Der Wald als Ressource

Der Wald als Ressource

Wälder sind für die Bioökonomie von überragender Bedeutung. Denn hier wächst der vielseitige Rohstoff Holz, der sich stofflich und energetisch nutzen lässt. Doch Wälder erbringen auch viele andere Ökosystemdienstleistungen: Sie sind Sauerstofffabriken, CO2-Speicher, Wasserfilter, Lebensraum und Arbeitgeber. Ein Dossier über eine überlebenswichtige Ressource.

Blick auf die Baumkronen eines Laubwaldes

Weltweit gibt es etwa 4 Mrd. Hektar Wald. In Deutschland sind 11,4 Mio. Hektar bewaldet – das ist ein Drittel der Landesfläche. 3,7 Mrd. Kubikmeter Holz umfasst der sogenannte Holzvorrat in deutschen Wäldern. Das macht die Bundesrepublik zum wald- und holzreichsten Land der Europäischen Union. Nach der Landwirtschaft ist die Forstwirtschaft denn auch die wichtigste Landnutzungsform hierzulande.

Für die Bioökonomie spielt der Wald eine zentrale Rolle. Das Konzept der Nachhaltigkeit wird in der deutschen Forstwirtschaft bereits seit Jahrhunderten umgesetzt. Neben der wirtschaftlichen Bedeutung als Lieferant des Rohstoffs Holz erbringt der Wald viele andere lebenswichtige „Dienstleistungen“ – vom Klimaschutz über die Bereitstellung von Trinkwasser bis hin zur Bewahrung der biologischen Artenvielfalt.

Was ist ein Wald ?

Wald – das ist kurz gesagt ein Ökosystem mit einer Vegetation, die von Bäumen geprägt ist und dessen Fläche so groß ist, dass sich ein charakteristisches Waldklima ausbildet. So vielfältig die Wälder auf der Welt, so vielfältig sind die Definitionen. Rechtlich gesehen ist es jede mit Forstpflanzen bestockte Grundfläche. Hierzulande gilt eine Fläche, die 0,1 Hektar groß und 10 Meter breit ist, als Wald.

            

Der Wald als Ökosystemdienstleister

Der Wald ist wichtiger Wirtschaftsfaktor, übernimmt als Ökosystem aber noch viele andere Aufgaben und Funktionen, die für Menschen und die Natur überlebenswichtig sind oder zum Wohlbefinden von Menschen beitragen und als solche nachgefragt werden. Fachleute sprechen von Ökosystemdienstleistungen. Wälder sind:

Hort der Biodiversität: Wälder sind Lebensräume für eine Vielzahl an Pflanzen und Tieren. Schätzungen zufolge leben etwa 50 bis 75 % aller Arten in Regenwaldgebieten. Dabei ist die Biodiversität nicht nur für den Erhalt der Ökosysteme von großer Bedeutung, sondern auch für die Ernährung und Gesundheit des Menschen. Die Menschheit nutzt über 40.000 verschiedene Arten von Pflanzen und Tieren für Essen, Unterkunft, Kleidung und Medizin. In Deutschland wurden unter anderem 76 Baumarten, 1.020 krautige Pflanzen, 140 Wirbeltierarten, und mehr als 6 000 Insektenarten gezählt.

Klimaschützer: In Wäldern stellt sich ein typisches Waldklima ein, doch die Bäume leisten auch global gesehen einen großen Beitrag zur Stabilisierung des Klimas. Bäume speichern im Holz dauerhaft CO2 und tragen so als Kohlenstoff-Senke zur Verlangsamung des Klimawandels bei. In Deutschland entlasten Wald und die nachhaltige Nutzung von Holz die Atmosphäre jährlich um 158 Mio. Tonnen CO2. Das sindimmerhin 17 % der gesamten deutschen Treibhausgasemissionen.

