Aktuelle Veranstaltungen

Insekten als Nahrungsmittel – dabei denken viele Menschen zunächst an Thailand oder Indonesien, wo gebratene Heuschrecken und frittierte Mehlwürmer an fast jeder Straßenecke angeboten werden. Doch spätestens seit der „Novel-Food-Verordnung“ Anfang 2018 kommen auch hierzulande immer mehr Lebensmittel aus Insekten auf den Markt. Die Zulassung und gesundheitliche Bewertung der neuen Lebensmittel übernimmt dabei die European Food Safety Authority (EFSA).

Insektenprotein ist gesund und schont die Umwelt

Die Vorteile von Insekten liegen für Experten klar auf der Hand: Sie sind proteinreich und zugleich fettarm. Außerdem sind sie im Vergleich zu Rind, Schwein oder Huhn in ihrer Zucht und Haltung wesentlich ressourcenschonender. Zudem benötigen Insekten nur einen Bruchteil an Futter, Wasser, Land und Zeit, um dieselbe Proteinmenge herzustellen wie herkömmliche tierische Quellen. Doch wie können vor allem Europäer, die Insekten traditionell nicht auf ihrem Speiseplan haben, von deren Qualitäten überzeugt werden? Reicht der Appell an das Umweltbewusstsein aus oder bedarf es ausgeklügelter Marketingstrategien, um westliche Nationen zum Insektenverzehr zu bewegen?

Umweltschonend oder Luxusartikel

Genau das haben Fabian Christandl von der Hochschule Fresenius, Sebastian Berger und Annika Wyss von der Universität Bern sowie Christian Bärtsch von der ESSENTO Food AG und Christina Schmidt von der Universität Köln nun in einer Studie untersucht. 180 Probanden, die in zwei Gruppen aufgeteilt wurden, erhielten zunächst Werbeflyer, in denen Insekten-basierende Lebensmittel angepriesen wurden. Dabei bekam eine Gruppe Prospekte, die vor allem auf die gesundheitsfördernden und umweltfreundlichen Aspekte der Insekten hinwies. Diese Flyer waren mit Slogans wie „Fleisch war noch nie so gesund“ oder „Fleisch war noch nie so umweltfreundlich“ beschriftet. Die andere Hälfte der Teilnehmer bekam Flyer, in denen Insekten als Luxusprodukte angepriesen und mit einem trendigen Lifestyle in Verbindung gebracht wurden. Anschließend wurden den Teilnehmern Mehlwurm-Schokopralinen angeboten und darauf geachtet, wie viele der Probanden davon kosteten.

Gezielte Marketingstrategie für Insektenprodukte

Das Ergebnis war eindeutig. Wie die Forscher im Fachjournal „Frontiers in Nutrition“ berichten,  probierten 76,2% der Befragten, denen Insekten als Luxusprodukt präsentiert wurden, die Schokopralinen mit Mehlwürmern. Von den Teilnehmern, die Werbeslogans zur Umweltverträglichkeit bekommen hatten, griffen lediglich 61,3% zur Insektenschokolade. Für Christandl und Kollegen ist dies ein eindeutiges Zeichen: „Aus unseren Ergebnissen lässt sich ableiten, dass die Werbung Insekten eher als Genussmittel anpreisen sollte. Mit dieser Strategie können sie tendenziell mehr Konsumenten davon überzeugen, Insekten mit auf den Speiseplan zu nehmen“, empfiehlt Christandl.

jmr

Eating insects - many people still shudder when when hearing these words, or they're thinking of Thailand or Indonesia, where fried crickets and mealworms are sold on the streets. But since the "Novel Food Regulation" was implemented at the beginning of 2018, a growing number of food items containing insects has made it into several supermarkets across the EU. The European Food Safety Authority (EFSA) is responsible for the approval and health assessment of these new foods.

Insect protein is healthy and easy on the environment

The advantages of insects as food items are obvious: they are rich in protein and low in fat at the same time. Moreover, breeding and farming them is much more resource-efficient than farming cattle, pigs or chickens. In fact, insects only need a fraction of food, water, land and time to provide the same amount of protein as conventional animal sources. But how can citizens across the EU, where insects are not traditionally a part of the meal plan, be convinced of these qualities? Is it enough to appeal to environmental concerns or do we need more sophisticated marketing strategies to persuade Westerners to eat insects?

Eco-friendly or a luxury

This question was investigated by Fabian Christandl from Fresenius University, Sebastian Berger and Annika Wyss from the University of Bern, Christian Bärtsch from ESSENTO Food AG and Christina Schmidt from the University of Cologne. The study was carried out at the Cologne campus of the Fresenius University of Applied Sciences and included 180 subjects that were divided into two groups. All test persons first received a flyer advertising insect-based food. On the flyers of half of the participants, the health-promoting and eco-friendly aspects of the insects were emphasized: The flyers were labelled with slogans such as "meat has never been so healthy" or "meat has never been so environmentally friendly". The other half of the participants received flyers advertising insects as luxury products and associating them with a trendy lifestyle. Afterwards, the participants were offered mealworm chocolate pralines and the scientitst analysed how many of the test persons actually tasted the pralines.

Targeted marketing strategy for insect products

As the researchers report in the journal "Frontiers in Nutrition", the results were quite clear. According to them, 76.2% of those presented with insects as a luxury product tried the chocolate pralines with mealworms. Of the participants who received advertising slogans highlighting the environmental benefits, only 61.3% tried the insect chocolate. For Christandl and colleagues this is an unequivocal sign: "From our results it can be deduced that the advertising should emphasise insects as luxury food. Thereby more consumers can be enticed to include insects in their diets," recommends Christandl.

jmr

Es war eine der größten ökologischen Katastrophen im 20. Jahrhundert in Deutschland: Seit den 50er Jahren belastete vor allem die Landwirtschaft den Bodensee immer stärker mit Phosphat, was letztlich zu einer Eutrophierung des Gewässers führte. Insbesondere die Algen haben sich daraufhin so explosiv vermehrt, dass der Sauerstoff in den Tiefen des Sees nicht für deren Abbau reichte. Die Folge: Badegäste fanden keine algenfreien Flächen mehr, Motorboote blieben in den Algenmatten stecken – und die Eier der Felchen konnten sich nicht mehr entwickeln. Zwei dieser fünf nur im Bodensee lebenden Fischarten starben daraufhin aus.

