Aktuelle Veranstaltungen

Die Nutzung von biobasierten Reststoffen ist eine wichtige Säule auf dem Weg hin zu einer Bioökonomie. Eine vielversprechende Rohstoffquelle könnten Biertreber sein, die beim Brauen des Gerstensaftes in großen Mengen anfallen. Europaweit kommen pro Jahr etwa 400.000 Tonnen an Braurückständen zusammen. Diese enthalten wertvolle Substanzen, die bisher aber wenig genutzt werden. Ein Teil davon wird zwar als Tierfutter wiederverwertet. Das Gros wird aber bis heute als Abfall entsorgt. Im Projekt „Bioval“ untersucht ein interdisziplinäres Forscherteam, inwiefern die wertvollen Inhaltsstoffe der Biertreber für die chemische Industrie oder die Arzneimittelherstellung genutzt werden können. Das Verbundprojekt wird von der Europäischen Union im Rahmen des „EU-Fonds für regionale Entwicklung" (EFRE) mit insgesamt 3 Mio. Euro gefördert.

Substanzen aus Fermentationsprozess im Blick

Im Projektes werden Bioverfahrenstechniker der TU Kaiserslautern  analysieren, welche Substanzen anfallen, wenn Braurückstände weiter fermentiert werden. „Wir nutzen dazu verschiedene Mikroorganismen wie Pilze und Bakterien“, sagt Alexander Akermann. Bei diesem Prozess entstehen Produkte wie Milchsäure, die beispielsweise in Zukunft für zur Herstellung von Bioplastik genutzt werden könnten.

Potenzial ungesättigter Fettsäuren erschließen

Zu den wertvollen Komponenten der Braurückstände zählen Fette. Im Fokus der Untersuchung stehen vor allem die ungesättigten Fettsäuren, deren Anteil im Treber sehr hoch ist. „Aus den Fetten lässt sich etwa Glycerin gewinnen, das zu Zwischenprodukten für die chemische Industrie umgewandelt werden kann“, erklärt Werner Thiel. Zunächst wollen die Kaiserslauterner Chemiker die Komponenten genau identifizieren, um später daraus neue biobasierte Produkte für die Industrie entwickeln zu können.

Substanzen auf toxische Wirkung prüfen

Im Vorfeld müssen die neuen Substanze jedoch noch auf Unbedenklichkeit geprüft werden. Lebensmittelchemiker und Toxikologen werden diese Stoffe daher auf eine mögliche toxikologische Wirkungen untersuchen. „Es gibt einige Hinweise darauf, dass verschiedene Stoffe aus dem Treber die Aufnahme von Zucker ins Blut unterbinden. Wir werden uns anschauen, welchen Einfluss sie genau haben“, erläutert Doktorandin Daniela Becker. Am Projekt „Bioval" sind neben der TU Kaiserslautern auch die Universität des Saarlandes sowie Universitäten in Lothringen, Luxemburg und Lüttich sowie das belgische Unternehmen Celabor beteiligt.

bb

Alle drei Jahre wird das Frankfurter Messegelände zum Mekka der Prozessindustrie für die Chemie, Pharma- und Lebensmittelbranche: Auf der ACHEMA präsentieren sich vom 11. bis 15. Juni in diesem Jahr 7.337 Unternehmen aus 55 Ländern . Die Organisatoren rechnen in den fünf Tagen mit rund 170.000 Besuchern. Das Spektrum der Innovationen reicht dabei von Laborausrüstungen, Pumpen über Analytikgeräte und Verpackungsmaschinen bis hin zu Werkstoffen und Software.

Digitalisierung als Treiber

Ein Megatrend macht auch vor der ACHEMA nicht halt: Die Digitalisierung zeigt sich als ein Treiber, der Prozesse in Labor, Anlagenbau, Verpackungsindustrie und Logistik gleichermaßen beflügelt. Ob vernetzte Laboreinrichtungen oder Virtual Reality – viele in Frankfurt vorgestellte Neuerungen haben das Potenzial, in der Prozesstechnik 4.0 zum Standard zu werden. Die Nachfrage nach kleineren Chargen und schnelleren Zyklen hat zu einem Umdenken geführt. Die Chemie von morgen soll modular und vernetzt sein, anpassungsfähig und schnell. Kein Wunder, dass flexible Produktionsprozesse durch die Modularisierung der Produktion ein Fokusthema der Messe sind. Auch in der Vermarktung von Leerkapazitäten über digitale Tools sehen Experten ein Wachstumsfeld. Digitale Methoden und deren Herausforderungen sind dann auch Themen, über die im Rahmen des begleitenden Kongresses referiert und diskutiert werden. Etwa 800 wissenschaftlichen Vorträgen sowie weiteren Veranstaltungen werden die Ausstellung flankieren.

Biotech-Prozesse durchdringen chemische Industrie

Ein weiteres Fokusthema beim Kongress: „Biotech for Chemistry“. Das Motto der Veranstaltung nimmt den zunehmenden Einfluss biotechnologischer Prozesse in der chemischen Industrie unter die Lupe. Beispiele für die erfolgreiche Verzahnung von chemischen und biotechnologischen Schritten liefern auch Aussteller wie etwa Hersteller von Feinchemikalien sowie Arzneimittelunternehmen auf der ACHEMA.

Neue Plattformchemikalien aus Holz und Insekten

Auch Forschungseinrichtungen haben wie immer einen festen Platz auf der Prozesstechnik-Messe. So präsentieren Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB ein spezielles Dampftrocknungs-Verfahren, das die Kosten für Holztransporte deutlich senken kann und zugleich neue Optionen für die Nutzung der Biomasse eröffnet. Bei dem neu entwickelten Verfahren werden Holzschnitzel unter Dampf und hoher Temperatur aber ohne Sauerstoff erhitzt und so der Biomasse Hemicellulose komplett entzogen. Diese torrefizierten Holzhackschnitzel sind deutlich leichter als das unbehandelte Material und können zu Pellets verarbeitet werden. Aus den flüchtigen Substanzen, die bei der Torrefizierung entstehen, lassen sich wiederum Plattformchemikalien gewinnen, die Erdöl ersetzen können.

Am gleichen Stand zeigen die IGB-Forscher, wie Reststoffe der Futtelmittelindustrie zur Herstellung von Chitosan genutzt werden können. Hierbei wird die Schwarze Soldatenfliege als Chitinquelle verwendet, um den Naturstoff zu gewinnen. Das Insektenchitin soll zur Beschichtung von Garnen und Funktionalisierung von Textilien dienen. Die Gewinnung Biopolymers aus Insekten wird vom Bundesforschungsministerium im Rahmen des Verbundprojektes „ChitoTex“ gefördert. Die beiden Entwicklungen der Fraunhofer-Forscher können in Halle 9.2, Stand D66, besichtigt werden.