Sauerstoff-Fabrik: Jährlich erzeugt der deutsche Wald 25 bis 38 Mio. Tonnen Sauerstoff, anderthalbmal soviel, wie die Einwohner Deutschlands jährlich zum Atmen brauchen. Wälder sind die grünen Lungen unserer Landschaft.

Erosionsschutz: Ohne Vegetation steigt die Gefahr von Überschwemmungen, Erdrutschen und Bodenerosion. Natürlich kann eine gesunde Vegetation Umweltkatastrophen nicht verhindern, aber sie kann helfen, die Auswirkungen von Hochwasser zu mindern. So werden in Küstenregionen Mangrovenwälder gepflanzt, um das Landesinnere vor Zyklonen und Hurrikanen zu schützen.

Wasserspeicher & Wasserfilter:  Im hydrologischen Kreislauf spielen Wälder eine wichtige Rolle: sie regulieren die Oberflächen- und Grundwasserverfügbarkeit. Rund 3,4 % der globalen Wälder dienen primär dem Schutz  von sauberem Wasser.

Erholung & Kultur:  Im dicht besiedelten Deutschland haben Wälder für die Menschen seit jeher eine besondere Bedeutung als Raum für Erholung und Naturerleben und als wichtiger Kulturraum. Spätestens mit der deutschen Romantik im 19. Jahrhundert wurde der Wald zum Sehnsuchtsort für Kunstschaffende. Für den Tourismus stellen Wälder als Orte der Ruhe, wohltuender Luft und dichten Wanderwege-Netzen wichtige Reiseziele dar. Die Faszination für den Wald ist ungebrochen. Davon zeugen auch Buchtitel wie „Das geheime Leben der Bäume“ von Förster Peter Wohlleben. Es war das meistverkaufte Sachbuch 2015.

Der Rohstoff Holz

Neben den Ökosystemdienstleistungen ist der Wald ein zentraler Rohstofflieferant für die Bioökonomie: allen voran entsteht hier Holz – Biomasse, die als vielseitiger Werk- und Baustoff und als Energieträger genutzt werden kann.

Holz ist ein komplexer, nachwachsender und umweltfreundlicher Rohstoff. Chemiker sprechen beim Holz von einem Verbund-Biopolymer. Das Besondere: die pflanzlichen Zellwände sind hier mit der Gerüstsubstanz Lignin ausgekleidet. Ansonsten besteht Holz überwiegend aus den Kohlenhydraten Cellulose, Hemicellulose und Xylose. Hierbei handelt es sich um langkettige Zuckermoleküle, die zu Fasern gebündelt auf den Zellwänden sitzen.

Cellulose und Hemicellulose werden für die Faser- und Papierproduktion genutzt, Lignin und Extraktstoffe für Medikamente, Biochemikalien oder es wird für Erzeugung von Bioenergie genutzt.

Wie Holz genutzt wird

In Deutschland wird die Hälfte des geernteten Rohholzes stofflich genutzt, die andere Hälfte energetisch.

Stoffliche Nutzung: Bei der stofflichen Nutzung wird ein Großteil des Rohholzes in Sägewerken verarbeitet. Rundholz wird als Bau- und Möbelholz verwendet. Faserholz und Sägeabfälle werden Zellstofffabriken oder Bioraffinerien weiterverarbeitet. Dabei entstehen Lignin, Extraktstoffe und Fasermaterial, die in der Chemie-, Papier- oder Biokunststoffindustrie weiterverwendet werden. Es gibt die unterschiedlichsten Papierformen: Zeitungen, Tapeten, Druckerpapier, Verpackungen oder Banknoten. Ohne Holz wäre die Produktion all dieser unterschiedlichen Produkte nicht vorstellbar. Cellulosefasern bilden dabei den wichtigsten Rohstoff für die Papierherstellung. In Deutschland kommen die Fasern vor allem aus Fichten, Kiefern, Birken, Buchen. Die Papierindustrie ist dabei sehr fortschrittlich in ihrem Recyclingverhalten. Der am häufigsten verwendete Faserstoff ist das Altpapier. 2011 lag die Altpapierrücklaufquote in Deutschland bei 77 Prozent. Trotzdem geht immer noch ein Fünftel des Holzeinschlags auf die Papierproduktion zurück. Obwohl sich das Nutzungsverhalten der Konsumenten in den letzten Jahren gravierend verändert hat, steigt der Gesamtverbrauch weiter an. Durch die steigenden Online-Bestellungen wird immer mehr Papier für Verpackungen benötigt. Gleichzeitig sind allerdings die Druckzahlen der meisten Zeitungen eingebrochen und durch Online-Medien ersetzt worden. Grundsätzlich ist die hochwertige stoffliche Nutzung umweltfreundlicher als die direkte energetische Nutzung. Im besten Fall wird die Ressource mehrfach genutzt: zuerst stofflich und dann energetisch.