Neustart in den 80er Jahren

Massive Anstrengungen in den 80er Jahren versetzten den Bodensee schließlich in einen gesünderen Zustand zurück. Aber würde sich die Artenvielfalt des Sees auch wieder erholen? Das haben Biologen der Universitäten Konstanz und Glasgow am Beispiel des Gangfisches – einer Felchenart – untersucht. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher nun im Fachjournal „Nature Ecology and Evolution“.

Überraschenderweise zeigten dabei äußere und genetische Merkmale des Gangfisches, dass diese Art nach der Erholung des Bodensees eine ungewöhnliche und schnelle Diversifizierung erfahren hat, also schon bald eine große Vielfalt innerhalb der eigenen Art zeigte. So konnte sich die Art beispielsweise eine breite ökologische Nische erschließen, weil sie in weniger als zehn Generationen eine große Vielfalt an Kiemenreusendornen entwickelt hatte. Mit diesen Dornen filtern die Fische Nahrung aus dem Wasser.

Diversität durch Hybridisierung

Als Ursache dafür, dass sich die Gangfische so schnell genetisch diversifizieren konnten, vermuten die Biologen Hybridisierungen – also Paarungen mit anderen Arten – in der Zeit der Eutrophierung. Zwar paaren sich die Hybridnachkommen meist wieder mit der zahlenmäßig dominanten Elternart, weshalb die Hybridisierung nur in Ausnahmefällen zu neuen Arten führt. Doch kann auf diese Weise der Genpool einer Art aufgefrischt werden, wodurch deren Fähigkeit, sich an eine veränderte Umwelt anzupassen, verbessert wurde.

Die Vielfalt einzelner Bewohner eines Lebensraumes könne sich somit nach dessen Wiederherstellung relativ schnell erholen, resümieren die Forscher. Wie sehr das gelingen kann, hänge aber von der genetischen Architektur, dem ökologischen Kontext und der Evolutionsgeschichte ab. Die Konstanzer Biologin Jasminca Behrmann-Godel, die die Studie geleitet hat, betont zudem: „Diese neue Vielfalt an Gangfischen ist eine Variation innerhalb einer Art und ersetzt nicht den Verlust des Artenreichtums durch Eutrophierung.“

bl

Facettenreich und beständig

Granit ist ein Naturstein mit einer Menge verschiedener Facetten und mindestens genau so vielen Vorteilen. Er entsteht durch das Erstarren von Magma unter der Erdkruste und ist besonders reich an Quarz, Feldspaten und dunklen Materialien wie zum Beispiel Glimmer. Aufgrund seiner hohen Festigkeit und Härte ist Granit als Werkstoff für Küche, Bad und auch im Außenbereich sehr beliebt.

Vom Abfall zum Rohstoff

Ein bayerisches Famlienunternehmen entwickelte nun einen Herstellungsprozess, mit dem Granit wie Keramik dreidimensional geformt werden kann. Zunächst werden die Granitabfälle aus dem Steinbruch zerkleinert und gemahlen. Anschließend vermischt man sie Wasser, das zuvor mit Hefekulturen versetzt wurde. In einem mehrtägigen speziellen Fermentationsverfahren, dem sog. Maukprozess, verwachsen die Hefekulturen mit dem Granitmehl und binden dieses. Es entsteht eine Masse, die sich ähnlich wie Ton formen und verarbeiten lässt.

Die geformten Teile werden dann unter großem Druck in hydraulischen Pressen verfestigt und zwei Wochen getrocknet. Anschließend werden die Quarzpartikel bei einer Temperatur von 1.300 Grad versintert. Dabei verbrennen die Hefekulturen, übrig bleibt Granicium, ein Material mit ähnlichen Qualitäten wie das Naturgestein. Granicium ist extrem dauerhaft, temperaturbeständig und lebensmittelecht.

Marktreife

DENK Keramische Werkstätten fertigt nicht nur Mörser sondern auch diverse andere In- und Outdoorprodukte wie Feuerschalen, Tischplatten, Vogeltränken und Waschbecken aus Granicium.

Inspiriert vom Fahrzeugbau

Nagellack in seiner heutigen Form ist deutlich jünger. Erst in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts kam er, inspiriert durch die Erfindung des Automobillacks, in Mode. Tatsächlich benutzte man anfangs einfach den gleichen Lack für Auto und Nägel. Inzwischen hat sich einiges getan. Die Anforderungen sind gestiegen. Nagellacke sollen nicht nur schön aussehen, sie sollen auch pflegen.

Schön, bunt und gesund

Neueste Innovation ist ein Nagellack aus Spinnenseiden-Proteinen. Im Gegensatz zu zu herkömmlichen Nagellacken, die den Nagel so stark abdichten, dass kein Sauerstoff durchkommt, bilden die biotechnologisch hergestellten Seidenproteine einen atmungsaktiven Schutzfilm, der sowohl wasser- als auch sauerstoffdurchlässig ist. Die Sauerstoffdurchlässigkeit schützt nicht nur vor der Bildung von Schadstoffen sondern verhindert auch, dass sich die Nägel verfärben. Die Wasserdurchlässigkeit verbessert den Allgemeinzustand der Nägel.

Zusätzlich zu den Spinnenseiden-Proteinen enthält der Nagellack den Mikroalgenwirkstoff Spiralin. Spiralin wirkt keimhemmend, antiviral und zellregenerierend. Laut Herstellerangaben ist der neuartige Nagellack aufgrund seiner besonderen Inhaltsstoffe selbst für empfindliche und brüchige Nägel geeignet.

