Hugo-Junkers-Preis: Bioökonomie punktet

Hugo-Junkers-Preis: Bioökonomie punktet

In Sachsen-Anhalt wurde zum 25. Mal der „Hugo-Junkers-Preis“ für Forschung und Innovation vergeben. Zu den 15 Preisträgern gehörten auch vier Teams aus der Bioökonomie, die unter anderem ne neuartige Tiernahrung entwickelt haben oder auf Pflanzen als Minifabriken setzen.

Bei der 25. Preisverleihung des Hugo-Junkers-Preises wurden auch Innovationen auf dem Gebiet der Bioökonomie geehrt.
Bei der 25. Preisverleihung des Hugo-Junkers-Preises wurden auch Innovationen auf dem Gebiet der Bioökonomie geehrt.

Zum 25. Mal in Folge wurde in Sachsen-Anhalt  der Hugo-Junkers-Preis für Forschung und Innovation verliehen. Zu den insgesamt 15 Preisträgern des diesjährigen Wettbewerbs zählten auch vier Innovationen auf dem Gebiet  der Bioökonomie. Den ersten Platz beim „Sonderpreis Chemie und Bioökonomie“ belegte die Pilot Pflanzenöltechnologie Magdeburg e.V. mit der Entwicklung eines Verfahrens zur Herstellung hochkonzentrierter Rapsproteine als Tiernahrung. Daneben wurde der WissenschaftsCampus Halle – Pflanzenbasierte Bioökonomie (WCH) mit dem dritten Preis in der Kategorie „Innovativste Allianz“ für ihre interdisziplinäre Verbundforschung auf dem Gebiet der pflanzenbasierten Bioökonomie ausgezeichnet. Der vom Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft des Landes ausgelobte Preis wird  in insgesamt fünf Kategorien vergeben und ist mit insgesamt 90.000 Euro dotiert.

74 Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus dem gesamten Bundesland haben sich in diesem Jahr um eine Auszeichnung beim „Hugo-Junkers-Preis“ beworben. Neben Unternehmen gingen 44 Forschungseinrichtungen aus Sachsen-Anhalt mit ihren Ideen ins Rennen.  "Besonders gefreut hat mich persönlich, dass die Bewerberzahlen in den Forschungskategorien zugenommen haben. Wir dürfen in den kommenden Jahren also mit einigen exzellenten Produkten aus Sachsen-Anhalt rechnen", so der Vorsitzende der Jury Ralf B. Wehrspohn.

21 Bewerber schafften es schließlich ins Finale und teilen sich damit den auf insgesamt 90.000 Euro dotierten Preis. Die Finalisten hatten die Jury nicht nur mit ihren Ideen überzeugt. Ausschlaggebend waren vor allem die Unternehmensstrategie, der Innovationsgrad sowie die Wirtschaftlichkeit und Marktfähigkeit des Vorhabens. In Anwesenheit von Sachen-Anhalts Wissenschafts- und Wirtschaftsminister Hartmut Möllring wurden die Auszeichnungen bei einer feierlichen Verleihung am 15. Dezember in Merseburg verliehen.

Rapsproteine für die Tiernahrung

In der Sonderkategorie "Chemie und Bioökonomie" wurden drei Vorhaben geehrt, ein weiteres Bioökonomie-Teams wurde in der Sparte "Innovative Allianz" ausgezeichnet. Den ersten Platz beim Bioökonomie-Sonderpreis belegte  die Forschungseinrichtung Pilot Pflanzenöltechnologie Magdeburg e.V. (PPM) mit der Entwicklung eines Verfahrens zur Herstellung hochkonzentrierter Rapsproteine.Aktuell werden Rapsproteine lediglich in der Tiernahrung eingesetzt, da bisherige Verfahren zur Gewinnung von Rapsproteinen großtechnisch nicht umgesetzt sind. Zudem sind sie darauf ausgerichtet, Rapsproteine als Konzentrat oder Isolat zu gewinnen, in denen immer beide Proteine enthalten sind. Eine Auftrennung und Nutzung der einzelnen Proteine war bisher nicht möglich. Das Team des Pilot Pflanzenöltechnologie Magdeburg e.V. hat in Zusammenarbeit mit Axara Consulting ein neues Verfahren entwickelt, mit dem hochreine Rapsproteinfraktionen gewonnen und aufgetrennt werden können. Erstmals ist es möglich, Napin mit einer Reinheit von 98% und Cruciferin mit einer Reinheit von95 % zu isolieren. Die fraktionierten Rapsproteine sind vor allem für die Lebensmittelindustrie, Biochemie, Pharmazie und Kosmetik interessant. Zudem könnte das gewonnene Napin zukünftig tierische Albumine in verschiedenen Anwendungen ersetzen