Podium für ACHEMA-Gründerpreis

Zum zweiten Mal bietet die ACHEMA auch Unternehmensfreudigen Wissenschaftler, zukünftigen Gründer und Inhabern von Start-ups im Rahmen des ACHEMA-Gründerpreises ein Podium, ihre Ideen einem weltweiten Fachpublikum zu zeigen. Aus den acht Finalisten, die sich  den Aussteller präsentieren, werden drei Sieger gekührt und mit einem Preisgeld von je 10.000 Euro ausgezeichnet.

bb

Das Erbgut von Tieren und Pflanzen innerhalb einer Spezies ist sehr verschieden. Evolutionsbiologen vermuten, dass diese genetische Vielfalt Populationen besser auf Veränderungen in ihrer Umwelt reagieren lässt und somit auch widerstandfähiger gegen Krankheiten macht. Diese Theorie konnten Forscher vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei IGB in Berlin nun wissenschaftlich nachweisen.

Parasit bei Anpassung live beobachtet

Um die evolutionäre Entwicklung in Echtzeit nachvollziehen und beobachten zu können, wählte das Team um den Evolutionsökologen Ramsy Agha einen Pilz, der sich extrem schnell vermehrt und in Gewässern Blaualgen befällt: die Pilzart Rhizophydium megarrhizum. Wie die Forscher im Fachjournal „Frontiers in Microbiology“ berichten, wurde dieser Parasit dann sowohl auf Wirtspopulationen mit genetisch identischen Individuen angesetzt als auch auf solche, deren Erbgut genetisch unterschiedlich war. Danach beobachteten die Forscher etwa 200 Tage lang, wie sich der Parasit an die jeweiligen Populationen anpasste.

Genetische Diversität verhindert Vermehrung der Parasiten

Der Studie zufolge konnten sich die Parasiten bei genetisch gleicher Ausstattung extrem schnell vermehren. „Wir konnten zeigen, dass sich die Pilze sehr schnell, also innerhalb von nur drei Monaten, an die Wirte mit genetisch gleichartiger Ausstattung anpassen“, berichtet Agha. Ganz anders verhielt es sich hingegen bei jenen Blaualgen, deren Erbgut unterschiedlich war. Der Parasit konnte sich nicht anpassen, der Krankheitszustand blieb stabil. Die Evolutionsforscher gehen davon aus, dass die genetische Diversität bei Cyanobakterien offensichtlich die Anpassung der Parasiten verzögert und so die Widerstandsfähigkeit der Bakterien gegen Krankheiten erhöht. „Unsere Ergebnisse sind auch generell bedeutsam für die Ökosystemforschung, denn sie helfen uns zu erklären, warum eine hohe Diversität in Populationen für deren Erhalt wertvoll sein könnte“, sagt Agha. Als nächstes wollen die Wissenschaftler untersuchen, welche Folgen es hat, wenn sich sowohl Parasit als auch Wirtspopulation den veränderten Bedingungen anpassen.

bb

In Deutschland gibt es mehr als 9.000 Biogasanlagen. Kernstück dieser Anlagen sind riesige Gärbehälter – die sogenannten Fermenter. In ihnen befinden sich Mikroorganismen, die Biomasse aus Pflanzen, Gülle oder Ernteresten zu Biogas und anderen Gärprodukten umwandeln. Das entstehende Biogas ist ein Gemisch aus Methan und Kohlendioxid, das vor Ort in einem Blockheizkraftwerk zu Strom und Wärme umgewandelt wird.

Störfaktor Übersäuerung

Der Gärprozess läuft allerdings nicht immer reibungslos: mitunter kommt es zu gravierenden „Verdauungsproblemen“, die den gesamten Ablauf blockieren. Ein Problem, mit dem Betreiber von Biogasanlagen häufig zu kämpfen haben, ist die Übersäuerung. „Im Extremfall stürzt die Anlage ab und es braucht Monate, um sie wieder in Gang zu bringen. In den meisten Fällen stellt man die Übersäuerung jedoch rechtzeitig fest, drosselt die Anlage und produziert weniger Biogas“, erklärt Fabian Bonk vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig.

Weniger Biogasproduktion bedeutet hohe Verluste

Ein Indiz für Übersäuerung ist das Absinken der Methanproduktion. Mit speziellen Messgeräten wird dann das Verhältnis der flüchtigen organischen Säuren (FOS) zur Carbonat-Pufferkapazität (TAC) ermittelt. Ist der sogenannte FOS/TAC-Wert erhöht, wird eine Probe in ein Labor geschickt, um die Säurekonzentration zu ermitteln. Bislang werden Chemikalien eingesetzt, um überschüssige Essig-, Propion- oder andere organische Säuren auszubalancieren. Das hält die Biogasproduktion aufrecht, ist aber meist teuer erkauft: Eine landwirtschaftliche Biogasanlage 60 Tage lang nur mit 30% weniger Ertrag zu fahren, kostet den Anlagenbetreiber etwa 40.000 Euro.

Übersäuerung mit mikrobiellen Helfern bekämpfen

Das wollen die Leipziger Umweltforscher nun ändern. Die Idee: Sie wollen sie eine Biogaspille, ein biobasiertes Gegenmittel, entwickeln, das schnell und effektiv das Problem der Übersäuerung bekämpfen hilft. Dabei setzten die Forscher nicht auf Chemikalien, sondern auf mikrobielle Helfer. Mehr will Bonk an dieser Stelle noch nicht verraten. „Wir stellen ein Additiv bereit, das auf die mikrobielle Gemeinschaft im Fermenter einwirkt und das Problem der Übersäuerung löst“, erklärt der Umweltingenieur. Die Entwicklung eines Konzepts für die Biogaspille wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Ideenwettbewerbs „Neue Produkte für die Bioökonomie“ mit 50.000 Euro gefördert. In der sogenannten Sondierungsphase bekam das Leipziger Team die Chance, das technische und wirtschaftliche Potenzial ihrer Idee auszuloten und einen Prototypen zu entwickeln.

Das Bodenseefelchen ist besonders in Süddeutschland ein beliebter und schmackhafter Speisefisch. In den Netzen der Bodenseefischer ist der mit den Lachsen verwandte Fisch allerdings immer seltener zu finden. Die starke Befischung und ein Absinken der Phosphatwerte im größten Binnensee Deutschlands lässt den Bestand seit Jahren schrumpfen. Um die hohe Nachfrage in der Gastronomie zu bedienen, wird die Delikatesse mittlerweile sogar aus verschiedenen Ländern wie Kanada, Finnland und Italien importiert. Ähnlich sieht es beim Europäischen Edelkrebs aus. Er steht auf der Roten Liste der gefährdeten Arten und ist auf Speisekarten eine Rarität.