 

     

Energetische Nutzung: Baumkronen, Zweige, Stümpfe oder allgemein Resthölzer, die bei Durchforstungen anfallen, werden häufig als Feuerholz verbrannt. Auch Industrierestholz und Altholz werden meist energetisch genutzt. Neben dem klassischen Brennholz können aus Säge- und Hobelspänen Pellets mit hoher Energiedichte gepresst werden. Hackschnitzel – gehackte Stücke aus getrocknetem Holz – sind eine weitere Brennalternative. Im Gegensatz zu den Pellets benötigen sie allerdings mehr Lagerkapazitäten und haben einen geringeren Heizwert. In Holzheizkraftwerken, Pelletheizungen und Holzvergasern werden Wärme und Strom erzeugt.

Vor allem in Ländern in Afrika, Asien und Lateinamerika ist die energetische Nutzung des Rohstoffs weit verbreitet. Mehr als zwei Milliarden Menschen – vornehmlich in Entwicklungsländern –  verbrennen Holz, um zu kochen oder zu heizen. In Europa wird die energetische Nutzung von Holz durch die Politik gefördert. Laut der Holzrohstoffbilanz wird in Deutschland seit 2009 etwa gleich viel Holz energetisch genutzt wie stofflich. Dabei dient der überwiegende Teil der Wärmebereitstellung in privaten Haushalten; rund ein Viertel der deutschen Privathaushalte nutzt Holz als Heizbrennstoff. Landesweit sollen bis 2020 mindestens 35 % der Stromversorgung und 14 % des Wärmebedarfs durch Erneuerbare Energien abgedeckt sein. Dabei fördert das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) die Einspeisung aus Holzkraftwerken. Im Rahmen des Marktanreizprogramms (MAP) werden Investitionszuschüsse für Heizungsanlagen, die mit Holz betrieben werden, gewährt. Bei Neubauten gibt es Vorgaben, dass ein gewisser Anteil der produzierten Wärme aus Erneuerbaren Energien kommen muss.  Die energetische Nutzung von Holz ist dabei nicht automatisch nachhaltig, nur weil es sich um einen nachwachsenden Rohstoff handelt. Energie aus der Holzverbrennung wird als klimaneutral betrachtet, wenn die Hölzer aus nachhaltig bewirtschafteten Umgebungen kommen, in effizienten Verbrennungsanlagen verbrannt werden und der Rohstoff vor der Verbrennung anderweitig genutzt wurde.

Innovative Nutzungsformen von Holz

Voraussichtlich werden die klassischen Formen der Holznutzung auch zukünftig den Markt dominieren. Derweil loten Forscher das Potenzial von Holz weiter aus und entwickeln neue Holztechnologien.

