Neuer Biokatalysator für grüne Chemie

Neuer Biokatalysator für grüne Chemie

Karlsruher Materialforscher haben aus Enzymen eine biobasierte, energiesparende und nachhaltige Alternative zu herkömmlichen Katalysatoren entwickelt.

Karlsruher Wissenschaftler haben Enzyme so verändert, dass sie sich von selbst zu einem stabilen Biokatalysator zusammenfügen. Dieser kann Ausgangsstoffe ohne Lösungsmittel oder hohe Temperaturen zu den gewünschten Endprodukten umwandeln.

Für die Herstellung von Medikamenten, Kosmetik oder Lebensmitteln werden noch immer enorme Mengen Erdöl verbraucht. Dieser fossile Rohstoff ist jedoch nicht nur endlich, sondern in seiner Verarbeitung auch extrem umweltschädlich. Deshalb arbeiten etliche Chemiker, Verfahrenstechniker und Ingenieure daran, die Herstellung mittels Enzymen und biobasierten Verfahren umweltschonender zu gestalten. Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben nun eine wichtige Hürde auf dem Weg dorthin genommen: Sie entwickelten ein neues Biomaterial, das den Einsatz von Enzymen stark vereinfacht und deren Effizienz steigert.

Hydrogelrillen werden zum Biokatalysator

Wie die Materialforscher im Fachblatt „Angewandte Chemie“ berichten, bietet ihr neues Biomaterial eine energiesparende Alternative zu herkömmlichen Katalysatoren, die in nahezu allen chemischen Prozessen zum Einsatz kommen. Im Detail haben die Wissenschaftler natürliche Enzyme so verändert, dass sie sich von selbst zu einem stabilen Biokatalysator zusammenfügen. Dieses gelartige Material wird auf Kunststoffchips mit rillenförmigen Vertiefungen aufgebracht. Trocknet das Material, entsteht ein Hydrogel. Der gelbedeckte Chip wird dann mit einer Kunststofffolie abgedeckt, so dass kleine, röhrenartige Hohlräume entstehen, durch die die Ausgangsstoffe gepumpt werden können. Das Hydrogel in den Röhren fungiert nun als Biokatalysator und wandelt die Ausgangsstoffe zu den gewünschten Endprodukten um, während das Biokatalysatorgel zurückbleibt. Der Clou: Bei dieser Reaktion werden keine Lösungsmittel benötigt, und auch hohe Temperaturen oder Druck sind nicht erforderlich. Dadurch wird der Prozess umweltfreundlich und nachhaltig.

„Langfristig erhoffen wir uns, dass solche biokatalytischen Materialien in automatisierten Verfahren eingesetzt werden, um ohne aufwendige Synthese- und Reinigungsschritte und mit möglichst wenig Abfallstoffen wertvolle Ausgangsverbindungen zu produzieren“, so Christof Niemeyer, Professor am KIT-Lehrstuhl für Biologische Grenzflächen.

Biokatalysator verhindert unerwünschte Spiegelbilder

Das Besondere: Da in den Röhren auf kleinstem Raum sehr viel Reaktionsfläche vorhanden ist, sind die Umsatzraten der Biokatalysatoren sehr hoch. Zugleich ist die Methode platzsparend, da das neue Material direkt auf den Chips haftet. Zudem lässt sich das Hydrogel vollständig recyceln und ist biologisch abbaubar. Ein weiterer Vorteil: Für viele chemische Verbindungen gibt es Enantiomere, also Verbindungen, die wie ein Spiegelbild zur eigentlichen Verbindung stehen. Doch diese Spiegelbilder haben oft keine oder unerwünschte Wirkungen, so dass sie bei herkömmlichen chemischen Prozessen häufig mittels teurer Trennungsverfahren abgeschieden werden müssen. Mithilfe der Biokatalysatoren lässt sich hingegen gezielt nur die erwünschte Variante herstellen.

Die Arbeit entstand im Rahmen des Helmholtz-Programms „BioInterfaces in Technology and Medicine“ (BIFTM). Hier arbeiten Wissenschaftler des KIT interdisziplinär an der Erforschung und Nutzung biologischer Systeme, um sie in der industriellen und medizinischen Biotechnologie anzuwenden.

jmr