Marktreife

Das Produkt wird unter dem Namen "Skinicer Oxyperm" vermarktet.

Inspired by car construction

Nail polish in its present form is significantly more recent. Only in the 20's of the last century it became fashionable, inspired by the invention of the automobile lacquer. In fact, in the beginning, the same paint was simply used for cars and nails. A lot has changed in the meantime. The demands have increased. Nail varnishes should not only look beautiful, they should also keep the nails healthy.

Beautiful, colourful and healthy

The latest innovation is a nail polish made of spider silk proteins. In contrast to conventional nail varnishes, which seal the nail so tightly that no oxygen can pass through, biotechnologically produced silk proteins form a breathable protective film that is permeable to both water and oxygen. The oxygen permeability not only protects against the formation of harmful substances but also prevents the nails from discolouring. Water permeability improves the general condition of the nails.

In addition to the spider silk proteins, the nail polish contains Spiralin, the active ingredient from micro-algae. Spiralin has an antibacterial, antiviral and cell regenerating effect. According to the manufacturer, the novel nail varnish is suitable even for sensitive and fragile nails due to its special ingredients.

Ready for the market

The product is marketed under the name "Skinicer Oxyperm".

Für die Herstellung von Medikamenten, Kosmetik oder Lebensmitteln werden noch immer enorme Mengen Erdöl verbraucht. Dieser fossile Rohstoff ist jedoch nicht nur endlich, sondern in seiner Verarbeitung auch extrem umweltschädlich. Deshalb arbeiten etliche Chemiker, Verfahrenstechniker und Ingenieure daran, die Herstellung mittels Enzymen und biobasierten Verfahren umweltschonender zu gestalten. Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben nun eine wichtige Hürde auf dem Weg dorthin genommen: Sie entwickelten ein neues Biomaterial, das den Einsatz von Enzymen stark vereinfacht und deren Effizienz steigert.

Hydrogelrillen werden zum Biokatalysator

Wie die Materialforscher im Fachblatt „Angewandte Chemie“ berichten, bietet ihr neues Biomaterial eine energiesparende Alternative zu herkömmlichen Katalysatoren, die in nahezu allen chemischen Prozessen zum Einsatz kommen. Im Detail haben die Wissenschaftler natürliche Enzyme so verändert, dass sie sich von selbst zu einem stabilen Biokatalysator zusammenfügen. Dieses gelartige Material wird auf Kunststoffchips mit rillenförmigen Vertiefungen aufgebracht. Trocknet das Material, entsteht ein Hydrogel. Der gelbedeckte Chip wird dann mit einer Kunststofffolie abgedeckt, so dass kleine, röhrenartige Hohlräume entstehen, durch die die Ausgangsstoffe gepumpt werden können. Das Hydrogel in den Röhren fungiert nun als Biokatalysator und wandelt die Ausgangsstoffe zu den gewünschten Endprodukten um, während das Biokatalysatorgel zurückbleibt. Der Clou: Bei dieser Reaktion werden keine Lösungsmittel benötigt, und auch hohe Temperaturen oder Druck sind nicht erforderlich. Dadurch wird der Prozess umweltfreundlich und nachhaltig.

„Langfristig erhoffen wir uns, dass solche biokatalytischen Materialien in automatisierten Verfahren eingesetzt werden, um ohne aufwendige Synthese- und Reinigungsschritte und mit möglichst wenig Abfallstoffen wertvolle Ausgangsverbindungen zu produzieren“, so Christof Niemeyer, Professor am KIT-Lehrstuhl für Biologische Grenzflächen.

Biokatalysator verhindert unerwünschte Spiegelbilder

Das Besondere: Da in den Röhren auf kleinstem Raum sehr viel Reaktionsfläche vorhanden ist, sind die Umsatzraten der Biokatalysatoren sehr hoch. Zugleich ist die Methode platzsparend, da das neue Material direkt auf den Chips haftet. Zudem lässt sich das Hydrogel vollständig recyceln und ist biologisch abbaubar. Ein weiterer Vorteil: Für viele chemische Verbindungen gibt es Enantiomere, also Verbindungen, die wie ein Spiegelbild zur eigentlichen Verbindung stehen. Doch diese Spiegelbilder haben oft keine oder unerwünschte Wirkungen, so dass sie bei herkömmlichen chemischen Prozessen häufig mittels teurer Trennungsverfahren abgeschieden werden müssen. Mithilfe der Biokatalysatoren lässt sich hingegen gezielt nur die erwünschte Variante herstellen.

Die Arbeit entstand im Rahmen des Helmholtz-Programms „BioInterfaces in Technology and Medicine“ (BIFTM). Hier arbeiten Wissenschaftler des KIT interdisziplinär an der Erforschung und Nutzung biologischer Systeme, um sie in der industriellen und medizinischen Biotechnologie anzuwenden.

jmr

Large quantities of fossil fuels are still used for the production of medicines, cosmetics or even food. However, such fossil-based raw material is not only finite, but also extremely harmful to the environment. That is why a number of chemists, process engineers and engineers are working towards a more environmentally friendly production by using enzymes and biobased processes. Researchers at the Karlsruhe Institute of Technology (KIT) have now taken an important hurdle on the way to this goal: They have developed a new biomaterial that greatly simplifies the use of enzymes and increases their efficiency.

Hydrogel grooves become biocatalysts

As the researchers report in the journal "Angewandte Chemie", their new biomaterial offers an energy-saving alternative to conventional catalysts, which are used for almost all chemical processes. In detail, the scientists have modified natural enzymes in such a way that they automatically combine to form a stable biocatalyst. This gel-like material is applied to plastic chips with groove-shaped indentations. When the material dries, a hydrogel is formed. On top of the gel-covered chip, a plastic foil is places so that small, tube-like cavities are created through which the source materials can be pumped. The hydrogel in the tubes now functions as a biocatalyst and converts these materials into the desired end products, while the biocatalyst gel remains. The key is that this reaction does not require any solvents, nor does it require high temperatures or pressure. This makes the process environmentally friendly and sustainable.