  • Neue Holzwerkstoffe: Im Ingenieurholzbau gewinnen innovative Holzwerkstoffe, also mit Klebstoffen zusammengefügte Holzteile wie Furnierschichtholz und Brettsperrholz, zunehmend an Bedeutung. So kann etwa Buchenholz – das bisher zumeist für Möbel genutzt wird – als Konstruktionsholz eingesetzt werden, wenn Buchenholzschichten lagenweise übereinandergeleimt werden.
  • Holz-Verbundwerkstoffe: Neue Materialkombinationen eröffnen neue Möglichkeiten für ingenieurstechnisch bearbeitetes Holz: Beispielsweise kommen Holz-Beton-Verbundsysteme immer häufiger zum Einsatz, wenn Brücken oder Flachdächer gebaut oder Holzdecken saniert werden müssen. Lagert man Eisenoxidpartikel in Holzstrukturen ein, wird es magnetisch. Calciumcarbonat im Holz erhöht die Brandhemmung. Eine eigene Klasse sind die „Wood Plastic Composites“, also ein Mix aus Holz-Komponenten und Kunststoffen.
  • Faser-Verbundwerkstoffe: Erforscht wird, wie Materialien mit funktionalisierten Fasern oder Papier-Verbundwerkstoffen in der Leicht- und Fahrzeugbauindustrie eingesetzt werden können. Leichtbaumaterialien im Fahrzeug sparen Energie und reduzieren den Ressourcenverbrauch.
  • Nutzung von Cellulose: Cellulose wird für die Produktion von Chemiezellstoff verwendet. Hier wird in den nächsten Jahren ein Anstieg der Nachfrage erwartet, da die Cellulosederivate als Additive in verschiedenen Industriezweigen (u.a. in der Pharmaindustrie und als Viskosefasern in der Textilindustrie) eingesetzt werden. Die Weiterentwicklung der Cellulose-Chemie wird auch durch Forschungsentwicklungen im Bereich der Nanomaterialien oder Sensoren befördert. Cellulose wird auch zu biotechnologisch oder chemisch genutzte Zucker umgewandelt.
  • Nutzung von Lignin: In Pilotanlagen wird derzeit die Herstellung von Ethanol aus Lignocellulose erforscht. Marktpotenzial wird auch beim Einsatz von Lignin bei der Erzeugung von Carbonfasern für die Autoindustrie gesehen.
  • Effiziente Bioraffinerie-Konzepte: Durch neue Technologien, beispielsweise neue Bioraffineriekonzepte, können Wertschöpfungsketten verbessert und die Kaskadennutzung gefördert werden.
Eckdaten zum deutschen Wald

Die wirtschaftliche Bedeutung der Forst- und Holzindustrie ist auch in Deutschland beeindruckend. Das sogenannte Cluster Forst und Holz beschäftigte im Jahr 2012 mehr als eine Million Menschen, die eine Bruttowertschöpfung von 55 Mrd. Euro erwirtschafteten. Insgesamt gibt es 128.000 Unternehmen, die jährlich 180 Mrd. Euro umsetzen.

Die Zahlen zur Rohstoffbasis Holz liefern die Ergebnisse der dritten Bundeswaldinventur aus dem Jahr 2012: demnach beträgt der Holz-Gesamtzuwachs in Deutschland 122 Mio. Kubikmeter pro Jahr. Davon werden jährlich etwa 76 Mio. genutzt, 15 Mio. Kubikmeter vergrößern den sogenannten Holzvorrat, 10 Mio. verbleiben als Totholz in den Wäldern und 20 Mio. Kubikmeter fallen als Erntereste an.

 

    

Die vier häufigsten Arten – gemessen am Anteil an der Gesamtfläche des Waldes – sind:

  • Fichte (25%)
  • Kiefer (22%)
  • Buche (15%)
  • Eiche (10%)

Die Fichte wächst schnell und ihr Holz hat ideale Eigenschaften als Baustoff. Daher ist sie der „Brotbaum“ der Forstwirtschaft. Doch die Debatte um das vermeintliche „Waldsterben“ in den 1980er Jahren, starke Verluste in Fichten-Monokulturen durch Schädlinge (Borkenkäfer) und Sturmkatastrophen (z.B. Orkan Kyrill im Januar 2007) haben in den vergangenen Jahrzehnten zu einem Umdenken in der Waldwirtschaft geführt. Seitdem setzen die Forstwirte wieder stärker auf den Aufbau von Misch- und Laubwäldern.

