Infrastruktur und eine gezielte Finanzierung für junge Innovatoren. Auch sollten Strukturen gestärkt werden, die eine bessere globale Zusammenarbeit ermöglichten, etwa durch Mentorenprogramme und die Förderung internationaler Partnerschaften.

Meerestiere wie Shrimps gelten als Delikatesse. Doch auch die Schalen haben es in sich: Sie enthalten das neben Cellulose am weitesten verbreitete Polysaccharid Chitin. Wegen seiner strukturgebenden, biokompatiblen und antimikrobiellen Eigenschaften ist das Biopolymer seit langem ein interessanter Rohstoff für die Bioökonomie. Bisher werden die Schalen jedoch weitestgehend als Abfall entsorgt. Nur ein geringer Teil findet als Futtermittel Anwendung.

Neue Verwertungsoptionen für Shrimpsabfälle

Im Projekt ScampiLys hat ein Team der Technischen Universität (TU) Dresden gemeinsam mit Forschenden in Vietnam nach neuen Verwertungsmöglichkeiten für Shrimpsabfälle gesucht. Die Arbeit der Dresdner Forschenden wird seit Februar 2021 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Fördermaßnahme Bioökonomie International mit rund 458.000 Euro gefördert.

Vietnam zählt neben China und Thailand mittlerweile zu den größten Shrimpsproduzenten der Welt. Entsprechend fallen jährlich riesige Mengen – etwa 350.000 Tonnen – an Krabbenschalen an, die nicht verwertet, sondern als Abfall entsorgt werden. Zwar gibt es Bestrebungen, das aus den Krabbenschalen gewonnene Chitin zu Chitosan zu verarbeiten. Doch dafür sei der Bedarf von weltweit 20.000 Tonnen viel zu gering. „Es gibt aktuell keinen Wertstoff, der in ausreichend großer Menge aus den Chitinabfällen produziert werden könnte“, erklärt Thomas Walther, Projektleiter an der TU Dresden.

Aminosäure Lysin aus Chitin gewinnen

Wie also kann man chininhaltige Schalen noch nutzen? Im Fokus des Projekts stand die Entwicklung eines hochwertigen Futtermittelzusatzstoffs. Aus dem Chitin der Krabbenschalen wollten die Forschenden die essenzielle Aminosäure Lysin gewinnen, um den Nährwert des Tierfutters – konkret für Schweine – zu steigern. „Unser Ziel war es, die Aminosäure Lysin aus dem Hydrolysat herzustellen“, erklärt der Bioverfahrenstechniker.

Bei Chitin handelt es sich um ein Biopolymer, das im Vergleich zu pflanzlichen Biopolymeren wie Lignin jedoch viel stabiler ist und nur unter hohen Reaktionsbedingungen wie Temperatur und Druck sowie in Gegenwart von Salzsäure in seine Einzelbestandteile – die sogenannten Monomere – zerlegt werden kann. „Das hat zur Folge, dass in dem entstehenden Hydrolysat neben den Chitinmonomeren auch sehr viel Salz vorhanden ist. Diese hohen Salzkonzentrationen machen jedoch eine mikrobielle Verwertung nahezu unmöglich. Das heißt: Ich kann das Hydrolysat nicht einfach Mikroorganismen zum Fressen geben“, so Walther.

Auf dem Weg zur bakteriellen Lysinproduktion

Und genau das haben die Forschenden angestrebt. Dafür wurden zwei Ansätze adressiert: Zum einen wollten die Forschenden in Vietnam die Hydrolysebedingungen zur Aufspaltung von Chitin so weit optimieren, dass die Salzkonzentration auf ein Minimum reduziert wird. Zum anderen musste das Dresdner Team einen Mikroorganismus finden, der salztolerant ist und das gewünschte Produkt – die Aminosäure Lysin – produziert.

Hier fiel die Wahl auf Vibrio natriegens, einen marinen Mikroorganismus, der von Natur aus mit hohen Salzkonzentrationen zurechtkommt und schnell wächst. Die Hürde: Vibrio wird zwar ein großes biotechnologisches Potenzial bescheinigt. Er ist aber im Vergleich zu etablierten Produktionsorganismen wie Escherichia coli oder der Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae noch wenig erforscht. Um den Bakterienstamm für die Lysinproduktion überhaupt nutzen zu können, musste Grundlagenforschung betrieben werden.

Regulation des Stoffwechsels im Visier

„Man muss verstehen, wie die Regulation des Stoffwechsels in diesem Organismus funktioniert und welche Gene in Gegenwart von Lysin herunterreguliert werden“, erläutert Walther. Mithilfe der Transkriptionsanalyse wurden daher alle relevanten Stoffwechselwege auf ihre Regulation durch Lysin und verwandte Aminosäuren untersucht. Darüber hinaus wurden die wichtigsten Gene exprimiert, entsprechende Enzyme aufgereinigt und deren Eigenschaften bestimmt. Es wurden auch einzelne strukturelle Gene ausgeschaltet, um zu sehen, wie sich der Bakterienstamm verhält. Zugleich behielten die Forschenden auch die anderen Aminosäuren im Blick, um deren Überproduktion zu verhindern.