"In the long term, such biocatalytic materials are to be used in automatic production of value-added basic compounds without complex synthesis and cleaning steps and with a minimum amount of waste arising," says Christof Niemeyer, Professor the KIT's Institute for Biological Interfaces.

Biocatalyst prevents unwanted mirror images

The key: Since there is a lot of space for chemical reactions in the tubes, which themselves are fairly small, the conversion rates and thus the efficiency of the biocatalysts are very high. At the same time, the method saves space because the new material adheres directly to the chips. In addition, the hydrogel can be completely recycled and is biodegradable. Another advantage is that many chemical compounds have enantiomers, i.e. compounds that are a mirror image to the actual compound. However, these mirror images often have no or undesired effects. Thus, they often have to be separated out during conventional chemical processes via expensive separation processes. Biocatalysts, on the other hand, can be directed to only produce the desired compound structure.

This work was carried out as part of the Helmholtz programme "BioInterfaces in Technology and Medicine" (BIFTM). KIT scientists are working on the interdisciplinary research and use of biological systems in order to apply them in industrial and medical biotechnology.

jmr

Die Vielfalt der globalen Vegetation ist beeindruckend. Etwa 390.000 Pflanzenarten sind bekannt. Im Laufe der Evolution haben Gewächse, Sträucher oder Bäume ganz unterschiedliche Eigenschaften entwickelt, um sich gegen benachbarte Pflanzen durchzusetzen und in der jeweiligen Umgebung zu überleben. Zugleich wachsen Pflanzen nicht in Isolation, sondern kommen immer in Kombination mit anderen Pflanzen- und Tierarten vor.

Wo und wann welche Pflanze wächst und warum ausgerechnet dort  – solche Fragen waren bislang nur schwer zu beantworten. Denn zumeist wurde das Zusammenspiel der Komponenten nur an einzelnen Pflanzenarten untersucht. Mithilfe der ersten globalen Vegetationsdatenbank hoffen Forscher nun, auf diese und andere Fragen Antworten zu finden. Entwickelt und aufgebaut wurde die Datenbank von einem Forscherteam unter Leitung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig.

Umfangreiche Pflanzenartenlisten für alle Ökosysteme

Wie die Wissenschaftler im Fachjournal „Nature Ecology & Evolution“ berichten, enthält die Datenbank derzeit über 1,1 Millionen komplette Pflanzenartenlisten für alle Ökosysteme auf dem Festland. Sie stammen von Forschern aus aller Welt und wurden von Wissenschaftlern der iDiv-Initiative „sPlot“ zusammengebracht. „Jeder Punkt in unserer Datenbank ist ein realer Ort mit genauen Koordinaten und Angaben über alle Pflanzenarten, die dort zusammenleben", erklärt Helge Bruelheide vom Institut für Geobotanik der MLU und Ko-Direktor von iDiv. Die Vegetationsdatenbank bietet anhand globaler Daten erstmals die Möglichkeit nachzuvollziehen, wie einzelne Pflanzen und deren Eigenschaften zusammenwirken und das Ökosystem beeinflussen. Sie umfasst derzeit etwa 200.000 Vegetationsaufnahmen, die aus veröffentlichten und unveröffentlichten Vegetationsstudien stammen.

Klima kaum Einfluss auf Pflanzenmerkmale

Der Clou: Die Vegetationsdatenbank wurde gleichzeitig mit der bisher weltweit größten Datenbank für Pflanzenmerkmale kombiniert, die ebenfalls vom iDiv entwickelt wurde. „Dadurch können wir Fragen klären, die bislang noch niemand stellen konnte", so Bruelheide. Im Rahmen der Studie hatte das Team beispielsweise untersucht, ob es globale Faktoren gibt, die die funktionellen Merkmale von Pflanzengemeinschaften beeinflussen. Mithilfe der Datenbanken stellten sie fest, dass – anders als bisher angenommen – Temperatur und Niederschlag nur einen relativ geringen Einfluss darauf haben. „Unsere Analyse zeigte, dass zum Beispiel die Blätter aller Pflanzen in einem Bestand mit steigender Temperatur, also von der Arktis zum tropischen Regenwald, nicht automatisch dünner werden", erklärt der Geobotaniker.

Nährstoffversorgung durch Klima beinflusst

Stattdessen zeichnete sich eine enge Beziehung der Klimavariablen mit dem Zustand der Phosphorversorgung im Blatt ab, die sich im Verhältnis der beiden Nährstoffe Stickstoff und Phosphor widerspiegelt. Der Studie zufolge nahm die Phosphorversorgung ab, je länger die Vegetationsperiode dauerte, was wiederum die Blattdicke beeinflusst hat. Auch die lokalen Nutzungsbedingungen oder das Zusammenspiel der verschiedenen Pflanzen an einem Ort haben demnach einen deutlich größeren Einfluss auf die Pflanzenmerkmale als Temperatur und Niederschlag.

Bessere Vorhersagen zu Klimafolgen möglich

Einfache Temperatur-Niederschlags-Modelle reichen Bruelheide zufolge daher künftig nicht mehr aus, um das Wachstum und den Ernteertrag von Pflanzen in einer Region berechnen zu können. Die Forscher hoffen, dass mithilfe der Vegetationsdatenbank die Folgen des globalen Klimawandels besser vorherzusagen sind.

