Unbelebte Böden mit Pilzen reanimieren

Unbelebte Böden mit Pilzen reanimieren

Forschenden ist es gelungen, mit einem Mix aus Klärschlamm-Kompost und Pilzsubstrat Brachflächen einer Mülldeponie wieder zum Blühen zu bringen.

Vollständig begrünte Versuchsfläche nach Rekultivierung der Deponiefläche mit Pilz-Klärschlamm-Mischung.
Vollständig begrünte Versuchsfläche nach Rekultivierung der Deponiefläche mit Pilz-Klärschlamm-Mischung.

Einstige Halden von Mülldeponien oder Bergbauen gleichen oft Mondlandschaften. Solche Flächen wieder zu beleben, ist selbst für die Natur mühsam und dauert oft Jahrzehnte. Ein Forschungsteam zeigt nun, dass es auch schneller gehen kann: Mit biogenen Reststoffen hat das Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme (IKTS) gemeinsam mit Partnern innerhalb kurzer Zeit eine Mülldeponie im Leipziger Raum wieder zum Blühen gebracht. An dem Projekt waren Deponiebetreiber, Klärschlammverwerter, Spezialmaschinenhersteller und Agrarexperten beteiligt.

Mix aus Pilzsubstrat und Klärschlamm-Kompost

„Wir freuen uns, dass wir mit den neuen Rekultivierungstechnologien Teile der Deponie so schnell begrünen konnten und diese sich schön ins Landschaftsbild einfügt“, betont Deponiebetreiber Bernd Beyer. Die Wiederbelebung des verödeten Bodens erfolgte mithilfe von Substratabfällen aus der Pilzproduktion und Klärschlamm-Kompost.

Das Pilzsubstrat stammt aus der Champignonzucht. Gewöhnlich wird es nach der Ernte als Dünger etwa im Gemüseanbau weiterverwendet. Dafür muss das Substrat jedoch entkeimt werden, was sehr energieintensiv ist. Die Sterilisation macht den Forschenden zufolge allein rund 30% des gesamten Energiebedarfs in der Pilzproduktion aus. Bei der neuen Rekultivierungsmethode können die Pilzreste unbehandelt verwendet werden. Versuche haben gezeigt, dass nicht sterilisierte Pilzsubstrate noch viel besser geeignet sind, um biologisch inaktive Böden wieder zu beleben. Gleichzeitig bietet die neue Technik Champignonzüchtern die Chance, ihren Energieverbrauch deutlich zu senken. Der Klärschlamm-Kompost stammt wiederum aus kommunalen Kläranlagen. Er enthält viele Mikroorganismen, die den inaktiven Boden wiederbeleben. In aufwendigen Versuchen haben die Forschenden den perfekten Mix aus Pilzsubstrat und Klärschlamm-Kompost gefunden.

Grün und nachhaltig

Die Rezeptur bleibt ein Geheimnis. Doch das Ergebnis spricht für sich: Schon nach kurzer Zeit waren 80% der 600 Quadratmeter großen Versuchsfläche der Mülldeponie wieder begrünt – mit Gräsern, Blumen und Stauden und auch Tiere haben sich wieder angesiedelt. Dass nach zwei Hitzesommern in Folge die renaturierte Landschaft immer noch grünt, ist für die Forschenden ein Beleg, dass ihre neue Rekultivierungsmethode auch nachhaltig ist.

Rekultivierung von Bergbauhalden und Tagebauen

Die einst karge Halde ist aber nicht nur erblüht, sondern hat das gesamte ökologische und geologische Gleichgewicht vor Ort wieder stabilisiert, denn die Pflanzenwurzeln stabilisieren die Erde und schützen damit vor Erosion. Auch das Regenwasser kann wieder ins Erdreich einsickern, statt auf trocken-hartem Boden wegzufließen oder Ausspülungen zu verursachen. Zudem hat sich dadurch der sogenannte Phosphoritknollen-Effekt, der den pH-Wert des Bodens beeinträchtig, stark abgeschwächt. „Was wir im Zuge unseres Projekts entwickelt haben, ist wie ein Wundverschluss für die Verletzungen, die der Mensch in der Landschaft hinterlassen hat“, so Nico Domurath, Wissenschaftler für Pflanzenbau am IKTS. In einem Anschlussprojekt wollen die IKTS-Forschenden die neue Rekultivierungstechnik nun im Freiberger Raum auch auf alten Bergbauhalden erproben.

bb