Idee mit der Polykultur ausloten

Mit der Zucht der beiden Süßwassertiere in einer neuartigen Polykultur will Norbert Wagemann nicht nur das Verschwinden dieser Tierarten stoppen, sondern auch der hohen Nachfrage in der Gastronomie nach neuen hochwertigen, heimischen Produkten gerecht werden. Der Ideenwettbewerb „Neue Produkte für die Bioökonomie“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) bot dem studierten Forstwissenschaftler Wagemann die Chance, seine Idee auszuloten und umzusetzen.

Im Rahmen der neunmonatigen Sondierungsphase im Jahr 2014, die mit 50.000 Euro gefördert wurde, suchte der Aquakulturexperte vom Steinbeis Institut für nachhaltige Ressourcennutzung zunächst in Forschung und Industrie nach geeigneten Partnern und Standorten. „Wir haben Fachleute aus Wissenschaft und Wirtschaft gefragt, was sie von unserer Idee halten und wo es Schwierigkeiten gibt. So haben wir noch einmal die eigenen Realisierungsmöglichkeiten auf den Prüfstand gestellt“, erzählt Wagemann.

Krebs verwertet, was die Fische übriglassen

Die kombinierte Aufzucht in der Aquakultur bot sich an, weil sich Edelkrebs und Felchen aufgrund ihrer Lebensgewohnheiten nicht in die Quere kommen. Während das Felchen im Freiwasser lebt, bewohnt der Krebs den Gewässergrund. Aber das ist nur einer der Vorteile dieses Gespanns, erzählt Wagemann: „Die Felchen sind relativ große Futterverschwender und der Edelkrebs verwertet das, was die Felchen übriglassen. Außerdem wirkt der Krebs wasserreinigend, weil er auch den Kot der Fische teilweise verwerten kann.“ Die Zucht in Polykultur wäre demnach ressourcenschonender, aber auch wirtschaftlicher, da weniger zugefüttert werden muss und die Kosten für die Haltung der Tiere minimiert werden könnten. Außerdem würde sich die Wasserbelastung dadurch reduzieren.

Große Maräne im Visier

Gemeinsam mit der Universität Koblenz-Landau, der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, der Senect GmbH in Landau und der Krebszucht Jeske in Oeversee erstellte das Steinbeis-Team um Wagemann in der Sondierungsphase detaillierte Konzepte, um die Züchtung in Polykultur zu realisieren. Dabei wurde die ursprüngliche Planung noch einmal erweitert. Die Züchtung in Polykultur geht nunmehr über Bodenseefelchen und Europäischen Edelkrebs hinaus. Als Pendant zu dem ausschließlich im Voralpenland beheimateten Felchen kam die Große Maräne hinzu, die in den Seen von Mecklenburg-Vorpommern oder in Schleswig-Holstein vorkommt und ebenfalls ein sehr beliebter Speisefisch ist. „Wie haben die Große Maräne herausgesucht, weil sie ähnliche Lebensgewohnheiten wie der Felchen hat, aber deutlich weiter verbreitet ist. Damit geben wir der Polykultur in ganz Deutschland eine Chance“, betont Wagemann.

Bananen werden wegen ihres hohen Gehaltes an Ballaststoffen sowie Nährstoffen wie Kalzium und Magnesium nicht nur von Sportlern geschätzt. Die gelbe exotische Frucht ist als leckerer Sattmacher und Energiespender vom Ernährungsplan  längst nicht mehr wegzudenken. In einigen Ländern Westafrikas und in Teilen Asiens sind Bananen hingegen auch traditionelle Heilmittel. Blätter und Schalen der Bananenart Musa acuminata sollen Substanzen enthalten, die eine Wundheilung beschleunigen können. Die in deutschen Supermärkten angebotene Fruchtsorte Cavendish verfügt leider nicht über diese heilenden Inhaltsstoffe.

Heilende Substanzen identifiziert

Forscher der Jacobs Universität Bremen haben die Inhaltsstoffe von Musa acuminata nun genauer unter die Lupe genommen. Wie das Team um Chemiker Nikolai Kuhnert im „Journal of Food Measurement and Characterization“ berichtet, konnten sie tatsächlich 70 verschiedene Inhaltsstoffe identifizieren, die für die Wundheilung verantwortlich sein könnten. „Durch die Forschung haben wir ein tieferes Verständnis über ein traditionelles Arzneimittel gewonnen“, sagt Kuhnert.

Aromatische Verbindungern fördern Wundheilung

Den Forschern zufolge verfügt diese Bananensorte über polyphenolische, also aromatische Verbindungen, wie sie auch in Kaffee und Tee vorhanden sind. Diese wirken entweder antibakteriell und desinfizierend und schützen so die Wunde vor Infektionen, oder sorgen dafür, dass sich die Wunde zusammen zieht. Wenn diese polyphenolischen Verbindungen auf die Haut treffen, verändern sie der Studie zufolge deren Eiweiße und bilden eine Art Schutzschicht über der Wunde. In einem nächsten Schritt wollen die Bremer Wissenschaftler herausfinden, welche Heilkräfte die einzelnen Verbindungen haben.

bb

Der Insektenschwund hat viele Gründe – einer von ihnen ist die intensive Landwirtschaft und der damit verbundene Gebrauch von synthetischen Pflanzenschutzmitteln, wie beispielsweise den Neonicotinoiden, die nachweislich die Gesundheit von Bienen gefährden. Komplett auf Pflanzenschutzmittel zu verzichten ist jedoch auch nicht immer möglich, da sonst die Ernteerträge zu sehr schrumpfen. Ein Forscherteam der Technischen Universität München (TUM) verspricht jetzt Abhilfe: Sie berichten im Fachjournal „Green Chemistry" von einem neu entwickelten und biologisch abbaubaren Pflanzenschutzmittel, das nützliche Insekten und die Umwelt schont.

Abwehrstoffe der Natur zunutze machen

„Ohne die Bienen, die eine Vielzahl von Pflanzen bestäuben, wären nicht nur unsere Supermarktregale ziemlich leer, sondern innerhalb kurzer Zeit wäre auch die Versorgung der Weltbevölkerung mit Nahrung nicht mehr gewährleistet“, sagt Thomas Brück, Inhaber des Werner Siemens-Lehrstuhls für Synthetische Biotechnologie der TUM.  

Für den neuen biologischen Pflanzenschutz haben sich die Forscher die Natur zum Vorbild genommen. Sie machten sich ein paar Kniffe der Tabakpflanze zu eigen, die sich vor Schädlingen schützt, indem sie in ihren Blättern Cembratrienol (CBT-ol) erzeugt. Brück und sein Team haben daher jene Abschnitte aus dem Genom der Tabakpflanze isoliert, die der Bildung von CBT-ol zugrunde liegen. Diese Genomabschnitte haben sie dann in das Erbgut von Coli-Bakterien eingebaut. Werden die gentechnisch veränderten Bakterien nun mit Weizenkleie gefüttert, produzieren sie das gewünschte Cembratrienol.

