Grüne Woche: Nachhaltig leben lernen

Grüne Woche: Nachhaltig leben lernen

Nachhaltigkeit wird auf der Agrarmesse "Grüne Woche" immer wichtiger. Viele Beispiele aus der Bioökonomie zeigen, wie neue Technologien Ressourcen und Umwelt schonen können.

 

Fachschau naturtec auf der Grünen Woche
Die Fachschau nature.tec hat auf der Grünen Woche seit Jahren einen festen Platz.

Nachhaltig Leben und Wirtschaften – was lange nur ein heeres Ziel von Umweltorganisationen war, ist inzwischen immer mehr auf die gesellschaftliche Agenda gerückt. Erst vor kurzem hat die Bundesregierung die neue „Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie“ vorgelegt, seit 2012 wird eine Nationale Politikstrategie Bioökonomie verfolgt. Diese Rahmenbedingungen verändern auch den Blickwinkel der Unternehmen – allen voran der Landwirtschaft, die hierzulande zu den größten Akteuren einer Wirtschaft zählt, wenn es um die Nutzung biologischer Ressourcen wie Pflanzen und Tiere geht. So nutzen Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Organisationen die weltgrößte Agrarmesse als Bühne, um biobasierte und ressourcenschonende Produkte und Technologien vorzustellen. Insgesamt 1.500 Aussteller aus 65 Ländern präsentieren sich noch bis zum 29. Januar auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin. Das Messeprogramm wird dabei von fast 300 Fachveranstaltungen flankiert.

Bioplastik aus dem 3D-Drucker

Ein Podium für die Bioökonomie ist seit Langem die nature.tec in Halle 4.2. Hier hat auch der Bioökonomierat, das Beratungsgremium der Bundesregierung zur Bioökonomie, seit Jahren seinen festen Platz. Die Experten wollen vor allem zeigen, dass die Bioökonomie nichts Abstraktes ist, sondern inzwischen vielfach zum Alltag gehört. In diesem Jahr präsentierten sie Rohstoffe und biobasierte Produkte in einer begehbaren Stadtwohnung. So konnten die Besucher anhand beispielhaft ausgewählter biologischer Rohstoffe wie Algen, Kaffee, Zucker und Wasser nachvollziehen, wie diese in unterschiedliche Art und Weite zur Produktion von Alltagsprodukten genutzt werden. Neben der Algenfassade als alternative Energiequelle sowie einem Design-Fahrrad aus Holz war der 3D-Drucker ein besonderer Publikumsmagnet. Die Besucher der Ausstellung konnten hier erleben, wie aus dem biobasierten Kunststoff PLA Schicht für Schicht ein neues recycelbares Produkte aus Bioplastik entsteht.

Der 3D-Drucker war ein Besuchermagnet in der neuen Ausstellung des Bioökonomierates "Lebenswelt Bioökonomie". Die hier verwendete Bioplastik ist recycelbar und biologisch abbaubar.

 

 

PLA basierter Biokunststoff für den 3D-Druck

Gleich nebenan demonstriert die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) woher der Rohstoff Bioplastik für solche 3D-Drucker kommen kann – beispielsweise aus Jogurtbechern, die wie Bioplastik recycelt und für die Herstellung neuer Produkte wieder verwendet werden können. Etliche weitere Beispiel demonstrierten auch hier das Potenzial biologischer Rohstoffe: Landmaschinen, die mit Rapsöl angetrieben werden und Felder bewirtschaften oder energieeffiziente Dämmplatten aus Stroh für den Hausbau. Einen Blick in die Zukunft der Biomaterialien bot wiederum die Fraunhofer-Gesellschaft, die mit Forschern von mehreren Instituten vor Ort war. Neben einem Dämmstoff aus Holzschaum oder Autoinnentürverkleidungen aus celluloseverstärkten Verbundstoffen stellten sie erstmals eine neuartige Biotech-Faser aus Florfliegenseide vor, die gemeinsam mit Spinnenseiden-Experten der Biotech-Firma Amsilk entwickelt wurde. Das äußerst biegesteife Material ist nicht nur als Leichtbau-Verbundstoff, sondern auch für medizinische Anwendungen wie Implantate geeignet.

Minifeldroboter für gezielte Pflanzendüngung

Bei der Sonderschau des Bundesministeriums für Landwirtschaft (BMEL) zum Thema „Landwirtschaft in der Mitte der Gesellschaft“ ging es zum einen um moderne und nachhaltige Landwirtschaft. So präsentierten Forscher vom Thünen-Institut, dem Julius-Kühn Institut und der Technischen Universität Braunschweig mit „Care Rowbot“ einen Minifeldroboter, der selbstständig durch die Reihen fährt und Düngemittel entsprechend des Bedarfs der einzelnen Pflanze verteilt.

Der Minifeldroboter "Care RowoT" verspricht eine Einzelbehandlung jeder Pflanze und daher eine gezielte bedarfsgerechte Düngung.

Minifeldroboter für gezielte Pflanzendüngung

Mit intelligenten Verpackungen Lebensmittel schützen

Doch nicht nur die Bewirtschaftung der Äcker kann mit Hilfe moderner Technik nachhaltiger und effektiver werden. Auch das Thema nachhaltiger Konsum wurde mehrfach im Rahmen der BMEL-Sonderschau adressiert. Die Besucher konnten sich über Innovationen informieren, um Lebensmittel zu schützen und vor Verschwendung zu bewahren. Abhilfe könnte hier beispielsweise eine vom Forschungszentrum Jülich entwickelte intelligente Verpackung schaffen. Ein an der Außenseite der Milchbox angebrachter Chip zeigt dem Verbraucher über eine entsprechende App auf dem Smartphone an, ob die Milch noch genießbar oder bereits verdorben ist.

Dass durch fairen Einkauf und Innovationen eine Welt ohne Hunger möglich ist, davon konnten sich die Besucher bei der Ausstellung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) überzeugen. Am Beispiel des Reisanbaus in Afrika wurde deutlich, dass auch hier das Smartphone zum wichtigen Helfer wird, um den Düngerverbrauch zu berechnen - eine Möglichkeit, Ressourcen und Geld zu sparen. Die Dünger-App war eines der Beispiele aus der BMZ-Förderung. Weitere Forschungsprojekte haben sich mit der Entwicklung von Landmaschinen beschäftigt, die den Bodenverhältnissen der Länder angepasst sind oder Techniken erforscht, die Reispflanzen schneller trocknen lassen.

Das Bundesentwicklungsministerium fördert auch Projekte, um die Herstellung von Textilien wie T-Shirts fair und nachhaltiger zu gestalten.

Fair beginnt auf dem Feld

Landwirte müssen Umdenken

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks forderte anlässlich der Grünen Woche ein Umsteuern der Landwirtschaft hin zu mehr Klima- und Naturschutz und einen Ausbau der Bio-Landflächen. „Wer weiter Subventionen beziehen will, muss anders wirtschaften“, betonte die Ministerin. Danach sollten Zuwendungen nur jene erhalten, die in den Erhalt von Landwirtschaft, Böden und Wasser stecken. Der intensiven Tierhaltung erklärte die Ministerin eine Absage.  Damit würde Hendricks den Wünschen vieler Bundesbürger entsprechen, wie eine aktuelle Umfrage von NABU zeigt. Darin  sprachen sich 78% der Befragten für eine neue Förderpolitik in der Landwirtschaft aus.

bb/sw