Neues Antibiotikum gegen Pflanzenkrankheiten entdeckt

Neues Antibiotikum gegen Pflanzenkrankheiten entdeckt

Ein neuer Wirkstoff aus Bakterien könnte im Pflanzenschutz helfen, hat aber auch Potenzial für die Humanmedizin.

viele kleine grüne Ovale und wenige große rundliche bläuliche Körper vor schwarzem Hintergrund
Bakterien der Gattung Pseudomonas produzieren den stark antimikrobiellen Naturstoff Keanumycin, der giftig für Amöben ist und auch gegen pflanzliche Pilzkrankheiten und human-pathogene Pilze wirkt.

Die Medizinforschung sucht intensiv nach neuen Wirkstoffen gegen Krankheitserreger. Forschende am Hans-Knöll-Institut haben in einem alten Bekannten nun einen solchen Wirkstoffkandidaten identifiziert: Bakterien der Gattung Pseudomonas produzieren diesen bislang unbekannten, stark antimikrobiellen Naturstoff. Während der Weg zu einem Medikament noch lang ist, könnte er schon bald in der Landwirtschaft gegen Pflanzenkrankheiten helfen.

Schwer bewaffnete Pseudomonaden

„Wir arbeiten schon länger mit Pseudomonaden und wissen, dass viele dieser Bakterienarten sehr giftig für Amöben sind, die sich von Bakterien ernähren“, beschreibt Studienleiter Pierre Stallforth den Ansatz. Bei den Studien fand das Team schließlich Gene für drei Substanzen einer Wirkstoffgruppe, die zu den sogenannten nicht-ribosomalen Lipopeptiden mit seifenartigen Eigenschaften zählen. Einen davon konnten die Fachleute isolieren und genauer analysieren.

Tödlich wie die Rollen von Keanu Reeves

„Die Lipopeptide töten so effizient, dass wir sie nach Keanu Reeves benannt haben, weil der in seinen Rollen auch extrem tödlich ist“, kommentiert Sebastian Götze mit einem Augenzwinkern. Er ist Erstautor der im „Journal of the American Chemical Society“ veröffentlichten Studie. Die Keanumycine wirken nicht nur gegen Amöben, sondern töten auch viele einzellige Pilze. Schon allein das Kulturmedium, in dem Pseudomonaden gewachsen sind, hemmt auf Hortensienblättern den Erreger der Grauschimmelfäule – selbst wenn keine Bakterienzellen mehr enthalten sind. „Für Pflanzen könnte der keanumycinhaltige Überstand aus Pseudomonas-Kulturen theoretisch direkt verwendet werden“, resümiert Götze. Grauschimmelfäule und andere Pilzkrankheiten sorgen vor allem im Obst- und Gemüseanbau für große Ertragsverluste.

Wirksam gegen Candida albicans

Doch auch in der Humanmedizin haben Keanumycine Potenzial: „Zusätzlich haben wir die isolierte Substanz gegen verschiedene Pilze getestet, die den Menschen infizieren. Dabei haben wir festgestellt, dass sie unter anderem den pathogenen Pilz Candida albicans stark hemmt“, berichtet Götze. Bereits sehr geringe Konzentrationen seien gegen den Erreger wirksam. Erste Tests fanden zudem keine schädlichen Effekte auf menschliche Zellen. Das macht Keanumycine zu attraktiven Wirkstoffkandidaten. Doch selbst wenn die weitere Entwicklung reibungslos verlaufen sollte, werden bis zu einer Zulassung noch einige Jahre vergehen.

bl