Geruch vertreibt unerwünschte Insekten

„Mit unserem Ansatz ermöglichen wir einen fundamentalen Wechsel im Pflanzenschutz“, so Brück. „Statt Gift zu versprühen, das immer auch nützliche Arten gefährdet, vergrämen wir gezielt nur die Schädlinge.“ Denn ihr biologisches Pflanzenschutzmittel ist in seiner Funktion vergleichbar mit einem Mückenspray: sein Geruch hält unerwünschte Insekten fern.

Erste Untersuchungen haben bereits gezeigt, dass das CBT-Spray für nützliche Insekten ungiftig ist und trotzdem die Pflanze wirksam vor Blattläusen schützt. Da es biologisch abbaubar ist, reichert es sich auch nicht an. Außerdem wirkt Cembratrienol antibakteriell auf gram-positive Bakterien. Das bedeutet,  dass dieses Mittel in Zukunft möglicherweise sogar als Desinfektionsspray angewendet und gezielt Krankheitserreger wie Staphylococcus aureus, Streptococcus pneumoniae oder Listeria monocytogenes bekämpfen könnte.

jmr

There are many reasons why insects are vanishing in alarming numbers. One reason is intensive farming and the corresponding use of synthetic crop protection agents and pesticides. For instance, the widespread use of the neonicotinoids has been shown to be hazardous to the health of bees and bumblebees. Completely swearing off pesticides, however, is not always possible either without losing too much of the crop yield. Researchers at the Technical University in Munich (TUM) now may have found a solution: in the journal "Green Chemsitry" they report a newly developed bio-based and biodegradable crop protection agent that preserves harmless and useful insects as well as the environment.

Using nature as a role model

"Without the bees that pollinate a wide variety of plants, not only would our supermarket shelves be quite bare, but within a short time, it would no longer be possible to supply the world's population with food," says Thomas Brück, who heads the Werner Siemens Chair of Synthetic Biotechnology at TU Munich.

For their novel insect repellent, Brück and his team were inspired by the leaves of the tobacco plant. The plant produces cembratrienol (CBTol) in its leaves and uses this molecule to protect itself from pests. The researchers isolated the sections of the tobacco plant genome which are responsible for the formation of the CBTol molecules. Subsequently, they built these sequences into the genome of coli bacteria. Fed with wheat bran, the genetically modified bacteria now produce the desired active agent - CBTol.

Smell banishes unwanted insects

"With our approach, we are opening the door to a fundamental change in crop protection," says Brück. "Instead of spraying poison, which inevitably also endangers useful species, we deliberately merely aggravate the pests." In essence, their biodegradable insect repellent works like a mosquito repellent: its smell keeps away unwanted insects.

Initial investigations indicate that the CBTol spray is non-toxic to insects, yet still protects against aphids. Moreover, since it is biodegradable, it does not accumulate in plants, soil, or water.

In addition, bioactivity tests showed that cembratrienol has an antibacterial effect on gram-positive bacteria. Therefore, in the future,  the molecule may also be used as a disinfectant spray that acts specifically against pathogens such as Staphylococcus aureus, Streptococcus pneumoniae or Listeria monocytogenes.

jmr

Seit mindestens 4500 Jahren nutzen Menschen Tenside – so weit zurück datiert das erste bekannte Rezept für eine Seife. Ohne Tenside wäre die Welt auch heute um einiges schmutziger: Sie bilden die Grundlage für Spülmittel, Waschmittel, Haushaltsreiniger und Körperpflegeprodukte. Seit der Seifenherstellung durch die Sumerer sind die Anforderungen an Tenside jedoch gestiegen. Die oberflächenaktiven Moleküle sollen heute nicht nur wirksamer und zugleich hautverträglicher sein als früher. Sie sollen auch unproblematisch biologisch abbaubar sein und am besten aus nachwachsenden Rohstoffen erzeugt werden. Das Teilprojekt „LIPOMAR“ aus dem Verbundnetzwerk „BioKatalyse 2021“ macht das möglich: Die Forscher haben darin einen Prozess entwickelt, um hochwertige Tenside aus Algenabfällen zu produzieren.

Besondere Zucker

LIPOMAR steht für „Lipide und oberflächenaktive Stoffe aus mariner Biomasse“. „Die Zucker in Algen unterscheiden sich stark von denen in anderer Biomasse“, erläutert Projektkoordinator Georg Schirrmacher von der Firma Clariant Produkte (Deutschland) GmbH. Das Ziel sei es gewesen, diese Zucker zu extrahieren und auf deren Grundlage in einem biotechnologischen Prozess neue Tenside herzustellen. Die Idee, auf Makroalgen zu setzen, hatte die Projektpartnerin Kerstin Sahm von der Technischen Universität Hamburg-Harburg.

Als Rohstoffe dienten den Forschern Seegras, Braunalgen, Grünalgen und Rotalgen, die an den Stränden der Ostsee im Zuge der Strandreinigung im Tonnenmaßstab gesammelt werden. „Ich war überrascht, wie viele Algen da anfallen“, erzählt Schirrmacher. „Bislang vor zwei Jahren wurden diese Algen einfach kompostiert.“ Dabei sind die Algen ein optimales Ausgangsmaterial für die Produktion im industriellen Maßstab: „Wir können uns so von der Food-and-Feed-Debatte distanzieren“, begründet der Projektkoordinator. Denn andere nachwachsende Rohstoffe für die Herstellung von Chemikalien oder Kunststoffen konkurrieren meist mit Nahrungs- und Futtermitteln um endliche Anbauflächen. Die Algen im Projekt LIPOMAR sind sogar Abfälle.

Alle Ziele erreicht

Von einer guten Idee zu einem erfolgreichen Prozess ist es ein langer Weg. Drei Jahre, von September 2013 bis August 2016, arbeiteten Clariant, TU Hamburg-Harburg und weitere Partner an der TU München, dem Fraunhofer IGB und der Firma Hanseatische Umwelt CAM GmbH daran. Rund 1,2 Millionen Euro flossen in das Projekt, zu 34,5 Prozent gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. „Es sind alle Ziele erreicht worden“, freut sich Schirrmacher.

