Reispflanzen beim Wachsen zuschauen

Reispflanzen beim Wachsen zuschauen

Karlsruher Forscher haben ein System entwickelt, das Reis beim Wachsen beobachtet und vermisst. Das Mess-Verfahren soll die Züchtung resistenter Pflanzen beschleunigen.

Reispflanze im Wasser
Klimawandel und Bevölkerungswachstum stellen die Landwirtschaft vor große Herausforderungen.

Überschwemmungen und Trockenheit machen der Landwirtschaft weltweit zunehmend zu schaffen. Die Suche nach resistenten Pflanzen, die den Umwelteinflüssen trotzen, steht daher seit Langem im Fokus der Forschung. „Dafür brauchen wir ein besseres Verständnis wichtiger Kulturpflanzen, wie Reis, der als weltweit wichtigste Nahrungsquelle gilt“, erklärt Michael Riemann aus der Arbeitsgruppe Molekulare Zellbiologie am Botanischen Institut des KIT. Am Karlsruher Institut für Technologie haben daher Biologen um Riemann gemeinsam mit Informatikern ein System kreiert, dass die Basis für die Züchtung neuer Pflanzensorten unterstützen soll. Das System Risegran - Rice Seedlings Growth Analysis-System- entstand gemeinsam mit dem Startup da-cons, um das Wachstum von Reiskeimlingen zu analysieren – und zwar mithilfe einer Kamera.

Lichteffekt auf Keimlinge messen

Bei dem System handelt es sich um eine 50 mal 50 Zentimeter große Box, die im Innern von 20 Infrarot-LEDs beleuchtet wird.  In dem ansonsten lichtundurchdringlichen Kasten werden die Reissamen in einer abgedichteten Platte in Wasseragar, einem transparenten Nährboden, der gleichzeitig die Keimlinge mit Wasser versorgt, zunächst im Dunkeln aufgezogen. Die Anzucht im Dunkeln soll die Keimlinge besonders lichtempfindlich machen, so dass der Effekt von Licht messbar wird.  Eine in die Wand eingebaute Kamera dokumentiert stündlich das Pflanzenwachstum. „Die Keimlinge ändern ihr Aussehen komplett, je nachdem, ob sie im Licht oder im Dunkeln wachsen. Das System soll die Pflanzen aber nur beobachten und nicht beeinflussen. Deshalb ist die Box so konstruiert, dass kein sichtbares Licht auf die Keimlinge fällt“, erklärt Riemann.

Die von der Kamera aufgezeichneten Bilder werden vom Risegran-System detailiert erfasst und automatisch ausgewertet. Der von da-cons entwickelte Algorithmus bestimmt aus den Bildern dann jeweils die Länge des Sprosses, des ersten Blattes und der Wurzel. Außerdem überträgt der Computer die Bilder automatisch auf einen Server, wo sie von den Forschern jeder Zeit eingesehen werden können.

Analyse von 14 Reiskeimlingen auf einer Platte in Wasseragar.

Analyse von 14 Reiskeimlingen auf einer Platte in Wasseragar.

Viel Neues über bekannte Gene

Der Vorteil des System: Durch den Vergleich genetisch unterschiedlicher Sorten ist es möglich, auf die Funktion bestimmter Gene zu schließen, die für die Resistenz gegen verschiedenste Stressfaktoren verantwortlich sind. „Das System ermöglicht es uns, von bekannten Genen unbekannte Eigenschaften zu entdecken. Die Messungen können molekularbiologische Untersuchungen dabei unterstützen, die Gene zu identifizieren, die Pflanzen resistenter gegen bestimmte Stressfaktoren, wie zum Beispiel Bodenversalzung, machen“, sagt Riemann. Mithilfe des neuen Kamerasystems können bereits Keimzeitpunkt oder Wachstum bestimmter Gewebe genau gemessen werden.

Online-Datenbank aufbauen

Ziel der Forscher ist es, mit den gesammelten Daten eine online OpenData-Plattform aufzubauen, auf der Wissenschaftler ihre Daten veröffentlichen und somit auch für andere Forscher verfügbar machen. „Allgemein lassen sich mit realistischen Daten die technischen Hintergrundprozesse und die Benutzerschnittstelle besser entwickeln, als mit Testdaten“, so Entwicklungsleiter der da-cons GmbH, Michael Kreim. Die Datensätze aus dem Risegran-Projekt nutzt das IT-Unternehmen, um die Anforderungen an die Plattform zu bestimmen und diese zu testen.

bb