Basierend auf der neuen Datenbank können aber auch Fragen zur Artenvielfalt erstmals global bearbeitet werden, beispielsweise zur Verbreitung gebietsfremder Arten oder bezüglich der Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf den Erdteilen. In Zukunft soll die Datenbank auch anderen Forschern zur Bearbeitung ihrer eigenen Themen zur Verfügung stehen.

bb

Die Landwirtschaft soll effizienter werden und hohe Ernteerträge einbringen. Mit Unkrautvernichtern und Pestiziden wird daher versucht, Wildwuchs und gefräßige Insekten zu bekämpfen. Die Folgen für die Natur sind schon heute sichtbar. Die Zahl der nützlichen Insekten, die beispielsweise Blattläuse fressen oder Pflanzen bestäuben, ist deutlich zurückgegangen. Vielerorts denken Landwirte daher um und erschaffen Rückzugsgebiete für die in der Vergangenheit heimatlos gewordenen Tier- und Pflanzenarten: Am Rande der Felder locken immer öfter farbenprächtige Blühstreifen gezielt die Nützlinge an.

Auf die richtige Pflanzenmischung kommt es an

Damit diese Blühstreifen die gewünschte Wirkung haben, kommt es auf die richtige Mischung an. Deshalb hat das Institut für Gartenbauliche Produktionssysteme – Abteilung Phytomedizin (IPP) der Leibniz Universität Hannover mit der Firma Appels Wilde Samen in Darmstadt eine entsprechende Saatgutmischung zusammengestellt, die nun zum Kauf angeboten wird. Das Forschungsprojekt wurde mit knapp 125.000 Euro von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass diese kleinen Oasen nicht nur zum Artenschutz beitragen, sondern auch aktiven Pflanzenschutz im Anbau ermöglichen. Damit wird das Anlegen solcher Flächen noch attraktiver für Landwirte“, resümiert Rainer Meyhöfer vom IPP.

Mischung bietet Nahrung und Schutz für Nützlinge

In dem DBU-Projekt konnte nun anhand von Rosenkohl gezeigt werden, dass eine mit Bedacht zusammengesetzte Saatgutmischung für Blühstreifen die angebauten Kulturpflanzen aktiv vor Schädlingen schützt, so DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. Zu diesem Zweck musste die Pflanzenmischung den Nützlingen sowohl ausreichend Nahrung als auch Schutz bieten. „Gibt es beispielsweise mit Marienkäfern oder Schwebfliegen viele natürliche Feinde von Blattläusen und anderen landwirtschaftlichen Schädlingen, fressen entsprechend weniger unliebsame Insekten die angebauten Pflanzen“, erläutert Meyhöfer. Zugleich sollten die Mischungen aber beispielsweise Schadschmetterlinge fernhalten. Diese verschiedenen Aspekte der Zusammenstellung von Blühstreifen wurden im Rahmen dieses Projektes erstmals detailliert untersucht.

Mehr Artenschutz, weniger Pflanzenschutzmittel

„Wichtig ist, dass auch die entwickelte Saatgutmischung verschiedenen Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum bietet. Somit hilft sie nicht nur beim aktiven Pflanzenschutz, sondern stärkt generell den Artenschutz“, so DBU-Referent Holger Wurl. Dadurch bedarf es langfristig weniger Pflanzenschutzmittel, wodurch die Umwelt zusätzlich entlastet würde. In Zukunft wollen die Projektpartner weitere Blühstreifenmischungen entwickeln, um auch andere Anbauprodukte aktiv schützen zu können.

jmr

Mikroalgen sind längst ein wichtiges Forschungsfeld und ein Hoffnungsträger für die Bioökonomie. Nicht nur die Hersteller von Lebens- und Futtermitteln setzen auf sie. Auch für die Herstellung von Biosprit und neuen Kunststoffen gewinnen Mikroalgen zunehmend an Bedeutung. Die Mikroalgenproduktion anzukurbeln ist daher auch das Ziel eines internationalen Projektes, an dem Jülicher Forscher seit einiger Zeit tüfteln. Wissenschaftler der Universität Konstanz wollen Mikroalgen nun ganz konkret für die Herstellung von Basischemikalien fit machen. Dafür soll ein neuartiges Bioraffinerie-Verfahren zur Erzeugung wichtiger Plattformchemikalien etabliert werden. Das Projekt unter der Leitung von Stefan Mecking wird im Rahmen der Technologie-Initiative „Bioraffinerien“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in den kommenden drei Jahren mit insgesamt 917.000 Euro gefördert.

Algengewinnung vereinfachen 

Eine Herausforderung bei der bisherigen Mikroalgenproduktion sind noch immer die Anzucht und Aufbereitung der Algen. Insbesondere die Extraktion relevanter Stoffe, die für die weitere chemische Umwandlung und die Industrie wichtig sind, ist derzeit noch problematisch. Die Konstanzer Wissenschaftler wollen diese Probleme nun lösen und damit die Mikroalgenproduktion effektiver machen. „Wir möchten die Gewinnung vereinfachen, indem wir den Extraktionsschritt mit den nachfolgenden chemischen Umsetzungen, mit denen man die eigentlichen Zielprodukte herstellt, möglichst weit integrieren“, erklärt Mecking.

Algenlipide effizient extrahieren

Um die Effektivität der Algenproduktion zu steigern, plant das Team um Mecking, die Mikroalgen mithilfe von Kohlendioxid in einem einfachen und umweltfreundlichen Verfahren zu extrahieren. „Mit diesem Lösungsmittel – wie es beispielsweise auch beim Entkoffeinieren von Kaffee verwendet wird – kann man bekanntermaßen effizient die gewünschten Lipide aus den Algen extrahieren“, erläutert der Chemiker. Die Herausforderung dabei wird sein, auch die nachfolgenden katalytischen Schritte direkt in diesem Lösungsmittel durchführen zu können.