Doch auf dem Weg zum Erfolg warteten wichtige Lektionen. „Wir brauchten die Sortenreinheit der Algen für die Hydrolyse“, erinnert sich Schirrmacher. Denn jede Algensorte besitzt eine andere Zuckerzusammensetzung, und für jeden Zucker, der herausgelöst werden sollte, mussten die Forscher die geeigneten Enzyme identifizieren. Tatsächlich waren dafür meist nicht jene Standardenzyme nützlich, mit denen sonst Zucker aus Biomasse gewonnen werden. Das Team musste also die Zuckerzusammensetzung analysieren und anhand von Literaturrecherchen und Genomdatenbanken die passenden Enzyme bestimmen. Anschließend galt es, für die Enzyme die optimalen Arbeitsbedingungen wie Temperatur- und pH-Wert zu bestimmen.

Geeignete Bakterien für Fermentation

Die so gewonnenen Zucker mussten in einem nächsten Schritt zu Triglyceriden kombiniert werden. Die Forscher suchten daher nach mehreren Bakterienstämmen, die diesen Prozess effizient bewerkstelligen. Diese sollten unterschiedliche unterschiedliche Triglyceride produzieren, die dann zu unterschiedlichen Tensiden führen. Auch hier war zunächst eine Literaturrecherche von Nöten, dann erfolgte die experimentelle Entwicklung der optimalen Bedingungen für die Fermentation. Ziel war es, Bakterien und Bedingungen zu finden, die die gewünschten Stoffe in hoher Konzentration in möglichst kurzer Zeit produzieren. Parallel dazu suchten die Forscher auch nach Öl-produzierenden Hefen, die ebenfalls als Lipidproduzenten genutzt werden sollten. Zuletzt musste ein Verfahren gefunden werden, die Mikroorganismen aufzuschließen und die Lipide effizient aufzureinigen.

Abschließend ging es darum, aus den gewonnenen Rohstoffen – wieder mithilfe von Enzymen – das eigentliche Zielprodukt, die Tenside, herzustellen. Dabei gelang es den Forschern nicht nur, aus Zuckersäuren und Fettalkohol Ester – und damit ein Tensid – herzustellen. Auch ein erstes Upscaling dieses Produktionsverfahrens verlief erfolgreich.

In Rekordzeit zur Marktreife

„Solche Tenside konnten wir bislang nicht herstellen“, freut sich Schirrmacher. Zudem handelt es sich um ein Molekül, das – da es aus pflanzlichen Rohstoffe stammt – auch problemlos biologisch abbaubar ist. Inzwischen ist das Projekt abgeschlossen. Die Firma Clariant verfolgt die Entwicklung jedoch weiter. Die technische Machbarkeit einer Produktion im kommerziellen Maßstab – für ein Personal-Care-Produkt – ist bereits geklärt. Besonders günstige Eigenschaften in den Bereichen Schaumbildung und Löslichkeit soll das Produkt haben. Jetzt geht es noch um die Frage, ob das Verfahren auch wirtschaftlich ist.

„Ohne die Expertenkombination des Projekts hätten wir wohl keine Lösung gefunden“, betont der Projektkoordinator. „Die Kooperation aus akademischer Forschung und Unternehmensforschung ist wichtig, um Innovationen schnell auf den Markt zu bringen.“ Das benötige natürlich ein sehr gutes Projektmanagement, damit der Technologietransfer funktioniere. „Aber das lief hier sehr, sehr gut.“

Autor: Björn Lohmann

Seit seiner Gründung 2014 hat sich das Max-Planck-Forschungsnetzwerk MaxSynBio zu einem der weltweit größten Forschungsvorhaben der Synthetischen Biologie entwickelt. Unter anderem mit Förderung durch das Bundesforschungsministerium arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Disziplinen an neun Max-Planck-Instituten sowie an der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen und an der Université de Bordeaux mit weiteren Partnern weltweit an einem ambitionierten Ziel: Dem Design und der Synthese künstlicher und biomimetischer Zellmodule lebender Systeme nach dem bottom-up-Prinzip.

Internationales Symposium in der Festung Mark

Mit einem Internationalen MaxSynBio-Symposium möchte das Forschungsnetzwerk seine bisherigen Ergebnisse der wissenschaftlichen Gemeinschaft präsentieren. Deshalb sind interessierte Wissenschaftler eingeladen, mit den Teilnehmern über den derzeitigen Forschungsstand sowie zukünftige Entwicklungen der Synthetischen Biologie zu diskutieren. Zu diesem Zweck präsentieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des MaxSynBio-Netzwerkes sowie herausragende internationale Gastsprecher und Sprecher des Center for Dynamics Systems Magdeburg ihre Arbeiten. Darüber hinaus haben die Teilnehmer des Symposiums die Möglichkeit, die Ergebnisse der eigenen Forschung in Form von Postern oder Postervorträgen zu präsentieren. Interessierte Wissenschaftler können sich noch bis 18. Juni zum Symposium anmelden.

Podiumsdiskussion im Jahrtausendturm

Den gesellschaftlichen Diskurs um die Synthetische Biologie greifen die MaxSynbio-Akteure mit einer öffentlichen Podiumsdiskussion auf. Ein prominent besetztes Podium beschäftigt sich mit der Frage: „Synthetisches Leben: Was ist synthetisch – was ist natürlich?“. Interessierte sind zu der Diskussion am 2. Juli um 20:00 Uhr in den Jahrtausendturm herzlich eingeladen. Die Teilnahme an der Podiumsdiskussion ist auch ohne Anmeldung möglich. Der Jahrtausendturm im Elbauenpark in Magdeburg stellt in außergewöhnlicher Form die Geschichte von Wissenschaft und Technik seit der Frühgeschichte dar und bietet somit einen passenden und anregenden Rahmen für die Podiumsdiskussion. Die Podiumsdiskussion wird in Deutsch abgehalten mit Simultanübersetzung in Englisch.

Pflanzen wachsen – genau wie Menschen – mittels Zellteilung. Der schwierigste Schritt erfolgt erst danach: die Zelldifferenzierung. Beim Menschen können diese unter anderem zu Haut-, Herz- oder Blutgefäßzellen werden. Bei Pflanzen gibt es analog dazu das Leitgewebe, das sich durch den gesamten Pflanzenkörper zieht und in Form von Blattadern sichtbar wird. Ein Forscherteam unter der Leitung von Claus Schwechheimer, Professor am Lehrstuhl für die Systembiologie der Pflanzen an der Technischen Universität München (TUM), hat in Kooperation mit Wissenschaftlern der Universität in Lausanne nun einen wichtigen Regulationsprozess dieser Pflanzenzelldifferenzierung entschlüsselt.

Woher weiß eine Zelle, was sie werden soll?

Das Leitgewebe in Pflanzen versorgt diese mit Wasser und Nährstoffen, dabei ist das Xylem für die Wasserversorgung und das Phloem für die Nährstoffversorgung verantwortlich. „Woher aber weiß eine neu entstandene Zelle, dass sie beispielsweise eine Phloemzelle werden soll?" fragt Schwechheimer. Im renommierten Fachjournal „Nature“ beantworten die Forscher nun diese Frage und beschreiben, wie der Differenzierungsmechanismus in Pflanzen funktioniert.

