Designer-Hefen erzeugen kurze Fettsäuren

Designer-Hefen erzeugen kurze Fettsäuren

Frankfurter Biotechnologen haben Bierhefen zu ergiebigen Quellen von kurzkettigen Fettsäuren umfunktioniert. Dazu nutzten sie ein Designer-Enzym.

Bäckerhefe-Kolonien in der Petrischale
So sehen Hefekolonien in der Petrischale aus. Frankfurter Forscher haben sie zu Biofabriken umfunktioniert.

Kurzkettige Fettsäuren sind wichtige Bestandteile in Kosmetika oder Arzneimittel, sie stecken in antimikrobiellen Substanzen, Aromastoffen, Treibstoffen und Seifen. Bisher müssen sie aufwendig aus Pflanzen wie Kokusnuss oder chemisch aus Erdöl extrahiert werden. Biotechnologen um Martin Grininger von der Goethe-Universität Frankfurt fanden nun eine Möglichkeit, diese wertvollen Substanzen einfacher und nachhaltiger herzustellen: In Hefen, die mit eigens entwickelten Designer-Enzymen ausgestattet wurden. Nun lassen sich die Fettsäuren einfach und in großen Mengen aus Zucker oder zuckerhaltigen Abfällen in einem dem Bierbrauen ähnlichen Prozess herstellen. Die Forscher berichten in den Fachjournalen Nature Chemical Biology und Nature Communications über ihre Hefen.

Natürlich erzeugte Fettsäuren sind langkettig

Die von Pflanzen und Tieren produzierten Fettsäuren bestehen zu einem großen Anteil aus Ketten von 18 Kohlenstoffatomen. Sie sind also länger als die gewünschten kurzkettigen Verbindungen. In lebenden Zellen stellen große Proteinkomplexe, die Fettsäuresynthasen, Fettsäuren her. Dabei fügen sie 9 Bausteine aus jeweils 2 Kohlenstoffatomen in einem Prozess aus 8 Zyklen zusammen.

Griningers Team war an der Aufklärung des Schlüsselenzyms der Fettsäure-Erzeugung beteiligt und konnte die 3D-Struktur der Fettsäuresynthase aufklären: Es handelt sich um ein großes, aus zwei Polypetidketten bestehendes Protein mit sieben katalytischen Zentren. Dabei sind die Forscher auf ein interessantes Phänomen gestoßen: „Wir haben zunächst untersucht, wie die Fettsäuresynthase Zyklen zählt, um zu entscheiden, wann die Kette fertig ist. Gefunden haben wir eine Art Lineal, das die Länge der Fettsäure misst“, erklärt Grininger.

Mit einer modifizierten Fettsäuresynthase kann man eine Hefezelle dazu bringen, kurzkettige Fettsäuren zu produzieren.

Fettsäuren wie Bierhefe brauen

Maßeinheiten des Enzyms verkürzt

Mit molekularen Tricks gelang es den Biotechnologen, dem Enzym-Lineal neue Maße vorzugeben. „Das Lineal haben wir so verändert, dass die Fettsäuresynthase anders misst und kürzere Ketten freisetzt." Das alles geschah zunächst am Computer und im Reagenzglas. Eigentlich stellen die Enzymkomplexe Fettsäuren mit 18 Kohlenstoffatomen her. Die Varianten der Frankfurter liefern Fettsäuren mit 6 oder 8 Kohlenstoffatomen.

Mit Eckhard Boles, der im benachbarten Biozentrum am Stoffwechsel von Hefen forscht, entstand dann die Idee, Griningers Wissen zur Veränderung der Fettsäuresynthase von Hefen in der Praxis einzusetzen. „Die biotechnisch veränderten Hefen schieden auf einmal die kurzkettigen Fettsäuren in beachtlichen Mengen aus“, berichtet Boles. „Damit können wir nun die wertvollen kurzkettigen Fettsäuren produzieren.“ In dem von der Europäischen Union geförderten Projekt „Chassy“ soll die Technologie nun zur Industriereife gebracht werden. Grininger und Boles ergänzen: „Diese Entwicklung ist aber erst der Anfang. Wir wollen jetzt durch ähnliche Veränderungen an anderen großen Enzymkomplexen, den Polyketidsynthasen, weitere neuartige Moleküle für die chemische und pharmazeutische Industrie synthetisieren, die sonst nur schwer zugänglich sind.“ Dieses Vorhaben wird im vom Land Hessen finanzierten LOEWE-Projekt „MegaSyn“ vorangetrieben.

Verfahren zum Patent angemeldet

Die Universität Frankfurt hat die neugewonnenen Erkenntnisse durch zwei europäische und internationale Patentanmeldungen schützen lassen und sucht nun nach Lizenznehmern für kommerzielle Anwendungen. Grininger und Boles entwickeln ihre Technologie zusammen aber noch in eine weitere Richtung weiter. In dem vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderten Projekt „Alk2Bio“ werden die Hefen so weiterentwickelt, dass sie aus den kurzkettigen Fettsäuren die Biokraftstoffe Oktanol und Heptan produzieren.

pg