Das Konzept des integrierten Bioraffinerie-Verfahrens soll in den kommenden drei Jahren im Labormaßstab demonstriert werden. Entscheidend dabei ist, dass die Abfolge der ausgewählten katalytischen Reaktionen im integrativen Verfahren auch gelingt. Nur so könnte die ganze Bandbreite der aktuell verwerteten chemischen Grundbausteine auch hergestellt werden. Sollte sich das Bioraffinerie-Konzept von Meckings Team bewähren, wäre ein entscheidender Schritt auf dem Weg in die industrielle Anwendung geschafft.

bb

Sie sind hauchdünn, aber ultrastark: Spinnenfäden. Die Kombination von Reißfestigkeit und Dehnbarkeit macht Spinnenseide zu einer der belastbarsten Fasern der Natur und enorm attraktiv für die Industrie. Doch auch die Medizin schätzt die Fasern längst wegen ihrer antibakteriellen Wirkung. Der Firma AMSilk ist es vor Jahren gelungen, Spinnenseidenproteine biotechnologisch herzustellen und zu Fasern zu verarbeiten. Die Hightech-Faser kommt dem natürlichen Vorbild sehr nahe und wird bereits im Flugzeugbau eingesetzt, aber auch zur Herstellung von Brustimplantaten genutzt.

Neue Einblicke in die molekulare Struktur

Forscher der Julius-Maximilians-Universität Würzburg liefern nun neue Einblicke in die molekulare Struktur der natürlichen Spinnenfasern, die zur Festigkeit beitragen. Im Fachjournal „Nature Communications“ präsentiert das Team um Hannes Neuweiler neue Details zum Aufbau der Spinnenfäden. Im Rahmen der Studie hatten die Materialforscher in der molekularen Struktur nach den Gründen für die einzigartige Kombination von Reißfestigkeit und Dehnbarkeit gesucht.

In zwei Schritten zur Dehnbarkeit

Im Fokus ihrer Untersuchung standen Proteinbausteine der Raubspinne Euprosthenops australis. „Spinnenfasern bestehen aus Proteinbausteinen, sogenannten Spidroinen, die die Spinne in ihrer Spinndrüse zu einem Seidenfaden zusammensetzt“, beschreibt Neuweiler den Aufbau der Fäden. Im Rahmen der Studie tauschten die Forscher einzelne Bestandteile der Proteinbausteine aus und modifizierten das Protein mithilfe von Fluoreszenzfarbstoffen. Damit wurde sichtbar, dass die jeweiligen Enden der Bausteine, die sogenannten N- und C-terminalen Domänen, sich in zwei getrennten Schritten aufbauen. „Während der erste Schritt die Zusammenlagerung beinhaltet, stellt der zweite Schritt die Faltung einer äußeren, labilen Helix-Struktur der Domäne dar“, so Neuweiler.

C-terminale-Domäne sorgt für feste Spinnenfaser

Neuweiler und sein Team hatten hierbei die C-terminale Domäne genauer untersucht und festgestellt, dass zwei Proteinbausteine jeweils mithilfe einer verschlungenen Struktur wie mit einer molekularen Klammer verknüpft sind. Die Würzburger konnten damit erstmals zeigen, dass die C-terminale Domäne für die Dehnbarkeit der Spinnenfaser mitverantwortlich ist. „Wenn die C-terminale Domäne zur Flexibilität des Fadens beiträgt, ließen sich in der Materialforschung die mechanischen Eigenschaften des Fadens durch molekulare Veränderungen in der C-terminalen Domäne steuern“, sagt Neuweiler. 

bb

Pflanzen haben im Tierreich viele Fressfeinde, gegen die sie sich verteidigen müssen, und auch Mikroorganismen fordern ihre Abwehr. Gegen viele dieser Angriffe haben Pflanzen Verteidigungsmechanismen entwickelt, doch es würde zu viele Ressourcen binden, wären all diese Mechanismen permanent aktiv. Einen Fall von geschicktem Ressourcenmanagement bei Mais, Weizen und wohl auch anderen Pflanzenarten haben Ökologen des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie und der Universität Bern untersucht.

Gift gegen Raupen oder Schutz vor Blattläusen

Wie sie im Fachjournal „Science Advances“ berichten, fungiert das sekundäre Pflanzenmetabolit Benzoxazinoid in Maispflanzen als Multifunktionswaffe: Das Molekül kann eine Reaktionskette in Gang setzen, die die Leitgefäße der Pflanze abdichtet und so Blattläusen das Saugen erschwert. Es kann aber auch selbst als Gift wirken, das Raupenfraß verhindert. Ein Enzym fungiert mittels Methylierung als Schalter und entscheidet so darüber, welchen der beiden Wirkmechanismen Benzoxazinoid ausübt.

Die Forschungsgruppe hatte diesen Schalter gentechnisch in Weizen übertragen und so eingestellt, dass er nur noch als Anti-Raupenfraß wirkte. Tatsächlich waren die betroffenen Pflanzen daraufhin besonders anfällig für Blattläuse. Überraschend war für die Forscher hingegen, dass die Anfälligkeit für Pilzerkrankungen nicht anstieg. Denn die Pilzresistenz des Weizens hängt davon ab, den Zucker Kallose anzuhäufen – dieser Prozess ist jedoch an die Anti-Blattlausfunktion von Benzoxazinoid gekoppelt und war somit eigentlich abgeschaltet.

