Invasive Arten weiter auf dem Vormarsch

Invasive Arten weiter auf dem Vormarsch

Immer mehr Tiere und Pflanzen sind heutzutage fernab ihrer Heimat zu finden, wie eine internationale Studie unter Beteiligung Konstanzer Ökologen zeigt.

Das Grauhörnchen kommt ursprünglich aus Nordamerika, ist aber inzwischen in vielen Ländern eingebürgert, wie in Großbritannien.

Die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) - ein potenzieller Überträger von Gelbfieber oder Zika- ist mittlerweile auch in Süddeutschland präsent. Das Grauhörnchen stammt eigentlich aus Nordamerika, ist aber inzwischen in vielen anderen Ländern der Welt wie in Großbritannien zuhause. Die vielblättrige Lupine (Lupinus polyphyllus), die ursprünglich in Europa als Futter- und Zierpflanze angebaut wurde, hat ebenfalls längst auch andere Kontinente erobert. Drei Beispiele, die zeigen, wie sich in den vergangenen Jahrhunderten weltweit gebietsfremde Arten kontinuierlich einbürgern. Zu diesem Ergebnis kommt ein Team von 45 Experten, das unter der Leitung von Senckenberg-Wissenschaftlern sowie Forschern der Universität Wien, in den vergangenen Jahren die globale Bioinvasion untersucht hat und nun ihre Ergebnisse im Fachjournal „Nature Communications“ vorstellt.

Datenbank mit eingewanderten Tier- und Pflanzenarten

Im Rahmen der Studie erstellten die Forscher eine Datenbank, die Angaben zum Erstfund einer gebietsfremden Art außerhalb ihres Heimatgebiets beinhaltet. Darin sind über 45.000 Erstfunde von über 16.000 Arten aufgelistet. „Die Anzahl gebietsfremder Arten hat in den letzten 200 Jahren bei allen Organismengruppen kontinuierlich zugenommen. Die Rate der Einführung ist gegenwärtig in vielen Fällen sogar am höchsten. Mit Ausnahme von Säugetieren und Fischen gibt es keine Hinweise auf eine Abschwächung des Trends“, erklärt Hanno Seebens vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F) in Frankfurt.

585 Neuankömmlinge pro Jahr

Danach wurden 37 Prozent aller Erstfunde erst in jüngster Vergangenheit- nämlich von 1970 bis 2014 entdeckt. Weltweit wurden somit bis zu 585 gebietsfremde Arten jährlich registriert. Das sind weltweit mehr als 1,5 neue Arten pro Tag. „In vielen Fällen ist aber nicht bekannt, wann genau eine gebietsfremde Art zum ersten Mal aufgetaucht ist. Diese Zahl unterschätzt daher die tatsächliche Tragweite der Bioinvasion deutlich“, erklärt Franz Essl von der Universität Wien.

Klimawandel begünstigt Anpassung

Einig sind sich die Forscher, dass eine Trendwende bei der Invasion von Pflanzen und Tieren nicht absehbar ist. Im Gegenteil: Die Studie zeigt: meist ist es der Mensch, der fremdartigen Pflanzen- und Tierarten einschleppt. „Wir beobachten, dass die Erstfunde bei Gefäßpflanzen bereits im 19. Jahrhundert zunahmen, was vermutlich auf den damaligen Boom im Gartenbau zurückgeht. Organismen wie Insekten, Muscheln oder Algen hingegen wurden vor allem seit 1950 in zunehmendem Maße außerhalb ihrer Heimatregion registriert. Das hängt sehr wahrscheinlich mit der Globalisierung zusammen“, erklärt Seebens,

Im Laufe der Zeit haben sich die Neuankömmlinge an die veränderten Umwelt- und Klimabedingungen angepasst und sich so angesiedelt. Der Konstanzer Ökologe Mark van Kleunen, der als Co-Autoren an der Studie mitwirkte, erwartet in Folge des Klimawandels daher auch für die nahe Zukunft einen globalen Anstieg gebietsfremder Arten.  

Regionale Unterschiede verschwimmen

Der enorme Anstieg der globalen Bioinvasion ist keinesfalls unproblematisch. So wie das Grauhörnchen in Großbritannien das heimische Eichhörnchen zu weiten teilen bereits verdrängt hat, sind auch andere Organismengruppen von gebietsfremde Arten bedroht und können so das gesamte Ökosystem verändern. Hinzu kommt, dass sich pflanzliche und tierische Artengemeinschaften weltweit so immer mehr angleichen, so dass regionale Unterschiede verloren gehen.

Neue Maßnahmen zur Eindämmung der Artenwanderung gefordert

Bereits im vorigen Jahr hatten Forscher aus Oldenburg und Frankfurt am Main vor den Folgen einer Invasion durch fremde Tier- und Pflanzenarten gewarnt, die als blinde Passagiere in Frachtschiffen einwandern. Bemühungen per Gesetz die Ausbreitung gebietsfremder Arten einzudämmen, greifen offenbar noch zu kurz. „Unsere Studie zeigt, dass diese Anstrengungen nicht weitreichend genug waren, um mit dem Anstieg neuer Arten aufgrund der fortschreitenden Globalisierung Schritt zu halten. Es ist daher dringend notwendig, effektivere Maßnahmen zur Eindämmung auf allen Ebenen zu implementieren“, appelliert Essl.

bb