Immunabwehr der Bienen entschlüsselt

Immunabwehr der Bienen entschlüsselt

Biodiversitätsforscher haben mithilfe von Erbgutanalysen und smarter Bioinformatik Schlüsselgene des Immunsystems der Honigbiene identifiziert. Das liefert neue Ansätze für Züchter.

schlüsselgene bei Honigbienen zur Abwehr von Krankheiten entdeckt
Die Entschlüsselung wichtiger Gene könnte dabei helfen, künftig Honigbienen zu züchten, die weniger krankheitsanfällig sind.

Experten warnen seit Jahren vor dem Bienensterben und den damit verbundenen Folgen für die biologische Vielfalt des Ökosystems. Erst kürzlich machten Wissenschaftler wieder auf die dramatische Situation aufmerksam. In einer Resolution an das Bundesumweltministeriums forderten 77 deutsche Forscher von der Bundespolitik Sofortmaßnahmen, um das Artensterben bei Bienen zu stoppen. Nicht nur Klimawandel und der Einsatz von Pestiziden setzen Hautflüglern wie den Honigbienen zu. Das Gros des Rückgangs wird durch Krankheiten wie Pilze und Viren hervorgerufen, die durch die Varroa-Milbe verbreitet werden. Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) konnte nun erstmals wichtige Schlüsselgene identifizieren, die bei Honigbienen an der Abwehr von Krankheiten beteiligt sind.

Resistentere Honigbienen züchten

„Die Gene, die wir identifizieren konnten, bieten die Chance für eine neue Generation von Honigbienen, die künftig resistent gegen diese Krankheitserreger sein könnte“, erklärt Vincent Doublet vom Synthesezentrum sDiv des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung, der die Arbeit koordiniert hat. Wie das Team im Fachjournal "BMC Genomics" berichtet, könnten mithilfe der identifizierten Gene neue Arten von Honigbienen gezüchtet werden, die widerstandsfähiger gegen Viren und Parasiten sind.

Moderne DNA-Sequenziermethoden haben hier dem Forscherteam zum Durchbruch verholfen. In Studien zum Erbgut der Bienen forschten sie nach Genen, die bei diesen Insekten eine entscheidende Rolle bei der Immunabwehr gegen Krankheitserreger spielen. „Viele Studien haben genetische Ansätze genutzt, um zu verstehen, wie Bienen auf Viren und Parasiten reagieren. Allerdings war es bisher schwierig, diese Studien untereinander zu vergleichen, um die Schlüsselgene und –prozesse herauszufinden, die den Bienen helfen, die Erreger zu bekämpfen“, sagt Christina Grozinger, Direktorin des Zentrums für Bestäuberforschung an der Penn State University in den USA.

Bioinformatik offenbart Schlüsselgene

In den vorhandenen Datenmengen ein Muster zuerkennen, war bisher schwierig. Das 28-köpfige Forscherteam entwickelte daher ein komplett neues Statistikwerkzeug, das sie zielgerichtete Rang-Produkt-Analyse nannten. „Unser Team schuf ein neues Bioinformatikwerkzeug, das uns ermöglichte, Informationen von 19 verschiedenen genetischen Datensätzen zu verarbeiten, um die Schlüsselgene zu identifizieren, mit denen Honigbienen auf Krankheiten reagieren“, erklärt Grozinger.

Mithilfe der neuen Methode konnte das Team Gene identifizieren, die ähnlich reagierten. Diese Gene kodieren den Autoren zufolge für Proteine, die für die Zerstörung von Gewebe durch Krankheitserreger verantwortlich sind. Weitere aufgespürte Gene kodieren für Enzyme, die an der Verstoffwechselung von Kohlenhydraten beteiligt sind. Ihre Aktivität könnte die Folgen der Infektion für den Organismus widerspiegeln. „Bisher wurde angenommen, dass Honigbienen auf verschiedene Krankheitserreger auch unterschiedlich reagieren, aber wir haben festgestellt, dass sie sich hauptsächlich auf einen Kernsatz an Genen verlassen, die an- oder abgeschaltet werden, um auf alle wesentlichen Krankheiten zu reagieren. Wir können jetzt die physiologischen Mechanismen erkunden, mit denen Krankheitserreger ihren Wirt überwältigen wollen und wie die Honigbienen sich dagegen wehre “, erklärt Robert Paxton von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, der an der Studie beteiligt war.

Abwehrmechanismus bei anderen Insekten aktiv

Das neue Wissen um den genetischen Abwehrmechanismus bei Honigbienen kann allerdings auch für andere Insektenpopulationen genutzt werden. Der Grund: Diese Gene haben sich im Laufe der Evolution herausgebildet und sind auch bei anderen Insekten wie Hummeln aktiv, wenn es um das Zusammenspiel von Insekten und Krankheitserregern geht.

bb