Hülsenfrüchte: Multitalente vom Acker

Hülsenfrüchte: Multitalente vom Acker

Eiweißquelle und Stickstoffsammler: Hülsenfrüchte sind die Multitalente der Landwirtschaft. Die Leibniz-Gemeinschaft widmete Lupine, Erbse & Co. eine Podiumsdiskussion in Berlin.

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Archivierte Hülsenfrüchte aus der Genbank in Gatersleben: Wichtiges Reservoir für Züchter

Erbse, Ackerbohne und Lupine – jeder kennt diese Gewächse mit ihren markanten Schmetterlingsblüten und Hülsenfrüchten. Doch in der europäischen Landwirtschaft fristen sie ein Nischendasein. In Europa werden Hülsenfrüchte nur etwa auf 2% der Ackerfläche angebaut. Möglicher Grund: Sie gelten im Anbau als anspruchsvoll und im Ertrag betriebswirtschaftlich anderen Kulturen häufig unterlegen. Doch dieses Bild ändert sich gerade. Wegen ihrer Eigenschaften als Stickstoffsammler und als pflanzliche Eiweißquellen rücken die Leguminosen wieder stärker ins Bewusstsein der Landwirte und der Lebensmittelindustrie.

UN-Jahr der Hülsenfrüchte: Vorzüge im Blick

Die  Vereinten Nationen haben 2016 zum Jahr der Hülsenfrüchte erkoren, um auf die vielen positiven Eigenschaften besonders hinzuweisen. Das nahm auch das Leibniz-Zentrum für Agrarlandforschung ZALF zum Anlass, am 28. Oktober nach Berlin zu einer interaktiven Podiumsdiskussion und Ausstellung zu laden. Rund 70 Interessierte waren gekommen. Moderiert von Wissenschaftsjournalist Norbert Lossau machten vier Agrar- und Ernährungsforscher auf dem Podium deutlich, wie sie den Hülsenfrüchten zu einer Renaissance verhelfen wollen. Denn - soviel wurde klar - in Erbse, Linse oder Lupine steckt noch viel ungenutztes Potenzial für den Einsatz in Lebensmitteln oder Tierfutter.

Stabile Erträge sind möglich

„Hülsenfrüchte sind deutlich stabiler im Ertrag als ihr Ruf“, sagte Johann Bachinger, Experte für Landnutzung am ZALF. Sein Team entwickelt Anbaumethoden, durch die Schwankungen in der Erntemenge bei Lupinen, Erbsen und Sojabohnen vermieden werden können. Dieses Wissen geben die Leibniz-Forscher an die Landwirte weiter. Die angebauten Sorten müssten sorgfältig an den jeweiligen Standort angepasst werden. Hülsenfrüchtler seien durch ihre Wurzelknöllchen als integrierte Stickstofffabriken sehr gute Bodenverbesserer. „Zudem fördert ihr Anbau die Biodiversität“, so Bachinger.

Für Ökolandwirte, die auf Mineraldünger verzichten, ist der Anbau von Leguminosen von großer Bedeutung. „Aber in Deutschland fehlt es an einer entsprechenden Marktgröße und Infrastruktur“, so Bachinger. Bei Linsen und Erbsen spiele die Musik in Kanada. Südamerika hingegen dominiert den Anbau von Soja. Bis adäquate Anbausysteme auf der Basis neuen Wissens hierzulande etabliert seien, vergehe viel Zeit, betonte Bachinger.

Robuste Sorten gefragt

Wichtig seien neue, robuste Sorten, die gegen Pilzbefall gewappnet sind. Daran forscht Ulrike Lohwasser vom Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben. Sie stellte die Genbank als deutsches Saatgut-Archiv vor. Darin lagern tiefgekühlt in erster Linie Getreidesamen – aber auch 28.000 Muster von Leguminosen. Ein einzigartiges genetisches Reservoir für Agrarforscher und Züchter.

Lohwasser selbst fahndet in einem Projekt nach Lupinen-Varianten, die besser mit Trockenstress zurechtkommen und gegen Krankheiten resistent sind. Und damit besser für die Folgen des Klimawandels gerüstet sind. „Die Lupine müsste hierzulande der Soja eigentlich genetisch überlegen sein“, sagte Lohwasser. Doch gelte es, erstmal den Rückstand in der Pflanzenforschung und Züchtung aufzuholen. In Deutschland gebe es nur noch einen Züchter für Lupinen, so Lohwasser.

Proteinreiche Diät gut gegen Fettleber

Cornelia Metges ist Expertin für Ernährungsphysiologie am Leibniz-Institut für Nutztierbiologie in Dummersdorf. „Heimische Hülsenfrüchte sind eine reiche Eiweißquelle und sorgen für mehr Nachhaltigkeit im Tiertrog“, sagte Metges. Doch bei den Leguminosen als Tierfutter müsse man auch ein paar Abstriche machen. Das Stichwort sind antinutritive Inhaltsstoffe, wie Bitterstoffe oder unverträgliche Substanzen, die besonders Hühnern und Puten den Appetit verderben. Züchter versuchen, den Gehalt dieser Stoffe zu reduzieren. Zudem werde daran geforscht, wie man die Hülsenfrüchte noch besser für die Fütterung aufbereiten könne.

Wie sich Pflanzen-Proteine auf unserem Speisezettel auf die Gesundheit auswirken, untersucht Andreas Pfeiffer vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam. In Berlin stellte er die Ergebnisse der LeguAN-Studie vor. Dabei ernährten sich Diabetiker sechs Wochen lang mit Lebensmitteln und Getränken, die entweder mit Erbseneiweiß oder mit tierischem Eiweiß angereichert waren. Das Ergebnis: Von der eiweißreichen Diät profitierten die Menschen mit Diabetes generell – besonders die Leberfettwerte hatten sich nahezu halbiert. „Da die Produktion von tierischem Eiweiß teuer und nicht nachhaltig ist, ist es wünschenswert, dass die Menschen künftig mehr Hülsenfrüchte essen“, so Pfeiffer.

Auch die Politik setzt wieder stärker auf das Thema Hülsenfrüchte. „Die Eiweißpflanzenstrategie der Bundesregierung hat hier schon einiges bewirkt", sagte Bachinger. Auch Verbünde wie das Lupinen-Netzwerk seien ein guter Weg, die Akteure hierzulande besser zu vernetzen. „Aber insgesamt ist der Rückenwind noch zu schwach zum Segeln.“

pg