Dieser Waldumbau ist auch bereits deutlich messbar: Von 2002 bis 2012 wurde mehr Fichtenholz geschlagen und genutzt als zugewachsen ist. Die Reserve an Fichtenholz geht zurück. Die Branche spricht von einer „Holzlücke“. Hinzu kommt, dass die Fichte auch als besonders anfällig für die Folgen des Klimawandels gilt. Nadelbaumarten wie die Douglasie oder die Küstentanne gelten als besser gewappnet und erfreuen sich bei den Forstwirten zunehmender Beliebtheit.

Der Laubwald ist hingegen wieder auf dem Vormarsch. Um 7% hat der Laubwald seit 2002 zugelegt – heute sind 43% der gesamte deutschen Waldfläche Laubwald. Auf dem Vormarsch ist vor allem die Rotbuche (+6% in Fläche; +10 % im Holzvorrat). Ihr Holz wird für Möbel und Innenausbau verwendet, gilt allerdings als weniger gut geeignet für Konstruktionszwecke. Doch durch neue Technologien werden die Spielräume von Buchenholz für den Hausbau deutlich erweitert.

     

Forst- und Waldpolitik: Holznutzung nachhaltig ankurbeln

Mit Blick auf immer knappere Holzressourcen prägte bereits um 1713 der sächsische Berghauptmann Hans Carl von Carlowitz die bis heute geltenden Prinzipien der nachhaltigen Wald- und Forstwirtschaft. Die Idee dieses Nutzungskonzepts gilt bis heute: es wird im Wald dauerhaft nicht mehr Holz gefällt, als nachwächst.

Vor und während der industriellen Revolution sank die Bewaldung auf einen Tiefstand. Wälder wurden abholzt und für Energiegewinnung, Bauwirtschaft oder Bergbau verwendet. Auch die Weltkriege im 20. Jahrhundert sorgten für weitflächigen Kahlschlag. Auf dem entstandenen Ödland gediehen im Rahmen einer groß angelegten Aufforstung vor allem Fichten und Kiefern. Die Nadelbäume wuchsen schnell und konnten somit schnell wieder eingeschlagen und genutzt werden. Als Folge der Umweltdebatte um das sogenannte Waldsterben in den 1980er Jahren und einer strategischen Neuausrichtung der Waldpolitik wurden in den vergangen drei Jahrzehnten wieder Nadelholz- in Laubholzbestände umgewandelt.

Seit 1975 sichert das Bundeswaldgesetz zusammen mit den Waldgesetzen der einzelnen Bundesländer einen verantwortungsvollen Umfang mit der Ressource Wald. Das Gesetz fordert, „alle zehn Jahre eine auf das gesamte Bundesgebiet bezogene forstliche Großrauminventur auf Stichprobenbasis durchzuführen“. In der daraus entstandene Bundeswaldinventur (BWI) arbeiten Bund und Länder unter Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft eng zusammen und ermitteln in regelmäßigen Zeitabständen den Zustand der Wälder. Die Untersuchung erfolgt stichprobenartig an 60.000 Punkten bundesweit.

Nachhaltigkeit in der Waldwirtschaft wird heute umfassender definiert: der Wald naturnah, artenreich und vital. Wichtige Ziele einer nachhaltigen Waldwirtschaft sind insbesondere der Aufbau des Holzvorrats und der Aufbau von Totholz, also abgestorbene Biomasse, die als wichtiger Lebensraum für Mikrorganismen, Pilze, Pflanzen und Tiere dient.

2004 startete die Bundesregierung die Charta für Holz, eine Initiative, mit der hierzulande der Pro-Kopf-Verbrauch von Holz um 20 Prozent gesteigert werden sollte. Dabei zielte die Initiative vor allem auf die stoffliche Nutzung ab.

