Bioraffinerie: Das Beste aus der Gülle herausholen

Bioraffinerie: Das Beste aus der Gülle herausholen

Im Rahmen des EU-Projektes BioEcoSIM haben Fraunhofer-Forscher ein Verfahren entwickelt, das Gülle in hochwertige Stickstoff- und Phosphordünger sowie organische Bodenverbesserer für die Landwirtschaft verwandelt.

Im Rahmen eines EU-Projektes haben Forscher aus Gülle wertvolle Mineraldünger und Bodenverbesserer gewonnen.
Im Rahmen eines EU-Projektes haben Forscher aus Gülle wertvolle Mineraldünger und Bodenverbesserer gewonnen.

Gülle wird in der Landwirtschaft schon lange zur Düngung der Felder genutzt. Der Mix aus Kot und Urin mag zwar übel riechen, er ist dafür aber reich an gebundenem Stickstoff, Phosphor, Kalium und anderen Nährstoffen. Im Rahmen des EU-Projektes „BioEcoSIM“ haben Forscher aus fünf Ländern seit 2012 an einem Verfahren gearbeitet, um die wertvollen Rohstoffe der Gülle in verschiedene Düngemittel zu verwandeln. So entstand unter Federführung des Fraunhofer IGB eine Pilotanlage zur Gülleaufbereitung- und verwertung im baden-württembergischen Kupferzell. Hier können die drei wichtigsten Rohstoffe noch am Ort der Entstehung und innerhalb kürzester Zeit aus der Gülle selektiert und zu mineralischem Phosphat- sowie Stickstoffdünger und organischer Biokohle verarbeitet werden. Im Juni will das Forscherkonsortium die Ergebnisse des Projektes live demonstrieren.

Gülle ist auf Grund seines hohen Nährstoffgehalts  ein wichtiger Dünger in der Landwirtschaft. Der Dung besteht zwar überwiegend aus Wasser, enthält aber zugleich wertvolle Pflanzennährstoffe, wie Stickstoff, Phosphor sowie unverdauliche Futterreste wie Pflanzenfasern. Zudem ist Gülle reichlich verfügbar. Denn bei der Haltung von Schweinen, Rindern und Geflügel fallen täglich riesige Mengen an. Etwa 160 Millionen Kubikmeter der tierischen Sekrete werden jährlich bundesweit produziert, das meiste davon in den Schweinemastanlagen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.

Kostspielige Umverteilung durch Gülletransporte

Das Problem: Dort wo die meiste Gülle entsteht, gibt es nicht immer genügend Ackerflächen, um sie umweltgerecht einzusetzen. Mehr als die Hälfte des wertvollen Mineraldüngers muss daher mit riesigen Tanklastwagen kilometerweit transportiert werden. Die Kosten gehen in die Millionen. Denn wird mehr Gülle auf die Felder ausgebracht als die Böden binden und die Wurzeln der Pflanzen aufnehmen können, gefährdet der Stickstoff als Nitrat das Grundwasser. Auch kann es zu einer Überdüngung kommen.

Pilotanlage zur Gülleaufbereitung

Im Rahmen des von der EU geförderten Projektes BioEcoSIM haben Forscher aus fünf Ländern in den vergangenen drei Jahren nach einer Lösung gesucht, um Gülle als Rohstoffquelle effektiv in der Landwirtschaft zu nutzen.  Unter Leitung des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB wurde ein Verfahren entwickelt, um Gülle aufzuarbeiten und daraus Mineraldünger und Bodenverbesserer herzustellen. In Kupferzell wurde dafür eine Pilotanlage aufgebaut, die im Juni erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wird. Aus 50 Kilogramm Schweinegülle können pro Stunde jeweils etwa 500 Gramm mineralischer Phosphat- und Stickstoffdünger sowie 900 Gramm organische Biokohle produziert werden. Die Anlage ist in der Lage, drei Produkte herzustellen, die sofort in der Landwirtschaft eingesetzt werden können: weißes reines Ammoniumsulfat, das noch feinkörniger als Kochsalz ist, ein sandfarbenes Gemisch verschiedener Phosphatsalze wie Calciumphosphat, Magnesiumammoniumphosphat, Magnesiumphosphat, und dunkelbraune, an Erde erinnernde Pellets als humusbildende Bodenverbesserer.

Verfahren selektiert Mineralstoffe aus Gülle

Das Prinzip: Zunächst wird der Phosphor aus der Gülle gelöst und der Dung in flüssige und feste Bestandteile gefiltert. Die feste Phase wird dann mit einem am Fraunhofer IGB entwickelten Verfahren getrocknet, das mit überhitztem Wasserdampf in einem geschlossenen System und daher besonders energieeffizient arbeitet. Danach werden die getrockneten organischen Bestandteile bei über 300 °C mittels Pyrolyse zu organischer Biokohle umgesetzt. Sämtliche Mikroorganismen werden dabei zerstört. Aus der flüssigen Gülle wird dann Phosphor recycelt und als Calciumphosphat, Magnesiumphosphat und Magnesiumammoniumphosphat gefällt und abfiltriert. Stickstoff wird in einem zweiten Schritt zurückgewonnen.

Das  Besondere: Alle Aufbereitungsverfahren sind als separate Module in die Pilotanlage Anlage integriert. Damit wird es möglich, die Gülle direkt am Ort ihres Entstehens zu den drei Produkten aufzuarbeiten. „Wir können unsere Produkte auch zu einer je nach Pflanzenart und Bodenbeschaffenheit abgestimmten Nährstoffzusammensetzung vermischen“, erläutert Projektleiterin Jennifer Bilbao.

Die separate Verwendung der einzelnen Aufarbeitungsmodule hat aber noch einen anderen Vorteil: „Eine Überdüngung der Böden würde so vermieden. Zudem sparen unsere Produkte synthetische Dünger ein“, so Bilbao weiter. Die körnigen oder gepressten Düngemittel sowie Bodenverbesserer würden außerdem Gülletransporte deutlich reduzieren.

bb