Kunststoff-Recycling ohne Qualitätsverlust

Auf Platz zwei folgte die HLW-LSA GmbH aus Thale mit einem Verfahren zur Rückgewinnung von Kunststoffen in den Produktionskreislauf. Das Unternehmen hat ein patentiertes Kunststoffaufbereitungsverfahren für Elastomere und Thermoplaste entwickelt, mit dem es erstmals möglich ist, neuen Frischmischungen 100 % der alten, aufbereiteten Kunststoffe beizumengen – ohne, dass die Qualität des fertigen Produktes leidet. Allein in Deutschland beträgt die Menge an Kunststoffabfällen 5,45 Millionen Tonnen. Bisherige Verwertungsmethoden können diesem Problem nur bedingt begegnen – in der Regel werden Kunststoffabfälle thermisch verwertet. Im Gegensatz zu Metallen sind Kunststoffe oftmals mit Additiven angereichert, die eine Weiterverarbeitung unmöglich machen. Oder die Abfälle werden minderwertig recycelt, es kommt zum sogenannten Downcycling, wodurch die Qualität des Kunststoffes zunehmend nachlässt. In jedem Fall führen die vorherrschenden Verfahren zu einem Verlust und Verschleiß wertvoller Ressourcen. Das neue Verfahren könnte nun eine nachhaltigere Alternative darstellen.

Effiziente Minifabriken in Pflanzen

Den dritten Platz beim Bioökonomie-Sonderpreis belegte ein Team vom Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie (IPB) Halle für ein neues Verfahren zum Molecular Farming. Das Team der Nachwuchsforschungsguppe Proteinerkennung und -abbau  unter der Leitung von Nico Dissmeyer hat eine neuartige biosynthetische Methode entwickelt, die es ermöglicht, kleinste, molekulare Fabriken in einzelnen Zellen von Pflanzen aufzubauen. Diese Mikrofabriken werden „auf Knopfdruck“ zur Produktion biotechnologisch oder therapeutisch relevanter Moleküle während des normalen Wachstums der Pflanzen aufgebaut und laufen dann selbsttätig. Die Forscher haben für ihre Arbeiten komplette Pflanzen oder Blatthaare verwendet, wie man sie von Brennesseln und Geranien kennt. Solch kleinne, mit bloßem Auge gut erkennbaren Blatthaare sind bekannt für ihre hohe Stoffwechselaktivität und die Bildung bioaktiver Substanzen – aus Sicht der Forscher also perfekte Mikrofabriken. Eine neuartige Formel, die auf der Anreicherung von Proteinen basiert, ermöglicht nun die gezielte Steuerung ihrer Aktivität und Funktion sowie die Ausbildung der erwähnten Mikrofabriken als  einzelne Pflanzenzellen. Die innovative Anwendung könnte in Zukunft zu verbesserter „naturidentischen“ Produktion von Wirkstoffen in Pflanzen führen und Biosynthesen erlauben, die für chemische Syntheselaboratorien zu kompliziert sind. Auf diese Weise könnte die biobasierte Produktion von Pharmazeutika und Industrierohstoffen im Rahmen von Molecular Farming in Pflanzen weiter vorangetrieben werden.

Verbundforschung zu pflanzenbasierter Bioökonomie

In den vier Hauptkategorien „Innovativste Vorhaben der Grundlagenforschung“, „Innovativste Projekte der angewandten Forschung“, „Innovativste Produktentwicklung“ und „Innovativste Allianz“ wurden insgesamt 12 Unternehmer und Wissenschaftler prämiert. Auch hier konnten nachhaltige Herstellungsverfahren einige Preise abräumen. In der Sparte „Innovative Allianz“ ging der dritte Preis an den WissenschaftsCampus Halle - Pflanzenbasierte Bioökonomie. Träger des WCH sind vier regional verankerte Leibniz-Institute, die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und sechs weitere außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, die sich der interdisziplinären Forschung zur Bioökonomie verschrieben haben.

„Der Preis ist ein Lob für unsere bisherige gemeinschaftliche Arbeit im Bereich der pflanzenbasierten Bioökonomie und ein guter Ansporn für unsere zukünftigen Vorhaben“, sagt Klaus Pillen, Co-Sprecher des WissenschaftsCampus Halle. Das Preisgeld in Höhe von 3.000 Euro  soll verwendet werden, um Veranstaltungsformate zu entwickeln, potentielle Industriepartner noch stärker in den Forschungsverbund zu integrieren und innovative sowie nachhaltige Produktideen umzusetzen.