2011 wurde von der Bundesregierung die „Waldstrategie2020“ veröffentlicht. Sie ist die aktuelle Leitlinie für die deutsche Waldpolitik. Wichtige Förderinstrumente der Strategie sind etwa der Waldklimafonds und das Förderprogramm „Nachwachsende Rohstoffe“.In der Strategie sind auch die strategischen Zielsetzungen für eine nachhaltige Holzproduktion festgeschrieben. Hierbei spielt auch die Züchtung eine wichtige Rolle, die sich gerade bei Bäumen sehr aufwendig gestaltet. Für sechs Baumarten wurde eigens eine eigene „Züchtungsstrategie“ aufgelegt.

Forst und Holz weltweit

Laut FAO sind weltweit etwa 410 Mio. Menschen direkt vom Wald für die Bestreitung ihres Lebensunterhalts abhängig. Für schätzungsweise 1,6 Mrd. Menschen bildet er einen Großteil ihrer Lebensgrundlage. Holz und industriell hergestellte Holzprodukte tragen jährlich mehr als 450 Mrd. US-Dollar zur Weltwirtschaft bei. Der Wald wird als Ökosystemdienstleister stark beansprucht.

Die derzeitige Bilanz ist durchwachsen. Die globale Entwaldungsrate sinkt zwar, ist in manchen Weltregionen aber immer noch hoch. Die größten Verluste waren in den letzten Jahren in Südamerika und Afrika zu verzeichnen. Im Durchschnitt verschwinden pro Jahr etwa 5,2 Mio. Hektar Wald. Seit 1990 sind etwa 129 Mio. Hektar Wald abgeholzt worden, das entspricht einer Fläche ähnlich der von Südafrika. Die Gründe für die Abholzungen sind vielfältig. Im Vordergrund steht die Ausbreitung der Landwirtschaft; dabei spielt der Anbau von Soja, Mais, Ölpalmen, Reis und Zuckerrohr eine große Rolle. Etwa die Hälfte der Pflanzen wird weiter zu Tiernahrung verarbeitet. In vielen Regionen führen Bergbau, Verstädterung, Infrastrukturausbau und illegaler Holzeinschlag zu einem Rückgang der Bewaldung. Indirekte Faktoren, die den Waldschwund begünstigen, sind eine unzureichende Waldbewirtschaftung, widersprüchliche politische Vorgaben und sowie deren mangelhafte Umsetzung, Armut und unsichere Landbesitzverhältnisse. Trotz des fortschreitenden Rückgangs gibt es eine positive Tendenz. Immer mehr Wälder werden unter Schutz gestellt und Länder verbessern ihr Waldmanagement.

Internationale Vereinbarungen zum Schutz des Waldes

Es gibt derzeit keinen umfassenden, rechtlich verbindlichen Vertrag, der sich ausschließlich auf Wälder bezieht. Auf internationaler Ebene thematisieren die Ressource Wald vor allem die United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC), die Convention on Biological Diversity (CBD) und die United Nations Convention to Combat Desertification (UNCCD).

Für die UNFCCC-Klimaverhandlungen ist der Wald als CO2-Senke von großer Bedeutung. Im Kyoto-Protokoll werden die industrialisierten Länder deshalb zur Dokumentation und nachhaltigen Bewirtschaftung ihrer Waldbestände aufgefordert. Seit 2008 gibt es das UN-REDD-Programm zur Verringerung der durch Abholzung und Waldschädigung entstehenden Treibhausgasemissionen. Die Initiative versucht, den in den Wäldern gespeicherten Kohlenstoff einen Wert zu geben, damit insbesondere Entwicklungsländer den Erhalt ihrer Wälder der Umwandlung in Ackerland vorziehen.  In der CBD steht die Konservierung der Biodiversität im Mittelpunkt. Da Wälder für den Erhalt der Biodiversität eine zentrale Rolle spielen, hat die Konvention ein eigenes Arbeitsprogramm über die biologische Vielfalt der Wälder ins Leben gerufen. UNCCD wurde geschaffen, um die fortschreitende Wüstenbildung aufzuhalten. Um die Landverödung aufzuhalten ist ein intaktes Ökosystem – mitsamt den Wäldern – von zentraler Bedeutung.