Bereits im Jahr 2009 hatte das Team in Lausanne gezeigt, dass Pflanzen, denen ein bestimmtes Protein (BRX) fehlt, Probleme haben, Phloemzellen zu bilden. „Zugleich konnten sie beobachten, dass es sehr empfindlich auf das Pflanzenhormon Auxin reagiert", sagt Lanassa Bassukas von der TUM. Denn je nachdem, ob der Auxinwert niedrig oder hoch war, befand sich BRX an der Zellmembran oder wurde im Zellinneren abgebaut.

Regulator PAX und Auxinwert regulieren sich gegenseitig

Nun fanden die Wissenschaftler noch einen weiteren Beteiligten: den Regulator PAX. Dieser kann das Auxin mittels Transporterproteinen aus der Zelle schleusen, und so auch indirekt das Protein BRX regulieren. Und genau wie Pflanzen mit einem Defekt im BRX-Protein haben auch Pflanzen ohne PAX weniger Phloemzellen. Doch es besteht auch eine umgekehrte Abhängigkeit: Der PAX-Regulator kann durch das BRX-Protein gebremst werden. Und je höher der Auxinwert, um so aktiver ist der PAX-Regulator.

Kreislaufregulation bestimmt Zellschicksal

Die Ergebnisse der Forscher zeigen: In einer neu entstandenen Zelle staut sich zunächst das Auxin an. Das über die Zeit angehäufte Auxin führt dazu, dass BRX abgebaut wird. Ist weniger BRX vorhanden, wird der PAX-Regulator wieder aktiv und transportiert das Auxin aus der Zelle. Mit sinkendem Auxinwert steigt wiederum die BRX-Konzentration. Die Folge: Auxin sammelt sich wieder in der Zelle an. Durch diesen Regelkreislauf stellt sich die Zusammensetzung in der Zelle immer wieder von selbst neu ein.

Viele Prozesse in der pflanzlichen Entwicklung sind vom Auxintransport und PAX-ähnlichen Regulatoren abhängig. Mit der Entdeckung der negativen Regulation mittels PAX-Protein ist laut den Forschern jedoch eine neue Kontrollebene aufgedeckt worden, die in Zukunft auch für die Pflanzenzüchtung relevant werden könnte.

jmr

Es geht wieder los: Fußballfans auf der ganzen Welt fiebern dem Start der Fußballweltmeisterschaft 2018 in Russland entgegen: Welche der insgesamt 32 Nationalmannschaften wird am Ende den begehrten Pokal in die Höhe stemmen? Entscheidend wird sein, wie die Spieler mit dem offiziellen WM-Ball „Telstar 18“ zurechtkommen. Der Ball hat es in diesem Jahr in sich: Die Moosgummischicht unter der Außenhaut des Balls, die üblicherweise als Polster dient und für ein optimales Abprallverhalten sorgt, besteht zum ersten Mal aus biobasiertem Kautschuk auf Zuckerrohrbasis. Der Vorteil: Das Material ist besonders leicht, gut zu verarbeiten, elastisch und umweltfreundlich, da weniger klimaschädliche fossile Rohstoffe wie Erdöl bei der Kautschuk-Produktion zum Einsatz kamen.

Materialinnovationen der Bioökonomie

Genau diese Kombination aus Nachhaltigkeit und hoher Funktionalität zeichnet auch viele andere biobasierte Materialinnovationen in der Bioökonomie aus: Ob Funktions-T-Shirts aus Kaffeeresten oder Holz, Outdoorkleidung aus Bioplastik, Tennisschläger aus Flachs oder Fahrräder aus holzbasierten Leichtstoffröhren – viele Bioökonomie-Ansätze haben den Sportsektor bereits erobert. Sie nutzen alternative biologische Ressourcen aus Pflanzen oder Abfallstoffen als Ausgangsstoffe für die Verarbeitung und bringen nachhaltige Produkte mit hoher Qualität auf den Markt. Eine umfassende Schau solcher innovativer biobasierter Alltagsprodukte war auf dem Global Bioeconomy Summit 2018 in Berlin zu sehen.

Urban Farming liegt voll im Trend. Hierbei werden freie Flächen in der Stadt – sei es das Dach oder die Hauswand – genutzt, um beispielsweise Gemüse anzubauen. Damit der Gemüseanbau möglichst ressourceneffizient ist, wird er häufig mit der Fischzucht verbunden. In der Kombination nennt man das dann Aquaponik. Dabei handelt es sich um ein Kreislaufsystem, bei dem Wasser vom Fischtank zu den Pflanzen und wieder zurück fließt. So wird Wasser gespart und gleichzeitig wird der Fischkot als idealer Dünger für die Gemüsepflanzen verwendet.

Benachteiligte Stadtteile werden grün

Was bisher vor allem aus New York, Berlin oder München bekannt war, soll nun als eines von drei Hauptteilen eines Horizon-2020-Projektes auch im Dortmunder Stadtteil Huckarde Realität werden. Das gesamte Projekt läuft unter der Leitung von Frank Lohrberg und Axel Timpe vom Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur der RWTH Aachen und nennt sich „productive Green Infrastructure for post-industrial urban regeneration“ (proGIreg), was übersetzt so viel heißt wie „produktive grüne Infrastruktur für die Regeneration alter Industriestädte“. Das Ziel: naturnahe Stadtentwicklungsmaßnahmen in benachteiligten Stadtteilen. Dortmund ist eine der drei Städte, in denen die grüne Infrastruktur umgesetzt werden soll, die anderen beiden Städte sind Turin und Zagreb.  

„Es ist ein ungewöhnliches großes Projekt, das dort begonnen wird“, sagt Timpe. Denn insgesamt sind sechs Universitäten beteiligt, außer den drei ausgewählten Städten sind noch sieben weitere Kommunen mit dabei sowie acht kleine und mittlere Unternehmen und sieben Nichtregierungsorganisationen (NGO). Gefördert wird das Mammutprojekt von der Europäischen Union mit mehr als 10 Mio. Euro. Auf einer Konferenz in Dortmund-Huckarde im September 2018 fällt der offizielle Startschuss für das Großprojekt, das voraussichtlich bis Sommer 2023 laufen wird.

Bürger werden aktiv einbezogen

Eine weitere Besonderheit des Projektes ist der Einbezug der Bürger vor Ort in das Aquaponik-System: „Es soll keine klinisch-reine Laborlandschaft werden. Der Ansatz ist bewusst Low-Tec, damit die Anlage von Vereinen beziehungsweise den Menschen vor Ort betrieben werden kann und so auch ein Beschäftigungspotenzial geschaffen wird“, so Timpe. Außerdem ist der freie Zugang zu dem Wissen, das im Rahmen des Projektes generiert wird, ein wichtiger Bestandteil des Horizon-2020-Projektes.

