Metastasen bei Hautkrebs ohne Biopsie aufspüren

Metastasen bei Hautkrebs ohne Biopsie aufspüren

Ob ein Patient an schwarzem Hautkrebs leidet, kann bisher nur mit einer Biopsie nachgewiesen werden. Forscher aus Essen haben nun erstmals erfolgreich eine nicht-invasive Bildgebungstechnik eingesetzt, die die Diagnostik der schweren Krankheit erheblich erleichtern würde. 

Durch eine Kombination aus Ultraschall und molekularer Diagnostik spürt die MOST-Technik Metastasen des Schwarzen Hautkrebses nicht-invasiv auf.
Durch eine Kombination aus Ultraschall und molekularer Diagnostik spürt die MOST-Technik Metastasen des Schwarzen Hautkrebses nich

Der schwarze Hautkrebs ist äußerst aggressiv und wegen seiner rasanten Ausbreitung daher besonders gefährlich. Denn hat der Tumor einmal Metastasen gebildet, sinken die Heilungschancen. Bislang müssen sich Patienten einer aufwendigen Biopsie unterziehen, um festzustellen, ob der Krebs bereits die Lymphknoten befallen hat oder nicht. Forscher am Universitätsklinikum Essen haben nun ein alternatives, nicht-invasives Bildgebungsverfahren getestet, das vom Münchner Start-up iThera Medical entwickelt wurde und auf Optoakustik setzt.  Wie sie im Fachjournal Science Translation Medicine (2015, Bd. 317,S. 199) berichten, konnte mithilfe der „Multispektralen Optoakustischen Tomographie“ (MSOT) erstmals sicher und ohne belastende Operation für den Patienten von außen nachgewiesen werden, ob sich der Hautkrebs bereits ausgebreitet hat. iThera Medical ist ein Spin-Off des Münchner Helmholtz-Zentrums und wurde im Rahmen der „Gründungsoffensive Biotechnologie GO-Bio“ drei Jahre lang vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit über 2,9 Millionen Euro gefördert.

Die Diagnose Krebs hat bis heute an ihren Schrecken nichts verloren. Eine der gefährlichsten Tumorerkrankungen ist dabei der schwarze Hautkrebs, weil er sich rasend schnell verbreitet. Über 220.000 neue Fälle werden weltweit jedes Jahr registriert, wobei die Zahl der Neuerkrankungen seit Jahren steigt. Eine Trendwende ist nicht absehbar. Fest steht: Hat der Krebs einmal Metastasen gebildet, sinken die Heilungschancen für den Patienten beachtlich. Beim schwarzen Hautkrebs werden als erstes die nahegelegenen Lymphknoten befallen. Ein Metastasenbefall kann bisher nur mit einer Biopsie geklärt werden. Diese für den Patienten belastende Gewebeentnahme könnte künftig entfallen.

Mit Licht Metastasen von außen erkennen

Am Universitätklinikum Essen wurden Patienten mit schwarzem Hautkrebs erstmals mit einem völlig neuartigen Bildgebungsverfahren untersucht, das über optoakustische Signale frühzeitig Metastasen in Lymphknoten aufspürt. Das Team um Joachim Klode und Ingo Stoffels an der Hautklinik nutzte dafür die von der Münchner Firma iThera Medical entwickelte MSOT-Methode. Die „Multispektrale Optoakustische Tomographie“ ist ein nicht-invasives Verfahren, das von außen – also ohne jeglichen chirurgischen Eingriff - erkennt, ob Lymphknoten von Metastasen befallen sind. Das Prinzip ist eine Kombination aus Ultraschall und molekularer Bildgebung: Um die Lymphknoten zu identifizieren wird der Farbstoff Indocyaningrün dem Patienten injiziert. Damit werden die sogenannten Wächter-Lymphknoten erkennbar. Bislang mussten diese für eine Untersuchung herausoperiert werden, was einen längeren Krankenhausaufenthalt zur Folge hatte. Bei der MSOT wird das Gewebe des identifizierten Lymphknoten nun von verschiedenen Stellen von außen mit Laserlicht bestahlt. Die absorbierte Lichtenergie im Gewebe erzeugt ein Ultraschallsignal, das ein hochsensibler Detektor aufnimmt. Zeigen die mit mehreren Wellenlängen gemessenen Bilder an, dass sich im Gewebe Melanin befindet, ist dies ein klares Anzeichen für eine mögliche Metastase. Denn Metastasen des Schwarzen Hautkrebses enthalten in der Regel das dunkle Pigment Melanin.

MSOT-Technik hat ersten Kliniktest bei Hautkrebs bestanden

Wie die Ärzte aus Essen nun im Fachjournal "Science Translational Medicine" berichten, hat die MSOT-Bildgebung den Praxistest offenbar bestanden. Das Team hat das neue und das herkömmliche Verfahren zunächst an 506 Lymphknoten verglichen, die 214 Melanom-Patienten entnommen worden waren. Dabei erwies sich die MSOT-Diagnostik als wesentlich sensibler: Das herkömmliche Verfahren fand bei 14,2 Prozent der Proben Metastasen, die MSOT-gestützte Diagnostik dagegen bei 22,9 Prozent. Im nächsten Schritt testeten die Mediziner das MSOT-Verfahren an 20 Melanom-Patienten, denen noch keine Lymphknoten entfernt worden waren. Hier fand die nicht-invasive Methode sämtliche Lymphknoten-Metastasen und gab bei einem großen Teil der Patienten Entwarnung. "Wenn ein nicht invasiver Ansatz zuverlässig Metastasen der Schildwächter ausschließen könnte, könnte man fast 80 Prozent der Patienten diese Operation ersparen", schreiben die Forscher.

Weitere Studien in Planung

Allerdings kann MSOT auch Fehlalarme auslösen: Etwa die Hälfte der auffälligen Befunde in der Studie war nicht durch Metastasen bedingt, sondern durch andere Ursachen. Dies waren beispielsweise körpereigene Stoffe wie Reste kleiner Blutungen oder Tattoopigmente. Zudem gibt es Melanome, die kein Melanin enthalten. Dennoch sei das neue Verfahren eine wertvolle diagnostische Hilfe, mit der man Metastasen zuverlässig ausschließen könne, betonen die Autoren. Krebsexperte Stefan Delorme vom Deutschen Krebsforschungszentrum zeigte sich ebenfalls positiv: die Technik sei innovativ un müsste sich nun im weiteren klinischen Einsatz beweisen. In Essen soll nun eine noch größere Studie vorbereitet werden. Nach Angaben von IThera Medical-Geschäftsführer Christian Wiest werden auch bereits weitere Einsatzmöglichkeiten wie bei Brustkrebs, Schilddrüsenkrebs, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen oder peripherer Arteriosklerose geprüft.

Von der GO-Bio-Förderung zum Startup

Entwickelt wurde die neue Bildgebung von einem Team um Vasilis Ntziachristos vom Helmholtz Zentrum München, der 2013 mit dem Leibniz-Preis ausgezeichnet wurde. Im Jahr 2010 hat er zusammen mit Christian Wiest die iThera Medical GmbH gegründet. Das Startup ist im Rahmen der GO-Bio-Förderung entstanden, das Team wurde im Jahr 2009 in der dritten Förderrunde als eines der Gewinnerprojekte ausgewählt. Mithilfe einer Förderung über 2,9 Millionen Euro durch das BMBF konnte die Firma ihre vielversprechende Idee zur Marktreife führen. 2014 wurde das Münchner Team dafür mit dem Innovationspreis ausgezeichnet.