 Auf EU-Ebene gibt es seit 2013 eine neue Forststrategie mit ganzheitlichem Ansatz. Sie hebt hervor, dass Wälder nicht nur für die ländliche Entwicklung, sondern auch für Umwelt und Biodiversität, bio-basierte Industrien, Bioenergie und im Kampf gegen den Klimawandel von Bedeutung sind. Die Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa (MCPFE) oder FOREST EUROPE ist eine weitere wichtige europäische Initiative auf ministerieller Ebene zur nachhaltigen Bewirtschaftung der europäischen Wälder. Finanziert wird die Waldpolitik der EU vor allem durch Programme zur ländlichen Entwicklung.

Immer mehr Verbraucher, Behörden und Unternehmen fordern einen verantwortungsbewussten Umgang mit den Waldressourcen. Zertifizierungssysteme bedienen diese Nachfrage, indem sie einheitliche Standards schaffen und ökologische, soziale und ökonomische Aspekte bei der Waldbewirtschaftung überprüfen. International dominieren zwei Zertifizierungssysteme für Holzprodukte: Das Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes (PEFC) und der Forest Stewardship Council (FSC). PEFC ist das jüngere Zertifizierungsschema, hat aber mit 265 Mio. Hektar Waldfläche weltweit die größere Abdeckung. Über den Forest Stewardship Council (FSC) sind 180 Millionen Hektar Waldfläche zertifiziert. Beide Systeme werden in Deutschland angewandt und sind von der EU-Kommission zugelassen.

Perspektiven für die Bioökonomie

Der Bioökonomierat hat als Expertengremium der Bundesregierung in einer 2016 veröffentlichten Kurzanalyse und einem umfassenden Hintergrundpapier die Bedeutung von Holz für die Bioökonomie betrachtet und kommt zu folgenden Empfehlungen an die Politik:

Ausweitung der Rohstoffbasis: Eine produktive, nachhaltige Forstwirtschaft sollte nach Ansicht der Autoren auf eine vergrößerte Rohstoffbasis abzielen. Dazu müsse man auf Baumarten setzen, die besser an sich wandelnde Klimabedingungen angepasst sind und die produktiv sind. Auch Nadelhölzer sind in diesem Zukunftskonzept gefragt. Sie können über Züchtungen und verbessertes Saatgut entstehen. Auch Kurzumtriebsplantagen wird Potenzial eingeräumt.

Effizientere Holznutzung: Das geerntete Holz sollte besser verwendet werden, entweder durch eine verlängerte oder mehrfache Nutzung (Recycling, Kaskadennutzung) oder durch einen effizienteren Einsatz von Holz. Das gilt insbesondere, wenn es darum geht, Holz als chemischen Rohstoff in Industrieverfahren zu integrieren. Holz sollte zudem im Bauwesen vermehrt eingesetzt werden.

Bioenergiepolitik: Die energetische Verwendung von Holz – insbesondere zur Wärmegewinnung – entzieht der Bioökonomie Rohstoff für die stoffliche Nutzung. Der stofflichen Nutzung ist nach Ansicht der Experten Vorrang zu gewähren, weil hier eine höhere Wertschöpfung möglich ist. Die Experten empfehlen, von der Zufeuerung von Holz in Kohlekraftwerken hierzulande Abstand zu nehmen. Vielmehr sei eine kombinierte stoffliche und energetische Nutzung anzustreben.

Nachwuchsförderung: Kapazitäten in der deutschen Forschungslandschaft sollten nach Ansicht der Autoren ausgebaut werden und die Expertise für eine nachhaltige Forstwirtschaft sollte gestärkt werden.

Redaktion: Laura Griestop, Philipp Graf, Simone Ding (Infografiken)