Evolutionär junger Mechanismus

Bemerkenswert ist auch, was die Forscher über die molekularen Zusammenhänge herausfanden. So nutzen Mais und Weizen zwar den gleichen Weg, um Benzoxazinoid herzustellen, und verwenden es auch für dieselben beiden Abwehrmechanismen. Das Enzym, das als Schalter zwischen diesen Alternativen fungiert, ist jedoch unterschiedlich. Beide Pflanzenarten müssen also unabhängig voneinander im Zuge der Evolution zu ähnlichen Abwehrlösungen gelangt sein. „Dies deutet einerseits darauf hin, dass die Fähigkeit, Benzoxazinoide für verschiedene Funktionen zu nutzen, relativ jung ist“, erläutert Matthias Erb von der Universität Bern. „Andererseits scheint die Fähigkeit, die Abwehr spezifisch an verschiedene Fraßfeinde anzupassen, für Pflanzen von großer Bedeutung zu sein.“

In weiteren Schritten wollen die Forscher nun klären, wie Benzoxazinoide weitere Abwehrmechanismen steuern – und vor allem, weshalb Pflanzen überhaupt ein Gift verwenden, um Abwehrmechanismen zu regulieren, was eigentlich die Aufgabe von Pflanzenhormonen wäre.

bl

Plants have many enemies and predators against which they have to defend themselves. Therefore, they have developed defense mechanisms against many different types of attack. However, it would bind far too many resources if all these mechanisms were permanently active. Ecologists from the Max Planck Institute for Chemical Ecology and the University of Bern have now investigated such a case of resource management in maize, wheat and other plant species.

Poisoning caterpillars or protecting against aphids

According to the report in the journal "Science Advances", the secondary plant metabolite benzoxazinoid acts as a multifunctional weapon in maize plants: the molecule can initiate a chain reaction that seals the plant's vessels and thus deters aphids. However, benzoxazinoid can also act as a poison in and of itself, thereby preventing caterpillar damage. Methylation of a specific enzyme acts as a switch and thus decides which of the two mechanisms of action benzoxazinoid will come into effect.

The research group had genetically engineered this switch into wheat and adjusted it so that it only worked as an anti-caterpillar mechanism. As a result, the affected plants were particularly susceptible to aphids. However, the researchers were surprised that the susceptibility to fungal diseases did not increase. The fungus resistance of wheat depends on the accumulation of the sugar callose. However, this process is coupled to the anti-aphid function of benzoxazinoid and was therefore supposedly switched off.

A relatively new mechanism

Similarly remarkable, maize and wheat use the same way to produce benzoxazinoids and also use it for the same defence mechanisms. However, the enzyme that acts as a switch between these alternatives is different in both plants. Thus, both plant species must have developed similar defence solutions independently of each other during evolution. "On one hand, this may be evidence that the ability to use benzoxazinoids for different functions has evolved relatively recently," explains Matthias Erb from the University of Bern. "On the other hand, it highlights the importance of the ability to adapt defense responses specifically to different to different herbivores."

In the near future the researchers aim to clarify how benzoxazinoids control further defense mechanisms - and above all, why plants use a poison as a defense mechanism, when this would usually be the job of plant hormones.

bl/jmr

 

Nüsse haben in der Weihnachtszeit eine lange Tradition. Ob Walnuss oder Haselnuss und egal ob gemahlen oder als ganze Frucht – sie dürfen in der Weihnachtsbäckerei nicht fehlen. Die Schalenfrüchte sind zwar oft schwer zu knacken, aber lecker und dekorativ. Weit vor der Zeit der glitzernden Weihnachtskugeln zierten Nüsse und Äpfel den Tannenbaum zum Fest. Heute werden sie wegen ihrer vielen gesunden Nährstoffe sowie ihrer langen Haltbarkeit geschätzt und meist zu Lebensmitteln verarbeitet. Forscher sind jedoch überzeugt, dass ihr Potenzial weitaus größer ist. 

Bioökonomisches Potenzial der Walnuss ausloten

Im Rahmen des EU-Projektes „AlpBioEco“ steht daher die Walnuss als pflanzlicher Rohstoff im Fokus der Untersuchung. Unter der Leitung von Christian Gerhards wollen Forscher und Studenten der Hochschule Albstadt-Sigmaringen in Baden-Württemberg mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)-Regionalverband Bodensee-Oberschwaben erforschen, inwiefern aus Walnüssen neue Produkte für die Bioökonomie hergestellt werden können.

Inhaltsstoffe von Nussschalen und Blättern analysieren 

Dafür nimmt das Team nicht nur die Frucht selbst, sondern auch die Blätter des Walnussbaumes sowie die harten Fruchtschalen genauer ins Visier. Sie wollen deren Inhaltsstoffe analysieren und neue Anwendungsmöglichkeiten für Lebensmittel und Kosmetik erschließen. Aber auch andere Einsatzmöglichkeiten sind möglich: „Lassen wir uns überraschen: Vielleicht stellen wir künftig aus Walnussblättern biologische Pflanzenschutzmittel her, aus Nussschalen Verpackungsmaterialien oder aus grünen Nüssen Aromastoffe“, so Projektleiter Gerhards.

Auch Äpfel und Kräuter im Visier

An dem Projekt, das im April 2018 gestartet ist und drei Jahrer dauert, sind neben der Hochschule zwölf weitere Partner beteiligt. Es wird von der EU durch das „Interreg Alpine Space Programm“ mitfinanziert. Im Projekt werden neben Walnüssen auch Äpfel und Kräuter auf ihr bioökonomisches Potenzial untersucht. 

bb

Nuts have a long Christmas tradition. Walnuts and hazelnuts, either ground up or whole, are part of every Christmas bakery. The nuts are often difficult to crack, but delicious and decorative. Hence, long before the glittering baubles, nuts and apples adorned the Christmas tree. Today, they are valued for their many healthy nutrients and long shelf life and are mostly processed into food. However, researchers are convinced that their potential for biobased products is even greater.

Exploring the bio-potential of walnuts

As part of the EU "AlpBioEco" project, the focus of the current study is on walnuts as a biobased feedstock. Under the direction of Christian Gerhards, researchers and students from the Albstadt-Sigmaringen University of Applied Sciences in Baden-Württemberg and the Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)-Regionalverband Bodensee-Oberschwaben are investigating to what extent walnuts can be used to produce new products for the bioeconomy.