Horizon 2020 ist das Forschungsrahmenprogramm der EU, das zwischen 2014 und 2020 75 Mrd. Euro für Forschungsprojekte bereitstellt. „Das Projekt hat für die Fakultät für Architektur der RWTH Aachen University den allerhöchsten Stellenwert“, erklärt Alexander Markschies, Dekan der Fakultät. „Wichtig ist uns die internationale Zusammenarbeit und der Charakter des Projektes, bei dem die Fakultätdurch die Praktiken der angewandten Innovation action als Bindeglied zwischen Wissenschaft, den kleinen und mittleren Unternehmen, der Zivilgesellschaft und der Planungspraxis in den Städten fungiert“.

jmr

Beim Gedanken an leckeres Essen läuft uns sprichwörtlich das Wasser im Mund zusammen. Doch Speichel ist viel mehr als nur Wasser: Er enthält neben Schleimhaut- und Immunzellen eine Vielzahl von Molekülen, die unter anderem auch sehr wichtig für gesunde Zähne, Zahnfleisch und Mundschleimhaut sind. Außerdem bildet der Speichel die erste Abwehr gegen Krankheitserreger und enthält deshalb auch etliche antimikrobiell wirkende Moleküle wie das Lysozym, das Teil des angeborenen, molekularen Immunsystems ist.

Speichelzusammensetzung von verschiedenen Faktoren abhängig

Die Speichelzusammensetzung wird durch das Alter, den Gesundheitszustand aber auch davon, was jemand isst und trinkt, beeinflusst. Münchner Lebensmittelchemiker haben nun herausgefunden, dass auch bestimmte Lebensmittelinhaltsstoffe die Speichelzusammensetzung verändern können.

Unter der Leitung von Thomas Hofmann, Leiter des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München (TUM), haben die Forscher den Einfluss von Zitronensäure (sauer), Aspartam (süß), Iso-alpha-Säure (bitter), dem Geschmacksverstärker Natriumglutamat (umami), Kochsalz (salzig), 6-Gingerol (scharf) sowie die im Szechuanpfeffer enthaltenen Substanzen Hydroxy-alpha-Sanshool (kribbelnd) und Hydroxy-beta-Sanshool (betäubend) auf die Speichelzusammensetzung untersucht. Ihre Ergebnisse haben sie im Fachblatt „Journal of Agricultural and Food Chemistry“ veröffentlicht.  

Geschmacksgebende Stoffe haben biologische Wirkung

„Unsere neuen Erkenntnisse zeigen, dass geschmacksgebende Stoffe bereits im Mundraum biologische Wirkungen besitzen, die weit über ihre bekannten sensorischen Eigenschaften hinausgehen“, so Hofmann. Mittels Speichelflussmessungen, Proteomanalysen und bioinformatischen Auswertungen konnten die Lebensmittelchemiker erstmals nachweisen, dass alle untersuchten Substanzen die Proteinzusammensetzung des Speichels in mehr oder weniger großem Umfang verändern. Anschließende biologische Funktionsanalysen der veränderten Speichelproteine zeigten zudem, dass die durch Zitronensäure und 6-Gingerol ausgelösten Veränderungen, das molekulare Abwehrsystem im Speichel aktivieren. 

Immunabwehr um das Drei- bis Zehnfache gesteigert

6-Gingerol steigert hierzu die Aktivität eines Enzyms, wodurch sich die Menge des antimikrobiell und fungizid wirkenden Hypothiocyanats im Speichel in etwa verdreifacht. Zitronensäure verändert den Lysozym-Spiegel im Speichel sogar um das Zehnfache. Untersuchungen an Bakterienkulturen haben gezeigt, dass dadurch das Wachstum von Gram-positiven Bakterien fast komplett unterbunden wird.

Das langfristige Ziel der Lebensmittelchemiker ist, basierend auf solchen Daten, neue Ansätze für die Produktion von Lebensmitteln zu finden, deren Inhaltsstoff- und Funktionsprofile auf die gesundheitlichen und sensorischen Bedürfnissen der Verbraucherinnen und Verbraucher zugeschnitten sind. 

jmr

Tasty food is “mouth-watering”. However, saliva I so much more than water: It contains mucosal and immune cells as well as a large number of molecules that perform a wide variety of biological functions such as ensuring healthy teeth, gums, and oral mucosa. Moreover, saliva is the first barrier against pathogens. Therefore, it also contains a number of antimicrobial molecules, including the antibacterial lysozyme. These are part of the innate molecular immune system.

Saliva composition depends on variety of factors

Age, health, and what someone eats and drinks all influence the composition of saliva. However, little is known about the effects of individual food constituents. Food chemists at the Leibniz-Institute for Food Systems Biology at the Technical University of Munich (TUM) now discovered that distinct food ingredients also affect saliva composition.

Led by Thomas Hofmann, head of the Leibniz-Institute for Food Systems Biology at TUM, the researchers studied the influence of the following flavors on the composition of human saliva: citric acid (sour), aspartame (sweet), iso-alpha acids (bitter), the flavor enhancer monosodium glutamate (umami), table salt (salty), 6-gingerol (spicy), and the substances contained in Sichuan pepper —hydroxy-alpha-sanshool (tingling) and hydroxy-beta-sanshool (numbing). They published their results in the “Journal of Agricultural and Food Chemistry”.

Flavouring substances exert biological effects

“Our new findings show that flavouring substances already display biological effects in the oral cavity that go far beyond their known sensory properties,” said Hofman. Combining salivary flow measurements, proteome analyses and bioinformatic evaluations, the food chemists were able to show that all the substances under investigation modulate the protein composition of saliva to some extent. Subsequent biological function analyses of the modulated salivary proteins revealed that the changes triggered by citric acid and 6-gingerol activate the molecular defence system in saliva.

Immune defence increased three- to tenfold

For instance, 6-gingerol increases the activity of an enzyme, which in turn nearly triples the amount of the antimicrobial and fungicidal hypothiocyanite in saliva. The changes triggered by citric acid even caused lysozyme levels in saliva to increase tenfold. Studies on bacterial cultures have shown that this increase is sufficient to prevent the growth of Gram-positive bacteria almost completely.

The long term goal of the food chemists is to find new approaches for the production of food whose ingredient and function profiles are closely aligned with the health and sensory needs of consumers. 

jmr

Eichen sind eine typisch mitteleuropäische Baumart und machen in Deutschland knapp 12% der Waldfläche aus. Damit sind sie hierzulande nach der Rotbuche die zweithäufigste Laubbaumgattung. Am meisten verbreitet sind dabei die einheimische Traubeneiche und die Stieleiche, die zwischen 500 und 1000 Jahre alt werden kann. Ein internationales Pflanzenforscherkonsortium mit Beteiligung des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) hat nun untersucht, welche Mechanismen hinter der besonderen Langlebigkeit stecken.