Analysing the ingredients of nut shells and leaves

The team not only takes a closer look at the fruit itself, but also at the leaves of the walnut tree and the hard fruit peels. Their aim is to analyse these ingredients and develop new applications for food and cosmetics. But other applications are also possible: "Let's wait and see: Maybe in the near future we will produce biological crop protection products from walnut leaves, packaging materials from nut shells or flavourings from green nuts," says project manager Gerhards.

Apples and herbs also in our sights

The project, which started in April 2018 and will take at least three years, involves twelve other partners in addition to the university. It is co-financed by the EU via the "Interreg Alpine Space Programme". In addition to walnuts, the project also investigates the bioeconomy potential of apples and herbs.

bb/jmr

Pflanzen nehmen über sogenannte Atmungsporen Kohlendioxid aus der Luft auf und wandeln es mittels Sonnenlicht zu Sauerstoff und Kohlenhydraten um - das ist das Prinzip der Photosynthese. Doch bei diesem Austausch verlieren die Pflanzen Wasser und bei Dürre und Hitze kann das schnell problematisch werden. Graspflanzen, zu denen auch die wichtigsten Kulturpflanzen Reis, Mais und Weizen gehören, betreiben diesen Stoffaustausch besonders effizient: Ihre Atmungsporen schließen sich sehr schnell, sodass die Pflanzen kaum Wasser verlieren. Gerade mit Blick auf den Klimawandel mitsamt steigenden Temperaturen und anhaltender Trockenheit sind diese Eigenschaften für Pflanzen von großem Vorteil. Am COS der Universität Heidelberg untersucht der Schweizer Michael Raissig derzeit, was die Atmungsporen der Gräser so effizient macht und wie diese Eigenschaften auf andere Kulturpflanzen übertragen werden könnten. 

Plastik hat inzwischen ein ziemlich schlechtes Image, denn es wird aus Erdöl hergestellt und vermüllt die Umwelt. Außerdem setzt es beim Abbau große Mengen CO2 frei und trägt so erheblich zur globalen Erwärmung bei. Biobasiertes Plastik – kurz Bioplastik – wird hingegen oftmals als nachhaltiger Gegenentwurf mit einer neutralen Klimabilanz angepriesen. Bonner Forscher haben diesen Aspekt genauer untersucht und dabei verschiedene Szenarien durchgespielt. Das Fazit: Die vermehrte Herstellung von Bioplastik kann sich ebenfalls negativ auf den Klimawandel auswirken. Ihre Ergebnisse der Untersuchung wurden im Fachjournal „Environmental Research Letters“ veröffentlicht.

Wälder werden zu Äckern und setzen CO2 frei

Laut Neus Escobar vom Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik der Universität Bonn wird die Erzeugung großer Mengen Bioplastik die Landnutzung verändern. „Global gesehen könnten dadurch zum Beispiel vermehrt Waldflächen zu Ackerland umgewandelt werden. Wälder binden aber erheblich mehr Kohlendioxid als etwa Mais oder Zuckerrohr, schon allein aufgrund ihrer größeren Biomasse“, so die Forscherin. Die möglichen Folgen haben Escobar und ihre Kollegen an einem erweiterten Computermodell simuliert. Das Modell basiert auf einer Datenbank, die die gesamte Weltwirtschaft abbildet, und wurde bereits genutzt, um den Zusammenhang zwischen der steigenden Nachfrage nach Biosprit und Waldrodungen zu untersuchen.

Herkömmliches Plastik besteuern oder Bioplastik subventionieren?

Bei ihren Berechnungen gingen die Bonner Forscher davon aus, dass die Herstellung von Bioplastik bei den wichtigsten Produzenten – Europa, China, Brasilien und den USA – auf fünf Prozent steigen wird. Um die Auswirkungen auf den Markt und die Umwelt zu analysieren, spielten sie mithilfe des Computermodells zwei verschiedene Szenarien durch: Entweder wurden konventionelle Kunststoffe besteuert und somit teurer oder Bioplastik wurde subventioniert und damit günstiger. Am deutlichsten waren die Auswirkungen für das Steuer-Szenario: Aufgrund der sinkenden Nachfrage nach herkömmlichem Plastik, wurden pro Jahr 0,08% weniger Klimagase ausgestoßen. Allerdings stieg dadurch die landwirtschaftlich genutzte Fläche, um Rohmaterial für die Bioplastik anzubauen, wodurch die Waldfläche um 0,17% abnahm. Aufgrund der Umwandlung von Wald- zu Ackerflächen gelangten enorme Mengen Treibhausgase in die Atmosphäre. Den Forschern zufolge ist das zwar ein einmaliger Effekt, „dennoch dauert es nach unseren Berechnungen mehr als 20 Jahre, bis er durch die erzielten Einsparungen wettgemacht wird“, erläutert Escobar. Eine Subvention von Bioplastik hätte bezüglich der 20-jährigen Kompensationszeit und der Kosten für die Klimagas-Reduktion ganz ähnliche Folgen.

Nur Bioplastik aus pflanzlichem Abfall ist wirklich nachhaltig

Das Fazit der Forscher: „Eine vermehrte Verwendung von Bioplastik aus Nutzpflanzen scheint also keine effiziente Strategie zu sein, das Klima zu schonen.“ Würde Bioplastik hingegen aus pflanzlichen Abfällen hergestellt, wäre die Klimabilanz deutlich positiver. Deshalb empfehlen Escobar und Kollegen, entsprechende Forschungsarbeiten auf „Bioplastik der zweiten Generation“ zu fokussieren.

Gleichzeitig warnen sie davor, dass Bioplastik keineswegs das „Plastikmüllproblem“ lösen wird, da Biokunststoffe oft genauso schwer abbaubar sind wie ihre erdölbasierten Pendants. Einen Vorteil hat Bioplastik zweifellos: Fossile Brennstoffe werden damit geschont. Zum Schutz der Umwelt empfehlen die Bonner Wissenschaftler jedoch einen materialsparenden Umgang mit Plastik und ein möglichst vollständiges Recycling.

jmr