Hohe genetische Vielfalt

Wissenschaftler aus Frankreich, Schweden, Spanien, den USA und Deutschland haben daher das Genom der Stieleiche mithilfe modernen Hochdurchsatz-Sequenzierungstechnologien sequenziert. Das Erstaunliche: Die genetische Vielfalt der Stieleiche ist zehnmal größer als die des menschlichen Genoms. Ihre Ergebnisse haben die Forscher im Fachjournal „Nature Plants“ veröffentlicht.

Große Anzahl von Resistenzgenen sorgt für Wehrhaftigkeit

Der Studie zufolge enthält das Stieleichengenom insgesamt 26.000 Gene. 51% davon bestehen aus springenden genetischen Elementen, also DNA-Sequenzen, die ihre Position innerhalb des Genoms ändern können. Außerdem verfügen diese Bäume über einen sehr große Menge von aneinander gereihten Gengruppen. Ihr Anteil beträgt 36%. Bei Pflanzen sind 15% üblich. Vor allem die Resistenzgene der Stieleiche scheinen von diesen Tandemduplikationen zu profitierten. Eine große und vielfältige Anzahl an Resistenzgenen macht die Bäume wehrhafter gegen Fressfeinde und Krankheiten. Der Vergleich mit krautigen Pflanzen wie der Acker-Schmalwand oder der Kartoffel sowie mit mehrjährigen Gehölzen wie der Pappel oder dem Pfirsichbaum zeigt jedoch, dass dieser Mechanismus zur Vervielfältigung von Resistenzgenen bei allen untersuchten Baumarten verbreitet ist. 

Verbreitung trotz komplexer Wechselwirkungen

Die beteiligten deutschen Forscher vom UFZ-Department Bodenökologie aus Halle (Saale) haben vor allem Gene zugeordnet, die für die Symbiose zwischen Baumwurzeln und Bodenpilzen relevant sind. Zudem stellte das Hallenser Team seine eigene Gendatenbank für das Projekt bereit. Diese Datenbank beruht auf einem Klon der Stieleiche, der am UFZ seit Jahren vermehrt wird. Ziel dieser Untersuchungen ist es, Informationen zur Regulation von Eichengenen bei Wechselwirkungen zwischen Eichenblättern oder -wurzeln und Tieren oder Mikroorganismen zu gewinnen. „Die zwei genomischen Merkmale geben uns Hinweise darauf, warum Bäume, die so vielen biotischen Wechselwirkungen ausgesetzt sind, es schaffen, sich in Europa so großräumig zu verbreiten“, sagt Sylvie Herrmann, eine der Mitautorinnen der Studie. „Wir wollen so untersuchen, wie sich Waldbäume als langlebige Organismen an Umweltänderungen anpassen“

Somatische Mutationen werden anscheinend vererbt

Ein weiterer Ansatz untersuchte die Veränderungen einzelner Gewebe mit steigendem Alter. In den meisten mehrzelligen Organismen häufen sich mit zunehmendem Alter somatische Mutationen, die beim Menschen beispielsweise zu Krebstumoren führen können. Da diese Mutationen in somatischen Zellen vorkommen, werden sie eigentlich nicht an die nächste Generation vererbt.

Das internationale Pflanzenforscherteam untersuchte die Häufigkeit somatischer Mutationen, indem es die Genome aus Proben von unterschiedlich alten Zweigen einer hundertjährigen Eiche verglich. Das überraschende Ergebnis: Manch somatische Mutation wurde tatsächlich an die nächste Generation vererbt. In Zukunft gilt es nun zu untersuchen, ob die Pflanzen dadurch einen Selektionsvorteil erhalten.

jmr

Die Gewinnung von Edelmetallen aus Erzen durch Bergbau ist ein "schmutziges" Geschäft. Denn für herkömmliche Aufbereitungsverfahren von Erzen zur Edelmetallgewinnung werden viele umweltschädigende Chemikalien eingesetzt. Um Gold und Silber auf schonende Weise zu isolieren, hat die hessische Biotechnologiefirma BRAIN AG und die Evonik-Tochtergesellschaft CyPlus GmbH ein biobasiertes Verfahren zur Edelmetallgewinnung für die globale Bergbauindustrie entwickelt.

Scale-up in den Tonnenmaßstab erfolgreich

Wie BRAIN jetzt bekannt gab, ist die Produktentwicklung nach mehrjähriger Kooperation bis zur Marktreife fortgeschritten. Basierend auf den letzten Forschungsergebnissen, die im 100 Liter-Maßstab stattfanden, haben die Partner im vergangenen Oktober das Scale-Up des Verfahrens in den Tonnenmaßstab erfolgreich realisiert. Laut Firmenangaben konnte ihr neuartiges Verfahren auch in diesen Größenordnungen industrierelevante Mengen der gewünschten Edelmetalle erzielen. Erste Produktangebote sollen demnach bereits 2019 auf den Markt kommen.

Nachhaltige Prozesse für Green Mining

„Unsere Forschung zielt auf die Entwicklung von biobasierten Verfahren, die in den globalen Märkten zur Erzaufbereitung innovative und nachhaltige Prozesse für das sogenannte Green Mining darstellen können“, sagt Stefan Welbers, Senior Vice President und General Manager der CyPlus GmbH.

Guido Meurer, Mitglied der Geschäftsleitung bei der BRAIN AG, fügt hinzu: „Mit unseren Verfahren für das Green Mining können edelmetallhaltige Erzvorkommen zukünftig auch in Regionen erschlossen werden, für die herkömmliche Aufbereitungsverfahren nicht in Frage kommen. Auch vor dem Hintergrund der zunehmenden Rohstoffknappheit ist Green Mining ein zunehmend wichtiges Thema und ein attraktives Geschäftsfeld.“

Mirkroorganismen verändern Adhäsionseffekte

Die Gewinnung der Edelmetalle aus den Erzen basiert auf dem Einsatz natürlich vorkommender und weiterentwickelter Mikroorganismen aus dem BRAIN-BioArchiv. Im Laufe der Zusammenarbeit haben BRAIN und CyPlus eine Vielzahl von Mikroorganismen identifiziert, die durch hochspezifische Adhäsionseffekte jenen Mineralien, die Edelmetall beinhalten, eine neue physikalische Eigenschaft verleihen. Auf diese Weise konnten Gold oder Silber von Erz getrennt und in Aufarbeitungsprozessen angereichert werden. Das biobasierte Verfahren wurde bereits zum Patent angemeldet.

jmr